Sebastian Keil: Okay, zwei Fragen: Also heute hast du dir Zeit genommen für dieses Gespräch, aber ansonsten schaltest du den ganzen Tag auch ab, oder schaltet ihr den Tag ab, an dem ihr nicht arbeitet, oder wollt ihr das vielleicht auch gar nicht? Aber gelänge das?
Katja Wagner: Es gelänge auf jeden Fall, übrigens auch sehr viel besser als in Teilzeit. In Teilzeit hat die ganze Zeit an meinem freien Tag ja das Unternehmen nicht frei, sondern da laufen die ganzen Aktionen weiter. Jetzt weiß ich, dass auch mein Job in besten Händen ist, nämlich dass Anja den auch voll ausfüllt. Also ich könnte mich total zurücklehnen. Ich nutze die Zeit aber ehrlich gesagt auch manchmal, um im Hintergrund schon mal irgendwelche strategischen Themen vorzubereiten oder Sachen aufzuarbeiten, die liegen geblieben sind. Aber ich muss ja nicht, das ist so freiwillig gewählt, und von daher fühlt sich das sehr gut an.
Anja Alpert: Genau und vielleicht ergänzend dazu. Wir haben auch die Verabredung, wenn es um Themen geht, die wirklich super wichtig und super dringend sind, dann haben wir per WhatsApp Kontakt. Wir pingen die andere an - quasi, passt es gerade so? Und wenn es passt, dann sprechen wir kurz miteinander, und wenn nicht, dann muss es eben auch mal ein, zwei, drei Stunden warten.
Sebastian Keil: Was ist jetzt, wenn jemand in Urlaub gehen möchte?
Katja Wagner: Das ist ein Riesenvorteil für das Unternehmen, dass dann meistens die andere da ist, also das heißt, der Arbeitgeber hat sehr viel weniger Leerzeiten. Es kommt aber auch vor, dass wir mal eine Woche zeitgleich im Urlaub sind, weil jeder Vollzeitangestellte ist sechs Wochen im Jahr nicht präsent. Also, das kam bei uns auch vor. Aber wir achten schon drauf, dass wir dann den großen Sommerurlaub nicht ganz parallel nehmen. Aber in der Zeit, ich glaube, ich weiß, welche Frage du im Hinterkopf hast, ja, es fällt für diejenige, die keinen Urlaub hat, dann deutlich mehr Arbeit an.
Sebastian Keil: Das ist ja eigentlich nicht im Sinne des Erfinders.
Katja Wagner: Das stimmt. Aber dafür hat man den Vorteil, wenn man aus dem Urlaub zurückkommt, muss man nicht zwei Wochen E-Mails aufarbeiten. Sondern die Urlaubserholung bleibt auch länger. Weil die andere den Job in der Zeit gemacht hat.
Sebastian Keil: Okay, ja, das kann ich mir gut vorstellen, ja!
Anja Alpert: Genau, und ich glaube insgesamt, wenn man so sagt, wie sollte man sich selber aufstellen? Wir haben gesagt, wir sind auch sehr flexibel, wir haben zwar feste Tage, aber das ist zum Beispiel auch eine Frage, die wir häufig bekommen. Was passiert mit Geschäftsführungsmeetings? Wenn die immer am Montag sind, dann wäre es sozusagen immer mein Tag, dann würde ja immer ich da aufschlagen, und das ist dann eben nicht im Sinne des Jobshare-Erfinders, denn wir sind ja eine Person. Dann schieben wir solche Sachen auch mal, dass man sagt, wir achten da schon drauf, dass jeder auch die Visibilität im Unternehmen bekommt, oder aber auch, man hat private Termine. Man sagt, ich kann jetzt an diesem Montag nicht, können wir tauschen? Und das ist ein weiterer Vorteil für uns, aber auch fürs Unternehmen, weil eben, egal was ist, Zahnarztbesuch, Firmung der Kinder, wir können das so schieben, dass wirklich immer jemand da ist.
Sebastian Keil: Mhm, wir haben uns ein bisschen verquatscht, aber eine Frage würde ich gerne noch loswerden. Und zwar, wenn sich so ein Jobshare-Paar finden soll im Sinne des Unternehmens, dann erscheint es mir total sinnvoll, wenn sich diese Personen mögen und miteinander können. Ich finde, das hört man bei euch beiden auch ein bisschen raus. Also, ich hoffe, dass es so ist. Gibt es da Wahlmöglichkeiten? Gibt es eine Börse? Wie findet man sich?
Katja Wagner: Also, ich glaube, die meisten Jobshare-Paare haben sich wirklich auf Eigeninitiative gefunden, so auch wir. Eine von uns hatte gesehen, dass ein interessanter Job ausgeschrieben ist, hat die andere angesprochen und gesagt: Mensch, das passt doch für uns beide. Es gibt aber auch in der Personalabteilung eine Liste von Mitarbeitenden, die in Teilzeit arbeiten möchten und an Jobshare interessiert sind, sodass es schon mal Vorschläge gibt. Genau, das gibt's auch. Und ja, wir geben dir Recht, es macht natürlich auch sehr viel mehr Spaß, wenn man sich mag. Es ist ja so ein bisschen wie eine Jobehe und bei der Ehe sind ja auch die Emotionen sehr wichtig. Sicherlich funktioniert es, oder ich könnte mir vorstellen, es funktioniert auch, wenn man sich nicht mag. Obwohl, du musst schon, was Anja auch vorhin sagte, du musst schon sehr ähnliche Werte vertreten. Ähnliche Werte vertreten, ähnliche Vorstellungen auch über die Karriereschritte haben, ähnliches Führungsverständnis haben und sehr viel Vertrauen zueinander haben. Und ich glaube, das mit dem Vertrauen wäre schwierig, wenn man sich nicht mögen würde.
Sebastian Keil: Mmh. Okay, vielen Dank an euch beide für dieses Gespräch. Wir haben am Abschluss immer noch ein paar Rapid-Fire-Fragen, normalerweise drei, aber damit ihr die auch beide beantworten könnt, machen wir, glaube ich, mal zwei. Seid ihr bereit?
Katja Wagner: Ja.
Sebastian Keil: Die erste Frage ist, an meinem Job mag ich am meisten, dass… Anja fängt an.
Anja Alpert: Genau, ich mag an meinem Job, dass er so vielfältig ist und dass ich immer wieder etwas Neues lernen kann.
Katja Wagner: Und ich ergänze, dass ich so viele Gestaltungsspielräume habe.
Sebastian Keil: Okay, zuletzt beeindruckt hat mich… Katja, du fängst an..
Katja Wagner: Mich hat zuletzt beeindruckt, wie schnell ChatGPT mit ihrem Go-Live ja nicht nur die gesamte Wirtschaft in Bewegung gebracht hat, sondern auch diese gesellschaftliche Diskussion über künstliche Intelligenz angeregt hat.
Anja Alpert: Super Thema, Katja. Hat mich auch beeindruckt. Ich nehme etwas anderes. Mich hat zuletzt beeindruckt, wie es die Hackerschool geschafft hat, das Thema Coding und Informatik voranzubringen, und ich behaupte mal, es steht auch im Zusammenhang damit, dass es jetzt an Hamburger Schulen wieder ein Pflichtfach werden soll, und, Klammer auf, kleiner Funfact, die Leiterin der Hackerschool, die war auch mal bei Ben&Jerrys, wo Katja und ich mal gearbeitet haben.
Sebastian Keil: Toll, vielen dank, Kanja. Vielen dank, Anja und Katja, für dieses Gespräch. Hat mich sehr gefreut, und ich wünsche euch noch viel Erfolg im Jobshare!