Saisonuntypische Entwicklung - Betreuung ukrainischer Geflüchteter führt zu höheren Arbeitslosenzahlen

Mit einer saisonal eher untypischen Entwicklung startete der heimische Arbeitsmarkt in das zweite Halbjahr 2022.

29.07.2022 | Presseinfo Nr. 50

Zwar ist die Arbeitslosigkeit auch in den vergangenen Jahren im Juli häufig gestiegen, aber die diesjährige Zunahme um 300 bzw. knapp 5 Prozent auf 6.530 Arbeitslose fiel deutlich höher aus als üblich. Zurückzuführen ist der Anstieg allerdings weniger auf saisonale Einflüsse, sondern vor allem auf die statistische Erfassung der Geflüchteten aus der Ukraine in den Jobcentern. Ohne diesen statistischen Einfluss wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit im saisonal üblichen Rahmen geblieben.

Vorübergehend mehr Jugendliche arbeitslos
„Unter den neuen Arbeitslosen sind allein 85 junge Leute. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen um mehr als 15 Prozent ist meist auf die Überbrückungszeit zwischen dem Ende der Lehrzeit oder Schulausbildung und dem Beginn einer Erwerbstätigkeit zurückzuführen“, informiert Anke Traber, Leiterin der Agentur für Arbeit Balingen. Vor Beginn der Sommer- und Handwerkerferien führen Quartalskündigungen und das Ende schulischer und betrieblicher Ausbildungen zu mehr Arbeitslosmeldungen. Besonders die Zahl arbeitsloser Jugendlicher steigt im Juli immer. „Das sind aber meist gut ausgebildete junge Leute, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind und in der Regel schon bald wieder ihre Arbeitslosigkeit beenden können“, betont Traber. 

„Weitere Ursache für den recht starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen ist wie schon im Juni die Erfassung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine in unseren Systemen. Es geht dabei weiterhin zunächst um die Erfassung der unbedingt notwendigen personenbezogenen Daten. Deshalb enthält die Statistik vorerst unter anderem auch Personen aus der Ukraine, die keine Arbeit suchen, etwa weil sie Kinder betreuen, die Schule besuchen oder langfristig arbeitsunfähig erkrankt sind“, so Traber weiter. 

Entwicklung in den Rechtskreisen 
Seit Juni sind die Jobcenter für die Betreuung der Geflüchteten aus der Ukraine zuständig. In der Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), landläufig oft als Hartz IV bezeichnet, nahm vor allem durch diesen Zuständigkeitswechsel die Arbeitslosigkeit in den zurückliegenden vier Wochen um mehr als 5 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr sogar um fast ein Viertel zu. Derzeit werden rund 2.520 Arbeitslose vom Jobcenter Zollernalbkreis betreut, davon rund 660 mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Beim Jobcenter Landkreis Sigmaringen sind es 1.230 Personen, fast 300 davon aus der Ukraine.

Vor allem wegen der Zunahme von Arbeitslosmeldungen der unter 25-Jährigen stieg auch die Arbeitslosigkeit in der Arbeitslosenversicherung, dem Rechtskreis nach dem SGB III, dem die in der Regel nicht länger als ein Jahr Arbeitslosen zuzuordnen sind. 110 Arbeitslose mehr als vor einem Monat bedeuten einen Anstieg um 4,1 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen dagegen um fast 500 bzw. 15 Prozent gesunken. Im Zollernalbkreis gibt es im Juli 1.690 SGB III-Arbeitslose, im Landkreis Sigmaringen 1.100.

Arbeitsmarkt in den Regionen
Im Zollernalbkreis ist die Arbeitslosigkeit im vergangenen Monat mit einem Anstieg um 250 Personen bzw. 6,3 Prozent stärker gestiegen als im Landkreis Sigmaringen. Dort bedeuten 50 Personen mehr eine Steigerung um 2,1 Prozent. In beiden Landkreisen stieg die Arbeitslosenquote und liegt bei 3,9 Prozent im Zollernalbkreis und 3,1 Prozent in Sigmaringen. 

Noch etwas größer sind die Unterschiede im Vorjahresvergleich: Innerhalb der zurückliegenden 12 Monate nahm die Arbeitslosigkeit im Zollernalbkreis um 6,1 Prozent zu, im Landkreis Sigmaringen blieb sie annähernd unverändert. Im gesamten Agenturbezirk ist der Arbeitslosenbestand damit um 3,8 Prozent höher als vor einem Jahr.