Inklusion von Menschen mit Behinderungen durch neue Angebote weiter stärken

04.12.2023 | Presseinfo Nr. 32

Arbeitslose mit Behinderung sind oft gut qualifiziert, dennoch gelingt es ihnen in den Landkreisen Bautzen und Görlitz seltener eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt aufzunehmen als nicht-schwerbehinderten Menschen. So lag die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen im Zeitraum von Juli 2022 bis Juni 2023 jahresdurchschnittlich[1] bei 1.326 Personen, 9 Prozent (+114 Personen) mehr als vor vier Jahren. Gleichzeitig sank die Zahl der Arbeitslosen insgesamt in den Landkreisen Bautzen und Görlitz innerhalb von vier Jahren leicht um 1 Prozent (-276 Personen). 

„Als sich der Arbeitsmarkt 2022 von pandemiebedingten Effekten erholt hat, konnten Arbeitslose mit Behinderungen nicht in gleichem Maße wie andere Arbeitslose davon profitieren. Aktuell führt das zurückhaltendere Einstellungsverhalten der Arbeitgeber im Zuge der bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten dazu, dass Arbeitslose mit Behinderungen noch schwieriger auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Personalverantwortliche sollten noch stärker die Potenziale von Menschen mit Behinderungen in ihren Fokus nehmen, ihnen Chancen für eine gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben bieten und kein Potenzial verschenken, um Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen“, so Marion Richter, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bautzen.

Fakt ist: 74 Prozent der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen sind Fachkräfte oder besitzen einen akademischen Abschluss. Damit sind schwerbehinderte Menschen besser qualifiziert als alle Arbeitslosen insgesamt, von ihnen besitzen 65 Prozent einen Abschluss. Etwa jeder vierte arbeitslose Schwerbehinderte hat keine abgeschlossene Ausbildung, während beim Gesamtbestand an Arbeitslosen sogar jeder Dritte keine Ausbildung vorweisen kann.

Wie offen die Unternehmen für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen sind und ihnen eine Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen, zeigt unter anderem die sogenannte Erfüllungsquote zur Beschäftigungspflicht. Arbeitgeber mit mindestens 20 regelmäßigen Arbeitsplätzen sind verpflichtet, je nach Betriebsgröße, eine bestimmte Anzahl von Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Andernfalls müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen. Die Erfüllungsquote stellt den Anteil der Arbeitgeber dar, die ihre Beschäftigungspflicht vollständig erfüllt haben, gemessen an allen beschäftigungspflichtigen Arbeitgebern. Im Agenturbezirk Bautzen gab es im Jahr 2021 insgesamt 1.212 Betriebe, welche zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen verpflichtet waren. 42,9 Prozent (520 Betriebe) von ihnen erfüllten die Beschäftigungspflicht vollständig. Damit ist die Erfüllungsquote gegenüber dem Vorjahr 2020 wieder leicht steigend, aber niedriger als im Jahr 2019, als sie bei 43,5 Prozent lag.

„Nach dem Grundsatz „so normal wie möglich, so speziell wie nötig“ ist es unser gemeinsames Ziel, dass Menschen mit Behinderungen dauerhaft, gleichberechtigt und selbstbestimmt am Arbeitsleben und damit auch am Leben in der Gesellschaft teilhaben können. Wir haben ein großes Portfolio, aus dem wir die jeweils passende Unterstützung und Förderung nach Maß auswählen können. Die Arbeitsagentur berät Unternehmen sowie Menschen mit Behinderungen gern mit speziell qualifizierten Beratern. Nur wenn eine reguläre Ausbildung oder Arbeit aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht sofort möglich ist, werden alternative Wege sowie Unterstützungsmöglichkeiten geprüft“, so Simone Kessler, Teamleiterin für Rehabilitation und Teilhabe der Agentur für Arbeit Bautzen.

Vielfältige Beispiele zeigen, wie mit der passenden Unterstützung der Platz in der Erwerbswelt erlangt werden kann. So konnte unter anderem einer körperbehinderten Arbeitnehmerin die Weiterbeschäftigung bei ihrem Arbeitgeber im kaufmännischen Bereich ermöglicht werden, indem mit Förderung der Arbeitsagentur spezielle Computer- und Informationstechnik beschafft wurde.

Einer der alternativen Wege, wenn zum Beispiel wegen geistiger Beeinträchtigungen eine Ausbildung oder Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt nicht sofort aufgenommen werden kann, ist die Werkstatt für behinderte Menschen. Neu und noch wenig bekannt: Neben den Werkstätten für behinderte Menschen können mit dem Bundesteilhabegesetz seit dem Jahr 2018 auch „andere Leistungsanbieter“ Werkstatt-Leistungen für Menschen mit Behinderungen anbieten. Damit will der Gesetzgeber bessere Voraussetzungen schaffen, um Menschen mit Behinderungen auf dem Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Einer von zwei Vorreitern in der Oberlausitz auf diesem Gebiet ist die MaxDorf gGmbH in Schönbach bei Löbau, welche im Oktober 2022 ihre Arbeit als „anderer Leistungsanbieter“ aufgenommen hat.

Beheimatet ist die MaxDorf gGmbH im DorfWaldbach-Verbund der Familie Starke in Schönbach. Dazu gehört das Naturressort Bieleboh in Beiersdorf, der Gutshof Schirgiswalde und die Kulturfabrik in Schönbach. Hinzu kommt die Kooperation mit dem Bienenkollektiv Dresden. Der Gedanke, etwas für die Entwicklung junger Menschen mit Behinderungen zu tun, wurde durch persönliche Erfahrungen geprägt. Viele Familien wünschen sich für ihre behinderten Angehörigen ein möglichst normales Leben, eine Gesellschaft, die Menschen mit Beeinträchtigungen als wertvolle Mitglieder der Gemeinschaft sieht, und eine neue Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander.

„Als Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen möchten wir neue, inklusivere Wege gehen und diese weiterentwickeln. Deshalb gibt es in den Unternehmen die Möglichkeit, Arbeit zu finden und Teil der Teams zu werden - auch für Menschen, welche Unterstützungsbedarf haben. Wir freuen uns, wenn sich weitere Unternehmen der Region eine Zusammenarbeit mit unserem Projekt vorstellen können und sich bei uns melden“, so Peter Lange, Geschäftsführer der Maxdorf gGmbH, Schönbach.

Menschen mit Behinderungen, die eine Arbeit bei der MaxDorf gGmbH aufnehmen möchten, werden zuvor über eine von der Arbeitsagentur geförderte Maßnahme individuell auf ihre Aufgaben vorbereitet. Die MaxDorf gGmbH arbeitet hier eng mit dem neu eingerichteten Standort der ASG-Anerkannten Schulgesellschaft Sachsen mbH in Schönbach zusammen.

„Bei uns, der ASG- Anerkannten Schulgesellschaft Sachsen mbH, bekommen Menschen mit Behinderung den Weg über den „Berufsbildungsbereich“ in das Arbeitsleben geebnet. Dabei spielen natürlich die individuellen Wünsche und Bedürfnisse eines jeden Teilnehmenden eine erhebliche Rolle. Für die persönliche und berufliche Eignung, um auf den Arbeitsmarkt integriert zu werden, ist vieles möglich, wobei die Teilnehmenden auf individuelle Tätigkeiten angelernt und trainiert werden. Es ist für uns schon wünschenswert, dass unsere Jugendlichen bei der MaxDorf gGmbH angestellt werden könnten. Wir hoffen und wünschen uns, dass mehr regionale Firmen, Vorurteile, Ängste und Unsicherheiten zu Menschen mit Behinderung abbauen und diese als wertvollen Teil ihres Unternehmens betrachten“, so Hagen Fechner von der ASG-Anerkannte Schulgesellschaft Sachsen mbH, Einrichtungsleiter Schönbach.

[1] Aufgrund einer Softwareumstellung sind die statistischen Daten über Arbeitslose mit Schwerbehinderung im Landkreis Görlitz derzeit unterzeichnet. An einer Behebung des technischen Problems wird gearbeitet. Vollständige Daten liegen bis zum Berichtsmonat Juni 2023 vor. Aus diesem Grund bezieht sich die Berichterstattung auf den gleitenden Jahresdurchschnitt Juli 2022 bis Juni 2023 sowie den Vergleichszeitraum Juli 2018 bis Juni 2019.

Pressefoto: 

Menschen mit Behinderungen
Zu den inklusiven Arbeiten der MaxDorf gGmbH gehört unter anderem der Bereich Technik und Geländepflege. Marc Nikol arbeitet im Hausmeisterteam des DorfWaldBach-Verbundes. Für das Bienen-Kollektiv Dresden stellt er einen Turm für Wildbienen her. Bildquelle: MaxDorf gGmbH

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




 

 

 

 

Hintergrundinformationen:

Mehr zur Maxdorf gGmbH:
Die MaxDorf gGmbH ist in drei Bereichen aktiv: Neben der Arbeit als „anderer Leistungsanbieter“ als Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen sind das:

2. WOHNSCHULE - SELBSTBESTIMMT UND SICHER WOHNEN

Gemeinsam mit der Aktion Mensch wollen wir jungen Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit geben stabiler in ein möglichst eigenständiges Leben zu starten. In einem Wohnschul-Kurs werden zehn grundlegende Themenkomplexe mit viel Spaß und Spannung vermittelt. Jeder Kurs dauert ca. ein halbes Jahr und kann von Interessierten im Alter von 18 bis 35 Jahren, unabhängig von der individuellen Wohnsituation, besucht werden.

3. WOHNEN

Ein gemütliches Wohnangebot auf dem Land ist in der Planung und soll unser kleines „Rundum-sorglos-Paket“ in den kommenden Jahren komplettieren.

Zur Beschäftigungspflicht von schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen:

Arbeitgeber, die im Jahresdurchschnitt monatlich über mindestens 20 Arbeitsplätze im Sinne der §§ 156 ff. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) verfügen, sind verpflichtet, auf wenigstens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Abweichend von diesem Grundsatz haben Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich weniger als 40 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich monatlich einen schwerbehinderten Menschen und Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich 40 bis weniger als 60 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich monatlich zwei schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.

Die Höhe der Ausgleichsabgabe beträgt für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz:

Bei einer Beschäftigungsquote von:                  Höhe der Abgabe in Euro (pro Monat):

3 Prozent bis unter 5 Prozent                140
2 Prozent bis unter 3 Prozent                245
unter 2 Prozent                                       360

Wer integriert, der profitiert! Unterstützung und Förderung durch die BA:

Eingliederungszuschuss:

Für bis zu zwei Jahre kann ein Betrieb mit bis zu 70 Prozent des Arbeitsentgeltes bezuschusst werden. Zusätzlich wird eine Pauschale für die Sozialversicherung gewährt. In besonderen Einzelfällen kann die Förderung sogar bis 60 Monate, bei über 55- Jährigen bis zu 96 Monate erfolgen.

Ausbildungszuschuss / Eingliederungszuschuss nach Ausbildung:

Um für behinderte bzw. schwerbehinderte Menschen die Chancen auf eine betriebliche Ausbildung und damit einen Berufsabschluss zu verbessern, können dem Arbeitgeber als Anreiz Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung oder einer vergleichbaren Vergütung gewährt werden. Bei Übernahme eines schwerbehinderten Menschen in ein Arbeitsverhältnis durch den Ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine geförderte Ausbildung kann ebenso ein Eingliederungszuschuss erbracht werden.

Budget für Ausbildung

Menschen mit Behinderungen, die ein Leistungsvermögen von weniger als 3 Stunden unter üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes haben, soll durch die Förderung der Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung oder Fachpraktikerausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht werden.

Probebeschäftigung:

Arbeitgebern können die Kosten für die befristete Probebeschäftigung behinderter, schwerbehinderter und ihnen gleichgestellten Menschen bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass dadurch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird oder eine vollständige und dauerhafte Teilhabe zu erreichen ist.

Unterstützte Beschäftigung

Unterstützte Beschäftigung (UB) bietet Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf durch individuelle Qualifizierungsmöglichkeiten direkt im Betrieb berufliche Perspektiven zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie eröffnet Menschen mit Behinderungen die Chance, auch ohne formale Abschlüsse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung entsprechend ihrer Fähigkeiten und Wünsche aufzunehmen.

Arbeitsmarktprogramm „Wir machen das! – Menschen mit Behinderungen in Ausbildung und Beschäftigung“:

Gefördert werden können Arbeitgeber, die schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen auf einen zusätzlichen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz einstellen. Diese Fördermittel werden vom Sächsischen Ministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) zur Verfügung gestellt und können bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Insgesamt kann die gestaffelte Förderung bis zu 5.000 Euro betragen.

Pressekontakte:

Agentur für Arbeit Bautzen
Pressesprecherin:
Corina Franke
Telefon: 03591 66 2400 
E-Mail: bautzen.pressemarketing@arbeitsagentur.de

MaxDorf gGmbH                                                    

Peter Lange, Geschäftsführer
Telefon: 035872/428823
E-Mail: info@maxdorf-schoenbach.de

ASG – Anerkannte Schulgesellschaft mbH

Hagen Fechner, Einrichtungsleiter Schönbach
Telefon: 035872 299801
E-Mail: fechner.h@gesa-ag.de