Arbeitsmarkt erholt sich von der Pandemie

Im zweiten Jahr der Pandemie konnte sich der Arbeitsmarkt im Bezirk der Agentur für Arbeit Coesfeld in vielen Teilen erholen. Daher fällt die Jahresbilanz der Arbeitsagentur für die Kreise Coesfeld und Borken überwiegend positiv aus. „Die Folgen der Corona-Krise haben sich deutlich abgemildert, so dass wir in vielen Bereichen wieder auf Vorkrisenniveau sind“, erklärt Johann Meiners, Leiter der Agentur für Arbeit Coesfeld, und ergänzt: „Trotzdem gibt es Herausforderungen, die wir weiter angehen müssen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.“

17.01.2022 | Presseinfo Nr. 7

Entwicklung der Beschäftigung

Seit Jahren steigt die Zahl der Personen an, die in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung stehen. „Das hat sich auch durch die Pandemie nicht geändert, allerdings war das Wachstum zuletzt etwas verlangsamt“, erklärt Meiners. So waren im März 2021 (aktueller Stand der Beschäftigtenstatistik) 226.155 Menschen im Agenturbezirk sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Gegenüber März 2020 sind das 2.788 Personen mehr. Das entspricht einem Anstieg um 1,2 Prozent. In den Vorjahren waren es hingegen jeweils Zuwachsraten um fast 3 Prozent. „Da die Unternehmen derzeit stark neue Mitarbeiter nachfragen, ist zu erwarten, dass der Zuwachs auch wieder an Fahrt aufnimmt, sofern der Fachkräftemangel dies nicht zu sehr einbremst“, so der Experte.

Entwicklung der Kurzarbeit

Wie in 2020 lag die Inanspruchnahme der Kurzarbeit auch im Jahr 2021 insgesamt auf einem hohen Niveau. Zum Höhepunkt, im Februar des Jahres, waren 26.477 Menschen bei 2.694 Betrieben in Kurzarbeit. „Zu dieser Zeit steckten wir aber noch mitten im Lock-Down, so dass viele Bereiche, wie Frisöre oder Restaurants, gar nicht arbeiten konnten“, erklärt Rolf Heiber, stellvertretender Leiter der Agentur für Arbeit Coesfeld. Danach ging die Inanspruchnahme jedoch deutlich zurück, so dass im August 2021 noch 3.480 Menschen in Kurzarbeit waren. „Das ist immer noch recht hoch im Vergleich zur Vergangenheit, aber zeigt sehr deutlich, wie sich die Lage entspannt hat“, erklärt Heiber. „Wir erwarten, dass die Zahlen für die folgenden Monate des Jahres 2021 zunächst weiter sinken werden. Wegen der nachträglichen Abrechnung des Kurzarbeitergeldes, liegen weitere Daten aber noch nicht endgültig vor.“

Gegen Jahresende war allerdings ein erneuter Anstieg der Anzeigen auf Kurzarbeit zu verzeichnen. „Das bedeutet zunächst nur, dass Unternehmen Kurzarbeit planen, ob diese umgesetzt wird, ist dabei noch unklar“, so Heiber. Er verdeutlicht aber: „Aufgrund der aktuellen Corona-Situation, aber auch wegen in der Wirtschaft zu verzeichnenden Lieferengpässen von verschiedenen Materialien und Werkstoffen, können wir davon ausgehen, dass die Kurzarbeit zunächst wieder steigen wird.“

Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Seit April des nun vergangenen Jahres liegt die Arbeitslosigkeit unter dem Wert aus dem Vorjahr und konnte im Verlauf, abgesehen von leichten saisonalen Schwankungen, stetig weiter sinken. „In den letzten Monaten lag die Arbeitslosigkeit sogar unter den Werten aus 2019, also dem Jahr vor der Corona-Pandemie,“ zeigt sich Agenturleiter Johann Meiners zufrieden und fügt an: „Wir haben damit, bezogen auf die Arbeitslosigkeit, die Pandemie größtenteils hinter uns gelassen.“

Vor allem eine große Nachfrage nach neuen Mitarbeitern durch die Unternehmen der Region habe für diese Entwicklung gesorgt, stellt Meiners klar. „Zum Teil sind das auch Nachholeffekte, da man die eine oder andere Einstellung in 2020 wegen der Pandemie zunächst aufgeschoben hat. Gerade zu deren Beginn gab es bei vielen Unternehmen große Unsicherheiten darüber, wie es weitergeht“, erklärt er.

Im Jahresdurchschnitt waren 11.456 Menschen bei der Arbeitsagentur Coesfeld oder einem der kommunalen Jobcenter in den Kreisen Borken und Coesfeld arbeitslos gemeldet. Das sind 1.135 weniger als im Jahresdurchschnitt für 2020. Gleichzeitig lag die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in den letzten zehn Jahren lediglich in 2017 bis 2019 niedriger als im jetzt abgelaufenen Jahr.

Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit

Vor allem Jugendliche profitieren derzeit von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt, denn die Jugendarbeitslosigkeit lag im vergangenen Jahr auf einem Rekordtief. 1.143 junge Menschen unter 25 Jahren waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet. „Die jungen Menschen erhalten nach ihrer Ausbildung eine Perspektive in den Unternehmen der Region. Das ist gerade mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel eine gute Entscheidung der Personalverantwortlichen“, verdeutlicht Rolf Heiber von der Arbeitsagentur Coesfeld.

Für ihn sichern sich die Unternehmen damit wichtige Fachkräfte für die Zukunft. „Schon jetzt ist es in vielen Bereichen schwierig, offene Stellen mit Fachkräften zu besetzen, da ist die Investition in Ausbildung und die spätere Übernahme der Nachwuchskräfte ein wichtiger Schlüssel“, so Heiber. Genau diese Überlegung sorge derzeit dafür, dass die Jugendarbeitslosigkeit auf diesem niedrigen Niveau liege.

Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit

Rund 39 Prozent der Arbeitslosen im Agenturbezirk waren im vergangenen Jahr sogenannte Langzeitarbeitslose. Sie sind also schon ein Jahr oder länger arbeitslos. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen war spürbar größer als in den Vorjahren. „Das ist natürlich in erster Linie den Auswirkungen der Pandemie geschuldet“, erklärt der Agenturchef Johann Meiners. Er weist darauf hin, dass verschiedene Ursachen zu einer längeren Langzeitarbeitslosigkeit führen können: „Der Arbeitsmarkt hat sich nach 2020 wieder deutlich aufnahmefähiger entwickelt. Dennoch können gesundheitliche Einschränkungen, ein fehlender Berufsabschluss, fachliche Defizite oder leider auch ein fortgeschrittenes Alter immer noch betriebliche Einstellungen einschränken.“

Allerdings schließe dies natürlich nicht aus, dass diese Menschen wieder eine Tätigkeit aufnehmen können: „Gerade jetzt, wo wir in vielen Bereichen händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen, müssen wir diesen Menschen eine Chance geben.“ Mit Qualifizierungen, Anpassungen des Arbeitsplatzes oder auch finanziellen Hilfen lässt sich hier viel erreichen. „Es braucht aber die Bereitschaft der Unternehmen dazu. Da hoffe ich, dass diese zukünftig noch größer wird,“ so der Appell von Meiners.

Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage

Das ganze Jahr über war die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern durch die Unternehmen in der Region deutlich höher als noch im Vorjahr. So meldeten die Personalverantwortlichen der Arbeitgeber im Jahr 2021 insgesamt 13.971 freie Stellen bei der Arbeitsagentur, 3.750 mehr als im Vorjahr. „Nicht nur im Vergleich zum vergangenen Jahr, das gerade zu Beginn sehr stark von der Pandemie eingebremst wurde, sondern auch im mehrjährigen Vergleich, zeigt sich, dass die Arbeitskräftenachfrage derzeit sehr groß ist“, erklärt der operative Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Coesfeld, Rolf Heiber.

Vor allem Fachkräfte sind gesucht, denn sie fehlen in vielen Branchen, damit die Unternehmen die Aufträge abarbeiten können. „Qualifizierte Kräfte sind aber derzeit schwer zu finden“, so Heiber. Das lasse sich auch am Bestand der insgesamt gemeldeten Stellen feststellen. Dieser ist im vergangenen Jahr kontinuierlich angestiegen und lag im Dezember bei 7.351 freien Stellen, rund 66 Prozent höher als vor einem Jahr. „Ein hoher Stellenbestand ist natürlich für Jobsuchende ein Vorteil, sie können sich auf viele freie Stellen bewerben. Auf der anderen Seite zeigt uns das aber, dass die Vakanzen nicht mehr schnell genug besetzt werden können und aus betrieblicher Sicht die passenden Bewerber fehlen“, verdeutlich der Experte.

Das wird besonders deutlich, wenn man Stellen und Bewerber in Relation setzt. So kommen bei den Fachkräften mit betrieblicher Ausbildung derzeit nur 68 Bewerber auf 100 Stellen. „Wir müssen daher mit unseren Partnern am Arbeitsmarkt und den Unternehmen intensiv daran arbeiten, Menschen zu qualifizieren, damit sie als Fachkraft arbeiten können. Ebenso kann die Gewinnung von Fachkräften oder von Auszubildenden aus dem Ausland einen Beitrag leisten“, so Heiber. Besonders für den Metallbau, der Sanitär- Heizung- und Klimatechnik, den Pflegeberufen, aber auch bei Berufskraftfahrern oder verschiedenen Berufen im produzierenden Gewerbe gilt schon jetzt ein Fachkräfteengpass, der in den kommenden Jahren größer wird.

„Unternehmen erhalten von uns aber eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten, um die notwendigen Fachkräfte zu finden“, sagt Heiber. Mit der Gründung des FachkräftePoints im Herbst 2021 hat die Arbeitsagentur eine Anlaufstelle geschaffen, die Arbeitgeber unterstützt, die auf der Suche nach Fachkräften sind. Der FachkräftePoint richtet sich aber auch an Menschen, die sich als oder zur Fachkraft weiterbilden möchten, egal ob sie arbeitslos oder derzeit in Beschäftigung sind. „Wir konnten hier viele Kompetenzen aus unserem Haus bündeln, zum Vorteil für unsere Kunden.“

Weiterbildung als Schlüssel zum Arbeitsmarkt

Egal ob langzeitarbeitslos, in an- oder ungelernter Beschäftigung, oder als Berufsrückkehrer/in, das Thema Weiterbildung ist für all diese Personengruppen im vergangenen Jahr von besonderer Bedeutung gewesen. „Wir haben ja bereits deutlich gemacht, dass vor allem Fachkräfte gesucht werden. Daher ist es wichtig, möglichst vielen, die bislang keinen Abschluss haben, Möglichkeiten zu bieten diesen nachzuholen,“ erklärt Johann Meiners.

Das hat man im vergangenen Jahr bereits intensiv getan. Über 10 Millionen Euro investierte die Arbeitsagentur Coesfeld in die Qualifizierung und Weiterbildung von Arbeitslosen und Beschäftigten. „Wir setzen auch für das kommende Jahr stark auf Weiterbildung, denn das ist für viele Menschen der Schlüssel zum Arbeitsmarkt und ein wichtiges Instrument, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken“, so Meiners.

Entwicklung am Ausbildungsmarkt

Im zurückliegenden Ausbildungsjahr meldeten sich weniger Jugendliche als Bewerber bei der Arbeitsagentur als in den Vorjahren. Mit 3.085 waren es über 16 Prozent weniger als im Vorjahr. „Hier spielen natürlich die Corona-Rahmenbedingen eine große Rolle“, berichtet Rolf Heiber. So habe man zweitweise keine Sprechstunden in den Schulen anbieten können. Auch die zahlreichen Veranstaltungen zur Berufsorientierung und auch betriebliche Praktika konnten nicht im gewohnten und wünschenswerten Umfang stattfinden. „Wir setzen sehr darauf, durch eine regelmäßige Präsenz in den Schulen wieder mehr Schülerinnen und Schüler für eine betriebliche Ausbildung zu begeistern.“

Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist, gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel, weiterhin hoch. Mit 4.952 Ausbildungsstellen meldeten sie im zurückliegenden Ausbildungsjahr 62 mehr als noch im Vorjahr. Erfreulicherweise konnte durch das Zusammenwirken aller Akteure am Ausbildungsmarkt die Zahl der eingetragenen Ausbildungsverträge gegenüber dem Jahr 2020 um rund vier Prozent auf 4.536 betriebliche Ausbildungsverträge gesteigert werden.

Ausblick auf 2022

Die Arbeitsmarktexperten Meiners und Heiber gehen für das kommende Jahr von einem weiteren Wachstum bei der Beschäftigung und einer leicht sinkenden Arbeitslosigkeit aus. „Die große Herausforderung wird es aber sein, die Nachfrage nach Fachkräften zu bedienen,“ so Meiners. Daher setzen sie auf Qualifizierung und Weiterbildung. So macht Heiber deutlich: „Helfer im Betrieb können zum Beispiel zu Fachkräften oder für bestimmte neue Aufgaben qualifiziert werden. So können freie Stellen betriebsintern besetzt werden.“

Für beide sind kreative Ideen gefragt, deswegen setzt die Arbeitsagentur im kommenden Jahr weiterhin stark auf die Bildung von Netzwerken: „Gemeinsam Ideen entwickeln und voneinander profitieren ist aus unserer Sicht das richtige, um dem Fachkräftemangel zu begegnen“, so Meiners.