Jahresbilanz 2022 zum Arbeitsmarkt in der Stadt Dortmund – Ausblick 2023

Arbeitsmarkt trotzt allen Krisen in 2022 –  
Große Herausforderungen bleiben

11.01.2023 | Presseinfo Nr. 3

In aller Kürze
- Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt deutlich gesunken
- 34.843 Arbeitslose im Jahresdurchschnitt
- Durchschnittliche Arbeitslosenquote sinkt auf 10,9 Prozent (- 0,5 Prozentpunkte zum Vorjahr)
- Positive Entwicklung der Beschäftigung

Ausblick 2023:
- Bürgergeld – Menschen nachhaltig in Arbeit bringen
- Arbeits- und Fachkräfte sichern
- JOBAKTIV 2023
- Qualifizierung und Weiterbildung weiter vorantreiben
- Duale Berufsausbildung stärken

Heike Bettermann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund, blickt zurück auf das vergangene Jahr:

„Das Jahr 2022 war gefühlt ein Jahr mit fortlaufend schlechten Nachrichten. Die nicht enden wollende Pandemie, die Materialengpässe und unterbrochene Lieferketten, die hohe Inflation, die explodierenden Energiepreise und nicht zuletzt die täglichen, besorgniserregenden Nachrichten des Ukraine-Kriegs - all das hat uns große Sorgen bereitet. Waren Wirtschaft und Arbeitsmarkt nach der Coronakrise gerade wieder auf Erholungskurs, da trafen uns neuartige Herausforderungen. Doch beim genauen Hinschauen auf dieses krisengebeutelte Jahr 2022 sieht man auch viel Gutes. Der Arbeitsmarkt in Dortmund blieb auf einem sehr guten Niveau weiterhin stabil. Die Arbeitslosigkeit konnte weiter abgebaut werden und die Quote ist gesunken im Vergleich zum Vorjahr.

Die durch den Russlandkrieg ausgelöste Fluchtbewegung hinterließ in der zweiten Jahreshälfte ihre Spuren. Die Betreuung der ukrainischen Geflüchteten wurde von der Kommune auf das Jobcenter übertragen. In der Folge stieg die Arbeitslosigkeit in Dortmund wieder an. Im Jobcenter werden sie nun beruflich beraten, qualifiziert und auf ihrem Weg in eine mögliche Beschäftigung begleitet.

Allen Krisen zum Trotz blieb ein Großteil der Betriebe über das Jahr gesehen sehr besonnen und investierte, wenn auch zögerlich, weiter in die Zeit nach der Pandemie und Krieg. Personal wurde gehalten, die Fachkräfte so gesichert. Die Beschäftigung ist – wie auch in den Jahren zuvor – gegenüber dem Vorjahr erneut angestiegen. Ob sich dieser Trend allerdings im kommenden Jahr fortsetzen wird, ist fraglich. Der Fachkräftemangel droht, das wirtschaftliche Wachstum auszubremsen. In vielen Branchen fehlen schon heute die passenden Fachkräfte; die Stellenbesetzungsverfahren werden immer schwieriger. Viele Stellen bleiben über Monate hinweg unbesetzt. Hier braucht es dringend Lösungen.“

Wie geht es nun im neuen Jahr 2023 weiter?
- Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen

„Unser Bundespräsident hat uns Ende Oktober auf schwere und unsichere Zeiten eingeschworen. Ja, die Ausgangssituation für 2023 könnte besser sein, aber ich sehe auch Lichtblicke und gute Chancen. Der Arbeitsmarkt wird durch die wirtschaftlichen Rückschläge beeinträchtigt und weiter unter Druck stehen, wir erwarten jedoch in Anbetracht des hohen Arbeitskräftebedarfs 2023 keinen Einbruch.

Der Wandel der Arbeitswelt, die demografische Entwicklung, die rasant fortschreitende Digitalisierung fordern ein konsequentes Umdenken der Unternehmen, der Beschäftigten, der Arbeitsuchenden und auch insgesamt in der Gesellschaft. Wir brauchen mehr Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Wir müssen und wollen mehr in die Menschen investieren, in ihre Qualifizierung und Weiterbildung. Um Menschen und Unternehmen bei der notwendigen Qualifizierung zu unterstützen, haben wir in den vergangenen Jahren unsere Beratungsmöglichkeiten weiter ausgebaut. Unsere Förder- und Weiterbildungsangebote sind umfangreich, werden aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Auch werden wir im nächsten Jahr noch stärker die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland angehen. Zudem bringen auch die ukrainischen Geflüchteten gute Voraussetzungen für die Teilhabe am Arbeitsleben mit. Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir aber das vorhandene, noch ausbaufähige Potenzial hier vor Ort. Junge Menschen ohne Ausbildung, oder auch Fachkräfte mit einer Behinderung. Jeder Einzelne ist wichtig, benötigt werden alle“, so Bettermann weiter.

„Auch für das Jobcenter Dortmund war 2022 ein herausforderndes Jahr: Die Überleitung der ukrainischen Geflüchteten ins SGB II, die steigenden Energiepreise und die Bürgergeldreform waren die größten Aufgaben, die wir im vergangenen Jahr in der Grundsicherung zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben bewältigen mussten. Diese haben wir gut gemeistert. Besonders erfreulich ist aus Sicht des Jobcenters der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit um über 1.000 Personen. Das zeigt, dass die Unterstützung und Begleitung der langzeitarbeitslosen Menschen in den Arbeitsmarkt wieder besser gelungen ist“, kommentiert die scheidende Jobcenter-Geschäftsführerin Dr. Regine Schmalhorst.

„Im Kontext der ukrainischen Geflüchteten liegt unser Fokus zunächst auf der Sicherstellung des Lebensunterhaltes, der Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen sowie dem Spracherwerb. Vor allem die Sicherung der Kinderbetreuung stellt eine wichtige Stellschraube dar, wenn es um die Integration in den Arbeitsmarkt geht“, führt Dr. Regine Schmalhorst weiter aus.

„2023 wird geprägt sein durch die Umsetzung des Bürgergeldes. Wir begrüßen, dass durch die neuen Regelungen die dauerhafte Integration in Arbeit und die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen durch Weiterbildung stärker in den Fokus gerückt werden. Das Thema Qualifizierung hat – gerade auch im Kontext des Fachkräftemangels in vielen Branchen – eine hohe Priorität für unsere Arbeit. 70 Prozent der Langzeitarbeitslosen, die wir betreuen, verfügen über keinen Berufsabschluss. Viele Bürgerinnen und Bürger können somit von den neuen Fördermöglichkeiten, beispielsweise den Prämien und verlängerten Ausbildungszeiten, profitieren,“ ergänzt ihr Nachfolger Marcus Weichert, der ab Februar die Leitung des Dortmunder Jobcenters übernimmt.

„Die wertschätzende Zusammenarbeit mit den Menschen, die auf uns angewiesen sind, ist und war im Jobcenter Dortmund stets ein wichtiges Anliegen. Natürlich können und wollen wir dabei immer besser werden. Die neuen Rahmenbedingungen und das zusätzliche Handwerkszeug, wie das Weiterbildungsgeld oder das Coaching, unterstützen unsere Arbeit hierbei“, so Weichert.

Der Arbeitsmarkt 2022 in Zahlen

Der Dortmunder Arbeitsmarkt ist 2022 trotz schwieriger konjunktureller Einflussfaktoren weitestgehend sehr stabil geblieben. Die Zahl sozialversicherter Beschäftigter stieg zum Vorjahr um 2,8 Prozent auf 257.885 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Stand Juni 2022). Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit lag mit 34.843 arbeitslos gemeldeten Menschen um knapp 5 Prozent (minus 1.718 Personen) unter der des Vorjahres.

Im Jahresverlauf machte sich aber die konjunkturelle Abschwächung und vor allen Dingen der Zustrom geflüchteter Frauen und Männer aus der Ukraine bemerkbar. Im Oktober waren zum ersten Mal mehr Menschen arbeitslos gemeldet als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosigkeit lag um knapp 1.000 Menschen oder 2,8 Prozent höher als im Oktober 2021. Darunter rund 2.000 arbeitslose ukrainische Geflüchtete, die nach dem 24. Februar vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Land nach Deutschland geflüchtet waren. Hier liegt auch die Erklärung, dass sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit deutlich stärker mit minus 1.350 Personen oder 6,6 Prozent bei den Männern als mit minus 367 oder 2,3 Prozent bei den Frauen entwickelt hat.

Fachkräfte dringend gesucht

Der Bestand an offenen Stellen ist im Jahr 2022 deutlich spürbar gestiegen. Im Schnitt lag er bei 5.114 offenen Stellen. Das sind gut ein Drittel mehr als im Jahr zuvor. 2021 lag die durchschnittliche Zahl der als offen gemeldeten Arbeitsstellen bei 3.825 Stellen.

Dies ist ein Indiz dafür, dass sich Stellenbesetzungsverfahren verlängern und erschweren. Für viele Stellen fehlen die passenden Bewerberinnen und Bewerber. Neue Stellen werden gemeldet, aber ältere können nicht abgemeldet werden, da sie noch nicht mit adäquatem Personal besetzt werden konnten.

Die Einstellungsbereitschaft bei den Unternahmen im Jahr 2022 war insgesamt sehr verhalten, allein die Tatsache, dass sie gleichzeitig auf Entlassungen weitestgehend verzichtet haben, hat dem Arbeitsmarkt insgesamt das ganze Jahr über Stabilität verliehen. Im gesamten Jahr 2022 wurden in der Summe 9.857 neue Arbeitsstellen der Agentur für Arbeit gemeldet. Dies entspricht gegenüber der Jahressumme 2021 einem Rückgang von rund 1.000 Stellen oder -9.4 Prozent.

Die Entwicklungen sind hierbei sehr branchenabhängig. Besonders stark wuchs die Nachfrage nach Arbeitskräften 2022 in Dortmund in den Berufsgruppen Lagerwirtschaft, Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege sowie im Verkauf. Die stärksten Rückgänge beim Stellenbestand liegen im Bereich Fahrzeugführung im Straßenverkehr, Reinigung und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Rückgang der Arbeitslosigkeit junger Menschen setzte sich 2022 weiter fort

Der gleitende Jahresdurchschnitt der Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen lag 2022 bei 2.969 Personen. Gegenüber dem Vorjahr sank die Jugendarbeitslosigkeit damit um 4,0 Prozentpunkte. 124 weniger junge Menschen meldeten sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen lag im vergangenen Jahr bei 8,9 Prozent (Vorjahr 2021: 9,3 Prozent).

Nach 2 Jahren Pandemie ist die Langzeitarbeitslosigkeit wieder gesunken

Mit Beginn der Pandemie 2020 stieg die Langzeitarbeitslosigkeit in Dortmund in den beiden Folgejahren deutlich an. Ursächlich dafür waren zum einen ein stärkerer Zugang aus der Erwerbstätigkeit, aber vor allem die fehlenden Möglichkeiten, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Arbeitslosigkeit dauerte bei vielen Menschen länger an, als sie ohne Pandemie gedauert hätte. 2022 wurde dieser Trend gestoppt, und es erfolgte ein hoher Abbau der langzeitarbeitslosen Menschen. Die durchschnittliche Zahl im zurückliegenden Jahr lag bei 16.370 Personen. Gegenüber dem Jahr 2021 sind das 1.607 oder 8,9 Prozent weniger.

Die Langzeitarbeitslosigkeit wirkt sich insbesondere im Rechtskreis SGB II des Jobcenters aus, was vor allen Dingen mit der Regeldauer des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Arbeitslosenversicherung von einem Jahr zusammenhängt. Rund neun von zehn Langzeitarbeitslosen erhalten Leistungen der Grundsicherung. Rund 55,1 Prozent aller Arbeitslosen in diesem Rechtskreis sind langzeitarbeitslos. Im Rechtskreis SGB III der Agentur für Arbeit sind es 16,8 Prozent.

Berufliche Förderung und Qualifizierung weiter Schlüsselfaktor

Egal ob vor, in oder nach der Krise, berufliche Weiterbildung nimmt im Rahmen der Fachkräftesicherung auch im kommenden Jahr eine zentrale Rolle ein. Durch den Wandel der Arbeitswelt steigen die Anforderungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiter spürbar. Helferinnen und Helfer können durch einen Berufsabschluss ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich erhöhen; den Arbeitgebern stehen dadurch mehr ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Aber auch Weiterbildungen, die die Kenntnisse von Arbeitslosen und Beschäftigten erweitern, ohne auf einen Berufsabschluss abzuzielen, sind wichtige Stützen des Arbeitsmarktes.

Im Jahr 2022 wurden in Dortmund 2.538 Eintritte in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitslosen gefördert. Dies waren 94 Eintritte oder 3,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 203 Beschäftigte haben Förderungen auf Grundlage des Qualifizierungschancengesetz von der Agentur für Arbeit Dortmund erhalten, ein Anstieg um 2,0 Prozent zum Vorjahr. Schwerpunkte bei der Beschäftigtenförderung lagen dabei in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie im Bereich Fahrzeugführung im Straßenverkehr.

Bei der beruflichen Weiterbildung von Arbeitslosen lagen die Schwerpunkte in den Bereichen Metallbau und Schweißtechnik, Fahrzeugführung im Straßenverkehr, Objektschutz, Personenschutz, Brandschutz, Arbeitssicherheit, Büro und Sekretariat, Erziehung, Sozialarbeit sowie in der Heilerziehungspflege.