Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg, Alexander Merk, traf am vergangenen Donnerstag zu einem Kennenlerngespräch mit der Landtagsabgeordneten Gabi Rolland (SPD) zusammen. In einem offenen und konstruktiven Dialog wurden verschiedene Schlüsselthemen im Bereich Arbeitsmarkt und Arbeitsvermittlung in der Region Freiburg erörtert. Mit am Tisch waren der neue Geschäftsführer des Jobcenters Freiburg, Tobias Wilde, und der Geschäftsführer des Jobcenters Breisgau-Hochschwarzwald, Achim Huber.
Rolland freute sich über die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Freiburg. „Ich bin darüber fasziniert. Es ist beeindruckend, was die Jugendberufsagentur Gleis 25 leistet. Wir haben dort gute Leute, die mit jungen Menschen arbeiten können. Das ist jetzt nach der Corona-Zeit besonders wichtig. Jugendliche brauchen eine engmaschige und persönliche Betreuung, damit sie nicht verloren gehen“, sagte sie. Vorübergehend waren Sorgen aufgekommen, dass der angedachte Rechtskreiswechsel der unter 25-Jährigen von den Jobcentern zu den Arbeitsagenturen den Bestand der Jugendberufsagentur gefährden könnte. Inzwischen ist der Plan wieder vom Tisch. Zudem versicherte Merk: „Das Gleis 25 ist ein Erfolgsmodell. An dem wollen wir unbedingt festhalten. Darin sind wir uns mit allen Partnern einig“.
Beim Thema Fachkräfteeinwanderung mahnt Rolland mehr Pragmatismus an. „Ich bin nicht zufrieden mit der Bleibeperspektive vieler Migrantinnen und Migranten. Diese Arbeitskräfte könnten wir effizienter einsetzen. Davon bin ich überzeugt. Viele Genehmigungs- und Anerkennungsverfahren dauern zu lange und gehören auf den Prüfstand“, so Rolland.
Gabi Rolland informierte sich ausführlich zur Situation der Menschen, die aus der Ukraine in die Wirtschaftsregion Freiburg geflüchtet sind. Die beiden Jobcenter-Geschäftsführer berichteten, dass mehr als jeder fünfte erwerbsfähige Leistungsberechtigte in den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald einen ukrainischen Pass besitzt. Das ist mehr als in den meisten anderen Regionen. Es seien überwiegend Frauen, viele mit Kindern. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt gestalte sich schwerer als erwartet. „Wir haben in Titisee-Neustadt ein Job-Speed-Dating mit Arbeitgebenden und rund 100 Ukrainerinnen und Ukrainern durchgeführt. Das Ergebnis war ernüchternd. Nicht eine Integration ist geglückt“, sagte Huber. Qualifikation sei weniger das Problem, eher ihre formale Anerkennung. Meist scheitere es an mangelnden Deutschkenntnissen oder an fehlender Mobilität. Und wenn dann doch eine Arbeitsaufnahme klappt, bedeute das nicht, das auch die Hilfebedürftigkeit wegfalle.
Ähnliche Erfahrungen macht auch Wilde für das Jobcenter Freiburg. Dort ist jeder siebte erwerbsfähige Leistungsbezieher Ukrainerin oder Ukrainer. Viele von Ihnen sind noch in Sprachkursen, die im Dezember enden. „Ich gehe davon aus, dass etwa 40 bis 45 Prozent der Absolventinnen und Absolventen dann erneut sprachlich unterstützt werden müssen, weil die Deutschkenntnisse einfach noch nicht ausreichen. Zumindest nicht auf dem Qualifikationsniveau, das sie aus der Ukraine mitbringen“, sagt Wilde. Auffällig, aber nicht überraschend, könne beobachtet werden, das jüngere Geflüchtete sich deutlich schneller integrieren, während Erwachsene viel Aufmerksamkeit den Geschehnissen in der Heimat widmen und dabei auf eine ungewisse Zukunft blicken. Wilde appelliert an die Arbeitgebenden, sich noch mehr als bisher auf die Beschäftigung von Ukrainerinnen und Ukrainern einzulassen. Wie das noch besser funktionieren kann, erläutert Merk: „Unser Arbeitgeber-Service steht mit 30 Arbeitgebenden in Kontakt, die neu eingestellte Geflüchtete in ukrainischer, russischer oder englischer Sprache einarbeiten“.
„Stabil in der Krise“, beschrieb Merk plakativ den Arbeitsmarkt in der Region. Die Arbeitslosigkeit sei weiter niedrig und trotz der konjunkturellen Eintrübung würde Kurzarbeit weiter keine nennenswerte Rolle spielen. Ohnehin bereite die Konjunkturschwäche weniger Sorgen als die strukturellen Probleme. Verfestigte Arbeitslosigkeit, demographisch bedingte Fachkräfteengpässe sowie Beschäftigte und Erwerbslose erfolgreich durch den Strukturwandel begleiten, seien die größten Herausforderungen, vor denen Arbeitsagentur und Jobcenter stünden.
Merk und Rolland zeigten sich erfreut über den konstruktiven Austausch und bekundeten ihr Engagement für eine weiterhin enge Zusammenarbeit. Dazu wolle man sich im Januar erneut treffen.