Made in Petershagen - Jährlich bis zu 120 zusätzliche ausländische Pflegefachkräfte für Deutschland

IUVARE und Agentur für Arbeit stellen sich dem Fachkräftemangel im Pflegebereich

27.12.2022 | Presseinfo Nr. 144

Der Fachkräftemangel hat in Deutschland alle Branchen erreicht, besonders schwer wiegt er jedoch in der Pflegebranche. Aufgrund von demografischem Wandel und Passungsproblemen können die Bedarfe in Deutschland perspektivisch nicht nur von inländischen Pflegefachkräften gedeckt werden. Das hat auch die IUVARE Unternehmensgruppe erkannt und gründete in diesem Jahr, mit Unterstützung der Agentur für Arbeit Minden, das erste Internat als Fachschule für Pflegekräfte aus dem Ausland in Petershagen.

Die IUVARE Unternehmensgruppe betreibt selbst Altenpflegeheime, ambulante Pflegedienste und andere Angebote. Auf die Frage, wie man im Unternehmen auf die Idee kam, eine Pflegeschule für ausländische Fachkräfte zu gründen, antwortet Geschäftsführer Thomas Christoffer deshalb: „Aus der Praxis heraus. In der eigenen Personalrekrutierung stellen wir schon seit vielen Jahren fest, dass sich da etwas tun muss im Hinblick auf Fachkräfte aus dem Ausland, auch aus Drittstaaten. Besonders in den letzten Jahren, in denen wir immer mehr beobachten konnten, dass auch andere EU-Länder einen Mangel entwickeln und beginnen, mit uns um diese Fachkräfte zu konkurrieren, wurde dies deutlich und es war klar: Wir müssen etwas tun.“

Christoffers Vater gründete seinerzeit den zweiten ambulanten Pflegedienst deutschlandweit – Innovation liegt somit in der Familie. Und als dann die alte Birkenkampschule in Petershagen-Quetzen zum Verkauf stand, war das für ihn wie eine Fügung des Schicksals. Über zwei Jahre hinweg entstand aus der alten Förderschule das erste Pflegeinternat Deutschlands – um Fachkräfte aus dem Ausland für die deutschen Pflegeeinrichtungen zu gewinnen.

Doch warum braucht es eine solche Schule überhaupt? Und wie funktioniert das in der Praxis? „Wenn Menschen aus Drittstaaten zu uns kommen und hier als Fachkraft arbeiten wollen, müssen sie ihren Berufsabschluss in Deutschland anerkennen lassen. Der IUVARE PflegeCampus hilft diesen Menschen dabei, sich auf eine solche Anerkennungsprüfung vorzubereiten, damit sie dann mit anerkanntem Berufsabschluss als Pflegefachkräfte in Deutschland arbeiten können“, erklärt Alexander Deleski die rechtlichen Grundlagen. Er ist Mitarbeiter des Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Minden und hat IUVARE bei den ersten Schritten im Zusammenhang mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz begleitet hat.

Begleitet werden auch die Schülerinnen und Schüler des Internats: Von den Visa-Formalitäten, über die Flugbuchung, bis hin zur kompletten Anerkennung der Berufskenntnisse werden sie von IUVARE begleitet. Organisiert wird das Ganze von Christoph Widdel, dem Abteilungsleiter der Fachabteilung IUVARE Academy, die sich auf die Rekrutierung von Pflegefachkräften aus dem Ausland spezialisiert hat, und seinem Mitarbeiter Marius Draeger, der die Angelegenheiten vor Ort koordiniert.

Das gestaltet sich bei Menschen aus Drittstaaten, wie Tunesien, auf das sich der IUVARE PflegeCampus aktuell fokussiert, sehr aufwendig: „Wir wussten am Anfang ja gar nicht, ob so etwas überhaupt geht. Das Konzept ist nun mal bundesweit einzigartig. Das heißt, wir mussten uns das ganze notwendige Wissen erst einmal aneignen. Das hat schon lange gedauert. Und auch in der Umsetzung ist das jedes Mal ein Zusammenspiel von bis zu 7 Behörden, das viel Zeit in Anspruch nimmt.“

Eine dieser Behörden, die besonders starke Unterstützung leistet, ist die Agentur für Arbeit mit ihrem Sitz in Minden. So hat der Arbeitgeber-Service nicht nur die Einführung der Pflegeschule begleitet und beratend unterstützt, sondern ermöglicht es IUVARE, den Schülern während ihrer Zeit im Internat auch ein Gehalt zu zahlen: „Die Schülerinnen und Schüler sind während der Zeit ihres Vorbereitungskurses bei IUVARE angestellt, daher können wir IUVARE jeden Schüler und jede Schülerin mit einem Arbeitsentgeltzuschuss fördern“, erklärt Evelyn Meise, die den Betrieb seit den ersten Schritten zur zertifizierten Pflegefachschule mit Pflegeinternat seitens der Agentur für Arbeit betreut und begleitet. Auch Christoph Widdel betont: „Ohne die Förderung wären wir gar nicht in der Lage gewesen, ein für die potenziellen Pflegekräfte finanziell attraktives Konkurrenzangebot zu anderen europäischen Ländern auf die Beine zu stellen.“

Um sicherzustellen, dass dieses Geld gut investiert ist, durchlaufen alle Bewerberinnen und Bewerber ein extensives Auswahlverfahren, bevor sie nach Deutschland kommen und beim IUVARE Pflegecampus ihren Abschluss machen dürfen: „In Partnerschaft mit einer zuverlässigen Recruiting-Firma in Tunesien akquirieren wir Interessenten, die Vorkenntnisse in Deutsch mitbringen müssen und auch eine abgeschlossene Pflegekraft-Ausbildung im Heimatland. Auch Dokumente und Motivation werden geprüft. Erst, wenn wir uns sicher sind, dass alles passt, sagen wir zu.“ Dass dieses System funktioniert, zeigt die Erfolgsquote: Von den rund 70 ehemaligen Schülerinnen und Schülern, die die Prüfung abgelegt haben, haben 95 Prozent bestanden.

Aktuell läuft der vierte Kurs im Quetzener Internat. Mourad Younsi und Rahma Halloul absolvieren aktuell den Vorbereitungskurs. Auf die Frage, warum sie sich dazu entschieden hat, in Deutschland als Pflegekraft zu arbeiten, antwortet die 25-Jährige: „Die Sprache ist natürlich sehr schwer. Aber Deutschland ist ein sehr modernes Land mit innovativen Methoden im Bereich Medizin und Gesundheit. Und auch eine neue Kultur kann ich kennenlernen.“ Der 27-Jährige Mourad Younsi fügt hinzu: „Ich habe hier die Chance auf ein freies, gutes Leben mit allen Möglichkeiten zur Selbstentfaltung. Und in Tunesien gibt es zu viele Pflegekräfte, aber zu wenig Jobs.“ Für IUVARE haben sich beide entschieden, die Rund-Um-Betreuung, die Unterstützung bei der schnellen Ausstellung eines Visas, all das war ausschlaggebend.

Und auch im Mühlenkreis angekommen fühlen beide sich in der Schule sehr wohl: „Es sind alle sehr nett hier, man ist zwar nicht im Heimatland, aber ich habe kaum Heimweh“, berichtet Younsi. „Wir sind wie eine Familie“, betont Rahma Halloul. Gehört von der Chance in Deutschland haben beide übrigens von Freunden, die nur Gutes zu berichten hatten. Nach bestandener Prüfung wird IUVARE die beiden und ihre Klassenkameraden entweder in den eigenen Pflegeeinrichtungen und -diensten einsetzen, oder an eine Auswahl von geprüften Arbeitgebern in der Pflege vermitteln. „Bis jetzt haben hier noch alle nach ihrem Abschluss direkt eine Anstellung gefunden. Die Schülerinnen und Schüler werden entweder in unseren eigenen Pflegeeinrichtungen und -diensten eingestellt oder an andere Arbeitgeber aus der Pflegebranche vermittelt. Wir haben eine lange Warteliste, der Bedarf in der gesamten Branche ist groß“, berichtet Christoph Widdel.

Aktuell hat der PflegeCampus Kapazitäten und Zimmer, um rund 120 Pflegekräfte im Jahr auszubilden. Geschäftsführer Thomas Christoffer kann sich aber auch eine Ausweitung vorstellen: „Das ist natürlich Musik von übermorgen, aber die Nachfrage ist da, und wir können uns das durchaus vorstellen.“ Nicht Musik von übermorgen: Christoph Widdel und sein Team arbeiten aktuell daran, Partnerschaften auch mit anderen Drittstaaten aufzubauen. Momentan in Planung: Kenia und Mexico.

Arbeitgeber, die ebenfalls Interesse an den vielfältigen Fördermöglichkeiten zur Qualifizierung von Beschäftigten haben, können sich unter Minden.Arbeitgeber@arbeitsagentur.de oder 0800 4 5555 20  an den Arbeitgeber-Service wenden und dort eine individuelle Beratung erhalten.