Der Arbeitsmarkt 2022
- 3,1 Prozent weniger Arbeitslose im als im Jahresdurchschnitt 2021 – Robuster Arbeitsmarkt trotz Krisen.
- Anzahl der neuen Stellenmeldungen in der Jahressumme rückläufig (-8,3 Prozent). Viele Unternehmen halten ihr Stammpersonal, sind bei Neueinstellungen aber zurückhaltend
Ausblick 2023
- Es ist schwer zu sagen, wie ausgeprägt der Einfluss von Energiekrise, Inflation und wirtschaftlichen Sanktionen in 2023 sein wird – hier kommt es auf weltpolitische Entwicklungen an.
- Langfristige Herausforderung am Arbeitsmarkt ist nach wie vor der Fachkräftemangel. Die Gewinnung von neuen Fachkräften kann nur durch Ausbildung, Qualifizierung und Zuwanderung erfolgen.
Jahresrückblick 2022 – Weniger Pandemie, aber neue Herausforderungen
Im Kreis Minden-Lübbecke nahm die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenzahl um 276 oder 3,1 Prozent auf 8.643 Personen ab. Die Arbeitslosenquote sank im Jahresdurchschnitt 2022 im Vergleich zu 2021 von 5,3 auf 5,1 Prozent.
Im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung (Sozialgesetzbuch III) waren im Schnitt 3.025 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosigkeit nahm hier binnen Jahresfrist um 562 oder 15,7 Prozent ab. Die Arbeitslosenquote sank im Bereich SGB III um 0,3 Prozentpunkte von 2,1 Prozent auf 1,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022.
Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Frauen und Männer in der Grundsicherung (Sozialgesetzbuch II) stieg gegenüber dem Vorjahr um 286 Personen oder 5,4 Prozent auf 5.618 Personen. Die Arbeitslosenquote im Bereich SGB II stieg damit im Jahresschnitt von 3,2 Prozent auf 3,3 Prozent.
„Das Jahr 2022 am Arbeitsmarkt war geprägt von vielen Herausforderungen, die jene der Corona-Pandemie ablösten. Der Markt ist von einer Krise in die nächste gerutscht“, stellt Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, mit Blick auf den Kreis Minden-Lübbecke fest. „Aber trotz aller Unwegsamkeit ist der Arbeitsmarkt diesen neuen Herausforderungen mit Robustheit begegnet: Die Arbeitslosigkeit ist im Jahresdurchschnitt gesunken. Betrachtet man die Arbeitslosigkeit im Monatsverlauf wird deutlich, dass die Werte im Kreis Minden-Lübbecke bereits im August höher lagen als im Vormonat 2021. Gerade zum Ende des Jahres haben sich die Auswirkungen von Energiekrise, Inflation und Wirtschaftssanktionen also auch am Arbeitsmarkt gezeigt“, analysiert die Expertin und fügt hinzu: „Trotzdem kann man insgesamt von einem standhaften Markt sprechen: Mit Blick auf den Zu- und Abgang der arbeitslosen Menschen in Erwerbstätigkeit sowie den Stellenmarkt wird deutlich, dass die Arbeitgeber versuchen, ihr Stammpersonal möglichst zu halten, während sie Neueinstellungen zurückfahren. Eine Strategie, die viele Unternehmen sicherlich auch nach den Erfahrungen der Pandemie entwickelt haben, da es schwierig ist, Fachpersonal neu zu rekrutieren.“
Mit Blick auf die Kurzarbeit bemerkt Sebastian Placke, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Herford: „Wir bewegen uns bei den Anzeigen über Kurzarbeit weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Die letzten vorliegenden Werte sind aus dem Monat November, hier wurden uns 26 Anzeigen gemeldet, in denen 212 Personen als potenziell betroffene Kurzarbeiterinnen oder Kurzarbeiter genannt wurden. Zum Vergleich: Der Höchststand in der Pandemie waren 2.366 Anzeigen mit 32.180 Personen im April 2020. Die Situation ist hier aktuell also wesentlich entspannter. Trotzdem sind wir natürlich jederzeit bereit, die Unternehmen bei Bedarf mit Kurzarbeitergeld zu unterstützen, damit sie ihr Personal weiter halten können.“
Sebastian Placke, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Herford, erklärt die steigende Ausländerarbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2022: „Während die Gesamtarbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2022 noch gesunken ist, ist die Ausländerarbeitslosigkeit gestiegen. Wie gegebenenfalls schon zu vermuten ist, ist dies in großen Teilen auf die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten in die Betreuung der Jobcenter zurückzuführen.“
Bei den jungen Arbeitnehmern unter 25 Jahren verzeichnete der Kreis Minden-Lübbecke im Jahresdurchschnitt einen Rückgang um 14 Personen oder 1,5 Prozent auf 974 Jugendliche. Bei den Älteren über 50 Jahre waren es 139 oder 4,8 Prozent weniger Arbeitslose im Jahresdurchschnitt – insgesamt 2.733.
Der jahresdurchschnittliche Bestand an ausländischen Arbeitslosen ist um 474 oder 19,6 Prozent auf 2.897 Personen gestiegen.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank im Jahresdurchschnitt um 272 Personen oder 7,3 Prozent von 3.716 auf 3.444 Personen.
Betriebe und Verwaltungen meldeten im Jahresverlauf 9.694 Arbeitsstellen, 876 oder 8,3 Prozent weniger als 2021. Im Bestand befanden sich im Jahresdurchschnitt 5.018 Arbeitsstellen und damit 999 oder 24,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Ausblick 2023 – Drei Säulen gegen die langfristige Herausforderung
„2022 stand im Zeichen des Ukraine-Kriegs, und auch 2023 wird wieder von dessen Auswirkungen geprägt sein. Auch Wirtschaft und Arbeitsmarkt werden die Folgen weiterhin zu spüren bekommen – der Umfang dieser Folgen ist abhängig von weltpolitischen Entscheidungen“, so Schwietert. Doch mit Blick auf den Arbeitsmarkt sieht die Agenturleiterin eine ganz andere Herausforderung: „Bei allen Krisen, die auch 2023 Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben werden – Energiekrise, Inflation, wirtschaftliche Sanktionen – so gibt es doch eine große Herausforderung, die eigentlich schon lange bekannt ist, aber nun auf dem Arbeitsmarkt deutlich sichtbar ist: Der Fachkräftemangel.“ Diesen erkenne man auch mit Blick auf den – trotz sinkender neuer Stellenmeldungen – steigenden Bestand offener Stellen im Jahr 2022. „Gerade die Fachkraftstellen sind im Bestand deutlich gestiegen.“
Um Fachkräfte zu gewinnen, bedarf es laut Schwietert dringend drei entscheidender Aktivitäten: „Ausbildung, Qualifizierung und Zuwanderung. Wenn diese drei Möglichkeiten zur Fachkräftegewinnung kreativ, kurzfristig und intensiv genutzt werden, können wir die Folgen des Mangels in der Zukunft abmildern. Nur so steht die Fachkräftesicherung kreisweit auf einem soliden Fundament.“ Deshalb will sie sich auch 2023 wieder mit ihren Arbeitsmarktpartnern auf genau diese Aktivitäten fokussieren.
Operativer Geschäftsführer Placke sieht die Agentur mit Blick auf diese drei Säulen gut aufgestellt: „Aufgrund des Fachkräftemangels ist jeder Jugendliche für den Ausbildungsmarkt wichtig. Jeder wird gebraucht, und wir haben für jeden auch ein passendes Unterstützungsangebot. Qualifizierung wiederum war tatsächlich noch nie so einfach – finanziell wie organisatorisch können wir Arbeitslose, Beschäftigte und Unternehmen dabei unterstützen. Mit dem neuen Weiterbildungsgeld, ab 01.07.2023, von 150 Euro gibt es für arbeitslose Menschen bei einer Weiterbildung einen neuen finanziellen Anreiz. Auch im Bereich Zuwanderung tut sich einiges: Zur Unterstützung von Unternehmen hält die Bundesagentur für Arbeit unterschiedliche Programme vor. Dies umfasst insbesondere die Rekrutierung von Fach- und Nachwuchskräften aus dem Ausland. Der Arbeitgeberservice begleitet dabei die Firmen von der ersten Beratung bis zur Einstellung des Personals.“