Vom Agrarwissenschaftler in Syrien zum Lebensmittel-techniker in Preußisch Oldendorf

Farhad Alahmad startet bei Vortella Lebensmittelwerk durch

19.09.2023 | Presseinfo Nr. 162

Farhad Alahmad kommt aus Syrien, hat dort Agrarwissenschaften studiert. In Deutschland baut er sich ein neues Leben auf – beruflich beim Lebensmittelwerk Vortella, Hersteller von Margarinen, Pflanzenölen und -fetten,  in Preußisch Oldendorf. Durch eine Förderung der Agentur für Arbeit und die Unterstützung seines Arbeitgebers kann er jetzt seinen Berufsabschluss zum Lebensmitteltechniker machen.

Farhad Alahmad ist 33 Jahre alt und lebt mit Frau und Kind in Lübbecke. Bei Vortella arbeitet er seit 2018. Doch die Anfänge in Deutschland waren schwer, wie er sich erinnert: „Ich habe in Syrien Agrarwissenschaften studiert, und wollte auch hier in diesem Berufsfeld arbeiten. Ich habe viele Bewerbungen geschrieben, die Rückmeldungen waren aber immer negativ oder blieben ganz aus.“ 

Da der Familienvater aber unbedingt eine Arbeit finden wollte, weitete er seine Suche aus und landete so nach einem Praktikum im Jahr 2017 beim Preußisch Oldendorfer Lebensmittelhersteller Vortella als Produktionshelfer. Im Bereich der Lebensmitteltechnik sah er viele Ähnlichkeiten zu den Agrarwissenschaften. Er hatte jedoch auch Ziele: „Ich wollte mich aber von Beginn weiterbilden.“ Und das lässt er seinen Vorgesetzten, Produktionsleiter Jens Haunhorst, auch wissen: „Herr Alahmad ist engagiert, interessiert, proaktiv. Er erkundigt sich über seine Möglichkeiten. Und wenn man so jemanden hat, dann gibt man die Chance auch gern.“

Und so kam es dazu, dass Farhad Alahmad sich aktuell in einem Vorbereitungskurs auf die Externenprüfung vorbereitet. Besteht er diese, darf er sich Fachkraft für Lebensmitteltechnik nennen und hat somit einen anerkannten Berufsabschluss. Die Weiterbildung wird von der Agentur für Arbeit gefördert. Ralf Heitlindemann, Arbeitsvermittler im Arbeitgeber-Service der Agentur, begleitet die Förderung und erklärt: „Die Industrie- und Handelskammer erkennt das praktische Wissen von Herrn Alahmad für die Prüfungszulassung an, sodass er sich nur noch auf die theoretischen Inhalte der Prüfung vorbereiten muss. Dafür hat er regelmäßigen Blockunterricht. Die Kosten für den Kurs finanzieren wir, ebenso unterstützen wir Vortella durch einen Arbeitsentgeltzuschuss für die Wochen, die Herr Alahmad durch den Kurs nicht im Betrieb ist.“

Der Vorteil für den Wahl-Lübbecker: Anders als bei einer regulären Ausbildung erhält er während der Zeit der Weiterbildung sein volles Gehalt. Es entstehen ihm also keine finanziellen Nachteile. Und das war auch nötig: „Ohne Förderung wäre das für mich nicht möglich gewesen. Von einem Ausbildungsgehalt kann ich meine Familie nicht ernähren.“

Jens Haunhorst bezeichnet die Förderung als Win-Win-Situation: „Für ihn ist es ein finanzieller Vorteil, und auch wir wollen natürlich gerne kostengünstig ausbilden, also nimmt man die Unterstützung gern an. Zudem merken wir den Fachkräftemangel seit ungefähr zwei Jahren extrem, haben immer mehr Schwierigkeiten, an Fachkräfte oder Auszubildende zu kommen. Wir haben im Bereich der Lebensmitteltechnik auch schon Nulljahre bei der Ausbildung fahren müssen. Insofern ist jede neue Fachkraft ein Gewinn für uns.“

Das 1904 gegründete Familienunternehmen bildet neben der Fachkraft für Lebensmitteltechnik auch Bürofachkräfte aus, in manchen Jahren auch Industriemechaniker. Aber hier gestaltet sich die Suche nach Nachwuchskräften für den Betrieb deutlich einfacher. „Dabei ist die Arbeit in der Lebensmitteltechnik sehr vielfältig: Von der Rohwarenannahme, über die Produktentwicklung und die Produktion selbst, bis hin zur Qualitätskontrolle – die Vielfalt der Aufgaben ist immens“, so der Produktionsleiter, der selbst einmal die Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik durchlaufen hat.

Auch Ralf Heitlindemann ist in seiner Arbeit mit den Unternehmen der Region täglich mit den Herausforderungen des Fachkräftemangels konfrontiert. „In unserer Arbeitsmarktregion gibt es in der Lebensmitteltechnik mehr Stellenangebote als Arbeitslose mit entsprechendem Profil. Auf drei Ausbildungsplätze kommt momentan nur ein Bewerber mit diesem Ausbildungswunsch. Circa 15 Prozent der Beschäftigten in der Lebensmittelherstellung sind über 55 Jahre alt, scheiden also in absehbarer Zeit altersbedingt aus dem Berufsleben aus. Das Problem wird also in Zukunft eher größer, nicht kleiner“, berichtet er. „Gerade deshalb sind die Möglichkeiten, die die Beschäftigtenförderung uns bietet, so wichtig“, fügt er hinzu. Eine weitere besondere Motivation: Nach bestandener Prüfung steht Farhad Alahmad eine Weiterbildungsprämie zu – eine Einmalzahlung der Agentur über 1.500 Euro.

Dennoch: Der Abschluss wird einem nicht in den sprichwörtlichen Schoß gelegt. „Ich habe das Wissen ja eigentlich schon, durch mein Studium. Aber trotzdem ist es eine Herausforderung, denn Deutsch ist für mich eine Fremdsprache. Ich muss die Begriffe erst im Kopf für mich übersetzen, um alles richtig zu verstehen. Dadurch sind einige Fachbereiche besonders schwierig für mich, zum Beispiel die Wirtschafts- und Sozialfachkunde.“

Aber Farhad Alahmad ist gekommen, um zu bleiben: Die deutsche Staatsbürgerschaft hat er bereits erworben. Sein Deutsch ist sehr gut. Mit der Externenprüfung zur Fachkraft Lebensmitteltechnik geht er den nächsten Schritt in Richtung neues Leben in seiner neuen Heimat. Denn, so sagt er: „Ich fühle mich in Deutschland wohl.“

Unternehmen, die Interesse an einer Beschäftigtenförderung haben, können sich an ihren zuständigen Hauptbetreuer im Arbeitgeber-Service oder unter der kostenlosen Arbeitgeber-Hotline 0800 4 5555 20 an den Arbeitgeber-Service wenden.