„Es ist für mich ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen“

Junge Frau aus Bad Oeynhausen kann trotz Behinderung ihren beruflichen Wunsch erfüllen

21.02.2023 | Presseinfo Nr. 34

Derya Yegin aus Bad Oeynhausen konnte sich im letzten Jahr einen Herzenswunsch erfüllen: Mit Kindern zu arbeiten. Die 32-Jährige, die seit der Geburt mit Spina bifida – umgangssprachlich „offener Rücken“ – lebt, konnte in der Kindertagesstätte Sternschnuppe in Volmerdingsen eine Stelle antreten. Möglich war dies durch die Zusammenarbeit von Arbeitsagentur, Bildungsträger, der Kindertagesstätte und durch ihre eigene Willensstärke.

Als Derya Yegin Ende 2021 arbeitslos wurde, wollte sie möglichst schnell wieder beruflich Fuß fassen. „Aufgrund meiner Behinderung war ich schon öfters in der Betreuung des Reha-Schwerbehinderten-Teams bei der Arbeitsagentur. Zum Glück hatte ich mit Frau Ziemann eine gute Beraterin, bei der ich mich verstanden gefühlt habe. Aber diese wiederholte Arbeitslosigkeit hat mich auf Dauer wirklich unglücklich gemacht – ich konnte einfach nicht mehr zuhause sitzen. Mir sind die Wände entgegengekommen. Also habe ich wirklich darum gebeten, schnell etwas für mich zu finden“, erinnert sie sich heute. In eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung will Derya Yegin aber nicht – sie möchte möglichst in einem Beruf, der ihr Spaß macht.

Ihre Beraterin, Selima Ziemann, erkannte diese für die junge Frau schwierige Lage und setzte sich dafür ein, dass sie bereits im Januar in das Förderprogramm „Unterstützte Beschäftigung“ aufgenommen werden konnte. „Normalerweise ist der Start bei der Unterstützten Beschäftigung im August, aber Frau Yegin hat mir sehr deutlich gemacht, dass sie bis dahin nicht warten kann“, erläutert Ziemann. Durch den Einsatz der Beraterin war dann ein außerplanmäßiger Start im Januar 2022 möglich.

Die von der von der Agentur für Arbeit finanzierte „Unterstützte Beschäftigung“ wird durch einen Bildungsträger durchgeführt und hilft Menschen mit Behinderung durch individuelle Betreuung und zugeschnittenes Training, Fuß am Arbeitsmarkt zu fassen. Während der Förderung werden auch Praktika bei Arbeitgebern organisiert. Im Gespräch mit ihrer Trainerin hat Derya Yegin ihren Wunsch, im Bereich Kinderbetreuung zu arbeiten, geäußert. „Ich habe gesagt, dass ich gerne mit Kindern arbeiten möchte, aber dass das wegen meiner Behinderung ja nicht möglich ist. Sie hat dann gesagt, dass das überhaupt nicht so sein müsse und mir einfach ein Praktikum hier in der Kita Sternschnuppe organisiert“, erzählt Yegin.

Die Kita Sternschnuppe befindet sich seit 2021 in einem neuen Gebäude in Volmerdingsen und in der Trägerschaft des ESG Bad Oeynhausen e.V. Rund 15 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kümmern sich in der integrativen Kita um circa 65 Kinder in drei Gruppen.

Kita-Leitung Katrin Miegel und Ute Röhling, Geschäftsführerin des Trägervereins, waren für ein Praktikum offen und haben Derya Yegin nach Ende der Praktikumsphase zum 01.10.2022 auch eingestellt. „Wir sind eine integrative Kindertagesstätte und wollten deshalb schon aus unserer Überzeugung heraus Derya Yegin eine Chance geben. Am Ende hat sie uns aber mit ihrer Persönlichkeit für sich gewinnen können, sie hat sich während des Praktikums hier wirklich bewiesen, weshalb wir sie auch eingestellt haben“, betont Ute Röhling. Um den Einarbeitungsaufwand auszugleichen, unterstützt die Agentur für Arbeit die Kita in den ersten 8 Monaten mit einem Lohnkostenzuschuss von 50 Prozent. Anschließend wird noch einmal gemeinsam geprüft, wie es für Derya Yegin weitergeht.

Für Katrin Miegel war besonders die Reaktion und der Umgang der Kinder mit Derya Yegins Behinderung spannend und beeindruckend: „Es ist auch für die Kinder eine Bereicherung. Sie lernen so schon früh, mit Behinderungen umzugehen.“ Derya Yegin fügt hinzu: „Ich war wirklich beeindruckt, wie aufmerksam die Kinder vom ersten Tag an waren. Da wird ohne Kommentar der Schuh aus dem Weg geräumt, damit ich mit meinem Rollstuhl durchkommen kann.“

Und Derya Yegin hat seit Beginn ihrer Tätigkeit in der Kita eine Entwicklung durchgemacht: Von einem sehr unsicheren Menschen zu einer selbstbewussten, jungen Frau. „Ich habe hier wirklich gelernt, was ich alles kann. Dinge, die ich mir vorher selbst gar nicht zugetraut hätte. Wenn ich hier bin, merke ich gar nicht, dass ich überhaupt Einschränkungen habe, da ich einfach so viele positive Dinge erlebe. Ich werde angenommen, wie ich bin. Die Kolleginnen und Kollegen sind auch nicht genervt, wenn sie mir Dinge mehrmals erklären müssen. Die Arbeit hier macht mich wirklich glücklich, sie heilt auch meine Seele“, so Yegin.

Geschäftsführerin Ute Röhling bestätigt das: „Derya ist hier richtig aufgeblüht. Das ist einfach schön, mit anzusehen.“ Sie könne anderen Unternehmen nur empfehlen, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben, denn trotz des anfänglichen Mehraufwands seien sie langfristig oft eine Bereicherung für den Betrieb. Yegin fügt hinzu: „Es ist für mich einfach ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen.“

Menschen mit Behinderung erhalten bei der Agentur für Arbeit Beratung zu ihren beruflichen Möglichkeiten und Unterstützung für den beruflichen Einstieg am Arbeitsmarkt. Bei Unterstützungsbedarf kann man sich unter 05221 985 980 oder Herford.161-Reha@arbeitsagentur.de melden. Arbeitgeber, die an der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung interessiert sind, können sich unter der kostenlosten Hotline 0800 4 5555 20 an ihren örtlichen Arbeitgeber-Service wenden.