Halbzeit auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Herford

31.03.2023 | Presseinfo Nr. 64

  • Verhältnis zwischen Stellen und Bewerbern aufgrund konstanter Stellenmeldungen und gleichzeitigem Bewerberrückgang ausgeglichen, auf 100 Stellen kommen 102 Bewerber
  • Immer weniger Bewerber: Der demographische Wandel und der Fachkräftebedarf schreiten voran
  • Auf Unternehmensseite große Ausbildungsbereitschaft, aber durch den Rück-gang an potenziellen Auszubildenden verstärken sich die Besetzungsprobleme


Im Kreis Herford meldeten sich bis Ende März 1.465 Bewerber. Im Vergleich zum vorherigen Berichtsjahr haben sich somit aus dem Kreis Herford 76 oder 4,9 Prozent weniger Jugendliche bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Herford gemeldet. Gleichzeitig wurden dem Arbeitgeberservice im Berichtsjahr 2022/2023 für den Kreis Herford bisher 1.446 Aus-bildungsstellen gemeldet – 3 oder 0,2 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Von den gemeldeten Stellen sind aktuell noch 967 Stellen unbesetzt, das sind 23 mehr als im März des Vorjahres. Von den gemeldeten Bewerbern aus dem Kreis sind aktuell noch 770 unversorgt, 94 weniger als im März 2022.

„Zur Halbjahresbilanz am Ausbildungsmarkt zeigt sich im Berichtsjahr 2022/2023 im Kreis Herford ein sehr leichter Bewerberüberhang. Auf 100 gemeldete Stellen kommen aktuell 102 Bewerber“, so Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, zu den ersten aussagekräftigen Ausbildungsmarktzahlen des Jahres. „Das ist für den Kreis Herford eine durchaus erfreuliche Wasserstandsmeldung, haben wir doch sonst meist ein deutlicheres Unterangebot an Ausbildungsstellen gehabt. Das Verhältnis von Stellen zu Bewerbern hat sich im Wittekindkreis in den letzten Jahren immer weiter angenähert, das erkennen wir auch in diesem Jahr“, erläutert die Expertin.

Sie betont jedoch: „Das liegt zwar zum einen an der im Vergleich zum Vorjahr anhaltend starken Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, die insbesondere auch im Anbetracht der unsicheren Wirtschaftslage erfreulich ist. Zum anderen liegt es aber auch an einem Rückgang der gemeldeten Bewerber, einem Trend, der sich schon seit einigen Jahren in der Statistik abzeichnet.“ Mit Blick auf die Beratungs- und Vermittlungsarbeit zeigt sie sich jedoch zufrieden: „Die Bewerberinnen und Bewerber und die Stellen, die bei uns gemeldet sind, werden gut beraten beziehungsweise versorgt. Der prozentuale Anteil der versorgten Bewerber und besetzten Stellen hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Aber eins ist klar – nicht nur die Betriebe, auch wir merken immer mehr, dass es schwer ist, genügend Jugendliche zu erreichen, um den Bedarf an Auszubildenden zu decken.“ 

Da die Berufsorientierung und Beratung der Arbeitsagentur in den letzten Jahren pandemie-bedingt nicht im notwendigen Umfang stattfinden konnte und den Jugendlichen oft die wertvollen Praktikaerfahrungen fehlen, werden die Möglichkeiten in einer  dualen Ausbildung von den Jugendlichen weniger wahrgenommen. „Wir werden deshalb auch im zweiten Halbjahr so vielen Jugendlichen wie möglich auf ihrem Weg ins Berufsleben helfen – und dazu gehört auch, ihnen die Chancen in der dualen Berufsausbildung darzulegen.“ Klar ist für sie aber auch: „Unsere Beraterinnen und Berater verbringen den Großteil ihrer Arbeitszeit direkt an den Schulen. Unsere Erreichbarkeit für Schülerinnen und Schüler ist somit maximal ausgebaut. Doch auch diese maximale Erreichbarkeit kann den fortschreitenden demographischen Wandel nicht ausgleichen.“ Aber gerade deshalb appelliert sie in diesem Zusammenhang auch an die Betriebe: „Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig Ausbildung ist – der demografische Wandel nimmt zunehmend Fahrt auf.  Deshalb ist es jetzt in der Konkurrenzsituation um die geringeren Bewerberzahlen umso wichtiger jedem Jugendlichen eine Chance zu geben. Azubi-Akquise ist in diesen Tagen kein Sprint, sondern ein Marathon – Durchhaltevermögen und Offenheit sind gefragt.“

Geben Sie auch Jugendlichen eine Chance, die vielleicht auf den ersten Blick in die Bewerbung noch nicht überzeugen konnten. Es lohnt sich, diese jungen Menschen in einer Ausbildung zu begleiten. Wir können viele Unterstützungsmöglichkeiten anbieten.“

Während die Arbeitsagentur die ersten Zahlen für das Berichtsjahr 2022/2023 vorstellt, werfen auch die Kammern einen Blick auf den Ausbildungsmarkt. Sie ziehen eine finale Bilanz für das Jahr 2022 und werfen einen Blick auf die Herausforderungen der Zukunft:

Mit Blick auf die ostwestfälische Ausbildungssituation in den Berufen aus Industrie, Handel und Dienstleitungen konnte die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in der Jahresbilanz für 2022 positive Zahlen vermelden. Insgesamt sei die Zahl neu eingetragener Ausbildungsverträge in Ostwestfalen im Vorjahresvergleich um 5,4 Prozent gestiegen. „Der Anstieg der Neueintragungen ist sehr erfreulich“, resümiert Ute Horstkötter-Starke, IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung. „Im Jahr 2022 konnten wir in Ostwestfalen 7.173 neue Ausbildungsverträge in IHK-Berufen verzeichnen. Auch wenn das Vor-Corona-Niveau mit 7.717 Neueintragungen noch nicht ganz erreicht ist, ist der starke Zuwachs sehr positiv zu bewerten. Insgesamt betreute unsere IHK zum Jahresende somit 18.147 Ausbildungsverhältnisse allein in Ostwestfalen.“ 

Der höchste Anstieg der Neueintragungen zeige sich in gewerblich-technischen Ausbildungsberufen. „Das werten wir als klares Bekenntnis der heimischen Wirtschaft zum Produktionsstandort Ostwestfalen“, so Horstkötter-Starke weiter. Diese Entwicklung zeichne sich auch im Kreis Herford ab. Die Neueintragungen im gewerblichen Bereich stiegen hier um 9 Prozent (413 Neueintragungen) im Vergleich zum Vorjahr. Aber auch die kaufmännischen Ausbildungsberufe erführen einen Zuwachs an neuen Ausbildungsverhältnissen von 3,9 Prozent (585 Neueintragungen). Im vergangenen Jahr haben im Kreis Herford 998 junge Menschen die Ausbildung aufgenommen, 5,9 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch in diesem Jahr sei es oberste Priorität die Ausbildung in der Region zu stärken. Denn die Besetzung der Ausbildungsstellen werde eine zunehmende Herausforderung für die Be-triebe. „Die IHK wird, gemeinsam mit ihren Partnern rund um die berufliche Ausbildung, alles daransetzen, diesen positiven Trend fortzuführen und auszubauen.“ Dafür setze sich die IHK in vielen Projekten der Berufsorientierung ein, die Dank des Wegfalls zahlreicher Corona-Beschränkungen nun auch wieder live möglich seien. „Wir freuen uns schon jetzt auf den 4. Mai dieses Jahres. Beim beliebten Azubi-Speed-Dating im Stadtpark Schützenhof werden Ausbildungsinteressierte und Unternehmen zusammengebracht, um so neue Ausbildungsverhältnisse zu fördern“, gibt die IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung einen Ausblick auf geplante Aktivitäten. 

Mit der Ausbildungschance OWL sei zudem, in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe und der IHK Lippe zu Detmold, eine Plattform entwickelt worden, um die Berufsorientierung im Allgemeinen zu fördern. Auf www.ausbildungschance-owl.de werde über das gesamte Jahr hinweg das Matching zwischen mittlerweile über 800 registrierten Unternehmen und Ausbildungsplatz-Suchenden unterstützt. Die Unternehmen können sich kostenlos registrieren und Schülerinnen und Schüler erhalten einen umfassenden Überblick über Angebote von Ausbildungsplätzen, Praktika, Berufsfeldorientierungstagen und vielem mehr. 

Außerdem haben alle 79 IHKs in Deutschland gemeinsam eine Initiative gestartet, um junge Menschen für die Duale Ausbildung zu begeistern. Unter dem Motto „#könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“ sei im März die bundesweite Imagekampagne gestartet. Diese animiere IHK-Mitgliedsunternehmen zum Mitmachen und gebe ihnen die Möglichkeit, die Kampagne auch für ihre eigenen Recruiting-Zwecke zu nutzen. 

Genau solche Aktivitäten brauche es, um den die Ausbildung noch weiter zu stärken, findet Ute Horstkötter-Starke: „Die Duale Ausbildung ist die beste Prophylaxe gegen den Fachkräftemangel.“


Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld, zieht zum Ausbildungsmarkt der handwerklichen Berufe im Kreis Herford eine Zwischenbilanz. „Ob Energie-, Klima- oder Mobilitätswende: Im Handwerk haben junge Menschen die Möglichkeit, richtig etwas zu bewegen“, so Goll. Mit 417 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2022 verbleibt der Kreis Herford annähernd auf dem starken Vorjahresniveau (-0,7 Prozent). Besonders beliebt sind dort die Ausbildungsberufe Kraftfahrzeugmechatroniker/in, Elektroniker/in und Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. 

„Seit Jahren steigen die Ausbildungszahlen im OWL-Handwerk. Immer mehr junge Menschen erkennen, dass sie mit einem Handwerksberuf die Zukunft aktiv gestalten können“, erklärt Goll. Nur im ersten Jahr der Corona-Pandemie habe es einen einstelligen Einbruch gegeben. Insgesamt absolvieren im OWL-Handwerk zum 31. Dezember 2022 knapp 11.000 junge Menschen eine Ausbildung. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im OWL-Handwerk lag zu diesem Zeitpunkt bei rund 3.900 und damit knapp zwei Prozent Steigerung gegenüber dem Vorjahr.

Doch um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern, werden noch deutlich mehr Auszubildende benötigt als bisher. Die Handwerkskammer weist durch groß angelegte Initiativen, Beratungshotlines, Veranstaltungen und Projekte auf die guten Karriereperspektiven im regionalen Handwerk hin. „Betriebe, die Auszubildende suchen, und Interessierte, die eine Ausbildung absolvieren möchten, können sich jederzeit bei uns melden“, erklärt der Bildungsexperte. Die Beraterinnen und Berater der Handwerkskammer unterstützen unter der Telefonnummer 0521/5608-333 oder E-Mail an ausbildungsberatung@hwk-owl.de.

Für Thema Ausbildungsstart 2023 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter 0800 4555520. Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich jederzeit unter 05221 985 678 bei der Berufsberatung.