Halbzeit auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke

31.03.2023 | Presseinfo Nr. 65

  • Im Mühlenkreis setzt sich die Entwicklung zum Bewerbermarkt fort: Nur 70 Bewerber auf 100 Stellen
  • Rückgang bei den Bewerbermeldungen, aber auch Rückgang bei den Stellenmeldungen
  • Insgesamt dennoch gute Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, der demographische Wandel schreitet jedoch fort und verschärft den Fachkräftemangel weiter


Im Kreis Minden-Lübbecke meldeten sich bis Ende März 1.272 Bewerber. Im Vergleich zum vorherigen Berichtsjahr haben sich somit aus dem Kreis Minden-Lübbecke 178 oder 12,3 Prozent weniger Jugendliche bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit gemeldet. Gleichzeitig wurden dem Arbeitgeberservice im Berichtsjahr 2022/2023 für den Kreis Minden-Lübbecke bisher 1.829 Ausbildungsstellen gemeldet – 145 oder 7,3 Prozent weniger als im Vorjahr.

Von den gemeldeten Stellen sind aktuell noch 1.325 Stellen unbesetzt, das sind 128 weniger als im März des Vorjahres. Von den gemeldeten Bewerbern aus dem Kreis sind aktuell noch 756 unversorgt, 50 weniger als im März 2022.

„Weniger Stellenmeldungen, aber noch weniger Bewerber – so lässt sich die aktuelle Entwicklung zur Halbjahresbilanz am Ausbildungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke zusammenfassen. Wir verzeichnen aktuell auf 100 Ausbildungsstellen 70 gemeldete Bewerber. Dieser Trend hat schon in den letzten Jahren begonnen. Rückläufige Schülerzahlen und eine weiterhin hohe Studierneigung haben zu sinkenden Bewerberzahlen geführt. Aber auch das große Angebot an Ausbildungsplätzen beeinflusst vielleicht das Verhalten der Jugendlichen, wann sie sich in dieser guten Marktsituation um eine Bewerbung kümmern. Das wird das zweite Halbjahr im laufenden Berichtsjahr zeigen“, kommentiert Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, die ersten vorliegenden Daten.
„Unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater sind den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit direkt in den Schulen. Wir stellen für die Schülerinnen und Schüler also maximale Erreichbarkeit her, dennoch wird es auch für uns zunehmend schwieriger, genügend Bewerber für eine Ausbildung zu gewinnen, um die Nachfrage der Betriebe nach Auszubildenden zu decken. Viele Elemente zur Berufsorientierung und Berufswahl sind in den letzten Schuljahren pandemiebedingt ausgefallen. Das scheint bei den diesjährigen Schulabgängern und -abgängerinnen zu vermehrter Verunsicherung und Zurückhaltung zu führen.“, stellt sie fest.

Die Lage auf Stellenseite bewertet die Expertin etwas positiver: „Trotz der unsicheren wirtschaftlichen Lage ist die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze im Mühlenkreis von einem kleineren Rückgang betroffen, als die Bewerberzahlen. Aber ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig Ausbildung ist – der demografische Wandel ist bereits auch im Kreis Minden-Lübbecke angekommen und nimmt zunehmend Fahrt auf.  Deshalb ist es jetzt in der Konkurrenzsituation um die geringeren Bewerberzahlen umso wichtiger jedem Jugendlichen eine Chance zu geben. Azubi-Akquise ist in diesen Tagen kein Sprint, sondern ein Marathon – Durchhaltevermögen und Offenheit sind gefragt.“

Während die Arbeitsagentur die ersten Zahlen für das Berichtsjahr 2022/2023 vorstellt, werfen auch die Kammern einen Blick auf den Ausbildungsmarkt. Sie ziehen eine finale Bilanz für das Jahr 2022 und werfen einen Blick auf die Herausforderungen der Zukunft:

Mit Blick auf die ostwestfälische Ausbildungssituation in den Berufen aus Industrie, Handel und Dienstleitungen konnte die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in der Jahresbilanz für 2022 positive Zahlen vermelden. Insgesamt sei die Zahl neu eingetragener Ausbildungsverträge in Ostwestfalen im Vorjahresvergleich um 5,4 Prozent gestiegen. „Der Anstieg der Neueintragungen ist sehr erfreulich“, resümiert Ute Horstkötter-Starke, IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung. „Im Jahr 2022 konnten wir in Ostwestfalen 7.173 neue Ausbildungsverträge in IHK-Berufen verzeichnen. Auch wenn das Vor-Corona-Niveau mit 7.717 Neueintragungen noch nicht ganz erreicht ist, ist der starke Zuwachs sehr positiv zu bewerten. Insgesamt betreute unsere IHK zum Jahresende somit 18.147 Ausbildungsverhältnisse allein in Ostwestfalen.“ 

Der höchste Anstieg der Neueintragungen zeige sich in gewerblich-technischen Ausbildungsberufen. „Das werten wir als klares Bekenntnis der heimischen Wirtschaft zum Pr-duktionsstandort Ostwestfalen“, so Horstkötter-Starke weiter. Diese Entwicklung zeichne sich auch im Kreis Minden-Lübbecke ab. Die Neueintragungen im gewerblichen Bereich stiegen hier um 11,9 Prozent (554 Neueintragungen) im Vergleich zum Vorjahr. Obwohl die Neueintragungen der kaufmännischen Ausbildungsberufe mit -6,2 Prozent, genau 223 Neueintragungen weniger als im Jahr 2022, zurückgegangen seien, sei ein Gesamtzuwachs neu eingetragener Ausbildungsverträge von 0,5 Prozent im Vorjahresvergleich gut. Insgesamt haben im Kreis Minden-Lübbecke im vergangenen Jahr 1.341 junge Menschen die Ausbildung aufgenommen.

Auch in diesem Jahr sei es oberste Priorität die Ausbildung in der Region zu stärken. Denn die Besetzung der Ausbildungsstellen werde eine zunehmende Herausforderung für die Betriebe. „Die IHK wird, gemeinsam mit ihren Partnern rund um die berufliche Ausbildung, alles daransetzen, diesen positiven Trend fortzuführen und auszubauen.“ Dafür setze sich die IHK in vielen Projekten der Berufsorientierung ein, die Dank des Wegfalls zahlreicher Corona-Beschränkungen nun auch wieder live möglich seien. „Wir freuen uns schon jetzt auf den 4. Mai dieses Jahres. Beim beliebten Azubi-Speed-Dating im Preußenmuseum Minden werden Ausbildungsinteressierte und Unternehmen zusammengebracht, um so neue Ausbildungsverhältnisse zu fördern“, gibt die IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung einen Ausblick auf geplante Aktivitäten. 

Mit der Ausbildungschance OWL sei zudem, in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe und der IHK Lippe zu Detmold, eine Plattform entwickelt worden, um die Berufsorientierung im Allgemeinen zu fördern. Auf www.ausbildungschance-owl.de werde über das gesamte Jahr hinweg das Matching zwischen mittlerweile über 800 registrierten Unternehmen und Ausbildungsplatz-Suchenden unterstützt. Die Unternehmen können sich kostenlos registrieren und Schülerinnen und Schüler erhalten einen umfassenden Überblick über Angebote von Ausbildungsplätzen, Praktika, Berufsfeldorientierungstagen und vielem mehr. Außerdem haben alle 79 IHKs in Deutschland gemeinsam eine Initiative gestartet, um junge Menschen für die Duale Ausbildung zu begeistern. Unter dem Motto „#könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“ sei im März die bundesweite Imagekampagne gestartet. Diese animiere IHK-Mitgliedsunternehmen zum Mitmachen und gebe ihnen die Möglichkeit, die Kampagne auch für ihre eigenen Recruiting-Zwecke zu nutzen. 

Genau solche Aktivitäten brauche es, um den die Ausbildung noch weiter zu stärken, findet Ute Horstkötter-Starke: „Die Duale Ausbildung ist die beste Prophylaxe gegen den Fachkräftemangel.“

Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld, zieht zum Ausbildungsmarkt der handwerklichen Berufe im Kreis Minden-Lübbecke eine positive Zwischenbilanz. „Ob Energie-, Klima- oder Mobilitätswende: Im Handwerk haben junge Menschen die Möglichkeit, richtig etwas zu bewegen“, so Goll. Mit 608 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2022 konnte der Mühlenkreis das starke Vorjahresniveau noch einmal deutlich toppen (+3,1 Prozent). Besonders beliebt sind dort die Aus-bildungsberufe Kraftfahrzeugmechatroniker/in, Elektroniker/in und Anlagenmechaniker/im für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. 

„Seit Jahren steigen die Ausbildungszahlen im OWL-Handwerk. Immer mehr junge Menschen erkennen, dass sie mit einem Handwerksberuf die Zukunft aktiv gestalten können“, erklärt Goll. Nur im Coronajahr habe es einen einstelligen Einbruch gegeben. Insgesamt absolvieren im OWL-Handwerk zum 31. Dezember 2022 knapp 11.000 junge Menschen eine Ausbildung. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im OWL-Handwerk lag zu diesem Zeitpunkt bei rund 3.900 und damit knapp zwei Prozent Steigerung gegenüber dem Vorjahr. 


Doch um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern, werden noch deutlich mehr Auszubildende benötigt als bisher. Die Handwerkskammer weist durch groß angelegte Initiativen, Beratungshotlines, Veranstaltungen und Projekte auf die guten Karriereperspektiven im regionalen Handwerk hin. „Betriebe, die Auszubildende suchen, und Interessierte, die eine Ausbildung absolvieren möchten, können sich jederzeit bei uns melden“, erklärt der Bildungsexperte. Die Beraterinnen und Berater der Handwerkskammer unterstützen unter der Telefonnummer 0521/5608-333 oder E-Mail an ausbildungsberatung@hwk-owl.de.


Für Thema Ausbildungsstart 2023 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter 0800 4555520. Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich jederzeit unter 0571 8867 890 bei der Berufsberatung.