Der Kölner Arbeitsmarkt im Jahresverlauf 2022/ Ausblick 2023

2022: Pandemie, Energiekrise, Inflation  
2023: Fachkräfte gesucht! Weiter durch Bildung.

12.01.2023 | Presseinfo Nr. 2

Bilanz 2022

  • Rekord: 606.633 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
  • Mehr freie Arbeitsstellen 
  • Weniger Arbeitslose

Rückblick 2022:

Die Prognosen für das Jahr 2022 waren optimistisch. Und das obwohl die Zahlen zur Kurzarbeit zum Jahresanfang noch einmal angestiegen waren. Grund: Die Corona Infektionszahlen sind mit der Omikron Variante in die Höhe geschossen. Aber viele Menschen waren geimpft, in der Folge des Frühjahrs sind viele Schutzmaßnahmen langsam ausgelaufen.

Die Betriebe profitieren ab März von den Lockerungen und die Beschäftigtenzahlen stiegen wieder bei sinkenden Arbeitslosenzahlen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine erschüttert seit Februar ganz Europa.

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„Aufgrund der unsicheren Entwicklung durch den Ukraine-Krieg haben sich die Arbeitgeber mit Einstellungen erst einmal zurückgehalten. Bei gleichzeitig anhaltenden Lieferengpässen halten Sie aber Ihre Beschäftigten, und bauen das Arbeitsplatzangebot vorsichtig aus“, beschreibt Johannes Klapper, Vorsitzender der Agentur für Arbeit Köln, die Lage im Frühjahr.

Doch nicht in allen Branchen finden sich die passenden Arbeitskräfte. Nachdem sich viele Arbeitnehmer aus den von Corona besonders betroffenen Berufen erfolgreich nach alternativen Arbeitsangeboten umgesehen hatten, ist der Markt mit passenden Fachkräften wie leergefegt. Zusätzlich beginnt der demografische Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu wirken. Bei wachsendem Arbeitskräftebedarf sinkt die Zahl der zur Verfügung stehenden Fachkräfte weiter.

Preisanstiege, allgemeine Unsicherheiten, aber auch die Fluchtmigration – hinterlassen weitere Spuren auf dem Kölner Arbeitsmarkt in 2022. 

Ab Juli zählen die jetzt im Jobcenter registrierten Ukraine-Flüchtlinge in der Statistik mit. Bis September steigen die Arbeitslosenzahlen deshalb und saisontypisch wieder etwas an. Nach den Sommerferien zeigt sich der Arbeitsmarkt aber unbeeindruckt von einer drohenden Rezession.  

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„Nach den harten Lockdown- und Kurzarbeitszeiten gab es Nachholbedarf beim Konsum, bei Veranstaltungen, bei den Dienstleitungen und bei der Produktion. Dementsprechend stieg auch der Bedarf an Arbeitskräften wieder “, so Klapper.

Zum Jahresende sinkt die Zahl der Arbeitslosen auf den niedrigsten Stand des Jahres 2022. Seit dem Höhepunkt von 53.358 Arbeitslosen im Januar sind es nun aktuell 50.745. Trotz der andauernden Krise behielt der Arbeitsmarkt seine Dynamik mit Entlassungen und Einstellungen.

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„Jobmotor sind im letzten Jahr die Verwaltung, Dienstleistungen, Handel, Energietechnik, Sicherheitsbranche und die Zeitarbeit gewesen. Deutliche Verluste gab es bei der Entwicklung und der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen,“ so Klapper.

In der Jahressumme mussten sich 37.206 Kölnerinnen und Kölner arbeitslos melden, das sind 1.580 Arbeitslose weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig konnten 31.167 eine neue Beschäftigung auf dem 1. Arbeitsmarkt annehmen, 3.355 weniger als im Vorjahr. Nach den Krisenjahren 2020 und 2021 stieg aber die Beschäftigung im letzten Jahr wieder merklich an auf 606.633 Beschäftigte am Arbeitsort Köln (Juni 2022).

Arbeitslose, Arbeitnehmer und Arbeitgeber nutzten das letzte Jahr vermehrt für Weiterbildungen. Im Jahresdurchschnitt haben 3.325 an Qualifizierungen zur beruflichen Weiterbildung teilgenommen, knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr.

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Johannes Klapper: Die Transformation des Arbeitsmarktes nimmt weiter Fahrt auf, das sehen wir deutlich in der Automobilindustrie und in vielen mittelständigen Unternehmen. Berufliche Weiterbildung wird für viele der Schlüssel sein, um weiterhin erfolgreich am Arbeitsleben teilnehmen zu können.“

Ausblick 2023

Hohe Energiepreise, Materialengpässe und Preissteigerungen beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung.  Es wird aber auch aufgrund des hohen Arbeits- und Fachkräftebedarfes im laufenden Jahr kein Einbruch auf dem Arbeitsmarkt erwartet.

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Johannes Klapper: „Der Fachkräftebedarf bleibt hoch. Die Sicherung eines ausreichenden Erwerbspersonenpotenzials ist eine der großen Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt für die nächsten Jahre. Die Arbeitgeber wollen einstellen, finden in vielen Branchen aber nicht genügend Fachkräfte. In Kombination mit dem demografischen Wandel und sinkender Arbeitslosigkeit verschärfen sich die Fachkräfteengpässe. Deshalb müssen wir versuchen alle vorhandenen Potentiale zu nutzen und auszubauen. Das fängt an bei den Auszubildenden, geht weiter über die Erwerbsbeteiligung von Frauen, Chancen für Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte und reicht bis zur Zuwanderung.“

Nach zwei Corona Jahren mit Kontaktbeschränkungen und fehlenden Möglichkeiten sich durch Praktika auszuprobieren, hatten sich letztes Jahr nochmal wieder weniger Jugendliche für eine duale Ausbildung entschieden.

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„Die Unternehmen sind bereit und suchen in allen Bereichen Auszubildende. Die Chancen in seinen Traumberuf einzusteigen waren selten so hoch wie jetzt“, so Johannes Klapper.

Großes Potential für den Arbeitsmarkt bietet nach wie vor die Zahl der Langzeitarbeitslosen.

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„Wir sind seit vergangenem Jahr auf einem guten Weg die durch die Pandemie gestiegene Zahl der Langzeitarbeitslosen wieder zu senken. Daran werden wir weiter arbeiten. Fast 72 Prozent von ihnen haben allerdings keine verwertbare abgeschlossene Ausbildung. Wir stehen mit Qualifizierungen und Weiterbildungen bereit die vorhandenen Fertigkeiten den gesuchten Anforderungen der Arbeitgeber anzugleichen. Aber es ist leichter gesagt als getan, sich erneut auf die Schulbank zu setzen und vielleicht sogar etwas ganz Neues zu lernen. Das braucht Mut und eine große Portion Motivation. Unsere Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte informieren und motivieren, aber die Entscheidung liegt letztlich beim Arbeitsuchenden und auch beim Arbeitgeber diesen eine Chance zu geben“, so Klapper.

Auch bei der Erwerbstätigkeit der Frauen sieht Johannes Klapper weiteres Potential für den Kölner Arbeitsmarkt:

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„Viele Frauen, die in Teilzeit arbeiten, möchten Ihre Arbeitszeiten ausweiten, andere nach einer Familienzeit wieder in einen Beruf einsteigen.  Frauen mit ausländischen Wurzeln nehmen zurzeit noch wesentlich weniger am Arbeitsleben teil als deutsche Frauen. Auch hier stehen wir mit vielen Informations- und Qualifizierungsangeboten zur Seite.“

Mehr als 3.000 Schwerbehinderte stehen dem Kölner Arbeitsmarkt weiter potentiell zur Verfügung. Oft haben sie eine gute Ausbildung, aber Arbeitgeber scheuen sich sie einzustellen.

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„Diese Menschen in die Arbeitswelt zu integrieren ist nicht nur eine gesellschaftliche Aufgabe, sondern auch eine große Chance für jedes Unternehmen, die leider noch viel zu selten genutzt wird“, so Klapper. Was viele übersehen: Ein großes Potential haben die Betriebe bei Ihren eigenen Beschäftigten. Wir haben gute Angebote und Förderungen die Beschäftigen mit Qualifizierungen zu begleiten“, erklärt Klapper weiter.

Für das Jahr 2023 stehen der Kölner Agentur für Arbeit wie im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro bereit, um die Qualifizierung von Arbeitslosen und Beschäftigten zu fördern.

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„2023 wird für uns auch ein weiteres Jahr der Modernisierung und Digitalisierung. Wir haben die Vorgaben des Online Zugangsgesetzes als erste deutsche Großbehörde vollständig erfüllt und wir bieten inzwischen rund 70 online Dienste an. Sogar solche, die vom Gesetz gar nicht gefordert waren, wie Online Terminvergabe, Videoberatung und Chat Bots. Damit haben wir auf die Wünsche unserer Kunden reagiert. Die Kontaktaufnahme zur Agentur für Arbeit ist jetzt noch schneller und rund um die Uhr möglich.

Arbeitsmarktindikatoren im Jahresdurchschnitt 2022 im Detail

Im Jahr 2022 haben 1.235 Betriebe bei der Kölner Arbeitsagentur Kurzarbeit angezeigt. Potentiell betroffen von diesen Anzeigen waren im gesamten Jahr 15.562 Personen. Mehrfachzählungen sind bei diesen Anzeigezahlen von Unternehmen und Personen möglich. Die Zahlen sind hochgerechnet, die tatsächlich realisierte Kurzarbeit liegt erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten vor.

Ende Juni 2022, dem letzten Quartalsstichtag der Beschäftigungsstatistik mit gesicherten Angaben, belief sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf 606.633. Gegenüber dem Vorjahresquartal war das eine Zunahme um 15.225 oder 2,6 Prozent.

Nach Branchen gab es absolut betrachtet die stärkste Zunahme bei Immobilien, freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+5.136 oder +6,4%); am ungünstigsten war dagegen die Entwicklung bei der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (–850 oder –2,2%).

Grafik Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach Wirtschaftsbereichen, Ende Juni 2022
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach Wirtschaftsbereichen (Veränderung gegenüber dem Vorjahresquartal absolut, absteigend sortiert; Ende Juni 2022)

Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeit steigt um 1,8 Prozent, die Beschäftigung in Teilzeit um 4,6 Prozent.  427.256 Vollzeitbeschäftigungen stehen 179.377 Teilzeitstellen gegenüber. Weit überdurchschnittlich stieg die Zahl der älteren Beschäftigten (55 Jahre bis zur Regelaltersgrenze). Ihre Zahl erhöhte sich um 6.798 oder 6,1 Prozent auf  117.996.

Köln startete in das Jahr 2022 mit 53.358 Arbeitslosen und beendete es mit 50.745. Das sind 2.613 weniger als am Jahresanfang.

Die Zahl der Arbeitslosen lag im Jahresdurchschnitt 2022 bei 52.020. Das sind 4.508 weniger als im Vorjahresvergleich (acht Prozent)

Im Jahr 2022 mussten sich 37.206 Menschen arbeitslos melden. (Zahl der Entlassungen 1). Das waren 1.580 oder 4,1 Prozent weniger als im Vorjahr.

Insgesamt 31.167 Kölnerinnen und Kölner konnten im Jahresverlauf 2022 ihre Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Arbeit2 beenden. Das sind 3.355 oder 9,7 Prozent weniger als im Vorjahr.

Das Kundenzentrum der Agentur für Arbeit Köln, verantwortlich für den Bereich der Arbeitslosenversicherung (SGB III), betreute im Jahr 2022 jahresdurchschnittlich 13.007 arbeitslose Kölnerinnen und Kölner. Das sind 3.350 oder 20,5 Prozent weniger als in 2021.

Das Jobcenter Köln, verantwortlich für die Grundsicherung nach dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II), zählt im Jahresschnitt 39.013 Arbeitslose. Das sind 1.158 Personen oder 2,9 Prozent weniger als 2021.

Die Arbeitslosenquote liegt im Jahresdurchschnitt bei 8,6 Prozent. Sie sank damit um 0,7 Prozentpunkte gegenüber 2021.

Die Jugendarbeitslosigkeit sinkt im Jahresdurchschnitt. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 3.339 Kölner unter 25 Jahre arbeitslos, 583 oder 14,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Im Kundenzentrum der Arbeitsagentur (Arbeitslosenversicherung, SGB III) waren mit 1.026 Arbeitslosen unter 25 Jahre im Jahresdurchschnitt 2022. 287 oder 21,9 Prozent weniger arbeitslos als 2021.

Im Jobcenter (Grundsicherung, SGB II) waren jahresdurchschnittlich 2.313 arbeitslose Jugendliche gemeldet, 296 oder 11,3 Prozent weniger als 2021.

Die Arbeitslosenquote der Jugendlichen beträgt 5,7 Prozent, 0,9 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.        

Ausbildungsmarkt

Bei der Agentur für Arbeit meldeten sich im Laufe des Beratungsjahres erneut weniger Bewerberinnen und Bewerber als im Vorjahr. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen dagegen nahm zu.

4.397 gemeldete Bewerber bedeuten ein Minus von 139 Personen oder 3,1 Prozent gegenüber 2021. Die Anzahl der eingeworbenen Ausbildungsstellen nahm mit 6.092 Stellen um 817 Stellen oder 15,5 Prozent deutlich zu. Damit kamen auf jeden Bewerber rechnerisch 1,39 Ausbildungsstellen.

Seit 2017 nimmt die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für eine duales Ausbildung ab. So auch im letzten Jahr. Grund ist zum einen die demografische Entwicklung, zum anderen entscheiden sich die Jugendlichen vermehrt zu weiterführenden Schulbesuchen oder einem Studium.

Die Berufsberatung ist weiterhin in der Verlängerung und berät Jugendliche um noch in das bereits gestartete Ausbildungsjahr einzusteigen.


[1] = Zugang Arbeitslose aus Erwerbstätigkeit (Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt)

[2]= Abgang Arbeitslose in Erwerbstätigkeit (Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt)