Brancheneinschätzung regionaler Arbeitsmarktakteure

- Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt kontinuierlich

- Expert*innen gehen von weiterem, wenn auch gedämpftem Beschäftigungswachstum aus

11.12.2023 | Presseinfo Nr. 150

Seit 2010 steigt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck kontinuierlich an. Der Wachstumstrend setzte sich selbst während der Corona-Pandemie moderat fort, da mit Hilfe der Kurzarbeit viele Arbeitsplätze in der Region gesichert und das eingearbeitete Personal in Unternehmen gehalten wurde. Zum Stand der aktuellsten Auswertung Ende März 2023 waren 167.360 Frauen und Männer zwischen Fehmarn und Lübeck beschäftigt, ein Plus von 1.404 oder 0,8 Prozent zum März 2022. Innerhalb der letzten zehn Jahre betrug der Anstieg 25.932 oder 18,3 Prozent.

Erwartungen für das Bundesgebiet

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erwartet, dass die Beschäftigung sich zunächst verhalten, mit einer wirtschaftlichen Erholung aber wieder stärker nach oben entwickelt. Bundesweit rechnet das IAB mit einem Plus von 250.000 Personen in 2023 und einem weiteren Anstieg um 130.000 in 2024.

Doch wie sieht die regionale Entwicklung aus? „Während zentrale Daten sich rein auf statistische Werte und Indikatoren stützen, fließen in die Bewertung vor Ort regionale Erkenntnisse mit ein. Für diese Einschätzung nutzen wir die Kompetenz externer Expertinnen und Experten“, erläutert Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Lübeck.

Regionale Arbeitsmarktexpertinnen und -experten

 

Vertreter*innen der Handwerkskammer Lübeck, Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, Wirtschaftsförderung Lübeck, Arbeitgebervereinigung Lübeck-Schwerin e.V., Unternehmensverband Ostholstein-Plön e.V., Jobcenter Lübeck und Ostholstein sowie Arbeitsagentur Lübeck tauschten sich in einer Sitzung zu den Chancen und Risiken des regionalen Arbeitsmarktes aus.

Mit Hilfe des Arbeitsmarktmonitors, einer Netzwerkplattform der Bundesagentur für Arbeit, wurden die 20 größten Branchen einzeln unter die Lupe genommen und die Entwicklungen diskutiert.

Erwartungen für Lübeck und Ostholstein

Für die Mehrheit der Branchen werden Zuwächse angenommen. In einigen wenigen Bereichen, wie dem Einzelhandel, Großhandel, Lagerei, Post- und Kurierdienste, Finanzdienstleistungen oder Arbeitnehmerüberlassung werden Beschäftigungsrückgänge erwartet. Die Konsumentwicklung zeigt sich vor dem Hintergrund der zähen Inflation weiter gedämpft. Der Ausbau des Onlinehandels, Digitalisierung und Automatisierung von Dienstleistungen, Schließung von Filialen, rückläufiger Konsum in den skandinavischen Ländern oder Personalbindung über Direkteinstellungen statt über Zeitarbeitsfirmen zeigen hier ihre Wirkung.

Die stärksten Beschäftigungszuwächse werden im Bereich öffentliche Verwaltung, Gesundheits- und Sozialwesen, Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau sowie Herstellung von Nahrungsmitteln erwartet. Der Ausbau offener Ganztagsschulen und Kindertagesstätten, der steigende Bedarf an Schulbegleitung, Sprachkursen sowie Betreuung Geflüchteter lässt.

Personalbedarfe wachsen. Die Beliebtheit der Lübecker Bucht als Wohnort und Zuzug älterer Menschen, aber auch die Alterung der Gesellschaft und wachsende Zahl an Pflegebedürftigen sorgen im Gesundheits- und Sozialwesen für einen stetigen Personalbedarf. Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften stößt jedoch an ihre Grenzen, so dass verstärkt Rekrutierung im Ausland genutzt wird. Insbesondere Gebäudebetreuung und Lebensmittelverarbeitung, aber auch andere Tätigkeit mit Helferniveau bieten Chancen für Geflüchtete, die im Job zu Fachkräften entwickelt werden können.

Mit Fachkräfteengpässen hat auch das Baugewerbe zu kämpfen. Hinzu kommen hohe Bauzinsen und Materialpreise, die den Privathausbau belasten und sich inzwischen auch auf die Bauaktivitäten öffentlicher Verwaltungen auswirken. Dennoch wird, ebenso wie im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, mit einem moderaten Beschäftigtenanstieg gerechnet, unter anderem aufgrund der Umsetzung der Energiewende und dem Ausbau erneuerbaren Energien.

Unsicherheiten bietet die Erhöhung der Mehrwertsteuer für das Gastgewerbe. Die Lübecker Bucht ist allerdings nach wie vor ein beliebtes Reiseziel, so dass weitere Hotelansiedlungen und Neueröffnungen sich eher positiv auswirken und für leichte Beschäftigungszuwächse sorgen sollten. In der Branche eröffnen sich gute Chancen für Quereinsteigende. Außerdem werben Betriebe verstärkt Mitarbeitende und Nachwuchskräfte im Ausland an.

Prognose 2024

Insgesamt gehen die Expert*innen 2024 branchenübergreifend von einem Zuwachs von rund 850 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Lübeck und Ostholstein aus. Handlungsmöglichkeiten werden in der Integration geflüchteter Menschen, Aktivierung der Stillen Reserve, Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte und der Qualifizierung gesehen.

Unterstützung durch den Arbeitgeber-Service

„Unser Arbeitsmarkt ist weiterhin stabil. Auch wenn Inflation, höhere Zinsen und teilweise Fachkräfteengpässe die wirtschaftlichen Aktivitäten beschränken sowie Unsicherheit durch die Auseinandersetzungen im Nahen Osten und in der Ukraine bestehen, reagiert die Erwerbstätigkeit in Deutschland seit der Weltfinanzkrise im Jahr 2009 wesentlich robuster auf konjunkturelle Schwankungen als in den Zeiten davor“, erklärt Markus Dusch.

„Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung führen zu einem verstärkten Wandel am Arbeitsmarkt und intensivieren den Wettbewerb um Arbeitskräfte. Fachkräftebedarf kann nur zu einem Teil aus dem Pool der Arbeitslosen gedeckt werden, da es häufig Ungleichheiten hinsichtlich der Qualifikation gibt. Hier unterstützen wir gerne Unternehmen, die offen sind für „Training on the Job“. Damit können auch Potenziale bei Menschen mit Migrationshintergrund gehoben werden. In den nächsten Monaten begeben sich geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die sich zurzeit in Integrations- und anderen Maßnahmen befinden, mit deren Auslaufen auf Jobsuche. Neben Arbeitslosen sollten Unternehmen auch ihre Beschäftigte in den Fokus nehmen. Gerade, wenn berufliche Tätigkeiten durch Technologien ersetzt werden oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind, ist Qualifizierung eine gute Möglichkeit, Personal zu halten. Gerne steht der Arbeitgeber-Service Ihnen als Partner rund um alle Fragen zur Nachwuchs- und Personalgewinnung sowie Qualifizierung zur Seite“, bietet Dusch Unternehmen an.