„Unterstützte Beschäftigung“ (UB) → eine Arbeit erlernen ohne Berufsschule

Mit dem Angebot „Unterstützte Beschäftigung“ am Arbeitsmarkt ankommen Johann Weber hat seine Arbeit zum „Handelspacker“ erlernt Arbeitsagentur und Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft leisten individuelle Förderung

22.11.2022 | Presseinfo Nr. 120

Foto: Johann Weber, vorne in der Mitte, ehemaliger Teilnehmer im Programm „Unterstützte Beschäftigung“, im Beisein jetziger Teilnehmender sowie Berater*innen von BWHW und Arbeitsagentur.

Fachkräftemangel, Fachkräftebedarf, Marktfähige Qualifikationen gesucht…
→ diese oder ähnliche Schlagworte sind kennzeichnend geworden in einem Markt, in dem
sich viele Unternehmen um fachkundiges Personal bewerben. Und das bedeutet, dass sich gute Personalakquise durch Nutzung von Potenzialen auszeichnet.
„Statt über Fachkräftemangel zu klagen, wollen wir Arbeitgeber*innen sensibilisieren,
wie es sich lohnen kann, Menschen mit Beeinträchtigungen einzustellen. Mit Beratung über Chancen, Risiken und realistischen Perspektiven am Arbeitsmarkt sowie mit individuell abgestimmter Hilfestellung kann die Arbeitsagentur helfen“ sagt Sven Jerschow, Teamleiter Berufliche Rehabilitation und Teilhabe.

Johann Weber hat es geschafft! Arbeitsagentur und Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft mit individueller Förderung dabei

Johann Weber, 36 Jahre, hat über die „Unterstütze Beschäftigung“ seine sozialversicherungspflichtige Arbeit gefunden.

In zwei Jahren hat Johann Weber bei SPIELWAREN SULZER (Martoy's Logistics GmbH) in Marburg das Berufsbild „Handelspacker“ erlernt und ausgeübt. Mittlerweile, vier Jahre später, ist er als Vorarbeiter tätig mit Verantwortung für zwei Angestellte.
Das Reha Berufsberatungsteam der Agentur für Arbeit Marburg hat den jungen Mann aus Bad Endbach zwei Jahre lang beim Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BWHW) in der sog. „Unterstützten Beschäftigung“ finanziell gefördert.

Dabei wurde seitens BWHW der Unterstützungsbedarf bei den gegebenen Leistungseinschränkungen identifiziert, und es wurde die notwendige individuelle Hilfestellung am Arbeitsplatz organisiert und bereitgestellt.
Jonas Wiederhold, Projektkoordinator und Qualifizierungstrainer i.Hs. BWHW, und sein Team haben die Entwicklung von Johann Weber begleitet, „er hat seinen Weg gefunden, sich gut qualifiziert und seinen Arbeitgeber SPIELWAREN SULZER (Martoy's Logistics GmbH) überzeugt. Seine Aufgeschlossenheit und sein Durchhaltevermögen haben es möglich gemacht, dass wir für ihn den passenden Arbeitsplatz finden konnten, den er mit Begeisterung ausübt.“

Was bedeutet „Unterstützte Beschäftigung“?
Bei der „Unterstützen Beschäftigung“ werden Menschen mit Beeinträchtigungen zwei Jahre lang individuell und engmaschig vom HWHW betreut. Dabei wird ein Arbeitsplatz mittels Praktika auf dem 1. Arbeitsmarkt gesucht und ausprobiert.
Die Teilnehmenden erlernen schrittweise -im eigenen Tempo- ihre zukünftigen Arbeitsprozesse kennen und üben diese ein. Das Ziel ist, nach 2 Jahren einen sozial-versicherungspflichtigen Arbeitsvertrag beim Betrieb zu erhalten.

Für wen ist die „Unterstütze Beschäftigung“ das Richtige?
Die Unterstützte Beschäftigung richtet sich an Menschen mit Beeinträchtigungen, die eine Ausbildung auf dem 1. Arbeitsmarkt nicht schaffen können. Es wird eine Arbeit erlernt ohne Berufsschule und Notendruck. Ein Schulabschluss ist dafür nicht notwendig.

Arbeitsagentur unterstützt offensiv im Kontext von Einstellung und Qualifizierung Menschen mit Beeinträchtigungen einzustellen hat für Arbeitgeber*innen konkrete Vorteile:

  • sie erhalten hoch motivierte und engagierte Mitarbeiter*innen
  • sie wirken dem Fachkräftemangel entgegen 
  • die Vielfalt im Betrieb steigert die soziale Kompetenz aller Beschäftigten, fördert Teamarbeit und ermöglicht innovative und unkonventionelle Lösungen

Die Experten in der Arbeitsagentur Marburg helfen dabei, passende Bewerber*innen zu finden; sie beraten detailliert über Möglichkeiten der Einstellung und deren Förderung. Dabei wird stets der einzelne Fall betrachtet und im Kontext Förderung entschieden.

Kontakt für Fragen zu möglichen Unterstützungen für Menschen mit Beeinträchtigungen:
→Tel. 06421 – 605-100
→E-Mail: Marburg.161-Reha@arbeitsagentur.de

Überblick über ein paar Optionen der Förderung für Menschen mit Beeinträchtigungen:

→Unterstützte Beschäftigung
Durch innerbetriebliche Qualifizierung soll Personen mit (drohenden) Behinderungen und besonderem Unterstützungsbedarf die Möglichkeit gegeben werden, auch ohne formale Abschlüsse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Die unterstützte Beschäftigung erlaubt es, sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren, einfache Tätigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern zu erproben und sich mit Hilfe im Betrieb zu qualifizieren.

→Arbeitsassistenz
Menschen mit Beeinträchtigungen, die behinderungsbedingt auf eine besondere Unterstützung zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit angewiesen sind, können im Zusammenhang mit der Erlangung eines Arbeitsplatzes Leistungen zur Arbeitsassistenz erhalten. Welche Unterstützung? Die Arbeitsassistenz ist eine Unterstützung am Arbeitsplatz, die regelmäßig und dauerhaft benötigt wird. Typisch sind z. B. Vorleser für sehbehinderte Menschen, Assistenten für schwer körperbehinderte Beschäftigte. Die Arbeitsassistenz soll bestimmte Hilfstätigkeiten und Handreichungen verrichten, die es dem schwerbehinderten Menschen ermöglichen, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Die Kernaufgaben werden vom schwerbehinderten Beschäftigten verrichtet. Die Höhe der Förderung ist abhängig vom individuellen Unterstützungsbedarf. Sie soll in einem ausgewogenen Verhältnis zum Einkommen des schwerbehinderten Menschen stehen.

→Ausbildungszuschuss
Arbeitgeber können für die betriebliche Aus- oder Weiterbildung von jungen Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung einen Ausbildungszuschuss erhalten, wenn diese Aus- oder Weiterbildung sonst nicht zu erreichen ist. Die Höhe des Zuschusses für die betriebliche Aus- oder Weiterbildung wird individuell festgelegt und richtet sich nach Art und Schwere der Behinderung sowie nach der Auswirkung der Behinderungen auf die Ausbildung. Die monatlichen Zuschüsse sollen 80 % der monatlichen Ausbildungs-vergütung für das letzte Ausbildungsjahr oder der vergleichbaren Vergütung einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozial-versicherungsbeitrag nicht übersteigen. In begründeten Ausnahmefällen können Zuschüsse jeweils bis zur Höhe der Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr erbracht werden. Der Ausbildungszuschuss wird in der Regel durchgehend für die Dauer der Ausbildung gewährt (d. h. auch während außerbetrieblicher Ausbildungsabschnitte und bei notwendiger Verlängerung der Ausbildung).

→Eingliederungszuschuss
Betriebe, die einen schwerbehinderten Menschen dauerhaft sozialversicherungspflichtig einstellen wollen, können einen Eingliederungszuschuss zu dessen Lohn/Gehalt erhalten; erforderlich ist allerdings, dass die einzustellenden Menschen arbeitsuchend gemeldet sind und zu Beginn der Beschäftigung den jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes (noch) nicht entsprechen. Gleiches gilt für die Übernahme eines Auszubildenden im Anschluss an eine geförderte Ausbildung (Ausbildungszuschuss). Die Höhe des Zuschusses wird individuell festgelegt und richtet sich nach der Art und Schwere der Behinderung sowie nach der Auswirkung der Behinderung auf die Ausübung der Tätigkeit. Bei behinderten und schwerbehinderten Menschen kann die Förderhöhe bis zu 70 % des Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu 24 Monate betragen. Nach Ablauf von 12 Monaten mindert sich der Eingliederungszuschuss um 10 Prozentpunkte. Eine Minderung auf weniger als 30 % der Bemessungsgrundlage wird nicht vorgenommen. Bei besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen kann die Förderdauer bis zu 60 Monate und ab dem vollendeten 55. Lebensjahr bis zu 96 Monate betragen. Besonders betroffen sind beispielsweise schwerbehinderte Menschen, deren Eingliederung ins Erwerbsleben wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung besonders schwierig ist. Der Eingliederungszuschuss mindert sich nach Ablauf von 24 Monaten um 10 Prozentpunkte jährlich. Auch in diesen Fällen erfolgt keine Minderung auf weniger als 30 % der Bemessungsgrundlage.

→Maßnahme in einem Betrieb
Es besteht die Möglichkeit, direkt am Arbeitsplatz vorhandene berufliche Kenntnisse und die Eignung für einen Zielberuf festzustellen. Darüber hinaus können berufliche Kenntnisse vermittelt werden. Teilnehmende erhalten weiterhin Arbeitslosengeld. Die konkrete Dauer wird mit der Beratungs- und Vermittlungsfachkraft festgelegt. Eine Teilnahme ist bis zu sechs Wochen möglich, in Ausnahmefällen (z. B. bei Langzeitarbeitslosen bis max. 12 Wochen). Der Maßnahmeteilnehmende kann die notwendigen Kosten für z. B. Anfahrt und Arbeitskleidung (falls keine gesetzliche Pflicht durch den Betrieb besteht) durch die Arbeitsagentur bzw. das Jobcenter erstattet bekommen. Als Arbeitgeber versichern Sie den Teilnehmenden bei der zuständigen Berufsgenossenschaft und betreuen den Teilnehmenden durch eine Fachkraft. Soweit es zu keiner Einstellung kommt, ist es für die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter für den weiteren Vermittlungs- und Beratungserfolg wichtig, die vermittelten Kenntnisse und die Gründe für die Nichteinstellung zu erfahren.

→Probebeschäftigung
Arbeitgeber*innen können durch die Probebeschäftigung schwerbehinderte Menschen erproben, um Einstellungsvorbehalte auszuräumen und dadurch eine vollständige und dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Arbeitgeber*innen können alle förderungsfähigen Kosten, die üblicherweise mit einem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, wie z. B. Lohn-/Gehaltskosten, einschließlich der betrieblichen Anteile zur Sozialversicherung sowie sonstiger Leistungen aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Regelungen, für die Dauer von maximal drei Monaten erhalten.

→Finanzielle Förderung zur Schaffung neuer Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen
Für die Schaffung neuer Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen können Arbeitgeber*innen Fördermittel bekommen. Investitionskosten sind alle Kosten, die bei der Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes entstehen (z. B. Maschinen, Büroausstattung, PC). Die Höhe des Zuschusses oder Darlehens wird je nach Einzelfall festgelegt. Eine angemessene Beteiligung des Arbeitgebers an den Gesamtkosten ist Voraussetzung. Außerdem soll der Arbeitsplatz für einen gewissen Zeitraum für schwerbehinderte Menschen vorgehalten werden (Bindungsfrist).

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