Der AfD-Landtagsabgeordnete des Landkreises Freudenstadt, Dr. Uwe Hellstern, besuchte dieser Tage die Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim in Freudenstadt. Der Abgeordnete wollte sich angesichts der zurückliegenden und noch andauernden Krisen eine tiefere Einsicht in die Entwicklungen am Arbeitsmarkt verschaffen. Dabei informierte die Vorsitzende der Geschäftsführung der für den Nordschwarzwald zuständigen Arbeitsagentur, Martina Lehmann, den Abgeordneten gemeinsam mit David Richter, dem neuen Geschäftsführer des Jobcenters Freudenstadt sowie Annette Hanfstein, der operativen Geschäftsführerin der Arbeitsagentur, umfassend über die Entwicklung am Arbeitsmarkt.
„Unser Arbeits- und Ausbildungsmarkt zeigt sich nach all den überstandenen Krisen erfreulich stabil“, sagte die Agenturchefin und unterstrich unter anderem die hohe Bedeutung des Kurzarbeitergeldes für die Wirtschaft während Krisen, wie der Corona-Pandemie. “Jeder dritte Betrieb im Agenturbezirk war von Kurzarbeit betroffen und jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Region bezog Kurzarbeitergeld. Es war eine unbeschreibliche Herausforderung für meine Mitarbeitenden, in diesen Dimensionen Betriebe zu beraten, die Gelder schnell zu den Menschen zu bringen und gleichzeitig die vielen weiteren Vermittlungs- und Beratungsaufgaben zu bewältigen, aber der Einsatz hat sich gelohnt,“ sagte Martina Lehmann und beschrieb, wie während der Krisenzeit moderne Arbeitszeitmodelle und Digitalisierung innerhalb der Arbeitsagenturen noch weiter ausgebaut und erfolgreich genutzt wurden.
Auf Rückfrage des Abgeordneten konnte Lehmann die positive Auskunft geben, dass derzeit das Instrument Kurzarbeit bei den Betrieben im Kreis keine große Rolle mehr spielt. Die veröffentlichten Arbeitsmarkt-Zahlen der Arbeitsagentur zeigen im Februar 2023 eine gegenüber dem Vorjahresmonat von 3,0 auf 3,4 Prozent gestiegene Arbeitslosenquote und eine Arbeitslosenzahl, die um gut 1000 Personen höher war, als die der offenen Stellen. Vor diesem Hintergrund teilt Dr. Uwe Hellstern die positive Sicht der Agenturleitung nicht vollumfänglich.
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt diskutierte die Runde auch die Herausforderungen und Chancen bei der Betreuung und Vermittlung von Geflüchteten, welche von den Jobcentern betreut werden. Als besondere Gruppe wurde dabei auch näher auf die Ukraine-Flüchtlinge eingegangen. „Bei ihnen gilt es über das Bürgergeld die Existenz zu sichern, Sprachbarrieren zu überwinden, gegebenenfalls ausländische Abschlüsse anerkennen zu lassen und sie, wenn möglich zu vermitteln.“, so David Richter.
„Wir haben einen riesigen Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Region, sodass wir auch den ukrainischen Geflüchteten viele Angebote unterbreiten können. Fast 80 Prozent der bei uns gemeldeten Stellen richten sich an Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Dieser Zahl stehen lediglich ca. 50 Prozent der Arbeitslosen mit abgeschlossenen Ausbildungen gegenüber“, sagt Annette Hanfstein. “Diese Entwicklung wird sich weiter zuspitzen. Der weitere Ausbau unserer inzwischen tatsächlich lebensbegleitenden Beratungsangebote, die auch den Beschäftigten während des gesamten Erwerbslebens individuelle Beratung sowie das Aufzeigen von finanzieller Unterstützung während einer beruflichen Weiterbildung anbieten, ist genau der richtige Weg“, so Lehmann.
An dieser Stelle hakte der Abgeordnete, dem inzwischen auch einige Fälle von Fachkräfteabwanderung bekannt sind, nach. „Wie interessant ist unser Arbeitsmarkt noch für Spitzenkräfte angesichts hoher Lohnnebenkosten und steuerlicher Belastungen?“ fragte er. „Wie gelingt es qualifizierte Arbeitskräfte mit Familie in die Region zu bekommen, angesichts eines leergefegten Wohnungsmarktes und voller Kitas, Kindergärten und Schulen?“ Hier wurde von den Gesprächspartnerinnen eingeräumt, dass dieser Aspekt zunehmend mit eine Rolle für die Fachkräftegewinnung spielt. Fazit für den Abgeordneten: Das Spannungsfeld ungesteuerte Zuwanderung contra benötigte Fachkräfte-Zuwanderung spielt auch im Kreis eine Rolle.
In dem Gespräch war der Ausbildungsstellenmarkt ein weiteres wichtiges Thema. Im Bezirk der Geschäftsstelle Freudenstadt waren im vergangenen Berichtsjahr 528 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle gemeldet, ihnen standen 1548 freie Ausbildungsstellen gegenüber. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist, so wurde Uwe Hellstern bestätigt, in unserem Landkreis besonders hoch, weil hier Betriebe des Tourismus und Fremdenverkehrs eine gewichtige Rolle spielen. Diese haben traditionell besonders große Schwierigkeiten ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Im Vergleich zu den Vorjahren boten die Ausbildungsbetriebe mehr Ausbildungsstellen als vor der Krise an, während die Anzahl der Jugendlichen auf Ausbildungsplatzsuche weiter rückläufig war. „Es reicht nicht aus, sich ausschließlich auf Schulabgängerinnen und Schulabgänger zu konzentrieren. Lebensältere Menschen oder auch WiedereinsteigerInnen in Teilzeit, kommen für betriebliche Ausbildungen in Frage“, rät die Agenturchefin und empfiehlt den Betrieben auch mit dieser Strategie freie Ausbildungsplätze zu besetzen.
Zur Erhaltung des Wohlstandes in der Region ist es dringend erforderlich, Nachwuchs auszubilden und vorhandenes Personal zur Stabilisierung der Beschäftigungsverhältnisse laufend zu qualifizieren; darin waren sich alle einig. Die Arbeitsagentur verfügt über die erforderlichen Dienstleitungsangebote und ist in der Fläche präsent.