Die SPD-Kreistagsfraktion des Landkreises Calw besuchte am vergangenen Donnerstag die Agentur für Arbeit in Nagold, um sich bei der Chefin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, Martina Lehmann, und dem Geschäftsführer des Jobcenters Landkreis Calw, Ortwin Arnold, über die Entwicklung auf dem regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu informieren. Und die ist, trotz zahlreicher Herausforderungen, erfreulich stabil.
Aktuell gibt es im Landkreis Calw knapp 1300 bei der Agentur für Arbeit gemeldete offene Stellen, mehr als vor der Corona-Pandemie. Bei etwas mehr als 3200 gemeldeten Arbeitslosen kommen somit derzeit etwa 2,5 Arbeitslose auf eine offene Stelle. Die Diskrepanz zwischen den steigenden Anforderungen der Betriebe und den Qualifikationen der Arbeitslosen werde immer größer und die Vermittlung gestalte sich daher zunehmend schwieriger. „Umso erfreulicher ist es, dass wir die vielen offenen Stellen für eine im Landesvergleich überdurchschnittliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit im Bereich der Arbeitslosenversicherung nutzen konnten,“ sagte Lehmann nicht ohne Stolz.
Für die Unternehmen sei es wichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und bei ihren Einstellungsprozessen schnell und flexibel zu sein. Daneben sollten ältere Beschäftigte länger in den Betrieben gehalten werden, beispielsweise mit noch flexibleren Arbeitszeitmodellen,“ so die Agenturchefin.
In dem gut zweistündigen Gespräch ging es auch um den in vielen Branchen bereits deutlich spürbaren Arbeits- und Fachkräftemangel. Als Hauptgrund dieser Entwicklung nannte Lehmann die demografische Entwicklung. Bis zum Jahr 2040 werde die Bevölkerungsgruppe der über 60-Jährigen fünfmal stärker steigen als die der unter 20-Jährigen. Sie veranschaulichte dies am Beispiel einer Badewanne: „Bis zum Jahr 2040 fließt fünfmal so viel Wasser raus als nachfließt,“ erläuterte die Agenturchefin. Das zeige, dass sich der Arbeits- und Fachkräftemangel in den kommenden Jahren auch im Landkreis Calw weiter drastisch verschärfen werde.
Der zentrale Schlüssel, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, laute gute Ausbildung und lebenslange Weiterbildung. Neben gezielter Fachkräftezuwanderung gelte es insbesondere, alle hier lebenden Potenziale zu nutzen und möglichst viele zu Fachkräften auszubilden. „Allein im Bereich der Weiterbildung konnten wir im letzten Jahr fast 3.500 Menschen beraterisch und finanziell unterstützen,“ sagte Lehmann.
Von besonderem Interesse war für die Politiker auch die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit. Diese ging gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent zurück, auch Dank entsprechender Bundesprogramme, bei denen im Landkreis Calw eine Erfolgsquote von 75 Prozent erreicht werden konnte. Arnold bemängelte jedoch die schlechte finanzielle Ausstattung, insbesondere kleinerer Jobcenter. „Mit einer besseren Finanzausstattung könnten noch deutlich mehr Arbeitslose in Arbeit gebracht werden,“ so der Geschäftsführer des Jobcenters.
Abschließend zeigten sich die Kreisräte zufrieden mit der Arbeit der Arbeitsagentur und des Jobcenters. „Unser Landkreis fährt seit Jahren sehr gut mit der gemeinsamen Einrichtung von Arbeitsagentur und Landkreis,“ lobte Dr. Rainer Prewo.
Die Situation von Frauen mit Betreuungspflichten und wie deren Potenzial noch besser für den Arbeitsmarkt genutzt werden kann, sowie die Situation am regionalen Ausbildungsmarkt rundeten das Gespräch in der Arbeitsagentur ab.