August-Arbeitslosigkeit: Zahl der Arbeitslosen steigt im Ferienmonat leicht an 

„Im Verlauf des Monats August verzeichnete der Seenplattelandkreis einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, der ungewöhnlich stärker ausfiel als es anhand des langjährigen Durchschnitts zu erwarten gewesen wäre. Neben den üblichen saisonalen Einflüssen im Sommer spielt in diesem Jahr auch der wirtschaftliche Gegenwind eine entscheidende Rolle. Und dennoch: eins der drängendsten Probleme bleibt der hohe Fachkräftebedarf - und der fängt zum Teil schon bei der Nachwuchsgewinnung an“, sagte der Chef der Neubrandenburger Arbeitsagentur, Thomas Besse, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz.

 

31.08.2023 | Presseinfo Nr. 37

Neubrandenburg | Im August waren in der Seenplatte 422 Menschen mehr arbeitslos gemeldet als im Juli. Insgesamt 11.079. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 8,6 Prozent. Im Vergleich zum August des Vorjahres sind es 145 Arbeitslose mehr.

Thomas Besse: „Im Verlauf des Monats August verzeichnete der Seenplattelandkreis einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, der ungewöhnlich stärker ausfiel als es anhand des langjährigen Durchschnitts zu erwarten gewesen wäre. Neben den üblichen saisonalen Einflüssen im Sommer spielt in diesem Jahr auch der wirtschaftliche Gegenwind eine entscheidende Rolle. Und dennoch: eins der drängendsten Probleme bleibt der hohe Fachkräftebedarf - und der fängt zum Teil schon bei der Nachwuchsgewinnung an.“ In den vergangenen fünf Jahren war die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen im August durchschnittlich um 120 Personen gesunken.

Besse erklärte, dass der Hauptgrund für den überdurchschnittlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen im August größtenteils auf die Zugänge aus Erwerbstätigkeit zurückzuführen ist. „Hier spiegeln sich – genau wie im Juli - die Arbeitslosmeldungen junger Menschen nach Abschluss der Berufsausbildung oder der Schule sowie der Geflüchteten aus der Ukraine wider. Daneben schlagen in diesem Monat aber auch die Arbeitslosmeldungen von Mitarbeitenden im Schuldienst - wie beispielsweise Schulbegleiter und Integrationshelfer - deren Arbeitsverhältnisse mit dem Ende des Schuljahres endeten, zu Buche.“

Für den Anstieg der Arbeitslosenzahl um 103 oder 9 Prozent bei der Gruppe der 15 bis unter 25-Jährigen gegenüber dem Vormonat seien - so Besse - ausschließlich die bereits im Juli genannten, jahreszeitlich üblichen Ursachen verantwortlich. „Auch im August haben sich noch junge Menschen nach Abschluss der Berufsausbildung oder der Schule vorübergehend arbeitslos gemeldet.“ Deren größter Teil werde schon im September eine Stelle gefunden haben. „Dies gilt speziell für die frisch ausgelernten Fachkräfte, die von ihren Ausbildungsbetrieben aus unterschiedlichen Gründen nicht übernommen werden konnten.“

Besse macht deutlich, dass sich der konjunkturelle Gegenwind, von dem derzeit viele Unternehmen berichten, derzeit nur punktuell in den Arbeitsmarktzahlen widerspiegelt. Für den Arbeitsagenturchef ein klares Indiz dafür, „dass der Fachkräftemangel einfach noch stärker ist – als der konjunkturelle Gegenwind.“ Kurzum: „Demografie schlägt wirtschaftliche Rahmenbedingungen“, so Besse.

Ein Vergleich zum Vorjahr zeigt die immer noch positive Arbeitsmarktentwicklung - trotz aller Belastungen und der Unsicherheiten, die die Unternehmen spüren: So sind die Arbeitslosmeldungen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung (insgesamt 5.331) seit Jahresbeginn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 oder 2 Prozent zurückgegangen. „Angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs um Fach- und Arbeitskräfte halten die Betriebe ihr Personal“, sagte der Arbeitsagenturchef. Gleichzeitig konnten 5.052 arbeitslose Menschen ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beenden. 159 oder 3,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.  

Die Herausforderungen liegen jedoch auf der Hand. „Unternehmen benötigen häufig mehr Zeit, um passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, wie die durchschnittliche Vakanzzeit[1] (für gemeldete sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen) von zuletzt 144 Tagen zeigt“, sagte Besse.

Ein Schlüsselthema ist die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber. „Über dreiviertel der Stellenausschreibungen richten sich an qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mindestens einer dualen Ausbildung. Jedoch verfügt über die Hälfte der arbeitslos gemeldeten Menschen aktuell nicht über eine ausreichende Qualifikation. Besonders diejenigen ohne Berufsabschluss (44 Prozent aller Arbeitslosen) zeigen das größte Potenzial, das es für einen Arbeitsmarkt, der Fachkräfte sucht, zu fördern gilt“, sagte Besse. Arbeitsagentur und Jobcenter bieten viele Möglichkeiten, Unternehmen und Menschen zu unterstützen. „Eine dieser Möglichkeiten ist“ – so Besse - „die 'Teilqualifizierung‘. Eine Weiterbildungsförderung langjähriger Beschäftigter ohne formelle Ausbildung, die in systematischen, aufeinanderfolgenden Schritten auf einen Berufsabschluss vorbereiten.  

Besse thematisierte zum Abschluss die Entwicklung am Ausbildungsmarkt im Seenplattelandkreis. „Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind super. Das ist allerdings nur die eine Seite ein und derselben Medaille. Gleichzeitig war es für Betriebe noch nie so schwierig, geeignete Auszubildende zu finden. Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass viele Ausbildungsstellen aufgrund fehlender Bewerberinnen und Bewerber unbesetzt bleiben werden.“ Neben der demografischen Entwicklung gilt vor allem, dass sich die Jugendlichen immer auf die gleichen – bekannten – Berufe bewerben  als Ursache der Misere: „Viele Jugendliche bewerben sich auf wenige bekannte Berufe, obwohl es in unserer Region mehr als 250 Ausbildungsberufe gibt, von denen den Jugendlichen allerdings die wenigsten bekannt sind. Dies führt zu Enttäuschung sowohl bei den Bewerberinnen und Bewerbern als auch bei den Unternehmen.“ Beruhigend betonte der Arbeitsagenturchef, dass Jugendliche, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, nicht in Panik verfallen müssen, da es immer noch mehr als genug freie Ausbildungsplätze gibt – "schaut euch um!" Denjenigen, die bisher vergeblich nach einer Ausbildungsstelle gesucht haben, empfiehlt der Arbeitsagenturchef dringend, sich bei der Berufsberatung zu melden. „Unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater stehen bereit, um bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsplatz zu helfen – und professionell zu beraten.“ Beruhigend klärte Besse“ auf, dass der Glaube, nach dem 01.08. keine Ausbildung beginnen zu können, ein Mythos ist. „Tatsächlich kann man problemlos am 1.9., 1.10. und sogar noch am 1.11. seine Ausbildung beginnen.“

Arbeitsmarktdaten für Geflüchtete aus der Ukraine[2]
Bis Mitte August wurden 748 arbeitslose Ukrainerinnen und Ukrainer in den Jobcentern betreut. 51 mehr als im Juli. Und 66 weniger als im August des Vorjahres.

Zu- und Abgänge
765 Männer und Frauen mussten sich im August nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes in der Seenplatte neu oder erneut arbeitslos melden. Das sind 213 oder 39 % mehr als im Juli. 125 oder 20% mehr als im August 2022.
516 Arbeitslose konnten ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt beenden. Das sind 170 oder 9 % weniger als im Juli. 9 oder 2 % weniger als im August 2022.
Damit übersteigen im Juni die Arbeitslosmeldungen aus Beschäftigung (765) die Arbeitsaufnahmen (516).

Kurzarbeit
Nach aktuellen Hochrechnungen befanden sich im April 2023 33 Mitarbeitende – aus 7 Unternehmen - in Kurzarbeit. „Das ist kein Vergleich zu den Höhepunkten während der Corona-Pandemie, als meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Mai 2020 Kurzarbeitergeld-Anträge für 25.000 Beschäftigte zu entscheiden hatten“, erinnert sich der Arbeitsagenturchef.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach Personengruppen
Nach Personengruppen entwickelte sich die Arbeitslosigkeit recht unterschiedlich. Die Spanne der Veränderungen reicht von –1% bei 25- bis unter 50-Jährigen bis +9% bei 15- bis unter 25-Jährigen.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach Rechtskreisen
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch III, also bei all denjenigen, die Arbeitslosengeld I erhalten waren im August 3.291 Menschen arbeitslos. 235 mehr als im Vormonat und 78 mehr als im August 2022. Das entspricht einem Anstieg von 2,4 Prozent.
Die Zahl der arbeitslosen Bezieher von Bürgergeld lag im August bei 7.788 Arbeitslosen. 187 mehr als im Juli und 67 mehr als im August 2022. Das entspricht einem Anstieg von 0,9 Prozent.

Geldleistungen
Insgesamt 2.964 Personen erhielten im August 2023 Arbeitslosengeld, 47 weniger als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag im August bei 14.731. Gegenüber August 2022 war dies ein Rückgang von 13 Personen.

3.045 gemeldete freie Arbeitsstellen:  Arbeitskräftenachfrage ungebrochen hoch
Im Landkreis der Mecklenburgischen Seenplatte ist die Zahl der offenen Stellen gegenüber dem Vormonat nahezu gleich. Zurzeit gibt es 3.045 freie Arbeitsstellen. 3 weniger als im Vormonat und 230 weniger als im August des Vorjahres.

Die größte Nachfrage gab es im August aus den Bereichen: Baugewerbe (389 freie Stellen im Bestand); Verarbeitendes Gewerbe (360); Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (345); Gesundheits- und Sozialwesen (319) sowie im Gastgewerbe (254). Unternehmen in der Seenplatte, die noch keinen festen Ansprechpartner haben, erreichen den Arbeitgeberservice telefonisch unter der kostenfreien Arbeitgeber-Service-Rufnummer: 0800 4 5555 20.

Der Arbeitsmarkt in den Dienststellen des Agenturbezirks
Im Agenturbezirk Neubrandenburg entwickelte sich der Arbeitsmarkt im August recht unterschiedlich. Am günstigsten war die Veränderung der Arbeitslosigkeit in Röbel; dort sank der Bestand an Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahresmonat um 7 %. Dem gegenüber steht die Entwicklung im Bezirk der Geschäftsstelle Neubrandenburg mit einer Zunahme von 6 %.


[1] Zeit in Tagen, die es benötigt, um eine offene Stelle zu besetzen

[2] Aufgrund gesetzlicher Änderungen werden ukrainische Geflüchtete seit dem 01.06.2022 durch die Jobcenter betreut. Dies hat einen regional unterschiedlich starken Einfluss auf die Entwicklung der Arbeitsmarktdaten. Anhaltspunkte für die Betroffenheit einer Region sind erhöhte Anstiege im Vorjahresvergleich bei der Zahl der Arbeitslosen (insbesondere im Rechtskreis SGB II, bei Frauen und Ausländern).