Schwerbehinderte Menschen als Fachkräftepotential

Für Menschen mit schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen ist es oft nicht leicht, eine für sie passende Arbeitsstelle zu finden. Dabei gibt es nicht wenige unter ihnen, die über gute Qualifikationen verfügen – und somit dringend gesuchte Fachkräfte sein könnten.

22.12.2022 | Presseinfo Nr. 83

Im November 2022 waren in der Region Osnabrück 730 schwerbehinderte Menschen als arbeitslos registriert, 318 davon in der Stadt und 412 im Landkreis. 345 Personen – also 47,3 Prozent – waren zudem bereits länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet und galten somit als langzeitarbeitslos. Unter allen Arbeitslosen hingegen war zeitgleich der Anteil Langzeitarbeitsloser mit 34,9 Prozent deutlich geringer.

 

Fast jeder zweite arbeitslose Schwerbehinderte mindestens 55 Jahre alt.

 

„Für Menschen mit schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen ist der Weg in den Job immens schwer. Langzeitarbeitslosigkeit ist in diesem Personenkreis daher ein schwelendes Thema“, erläutert Christiane Fern, Leiterin der Agentur für Arbeit Osnabrück. „Ein gewichtiger Grund ist das Alter. Knapp jeder zweite arbeitslose Schwerbehinderte ist mindestens 55 Jahre alt. Viele von ihnen können aufgrund der Beeinträchtigungen nur schwer in ihren gelernten Jobs arbeiten. Der Weg zurück in den Arbeitsmarkt ist daher eine hochkomplexe Angelegenheit. Wer aber vielleicht noch zehn Jahre bis zum üblichen Renteneintritt hat, für den lohnt es sich durchaus, diesen Weg zu gehen.“

 

Expertin sieht großes Fachkräftepotential.

 

Auch Arbeitgeber sollten arbeitslosen schwerbehinderten Menschen Chancen geben, denn oftmals hätten diese viel Expertise, auf die der Arbeitsmarkt nicht verzichten sollte. „Mehr als jeder zweite hat eine betriebliche oder akademische Ausbildung, ein gutes Drittel gilt in seinem Fachgebiet als Fachkraft, Spezialist oder Experte. Das sind Potentiale, die gerade jetzt in Zeiten des Fachkräftemangels nicht einfach verloren gehen dürfen. Und da viele Lebensältere unter diesen Personen sind, reden wir hier neben dem rein Fachlichen auch über reiche Erfahrungsschätze.“

 

Arbeitsagentur kann bei Integration in den Betrieb stark unterstützen.

 

Trotz möglicher Chancen fürchteten gerade Kleinbetriebe nicht selten, die Integration schwerbehinderter Personen könne den eigenen Betrieb überfordern, so Fern. Zumindest erwarteten einige Arbeitgeber, dass beeinträchtigte Menschen weniger leisten könnten. „Das ist in den meisten Fällen ein Trugschluss“, erklärt die Agenturchefin. „Eher im Gegenteil: Wer unter schwierigen Umständen eine Chance bekommt, ist besonders motiviert und bringt sich richtig gut ein. Wir hören von vielen Unternehmen, die Schwerbehinderte integriert haben, dass dies sich positiv auf das gesamte Betriebsklima ausgewirkt hätte.“ Auch finanzielle Sorgen im Hinblick auf mögliche Arbeitsplatzanpassungen kann die Expertin zerstreuen. „Meist fallen Umgestaltungen viel kleiner aus als zunächst befürchtet. Unabhängig davon unterstützt die Arbeitsagentur bauliche Umgestaltungen, wenn es sein muss, auch in erheblichem Ausmaß. Zudem leisten wir je nach Fallkonstellation auch Zuschüsse zum Gehalt.“ Fern appelliert daher an Betriebe in der Region: „Geben Sie auch beeinträchtigten Menschen eine Chance. Gemeinsam finden wir einen Weg, diese Menschen erfolgreich in ihrem Unternehmen zu etablieren.“