„Wenn man sich für Kinder einsetzt, bekommt man das vielfach zurück“

Überall fehlen Erzieherinnen und Erzieher. Um nach einem Studienabbruch in dem Beruf zu arbeiten, schult ein junger Mann aus Fürstenberg um. Wie es in einem so schönen Beruf zu einem Fachkräftemangel kommen kann, findet er nicht wirklich nachvollziehbar.

12.03.2024 | Presseinfo Nr. 34

Sie flitzen mit viel Lärm die Stufen zu den Klassenzimmern hinauf. Dagegen fließt das Wasser der Diemel sehr ruhig und gemächlich durch das Tal. Die nächste Schulstunde steht an; um 9.55 Uhr sollte man besser auf dem Platz sitzen. Wenn die Freude am Lernen und Leisten geweckt; die Verantwortungsbereitschaft gestärkt, das Schülerparlament gewählt oder Ausflüge geplant werden. An die Abenteuer in der Natur und Erkundungsreisen durch die Kultur werden sie sich noch viele Jahre später erinnern.

Die Schülerinnen und Schüler nach einem Wertebild zu entwickeln, wie es hierin zum Ausdruck kommt, ist wesentlicher Anspruch der Egge-Diemel-Grundschule in Westheim bei Marsberg. Fabian Vorspohl bringt sich dafür beruflich gern ein. „Ich persönlich kann mir keinen schöneren Ort zum Arbeiten vorstellen“, sagt er. Der junge Mann aus Fürstenberg schult derzeit als Erzieher um. An der Grundschule absolviert er das Anerkennungsjahr. Dieses gehört als Praxisteil zur Erzieherausbildung und folgt auf die bestandene theoretische Abschlussprüfung.

Die Idee für die Umschulung war ihm in einem Beratungsgespräch mit Arbeitsvermittlerin Eva Reichel von der Agentur für Arbeit Paderborn gekommen. Erzieherinnen und Erzieher fehlen überall. Deshalb sind die Voraussetzungen für den Berufseinstieg gerade günstig. „Wer die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als sinnstiftend erlebt, kann durch eine Umschulung den Erzieherberuf auch noch gut ergreifen, wenn eine berufliche Neu- oder Umorientierung gewünscht oder notwendig ist“, erläutert Eva Reichel.

Einrichtungen, die Erzieher beschäftigen, gibt es viele. Erzieher arbeiten nicht nur in Kitas oder in Grundschulen, wie Fabian Vorspohl, sondern sind auch in Jugendzentren und Stätten für Menschen mit Behinderungen zu finden. Ebenso werden sie in Familien- und Suchtberatungsstellen gebraucht. Überall werden sie gesucht.

An Grundschulen wie an der Diemel in Westheim besteht für Erzieher eine besondere Aufgabe darin, die Schüler ergänzend zum Klassenunterricht in ihrer individuellen Lernsituation oder in der Konfliktlösung zu unterstützen, sei es auf dem Schulhof oder zu Hause. „Wenn zum Beispiel eine Lernbarriere bei einer Rechenaufgabe auftritt, können wir als Erzieher weiterhelfen und dafür sorgen, dass sich ein abzeichnender Lernrückstand erst gar nicht manifestiert“, erklärt Vorspohl. Auch seien Erzieher für Kinder da, die im Unterricht ablenken oder leicht Konzentration verlieren. So können sie Lehrer in den Schulstunden entlasten.

Heute versammelt Fabian Vorspohl Kinder in kleinen Lesegruppen. Dafür nimmt er vier bis sechs Kinder je für wenige Minuten aus dem laufenden Klassenunterricht heraus. In kurzen Trainingssequenzen geht es darum, ihre Lesefähigkeit zu stärken und sie zum Lesen über den Unterricht hinaus zu ermutigen. Dieses Angebot zielt sowohl auf Bedarfe der Kinder, die ihrer Klasse im Tempo vorauseilen, als auch auf Kinder, die gerade etwas langsamer lesen. „Das absolut Schöne an diesen Übungen ist, dass Hürden mit den Kindern punktuell genommen werden können. Das geht im Klassenverbund nicht immer so einfach. Tatsächlich ist es so möglich, bei den Kindern relativ schnell Erfolge zu erzielen“, sagt Vorspohl.

Auf Berufswegen geht es nicht immer geradeaus, sondern es gibt Biegungen. So ist es auch bei Vorspohl: Er absolvierte nach dem Realschulabschluss zunächst eine Ausbildung zum Systemelektroniker; sah sich im erlernten Beruf jedoch nicht dau-erhaft. Daher holte er das Abitur nach, um Lehramt an Grundschulen an der Univer-sität Duisburg-Essen zu studieren. „Ich habe früher im Fußballverein schon Kinder- und Jugendmannschaften trainiert, und gemerkt, dass ich Kinder erreiche“, sagt er.
In der Studienzeit übernimmt er verschiedene Stellen als Vertretungslehrer, um sich das Studium zu finanzieren. Die Lehrtätigkeit bereitet ihm Freude, führt aber auch dazu, dass sich sein Studium länger hinzieht als geplant. Als es ihn und seine Freundin zurück nach Fürstenberg zieht und der Wechsel an die Universität Paderborn nicht nahtlos klappt, beschließt er schließlich, das Studium ohne Abschluss aufzugeben.

In der Phase der beruflichen Orientierung mangelte es ihm zwar nicht an Ideen, aber es fehlte ein klarer Plan. Das war auch der Moment, in dem es zum Gespräch mit Arbeitsvermittlerin Eva Reichel von der Agentur für Arbeit Paderborn kam. „Als ich bei dem Termin von der Möglichkeit einer Umschulung als Erzieher erfuhr und wir gemeinsam zu den Qualifizierungsangeboten recherchierten, wusste ich: Das passt in meiner Situation perfekt“, sagt Vorspohl.

Seine Entscheidung bereut er heute keineswegs. Wie es in den Erzieherberufen einen Fachkräftemangel geben kann, findet Fabian Vorspohl schwer nachvollziehbar. „Wer sich die Arbeit mit Kindern gut vorstellen kann, sollte es sich ernsthaft überle-gen, den Berufsweg einzuschlagen“, sagt Vorspohl. Der Beruf könne sehr erfüllend sein: „Wenn die Kinder merken, dass man sich für sie einsetzt, bekommt man das vielfach zurück“, sagt er.

Für eine Beratung zu Qualifizierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in den sozialen Berufen sowie zu den Voraussetzungen einer Förderung können sich Interessierte per Telefon unter 0800 4 5555 00 an die Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit Paderborn wenden.
Auch können Interessierte unter www.arbeitsagentur.de/paderborn ein Beratungsgespräch über den Link „Termin online vereinbaren“ buchen.