Jahresbilanz 2023 und Ausblick 2024 am Arbeitsmarkt

im Kreis Höxter

03.01.2024 | Presseinfo Nr. 4

Jahresbilanz 2023
•    Die schwache Konjunktur hat im Jahresverlauf 2023 den Arbeitsmarkt im Kreis Höxter erreicht. Die Arbeitslosenquote steigt 2023. Die Arbeitslosenzahl steigt im Jahresschnitt im Vergleich zu 2022 wie auch in gesamt Ostwestfalen-Lippe und Nordrhein-Westfalen
•    Der hohe Fachkräftebedarf bedingt eine teilweise Entkopplung von Konjunktur und Arbeitslosigkeit; auch vor dem Hintergrund fällt die Eintrübung am Arbeitsmarkt bisher relativ gering aus
•    Bei Neueinstellungen zeigen sich Arbeitgeber zurückhaltender. Fachkräfte bleiben dabei gefragt und knapp. Unternehmen haben zum Teil weiter große Schwierigkeiten, Stellen für Fachkräfte zu besetzen
•    Um Personal zu halten, setzten Unternehmen zuletzt in leicht erhöhter Zahl auf das Instrument der Kurzarbeit

Ausblick 2024
•    Der Arbeitsmarkt startet in robuster Verfassung in das neue Jahr, aber eine Rückkehr größerer Dynamik 2024 setzt eine Besserung der wirtschaftlichen Lage voraus
•    Fachkräfteengpässe werden anhalten. Probleme des Fachkräftemangels werden durch erwartete Rentenabgänge zunehmend verstärkt
•    Durch Aus- und Weiterbildung eine Transformation der Wirtschaft zu ermöglichen, ist geschäftspolitischer Schwerpunkt der Arbeitsagentur. Änderungen im Weiterbildungsgesetz eröffnen ab 1. April 2024 neue Möglichkeiten

 

Jahresbilanz 2023 und Ausblick 2024

Im Jahresdurchschnitt 2023 waren 3.262 Menschen im Kreis Höxter arbeitslos, und damit 466 Personen beziehungsweise 16,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote ist 2023 im Schnitt im Vergleich zum Vorjahr von 3,7 Prozent um 0,6 Prozentpunkte auf 4,3 Prozent gestiegen. Dabei nahm die Arbeitslosigkeit im Versichertenbereich (SGB III) von 1.092 um 8,5 Prozent auf 1.185 zu. Zugleich erhöhte sich diese im Bereich des Bürgergelds (Grundsicherung nach dem SGB II) von 1.704 um 21,9 Prozent auf 2.078 Personen.

„Der Arbeitsmarkt im Kreis Höxter startet trotz großer wirtschaftlicher Unsicherheiten in relativ stabiler Verfassung ins Jahr 2024. Mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 4,3 Prozent im Jahr 2023 hat dieser sich in einem schwierigen Wirtschaftsumfeld und trotz mancher davon getragener Kratzer als robust erwiesen“, sagt Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn. „Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und damit verursachte Energiekrise haben sich im Bilanzjahr negativ auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt. Mit der hohen Inflation und einer deutlich gestrafften Geldpolitik gehen in Unternehmen Anpassungen einher, die am Arbeitsmarkt spürbar wurden und sich im neuen Jahr weiter auswirken dürften. Mit einer Abkühlung der Konjunktur sind die Erwartungen in Unternehmen gedämpft. Nachdem 2023 die Frühjahrsbelebung schwach und die Herbstbelebung deutlich gebremst verlaufen sind, hinterlässt das weiter Spuren am Arbeits-markt. Die Stabilität wurde durch bisherige Entwicklungen nicht erheblich beeinträchtigt; die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt –  gekennzeichnet durch viele Zugänge und Abgänge –  blieb 2023 auf hohem Niveau. Fasst die Wirtschaft im neuen Jahr –  wie bis zuletzt überwiegend prognostiziert wurde –  allmählich Tritt, stehen die Zeichen gut, dass am Arbeitsmarkt im neuen Jahr eine Erholung einsetzen kann“, analysiert Thiele.

Der Arbeitsmarktexperte kommentiert auf Basis der Bilanzdaten: „Aufgrund anhaltenden Fachkräftemangels sind die meisten Unternehmen auch in einem schwierigen Umfeld bemüht, ihr Personal zu halten. Als Agentur für Arbeit raten wir allen Arbeitgebern sich darauf einzustellen, dass der demographische Wandel in den kommenden Jahren das Personalmanagement vor große Herausforderungen stellen wird. Das Finden und Binden qualifizierter Arbeitnehmer wird ein zunehmend entscheidender Wettbewerbsvorteil werden. Der Fachkräftemangel bleibt unverändert die größte Herausforderung am Arbeitsmarkt und wird sich noch verschärfen. Ehe die Betriebe Personal freisetzen, erwägen sie daher verstärkt das Instrument der Kurzarbeit –  um in einer Phase, in der sich die wirtschaftliche Lage entspannt, das Geschäft ohne große personelle Nöte hochfahren zu können. Diese sinnvolle personalpolitische Steuerung wird von uns positiv begleitet; Unternehmen ist in einer Flaute immer anzuraten, sich zum Kurzarbeitergeld durch die Arbeitsagentur beraten zu lassen.“

„Knappe Fachkräfte werden vielen Unternehmen in unserer mittelständisch geprägten Region mit dem demographischen Wandel der kommenden Jahre erhebliche Probleme bereiten“, betont Thiele. „Die Suche nach geeigneten Fachkräften wird durch eine wachsende demographische Lücke über viele Jahre deutlich erschwert sein. Die Risiken des Fachkräftemangels sind auch in der vorübergehenden konjunkturellen Schwächephase als erheblich zu bewerten.“

Bei Neueinstellungen hielten sich viele Arbeitgeber im Verlauf des Jahres 2023 zunehmend zurück, ausgelöst durch die stockende Konjunktur. Damit wurde es für arbeitslose Menschen schwieriger, wieder in eine Beschäftigung zu finden. Dies ist mit Grund für die gestiegene Arbeitslosigkeit im Kreis Höxter gegenüber dem Vorjahr. „Spürbar wurde die Zurückhaltung bei Neueinstellungen vor allem für arbeitsuchende Helferinnen und Helfer. Zahlen zum Bestand freier Stellen, die Unternehmen der Agentur für Arbeit Höxter melden, zeigen deutlich, dass Fachkräfte im Kreis trotzdem durchgehend stark gefragt und knapp gewesen sind“, sagt der Leiter der Agentur für Arbeit. 75,2 Prozent der gemeldeten Stellen im Bestand waren im Jahresschnitt für die Anforderungsniveaus Fachkräfte, Spezialist/-in und Experte vorgesehen. Hier besteht hoher Bedarf. Für Helferinnen und Helfer waren 24,8 Prozent der freien Stellen gemeldet. Aufgrund anhaltender Fachkräfteengpässe ist die benötigte Dauer für eine Besetzung freier Stellen, die sogenannte abgeschlossene Vakanzzeit, auch im konjunkturell schwierigen Fahrwasser um 48 Tage oder 32,2 Prozent auf 197 Tage gestiegen.

Thiele betont: „Fachkräfte zu sichern, bleibt mit erwarteten Rentenabgängen zentrale Aufgabe aller Akteure am Arbeitsmarkt im Kreis Höxter. Wir werden uns weiter aktiv für eine hohe Beteiligung am Erwerbsleben einsetzen und Weiterbildungs- und Qualifizierungsbedarfe decken. Als Region müssen wir die Fachkräftegewinnung weiter forcieren.“

Ein hoher Anteil an Fachkräften erhöht die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarkts. Wer als Fachkraft qualifiziert ist, bleibt mit größerer Wahrscheinlichkeit in sicheren Beschäftigungsverhältnissen. Das belegen aktuelle Daten zum Arbeitsmarkt im Kreis Höxter insofern, als unter den Menschen, die im Jahresdurchschnitt 2023 arbeitslos gemeldet waren, die Zahl der Fachkräfte weit niedriger gelegen hat als die Zahl der Helferinnen und Helfer: 843 Menschen unter den Arbeitslosen sind qualifizierte Fachkräfte; 2.020 streben eine Tätigkeit als Helfer-/in an.

„Um Potentiale der Digitalisierung und Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu nutzen und Innovationen in der Wirtschaft zu begünstigen, werden wir neben den Arbeitslosen auch die Beschäftigten bei Weiterbildungen und Qualifizierungen umfassend unterstützen. Die Mobilisierung aller Potentiale für die Aus- und Fortbildung ist und bleibt der geschäftspolitische Schwerpunkt der Agentur für Arbeit. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der bewährten engen Zusammenarbeit aller Arbeitsmarktakteure zu“, betont Heinz Thiele. „Erweiterte Unterstützungsmöglichkeiten mit Inkrafttreten der Änderungen im Weiterbildungsgesetz zum 1. April 2024 werden wir im Kreis Höxter voll ausschöpfen, auch um dem mit der derzeit schlechten wirtschaftlichen Lage verbundenen erhöhten Risiko steigender Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen“, sagt Thiele. Das Gesetz führt ein Qualifizierungsgeld ein, entwickelt die Weiterbildungsförderung Beschäftigter weiter und senkt mit Mobilitätszuschuss und Berufsorientierungspraktikum Hürden auf dem Weg in ein Ausbildungsverhältnis.

Gezielte und qualifizierte Zuwanderung ist ein weiterer Hebel, um den auftretenden Fachkräfteengpässen in kommenden Jahren entgegenzuwirken. Erweiterte Möglichkeiten bietet hier das neue Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung.

Neugestaltete Einwanderungsmöglichkeiten mit der Blauen Karte für hochqualifizierte Menschen sind bereits in Kraft. Die Gehaltsgrenze als eine Voraussetzung wurde abgesenkt, unter anderem auch in Hinsicht auf eine Beschäftigung in Mangelberufen. Die Blaue Karte kann für eine Beschäftigung in IT-Berufen jetzt auch ausgestellt werden, wenn kein Hochschulabschluss vorliegt, dafür aber einschlägige Berufserfahrungen gesammelt wurden.

Weiter sind qualifizierte Arbeitskräfte bei der Stellensuche in Deutschland nicht länger allein auf eine Beschäftigung im Ausbildungsberuf beschränkt. Auch eröffnet die Chancenkarte Menschen mit Berufsausbildung oder Hochschulstudium mit Vorliegen weiterer definierter Kriterien aus einem Punktesystem unter anderem die Möglichkeit, sich befristet in Deutschland aufzuhalten und auf dem Arbeitsmarkt nach einem Beschäftigungsverhältnis umzusehen.

„Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist geeignet, die Lage am Arbeitsmarkt zu entspannen“, sagt Heinz Thiele: „Der gemeinsame Arbeitgeber-Service im Kreis Paderborn berät Arbeitgeber zu erweiterten Möglichkeiten der Personalgewinnung mit den Neuregelungen und zu ersten Schritten.“

Die sozialversicherungspflichte Beschäftigung ist im Kreis Höxter im Bilanzjahr 2023 nach Quartalswerten zuletzt gesunken: 45.902 Menschen befanden sich im März 2023 in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Der Wert ist im Vergleich zum Vorjahresquartal um 255 oder 0,6 Prozent gesunken. Im Zehnjahresvergleich ist gleichwohl ein Anstieg zu verzeichnen: Im März 2013 hatte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 41.796 betragen. „Die zuletzt rückläufige Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Kreis Höxter zeigt, wie der demographische Wandel in der ländlich geprägten Region bereits wirkt. Die wachsende demographische Lücke verknappt Arbeitskräfte. Das erschwert die Suche nach geeignetem Personal erheblich. In der Folge scheuen Unternehmen auch ob des steigenden Kosten- und Ressourcenaufwands zunehmend eine Personalakquise –  durch dieses Phänomen wird das Beschäftigungswachstum gebremst“, kommentiert Heinz Thiele: „Es ist wichtig, die Rekrutierungsaktivitäten aufrechtzuerhalten und in der Personalgewinnung kreativ vorzugehen. Das kann auch bedeuten, das Recruiting neu aufzustellen.“ 2023 wurde gegenüber dem Vorjahr besonders in Gastronomie, Verwaltung und Sozialwesen Beschäftigung aufgebaut.


Weitere Daten zum Arbeitsmarkt im Jahr 2023

Die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen ist im Jahresdurchschnitt im Vergleich zum Vorjahr von 1.083 um 82 Personen oder 7,5 Prozent auf 1.165 Personen gestiegen. Die altersspezifische Arbeitslosenquote hat sich im Jahresdurchschnitt von 3,7 Prozent im Jahr 2022 um 0,2 Prozent-punkte auf 3,9 Prozent 2023 erhöht.

Unter Langzeitarbeitslosen ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen: 2023 nahm die Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr um 28 Personen oder 3,2 Prozent auf 892 Personen zu.

Die Jugendarbeitslosigkeit (unter 25 Jahre) ist im Jahresdurchschnitt 2023 im Vergleich zu 2022 von 256 um 74 Personen oder 28,8 Prozent auf 330 Personen gestiegen – die altersspezifische Arbeitslosenquote stieg von 3,1 Prozent um 0,8 Prozentpunkte auf 3,9 Prozent.

Bei den Ausländern ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen: Die Zahl der arbeitslosen Ausländer hat im Jahresdurchschnitt von 676 Personen um 383 Personen oder 56,7 Prozent auf 1.059 Personen zugenommen.

Der Zugang von Stellenmeldungen im Arbeitgeberservice ist im Kreis Höxter gesunken: In der Jahressumme wurden 2023 2.833 Stellen gemeldet, 351 oder 11,0 Prozent weniger als noch 2022; die Zugänge betrugen 2022 3.184 Stellen. Der Bestand an offenen Arbeitsstellen lag 2023 im Jahresdurchschnitt bei 1.520 Stellen – 2022 waren es im Schnitt mit 1.686 Stellen 166 oder 9,8 Prozent weniger.