Arbeitgeber müssen weiter in Nachwuchskräfte investieren

Halbzeit auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Paderborn

02.04.2025 | Presseinfo Nr. 56

Die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber im Kreis Paderborn entwickelt sich positiv und erreicht den höchsten Wert seit März 2019.

Das Angebot an Ausbildungsstellen ist aktuell rückläufig. Dieser Rückgang signalisiert die mögliche Gefahr, dass Unternehmen hohe Fachkräftebedarfe im demographischen Wandel der kommenden Jahre unterschätzen.

Die Chancen von Bewerberinnen und Bewerbern auf einen Ausbildungsplatz sind momentan trotz rückläufigen Ausbildungsstellenangebots in der Wirtschaftsschwäche gut.

•    993 Jugendliche noch nicht versorgt
•    1.042 Ausbildungsstellen nicht besetzt
•    Auf 100 betriebliche Berufsausbildungsstellen kommen derzeit rechnerisch 113 Bewerberinnen und Bewerber

Für eine berufliche Perspektive nach der Schule sehen sich momentan viele Jugendliche nach einer Ausbildung um. Die Bewerbungsphase gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn regulär startet das Ausbildungsjahr im August.

Bis zum Sommermonat ist es nicht mehr lange hin: „Unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater –  an den Schulen und in der Agentur für Arbeit Paderborn –  stehen Jugendlichen in der Phase der beruflichen Orientierung bei Recherchen und allen wichtigen Weichenstellungen zur Seite“, sagt der Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn, Heinz Thiele, zum Start in die heiße Phase für Bewerbungen.

Das Berichtsjahr zum Ausbildungsmarkt geht immer vom Monat Oktober bis zum September des Folgejahres. Daher ist im laufenden Berichtsjahr 2024/2025 gerade Halbzeit – der Moment, um am Ausbildungsmarkt eine Halbjahresbilanz zu ziehen.

Allen Bewerberinnen und Bewerbern, gerade auch noch Unentschlossenen, empfiehlt Arbeitsmarktexperte Heinz Thiele aus diesem Anlass, das Beratungsangebot der Berufsberaterinnen und Berufsberater anzunehmen: „Die Chancen für Bewerberinnen und Bewerber am Ausbildungsmarkt sind zurzeit noch gut im Kreis Paderborn“, gibt Heinz Thiele Jugendlichen mit. Er rät zugleich, die Berufswahlentscheidung nicht länger aufzuschieben.

Die Zahlen zum ersten Halbjahr sprechen dafür, dass die Beliebtheit der Ausbildung unter Jugendlichen wächst: 1.783 Bewerberinnen und Bewerber sind bis März 2025 auf dem Ausbildungsmarkt aktiv geworden. Zur Halbzeit im vergangenen Jahr lag die Zahl mit 1.699 um 84 oder 4,9 Prozent niedriger. „Es ist erfreulich, dass sich ein positiver Trend bei der Bewerberinnen- und Bewerberzahl das vierte Jahr in Folge fortsetzt. Auch verstärkte Anstrengungen der Unternehmen –  für eine abwechslungsreiche Ausbildung und erfolgreiche Nachwuchskräftegewinnung –  tragen ihren Teil zum guten Image der Ausbildung unter Jugendlichen bei“, lobt Arbeitsmarktexperte Thiele.

Der Ausbildungsmarkt ist zum Berichtsmonat März noch in Bewegung; deshalb erlauben die aktuellen Daten nur eine vorläufige Einschätzung der Entwicklung.

Das Ausbildungsstellenangebot entwickelt sich im Kreis Paderborn im Vergleich zum Vorjahr bislang rückläufig und damit für Bewerberinnen und Bewerber insgesamt ungünstig: Unternehmen und Verwaltungen haben bis März 2025 mit 1.573 Ausbildungsstellen 162 oder 9,3 Prozent weniger gemeldet als zur Halbzeit im Vorjahr. Im März 2024 hatte die Agentur für Arbeit noch 1.735 freie Ausbildungsstellen notiert. „Sinkt mit der Wirtschaftsschwäche die Ausbildungsbereitschaft, macht das Unternehmen für negative Auswirkungen des demographischen Wandels in den nächsten Jahren verwundbarer“, warnt Heinz Thiele.

Unternehmen und Verwaltungen müssen mit Blick auf den demographischen Wandel und die erwartete große Zahl an Renteneintritten in den nächsten Jahren in die Personalgewinnung und -qualifizierung investieren. „Der demographische Wandel hat zur Folge, dass Unternehmen über einen langen Zeitraum viele Nachwuchskräfte benötigen. Das wird zu erheblichen Engpässen führen, wenn Arbeitgeber nicht bereits heute hinreichend ausbilden“, kommentiert Heinz Thiele.

Rechnerisch kommen momentan auf 100 betriebliche Ausbildungsstellen 113 Bewerberinnen und Bewerber. Erstmals seit 2019 liegt die Zahl der Ausbildungsstellen im Kreis Paderborn wieder unterhalb der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber. „Für Bewerberinnen und Bewerber bleiben die Bedingungen am Ausbildungsmarkt aber weiter recht günstig. Wenn auch anders als in den Vorjahren bislang mehr Bewerberinnen und Bewerber aktiv wurden als Ausbildungsstellen vorhanden sind, gilt grundsätzlich nach wie vor, dass Unternehmen in vielen Bereichen die Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern Schwierigkeiten bereitet“, sagt Heinz Thiele auf Basis der aktuellen Zahlen.

Trotz anhaltender Wirtschaftsschwäche könne eine Ausbildung in aller Regel im Wunschberuf aufgenommen werden: „Bewerberinnen und Bewerber, die noch keine Ausbildungsplatzzusage erhalten haben, sollten aber zeitnah für berufliche Klarheit sorgen; denn Arbeitgeber sehen zu, dass sie freie Ausbildungsstellen zügig besetzen“, sagt Thiele.

„Bestehen für Jugendliche am Ausbildungsmarkt Hürden, weil etwa sprachliche Fähigkeiten oder Kenntnisse in der Mathematik nicht gut genug ausgebildet sind, kann die Agentur für Arbeit sie mit ausbildungsbegleitenden Förderangeboten unterstützen. „Die Assistierte Ausbildung ermöglicht es Jugendlichen unter anderem, ergänzend zur Berufsschule Unterrichtstunden zu besuchen. In diesen werden sie entsprechend ihren individuellen Bedarfen gezielt trainiert“, erklärt Heinz Thiele.

Die Assistierte Ausbildung kann sowohl von Ausbildungsbetrieben als auch von Jugendlichen aktiviert werden. Thiele sagt: „Dieses überaus nützliche Angebot sollte in die Anbahnung von Ausbildungsverhältnissen stärker einbezogen werden. Es unterstützt Arbeitgeber darin, den Ausbildungsbetrieb problemlösungsorientiert und vorausschauend auszurichten. Mehr Jugendliche werden so ihre Ausbildung erfolgreich meistern“. So zahle es sich in Zeiten des Fachkräftemangels für Arbeitgeber aus, wenn ein Ausbildungsverhältnis bei fachlichen oder sprachlichen Schwierigkeiten stabilisiert und auch die ein oder andere Sinneskrise überwunden werden kann.

Ausbildungsabbrüchen kann noch stärker vorgebeugt werden –  das durch Fordern und gezieltes Fördern zu erreichen, ist gerade auch für Arbeitgeber wichtig, die auf absehbare Zeit deutlich die negativen Auswirkungen des demographischen Wandels spüren werden. „Aufgrund demographiebedingter Knappheiten kann es häufiger vorkommen, dass sich Arbeitgeber für Bewerberinnen und Bewerber entscheiden, die nicht alle wesentlichen Voraussetzungen mitbringen, aber gut zum Unternehmen passen. Es ist dabei besonders wichtig, auf Förderbedarfe der Auszubildenden individuell von erster Stunde einzugehen, um möglichst alle Auszubildenden zur Fachkraft zu entwickeln“, sagt der Leiter der Agentur für Arbeit, Heinz Thiele.

Der Arbeitsmarktexperte appelliert zur Halbzeit am Ausbildungsmarkt außerdem an Jugendliche, Angebote der Berufsberatung in den Schulen und in der Agentur für Arbeit wirklich zu nutzen: „Ausbildung und Studium bieten hochspannende Entwicklungsmöglichkeiten, und es kann für die Berufswahlentscheidung sehr hilfreich sein, sich den unterschiedlichen Inhalten und Perspektiven bewusst zu sein“, sagt Heinz Thiele.

Auch Eltern können sich an die Berufsberaterinnen und Berufsberater wenden, wenn es um die berufliche Ausrichtung des Kindes geht. „‚Welcher Beruf passt?‘ Und: ‚Auf welchen Wegen können Ziele langfristig erreicht werden?‘ Verschiedene Optionen sollten in Ruhe durchgegangen und für die Entscheidungsfindung fachkundiger Rat eingeholt werden“, sagt Heinz Thiele.

Um negativen Folgen des Fachkräftemangels entgegenzuwirken, empfiehlt Heinz Thiele Arbeitgebern zudem, Personal auch über Umschulungen zu rekrutieren: „Ein Vorteil liegt darin, dass so lebenserfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen werden können“. Ihre Personalstrategie auch auf dieser Säule aufzusetzen, sei für viele mittelständische Unternehmen unerlässlich, um sich auf Rentenabgänge der nächsten Jahre vorzubereiten.

Auch wenn sich die Ausbildungsbereitschaft im Kreis noch auf vergleichsweise hohem Niveau bewegt, erwächst aus der Wirtschaftsschwäche das Risiko, dass bei der Ausbildung gespart wird. „Langfristig besteht dadurch eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens“, sagt Thiele.

Es gebe zudem vereinzelt Arbeitgeber, die aufgrund von Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Nachwuchs geneigt seien, davon abzusehen, weiter auszubilden. Es mangelte dann in der Regel über mehrere Jahre an Bewerbungen. Oder es kam zu Passungsproblemen.

Davon solle man sich nicht entmutigen lassen, sagt der Leiter der Agentur für Arbeit, Heinz Thiele: „Unternehmen dürfen in der Ausbildung aufgrund demographischer Herausforderungen auf keinen Fall nachlassen und sollten ständig prüfen, wie sie ihr Ausbildungsangebot weiterentwickeln und unter Jugendlichen bekannter machen. Unternehmerischer Erfolg ist geknüpft an die Bedingung, auch in schwierigen Zeiten konsequent auszubilden“.

Jugendliche können für die berufliche Orientierung zu den Berufsberaterinnen und Berufsberatern in ihren Schulen gehen. Darüber hinaus ist die Berufsberatung in der Agentur für Arbeit Paderborn für Jugendliche erreichbar. Dort ist ein Sofortzugang eingerichtet, so dass sich junge Menschen zu ihren beruflichen Entwicklungswegen und Bewerbungsmöglichkeiten ohne Termin beraten lassen können –  und zwar immer montags und dienstags von 8 Uhr bis 15.30 Uhr, mittwochs und freitags von 8 Uhr bis 12.30 Uhr sowie donnerstags von 8 Uhr bis 16 Uhr.

Ein Termin für ein individuelles Gespräch mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Paderborn kann zudem unter www.arbeitsagentur.de/vor-ort/paderborn/berufsberatung vereinbart werden.

Für die berufliche Orientierung empfiehlt sich auch ein Blick auf die digitale Berufsorientierungsplattform Connect: www.connect-pb.de. Hier gibt es Informationen über aktuelle Veranstaltungen und Termine zur beruflichen Orientierung sowie Tipps und Tricks rund um Bewerbungen.

Gesamtangebot / Gesamtnachfrage mit Stand März 2025

1.573 gemeldete Ausbildungsstellen / 1.783 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber

Bis März 2025 wurden der Agentur für Arbeit Paderborn im laufenden Berichtsjahr 1.573 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet. Das sind 162 Stellen weniger als im Vorjahr (minus 9,3 Prozent).

Bisher haben sich im Laufe des Berichtsjahres zugleich 1.783 Jugendliche über die Berufsberatung der Agentur für Arbeit um einen Ausbildungsplatz bemüht. Das sind 84 junge Menschen mehr als im Vorjahr (plus 4,9 Prozent).

Von den Ausbildungsstellen sind Ende März 2025 noch 1.042 Stellen unbesetzt. Zugleich sind noch 993 Jugendliche auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Demnach stehen zurzeit rechnerisch 100 gemeldeten und noch unbesetzten Berufsausbildungsstellen 95 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber gegenüber.

Daten für die vergangenen sieben Jahre zeigen, wie sich der Ausbildungsmarkt im Kreis Paderborn zunehmend von einem Arbeitgebermarkt zu einem Bewerberinnen- und Bewerbermarkt entwickelt hat. Wenn auch anders als in den Vorjahren bislang mehr Bewerberinnen und Bewerber aktiv wurden als Ausbildungsstellen vorhanden sind, kann die Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern den Unternehmen in vielen Bereichen Schwierigkeiten bereiten.