Licht und Schatten auf dem Arbeitsmarkt im Freistaat

31.03.2022 | Presseinfo Nr. 8

„Das beginnende Frühjahr bringt ein wenig Bewegung in den Arbeitsmarkt. Wie erwartet geht die Zahl der Arbeitslosen im März deutlich zurück. Insgesamt waren 230.242 Personen und damit 16.097 bzw. 6,5 Prozent weniger als im Februar arbeitslos gemeldet. Damit liegt die aktuelle Arbeitslosenzahl nicht nur um mehr als ein Fünftel unter dem Vorjahreswert, sondern auch unter dem Wert vom März 2020 – dem letzten Stichtag, bevor sich erstmals die Auswirkungen der Corona-Pandemie am Arbeitsmarkt zeigten. Die Arbeitslosenquote liegt mit 3,0 Prozent ebenfalls unter dem Wert von März 2020 (3,1 Prozent).

Auch im Vergleich zum Vorjahr geht der Abwärtstrend weiter: Aktuell sind 68.523 bzw. 22,9 Prozent weniger Personen arbeitslos als im März 2021. Alle Personengruppen profitieren von dem Rückgang der Arbeitslosigkeit, besonders erfreulich ist die Entwicklung bei den jüngeren Personen zwischen 15 Jahren und 25 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank die Arbeitslosigkeit um 10.119 Personen bzw. um 35,6 Prozent“, erklärte Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern.

  

Arbeitslosenzahl im März:                                   - 16.097 auf 230.242 (-6,5 Prozent)

Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich:           - 68.523 (-22,9 Prozent)

Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat:          - 0,3 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent

Arbeitslosenquote gegenüber Vorjahr:              - 0,9 Prozentpunkte

  

„Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) geht in seiner Frühjahrsprognose zur Entwicklung von Arbeitslosigkeit und Beschäftigung in Deutschland davon aus, dass der im Herbst erwartete Aufschwung für dieses Jahr durch den Angriff Russlands auf die Ukraine deutlich ausgebremst wird. Zu Beginn dieses Jahres deutete die Lage auf eine kräftige Erholung nach dem Pandemiewinter hin. Die anstehenden Lockerungen der Einschränkungen verbessern die Situation insbesondere für den Handel und das Gastgewerbe. Der Angriff Russlands auf die Ukraine überschattet nun aber die weitere wirtschaftliche Entwicklung.

Für Bayern zeigt die aktuelle Regionalprognose des IAB eine leicht günstigere Entwicklung der Arbeitslosigkeit als für Deutschland gesamt. Dabei wird für 2022 von einem Rückgang der Arbeitslosenzahl um 37.800 Personen bzw. 14,4 Prozent auf 224.300 ausgegangen. Für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird für Bayern ein Plus von 96.000 Personen bzw. 1,7 Prozent auf 5,85 Mio. erwartet. Damit liegt Bayern beim Beschäftigungswachstum über dem Wert für Deutschland (+1,5 Prozent) und weist nach Berlin, zusammen mit Hamburg und Hessen das stärkste Beschäftigungswachstum auf.“, sagte Holtzwart.

Die Zahl der Unterbeschäftigung, die auch Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und mit Sonderstatus erfasst, beträgt im März 301.543. Im Vergleich zum Vorjahr geht die Unterbeschäftigung mit einem Minus von 73.351 bzw. 19,6 Prozent zurück Sie weist somit ein größeres absolutes Minus aus als die Arbeitslosigkeit. Bei gleichbleibender Entlastung durch Fördermaßnahmen, Personen im Krankenstand und Sonderstatus wäre die Arbeitslosenzahl also noch niedriger.

  

Bestand offener Stellen deutlich gestiegen

„Beim Bestand der offenen Stellen zeigt der Vorjahresvergleich eine deutliche Zunahme um 49.619 bzw. um 49,7 Prozent. Aktuell sind 149.472 offene Stellen im Bestand der bayerischen Arbeitsagenturen und gemeinsamen Einrichtungen. Besonders nachgefragt werden Fachkräfte, so sind vier von fünf Stellen aus diesem Bereich. Nur 17 Prozent der offenen Stellen sind für Helfer ausgeschrieben, knapp zwei Drittel (65 Prozent) für Fachkräfte und weitere 18 Prozent für Akademiker. Von den 149.472 gemeldeten Arbeitsstellen im Bestand entfallen allein 33.717 (ca. 23 Prozent) auf die Arbeitnehmerüberlassung. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen das Verarbeitende Gewerbe und der Handel mit 19.710 bzw. 18.279 gemeldeten Arbeitsstellen“, berichtete Holtzwart.

„Beim Zugang an neuen Stellen seit Jahresbeginn hält der Trend des Zuwachses im Vergleich zum Vorjahr weiter an. In den ersten drei Monaten wurden 86.906 Stellen neu gemeldet. Das sind 18.613 bzw. 27,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Dass trotzdem so viele Stellen nicht besetzt sind, liegt daran, dass wir den Unternehmen oft nicht mehr die benötigte Arbeitskraft anbieten können. Deswegen bleiben Stellen länger vakant. Wir wollen gemeinsam mit den Arbeitgebern die Qualifizierung der bereits Beschäftigten ausbauen. Dieser Weg ist eine erfolgversprechende Säule der Fachkräftesicherung“, erläuterte Holtzwart weiter.

Bei den neu gemeldeten Arbeitsstellen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen: Im verarbeitenden Gewerbe wurden im Vergleich zum Vorjahr, seit Jahresbeginn knapp 50 Prozent bzw. 10.509 mehr Stellen gemeldet. Auch aus dem Handel konnten die bayerischen Arbeitsagenturen und gemeinsamen Einrichtungen ein Plus von knapp 47 Prozent (+10.469) verzeichnen. Im Gesundheits- und Sozialwesen gab es ebenfalls ein Plus von rund 34 Prozent (+9.204). Selbst die Arbeitnehmerüberlassung hat im Vergleich zum Vorjahr 0,1 Prozent bzw. plus 19.549 mehr Stellen gemeldet.

  

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst weiterhin solide

Nach aktuellen Hochrechnungen waren im Januar 5.794.700 Menschen in Bayern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein deutliches Plus von über einhunderttausend Beschäftigten. Die Zahl der Beschäftigten ist im Vergleich zum Vormonat leicht gesunken (-20.000 bzw. 0,3 Prozent), im Vergleich zum Vorjahr sehen wir allerdings einen satten Anstieg um 106.700 bzw.1,9 Prozent.

„Um die Beschäftigung in Bayern müssen wir uns aktuell keine Sorgen machen. Im Vergleich zum Vormonat zeigt sich das Beschäftigungswachstum zwar kurzfristig mit einem kleinen Minus, aber die Kurve zeigt weiterhin nach oben. Allerdings sehen wir in der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen nach Branchen im Vorjahresvergleich Aufholeffekte des Pandemie-bedingten Beschäftigungs-Minus und langfristige Trends.

Betrachtet man die Entwicklung in der Zeitarbeit im Vorjahresvergleich, so ist die Zahl der Beschäftigten mit einem Plus von 11,4 Prozent bzw. 10.900 wieder vor Pandemie Niveau. Die Beschäftigungs-Entwicklung im Verarbeitenden Gewerbe hingegen stagniert. Zum Vorjahresmonat Januar 2021 bleibt die Zahl der Beschäftigten fast unverändert (-600 bzw. - 0,0 Prozent); im Vergleich zum Januar 2020 wird hier ein Minus von rund 35 Tausend verzeichnet. Trotz einem Plus im Vergleich zum Vorjahresmonat liegt die Zahl der Beschäftigten in der Gastronomie im Vergleich zu Januar 2020 mit einem Minus von 16.335 noch deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie.

Ein durch die Pandemie kaum gebremstes Wachstum zeigt sich in vielen Dienstleistungsbranchen, vor allem bei Immobilien, freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen mit plus 3,2 Prozent bzw. 15.000 oder im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation sowie im Gesundheitswesen mit plus 14.700 bzw. 6,1 Prozent“, erläuterte Holtzwart.

  

Konflikt in der Ukraine

Die aktuellen Entwicklungen im Ukraine Konflikt beeinflussen den Arbeitsmarkt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, dennoch zeichnen sich dämpfende Effekte ab. Der Ukraine-Krieg kann zu wirtschaftlichen Belastungen in Bayern durch zurückgehende Exporte, Lieferkettenstörungen und Energiepreiserhöhungen führen. Laut Ifo hat sich das Thema Materialmangel bereits im Februar verschärft. 74,6 Prozent der Firmen beklagten Engpässe.

Inwieweit die Geflüchteten aus der Ukraine für den Arbeitsmarkt eine längerfristige Bedeutung haben, hängt davon ab, ob der Fortgang der Ereignisse für eine längere Bleibedauer spricht. Sollte sich eine baldige Rückkehr der Kriegsflüchtlinge in die Ukraine als unrealistisch erweisen, stellt sich die Frage, wie eine Integration der Geflüchteten in die deutsche Gesellschaft, aber auch in den Arbeitsmarkt mittelfristig gelingen kann, auch wenn aktuell vordringlich noch humanitäre Fragen im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich bringen die erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine gute Voraussetzungen für die Arbeitsmarktintegration mit: So ist der Anteil der Hochschulabschlüsse in der Ukraine höher als in Deutschland. Das liegt aber auch daran, dass viele Qualifikationen, die bei uns im dualen Ausbildungssystem erworben werden, dort an Hochschulen erlernt werden. Im Vergleich zu vielen anderen Migrantengruppen können wir bei den Ukrainerinnen von einem hohen Bildungsniveau sprechen. Es üben zwar 30 Prozent der ukrainischen Arbeitskräfte in Deutschland komplexe Experten- und Spezialistentätigkeiten aus, aber auch 30 Prozent Helfer- und Anlerntätigkeiten. Dennoch sind die mittel- und langfristigen Integrationsperspektiven vergleichsweise günstig – wenn die Menschen aus der Ukraine hier bleiben wollen oder müssen.

Ukrainische Frauen im erwerbsfähigen Alter könnten also teilweise helfen, die hiesigen Engpässe in akademischen, technischen und medizinischen Berufen zu verringern,
so das IAB in einem aktuellen Forumsbeitrag (https://www.iab-forum.de/viele-gefluechtete-ukrainerinnen-koennten-mittelfristig-in-engpassberufen-unterkommen/).

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass insbesondere auch die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse und die Sprachkenntnisse wichtige Barrieren darstellen, um am deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Erfahrungen mit bislang nach Deutschland zugezogenen Ukrainerinnen und Ukrainern zeigen jedoch, dass das Niveau der Deutschsprachkenntnisse relativ schnell mit der Aufenthaltsdauer steigt (IAB-Forschungsbericht 2/2022). Auch deshalb geht das IAB in einer aktuellen Prognose von einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit aus, jedoch verlangsamt.

  

Wir bieten gute Unterstützungsangebot für ukrainische Geflüchtete

„Aktuell sind wir in Vorbereitung verschiedener Kanäle, die wir zur Information der geflüchteten Menschen nutzen möchten. So sind Internet-Sonderseiten (Landing Page) für Geflüchtete aus der Ukraine auf Deutsch, Ukrainisch, Russisch und Englisch abrufbar https://www.arbeitsagentur.de/ukraine bzw. https://www.arbeitsagentur.de/ua/ua/ukraine.

Auch haben wir unser Angebot der externen Dolmetscher-Telefon-Hotline ausgebaut. Die Sprache „Ukrainisch“ steht für beide Rechtskreise innerhalb von 30 Minuten zur Verfügung.

Zusätzlich haben wir eine Beratungs-Hotline eingerichtet, die ukrainische Flüchtlinge unterstützen soll. Unter dieser Nummer stehen Mitarbeiter:innen der Agentur für Arbeit bereit, die Ukrainisch oder Russisch sprechen: Hilfetelefon 0911/178-7915.

Erstinformationen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine in den Erstaufnahmeeinrichtungen, Agenturen für Arbeit oder bei weiteren Netzwerkpartnern zum Unterstützungsangebot der BA und weiteren relevanten Informationen zum Arbeitsmarkt in Bayern und Deutschland, möchten wir schnellstmöglich zur Verfügung stellen. Deshalb werden wir zu den o. g. Kanälen über verschiedene Social-Media-Kanäle gezielt Informationen für geflüchtete Menschen verbreiten, insbesondere auch für diejenigen, die privat untergekommen und nicht über die Erstaufnahmeeinrichtungen erreichbar sind. Hier ist es wichtig, Desinformation zu vermeiden, die richtigen Ansprechpersonen und Institutionen zu benennen und auf gute Unterstützungsangebote hinzuweisen.

Soweit Geflüchtete Interesse an Beratung und Vermittlung bzgl. Beschäftigung und zum Arbeitsmarktzugang haben, unterstützen die Agenturen für Arbeit schnellstmöglich mit ihrem Dienstleistungs- und Förderangebot. Der Beratung in Richtung einer qualifikationsgerechten Beschäftigung wird hierbei eine besondere Bedeutung zukommen. Kinderbetreuung (Kindertageseinrichtungen und Schule), Sprachkurse und die Anerkennung beruflicher Abschlüsse sind wichtige Rahmenbedingungen.

Der Bedarf für neue Förderinstrumente oder ein Sonderprogramm besteht aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nach aktuellem Stand nicht, da ausreichend Möglichkeiten mit dem Regelinstrumentarium zur Verfügung stehen.

Aktuell gibt es nur geringe Vorsprachen in den Eingangszonen und es sind nur vereinzelte Anrufe in den Service Centern beider Rechtskreise festzustellen. Auch sind aktuell nur wenige ukrainische Geflüchtete arbeitslos, arbeitssuchend oder ratsuchend bei uns gemeldet (Einreise ab 24.02.2022).

Unternehmen die Arbeitskräfte suchen und gerne auch ukrainische Flüchtlinge einstellen möchten, steht die Stellenbörse der Bundesagentur zur einfachen und kostenfreien Nutzung zur Verfügung. Im Übrigen zählt unsere Stellenbörse zu den größten in ganz Deutschland. Menschen die eine Beschäftigung suchen, können hier ohne zusätzliche Kosten eine passende Stelle finden. Gerne beraten wir hierzu auch direkt vor Ort und unterstützen auch dann, wenn die Stelle nicht zu hundert Prozent passt u.a. mit Leistungen aus dem Qualifizierungschancengesetz oder berufsbezogenen Sprachkursen“ so Holtzwart

  

Gemeinsam mit unseren Netzwerken möchten wir proaktiv unterstützen

„Aktuell reaktivieren wir unsere Netzwerke, die bereits in der vergangenen Flüchtlingswelle gut zusammengearbeitet haben. Wir greifen hier auf funktionierende und tragfähige Strukturen und Prozesse zurück u.a. bei der . Gemeinsam mit unseren Partnern sind wir proaktiv und bereiten uns in den Regionen intensiv auf die ukrainischen Flüchtlinge vor, die nach und nach in Bayern eintreffen.

Ich kann also für die Arbeitsagenturen im Freistaat sagen, dass wir gut vorbereitet sind und wir bestmöglich unterstützen möchten. Wir möchten hier eine proaktive und keine reaktive Rolle einnehmen“ erläuterte der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen Holtzwart.

  

Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Kurzarbeitergeld Anzeigen noch moderat

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung des Ukraine-Konflikts und den damit verbundenen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung erfolgten am 18.03.2022 gesetzliche Anpassungen zur Verordnungsermächtigung in § 109 Absatz 5 SGB III und zum AÜG. Bis Ende Juni 2022 wird Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern weiterhin die Möglichkeit eingeräumt, Kurzarbeitergeld (KuG) zu beziehen. Mit der Neufassung des § 109 Abs.5 SGB III wird ermöglicht, befristet bis zum 30.09.2022 eine Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen während der Kurzarbeit im Falle von außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt vorzusehen.

Zu befürchten ist aus heutiger Sicht ein Anstieg in den Branchen Maschinenbau, Kfz inkl. Zulieferer, Chemie und Zeitarbeit.

Erste Szenarien, die unter Beratung des IAB erstellt wurden, deuten darauf hin, dass KuG-Anzeigen und KuG-Anträge auf höherem Niveau bleiben.