Zahl der voll- und der teilzeitbeschäftigten Frauen legte während der Pandemie zu

Frauen am NRW-Arbeitsmarkt Zahl der voll- und der teilzeitbeschäftigten Frauen legte während der Pandemie zu Statistisch sind Frauen auf den ersten Blick am Arbeitsmarkt besser durch die zurückliegenden zwei Jahre Pandemie gekommen als die Männer. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen nahm deutlich zu. Im Vergleich zu Männern arbeiteten weniger Frauen verkürzt, weniger Frauen verloren ihren versicherungspflichtigen Job aufgrund der Pandemie. Doch bei den Minijobs traf die Covid-Krise vor allem Frauen. Da Betreuung und Erziehung weiterhin häufig Angelegenheit von Frauen sind, stieg auch die Zahl der weiblichen Beschäftigten in Teilzeit stärker als die der männlichen. Hinzu kommt, dass mit 51,7 Prozent nur etwa knapp die Hälfte aller Frauen einer versicherten Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Bei den Männern sind es 87,9 Prozent. Einen umfangreichen Faktencheck bietet die Broschüre "Frauen am Arbeitsmarkt in NRW", die die Bundesagentur für Arbeit zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlicht.

07.03.2022 | Presseinfo Nr. 8

Im Juni 2021 gingen 3.230.665 Frauen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach, 76.674 oder 2,4 Prozent mehr als vor der Pandemie im Juni 2019. Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt ist damit die Zahl der in NRW sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen zum ersten Mal nicht nur anteilig in Prozenten, sondern auch in absoluten Zahlen stärker gestiegen als die der männlichen Arbeitnehmer. Bei ihnen legte die Zahl der Beschäftigten im selben Zeitraum um 43.643 Arbeitnehmer oder 1,1 Prozent zu.

"Der Blick auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den vergangenen zwei Jahren trübt die positive Bilanz der Frauen am NRW-Arbeitsmarkt", sagte Torsten Withake, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. "Im ersten Jahr waren Frauen weniger von Jobverlusten im Zuge der Pandemie betroffen als Männer. Doch im zweiten Jahr konnten die männlichen Arbeitnehmer stärker vom Aufschwung, der auf den zweiten Lockdown folgte, profitieren." So waren im Vergleich zum Vorjahr im ersten Jahr der Pandemie im Durchschnitt 13,2 Prozent oder 37.680 Frauen mehr als im Vorjahr arbeitslos gemeldet. Bei den Männern waren es 60.573 Arbeitnehmer oder 17,3 Prozent. Im zweiten Jahr der Pandemie sank die Zahl der arbeitslosen Männer um 3,6 Prozent oder 14.821 Personen, während die Arbeitslosigkeit bei den Arbeitnehmerinnen stagnierte und einen geringfügigen Rückgang von 697 Personen oder 0,2 Prozent verbuchte.

Eine besondere Aufgabe für die Arbeitsmarktpolitik sieht Withake weiterhin bei der ungleichen Verteilung der Arbeitszeiten: "Homeschooling ist das seit Beginn der Pandemie vielleicht am intensivsten diskutierte Beispiel, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen zwei Jahren ungleich belastet worden sind. Denn sobald die Kinderbetreuung nicht verlässlich sichergestellt ist, stehen Erziehende massiv unter Druck und Dauerbelastung - insbesondere dann, wenn sie parallel zu diesen Erziehungsaufgaben einer Arbeit nachgehen." In vielen Fällen sei Kinderbetreuung nur möglich gewesen, weil Frauen nicht in Vollzeit, sondern in Teilzeit gearbeitet hätten, so Withake.

Ungewollte Teilzeitbeschäftigung abbauen

Dabei werde die Teilzeitbeschäftigung auch für Männer attraktiver, sagte Withake. Legten bei der Vollzeit Frauen während der Pandemie um 1,1 Prozent zu, stieg die Zahl der in Vollzeit beschäftigten Männer nur um 0,4 Prozent. Dafür nahm die Zahl der Männer, die sich für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden, prozentual deutlich stärker zu als die der Frauen: "Die Zahl der Teilzeitarbeitnehmer ist in den vergangenen zwei Jahren um 7,3 Prozent gestiegen, bei den Arbeitnehmerinnen um 3,8. Wenn wir allerdings die absoluten Zahlen sehen, revidiert sich dieses Bild sofort: Bei den Frauen wuchs die Zahl der Arbeitnehmerinnen in Teilzeit um annähernd 60.000 Personen, bei den Männern nur um rund 32.000 Arbeitnehmer."

Teilzeit sei eben nach wie vor eine Domäne der Frauen, auch wenn sie im geringen Umfange attraktiver werde für Männern. Im Juni 2021 gingen 1.559.638 Frauen oder 48,3 aller weiblichen Beschäftigten, 0,6 Punkte mehr als vor der Pandemie, einer Teilzeitbeschäftigung nach, bei den Männern waren es 469.204 Arbeitnehmer oder 12,1 Prozent, ein Anstieg der Quote um 0,7 Punkte.

"Wichtig ist es mir, zunächst festzuhalten, dass alle Männer und Frauen das Recht haben, in Teilzeit zu arbeiten. Den prozentual gesehen beeindruckenden Anstieg bei den Männern kann man unter anderem auch auf eine veränderte Einstellung jüngerer Männer zurückführen", sagte Arbeitsmarktexperte Withake. "Wir müssen aber auch sehen, dass es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die lieber in Vollzeit arbeiten würden, dies aber zum Beispiel aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht tun können. Und das betrifft vor allem die Frauen. Aus der sozialen Perspektive bedeutet das für sie häufig eine nachhaltige Beeinträchtigung ihrer beruflichen Möglichkeiten und eine Einschränkung ihrer sozialen Absicherung."

Aber auch für die Wirtschaft bedeute ungewollte Teilzeit eine Herausforderung: "Viele Arbeitnehmerinnen schränken ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt aufgrund familiärer Verpflichtungen ein, obwohl ihre Expertise und Kompetenzen als qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte in der Wirtschaft dringend benötigt wird. Das ist ein Verlust, den wir uns mit Blick auf die demographischen Veränderungen kaum leisten können." Der Arbeitsmarktexperte kam in diesem Zusammenhang auf die wichtige Rolle zu sprechen, die zum Beispiel Pflegekräfte und Erzieherinnen und Erzieher für den gesamten Arbeitsmarkt spielten: "Pflegekräfte und Erzieherinnen und Erzieher übernehmen wichtige Aufgaben auch für den Arbeitsmarkt. Sie entlasten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Berufen und Branchen dadurch, dass sie Kinderbetreuung und Pflegetätigkeiten übernehmen. Sie ermöglichen es dadurch nicht nur mehr Menschen einer Arbeit nachzugehen, sondern auch - immer vorausgesetzt, diese wollen das auch - länger arbeiten zu können. Deshalb verdienen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Pflegeberufen nicht nur rückwirkend für ihre Leistungen in der Pandemie Anerkennung." Für die Entwicklung von Arbeitsmarkt und Wirtschaft sei es daher auch wichtig, sich zu fragen, wie man die Pflege- und Erzieherberufe attraktiver machen könnte. "Wenn wir es schaffen, ungewollte Teilzeitbeschäftigung abzubauen, den Menschen die Möglichkeit zu geben, wenn sie wollen, auch mehr zu arbeiten, dann profitieren davon nicht nur Arbeitnehmerinnen und Erziehende und Pflegende, sondern auch die Wirtschaft, die dadurch mehr Mitarbeit von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewinnt. Und davon profitieren wir alle als Gesellschaft."

NRW-Arbeitsmarkt: Wie die Pandemie Frauen und Männer statistisch betrifft

Rückblickend betrachtet hatten die zwei Lockdown-Phasen im März 2020 und im November 2020 eine dämpfende Wirkung auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beider Geschlechter. Eine anhaltende Erholung ist jedoch seit März 2021 zu erkennen. Die Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Frauen sank im ersten Jahr der Corona-Krise zu keinem Zeitpunkt unter das Niveau von vor der Pandemie. Gebremst wurde nur das Wachstum um zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für Frauen. Demgegenüber lag die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Männer von Mai 2020 bis März 2021 durchgehend unter den Werten von vor der Pandemie.

Ein wesentlicher Grund für die unterschiedliche Entwicklung in der Beschäftigung ist, dass mehr als die Hälfte der Frauen in Nordrhein-Westfalen in Branchen beschäftigt sind, die gering von der Corona-Pandemie betroffen waren, und nur knapp zwölf Prozent in Branchen mit starker Betroffenheit arbeiteten. Bei den Männern war im Gegensatz dazu mehr als jeder Vierte in stark betroffenen Branchen beschäftigt.

Bei den Frauen entwickelte sich auch die Kurzarbeit anders als bei den Männern. Das wird deutlich bei der Betrachtung der Kurzarbeiterquote. In Folge der Eindämmungsmaßnahmen wurde im April 2020 der bislang historische Höchstwert für NRW mit 1,2 Millionen Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeitern gezählt. Darunter waren rund 540.000 Frauen und 660.000 Männer. Im Laufe des Jahres 2020 sank dann zunächst die Zahl von Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter wieder deutlich. Doch mit dem zweiten Lockdown wurde wieder verstärkt verkürzt gearbeitet. Wenn auch nicht mehr in dem Maße wie zu Beginn der Pandemie. Im Februar 2021 wurde der Höchstwert innerhalb der zweiten Phase der Corona-Pandemie mit rund 770.000 Personen in Kurzarbeit erreicht. Darunter waren rund 360.000 Frauen und 410.000 Männer.

Gemessen an der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten waren im April 2020 rund 17,0 Prozent der Frauen und rund 17,4 Prozent der Männer in Kurzarbeit. Bis Oktober sanken diese Werte auf 4,3 Prozent der Frauen und 6,7 Prozent der Männer. Im Januar 2021 überschritt erstmals die Kurzarbeiterquote der Frauen mit 10,8 Prozent die Quote der Männer mit 10,3 Prozent. Mit den Lockerungen im Frühjahr 2021 sank die Zahl der verkürzt arbeitenden Menschen wieder, stieg aber nach ersten Hochrechnungen mit dem Aufkommen von Lieferengpässen von Rohstoffen und Materialien. Dieser Anstieg wird - detaillierte Zahlen liegen noch nicht vor – eher Arbeitnehmer als Arbeitnehmerinnen betreffen, da vor allem das verarbeitende Gewerbe von den Lieferschwierigkeiten beeinflusst wird und die Beschäftigung in diesen Branchen stark männerdominiert ist.

Eine weibliche Domäne am Arbeitsmarkt sind hingegen die Minijobs. Hier entwickelten sich die Auswirkungen der Pandemie deutlich zu Ungunsten der Frauen. So waren im Juni 2021 in NRW 649.886 Frauen ausschließlich geringfügig beschäftigt. Gegenüber Juni 2020 sank damit die Zahl der Minijobberinnen um 23.758 Frauen oder 3,5 Prozent. Am gleichen Stichtag waren 419.666 Männer ausschließlich geringfügig beschäftigt. Ihre Zahl war im Vergleich zum Vorjahr um 7.072 Personen oder 1,7 Prozent zurückgegangen. Damit sind 60,8 Prozent aller Minijobber weiblich.

Nach wie vor erzielen Frauen in NRW geringere Entgelte als Männern. Das Medianentgelt von Arbeitnehmerinnen lag im Dezember 2020 bei 3.224 Euro, bei Männern hingegen bei 3.621 Euro. Ein maßgeblicher Grund ist, dass Frauen eher im mittleren Fachkraftniveau tätig sind, während Männer häufiger auch höherqualifizierte Tätigkeiten mit einem höheren Verdienst ausüben. Umgekehrt erzielten mehr als ein Viertel aller beschäftigten Frauen - 26,0 Prozent – nur einen Verdienst im unteren Entgeltbereich. Bei den Männern waren es lediglich 15,5 Prozent. Außerdem kommt hinzu, dass Frauen häufiger in Berufen arbeiten, in denen die Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt sind, wie beispielsweise den Gesundheits- und Sozialberufen. Interessant sind zudem nennenswerte regionale Unterschiede bei den erzielten Entgelten. Im Rheinland lag das weibliche Medianentgelt bei 3.365 Euro, in Südwestfalen hingegen lediglich bei 2.952 Euro. Dieser regionale Unterschied beim mittleren Entgelt besteht zwar auch bei den Männern, liegt jedoch mit einer Differenz von 3.781 Euro im Rheinland und 3.446 Euro in Ostwestfalen-Lippe niedriger als bei den Frauen.

Einen umfangreichen Faktencheck bietet die Broschüre "Frauen am Arbeitsmarkt in NRW", die die Bundesagentur für Arbeit zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlicht hat.

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