Zum Start des Ausbildungsjahres blickten Kammern und die NRW Arbeitsagentur auf den Ausbildungsmarkt Ausbildungsmarkt stabil trotz Herausforderungen – viele Chancen für Bewerberinnen und Bewerber

Der Ausbildungsmarkt in NRW zeigt sich trotz wirtschaftlich herausfordernder Zeiten stabil. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist im Vorjahresvergleich angestiegen, liegt aber noch unter dem Niveau von 2019.
Gleichzeitig lassen der demografische Wandel und weniger Schülerinnen und Schüler, die aktuell die Schulen verlassen, die Zahl der Ausbildungsplatzsuchenden sinken. Der nordrhein-westfälische Ausbildungsmarkt ist im Bewerberinnen- und Bewerber-Markt angekommen. Das aktuelle Ausbildungsjahr bietet auch deshalb jungen Menschen noch viele Chancen, eine Ausbildung zu beginnen.
Gemeinsam haben am Donnerstag (31.8.) die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT), die Industrie- und Handelskammern in NRW (IHK NRW) und der Verband Freier Berufe NRW eine erste Zwischenbilanz zum Ausbildungsmarkt gezogen.

31.08.2023 | Presseinfo Nr. 25

Vor allem mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftebedarf der Zukunft war allen Beteiligten wichtig: Unabhängig von aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat die Ausbildung junger Menschen in den Unternehmen und Betrieben in Nordrhein-Westfalen einen ungebrochen hohen Stellenwert.
„Der Wandel zum Bewerberinnen- und Bewerbermarkt am Ausbildungsmarkt ist da. Ich freue mich, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in NRW sich so intensiv für den Fachkräftenachwuchs engagieren. Das ist umso wichtiger, weil wir auch in NRW zukünftig deutlich mehr gut ausgebildete Fachkräfte benötigen“, so Roland Schüßler, Chef der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Etwa eine Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit einer dualen Ausbildung in Nordrhein-Westfalen werden innerhalb der kommenden 10 Jahre das Rentenalter erreichen. „Die Demografie drückt von zwei Seiten auf die Fachkräftesicherung der Zukunft: die Zahl der jungen Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wird kleiner, die Baby-Boomer gehen in den Ruhestand.“

Ausbildungsmarkt im Bewerberinnen- und Bewerber-Markt angekommen

Die Jugendlichen befinden sich im Ausbildungsmarkt in einer guten Ausgangslage. Das war über viele Jahre anders. Standen 2019 im August 100 gemeldeten Ausbildungsstellen noch 107 Bewerberinnen und Bewerber gegenüber, kommen aktuell auf 100 Stellen 94 Bewerberinnen und Bewerber.

Das wir in NRW einen Bewerberinnen- und Bewerber-Markt haben, bedeutet auf der einen Seite, dass es mehr Chancen für die Jugendlichen gibt. Auf der anderen Seite wird die Suche nach den passenden Auszubildenden für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber häufig langwieriger und aufwendiger. „Viele Unternehmen in Nordrhein-Westfalen investieren in Ausbildung und probieren neue Wege bei der Suche nach zukünftigen Fachkräften. Es verlangt immer mehr Engagement von Ausbilderinnen und Ausbildern, um junge Menschen für eine berufliche Ausbildung zu gewinnen. Eine Alternative gibt es aufgrund der anstehenden demografischen Entwicklung nicht.“

Umso wichtiger sei es, sagte der Ausbildungsexperte, „dass alle jungen Menschen, die sich für eine berufliche Ausbildung interessieren, auch die Chance dazu erhalten. Denn jede oder jeder Einzelne kann uns morgen als Fachkraft fehlen.“ Eine Lösung für Unternehmen und Betriebe könnte es sein, Jugendlichen eine Chance zu bieten, die mit ihrer Bewerbung zunächst nicht überzeugen können.

Die Ausgangsposition für Bewerberinnen und Bewerber ist gut, das gilt aber noch lange nicht überall und auch nicht für jede oder jeden. Noch immer gibt es Bewerberinnen und Bewerber, die sich bei der Suche nach einer Ausbildung schwertun. Ende August war noch ein Viertel der Bewerberinnen und Bewerber auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Bei Unterstützungsbedarf kommen für jungen Menschen Angebote wie beispielsweise Berufsvorbereitenden Maßnahmen (BvB), eine Einstiegsqualifizierung (EQ), Assistierte Ausbildung (AsA) oder Außerbetriebliche Berufsausbildung (BaE) zum Einsatz.

„Die Agenturen für Arbeit lassen die Jugendlichen und auch die Ausbilderinnen und Ausbilder nicht allein. Es gibt seit Jahren erfolgreiche Angebote wie die Assistierte Ausbildung, die von der Nachhilfe für Azubis bis hin zu einem begleitenden Coaching gute Angebote der Unterstützung für die jungen Menschen und auch die Betriebe machen“, sagte der Leiter der Regionaldirektion NRW Roland Schüßler.

Kammern: Duale Berufsausbildung gewinnt an Attraktivität

Beim gemeinsamen Pressegespräch von Regionaldirektion NRW, dem Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT), den Industrie- und Handelskammern in NRW (IHK NRW) und dem Verband Freier Berufe NRW wurden die Herausforderungen und Chancen, die in der aktuellen Entwicklung am Ausbildungsmarkt liegen, diskutiert.

Berthold Schröder, Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertags

"Attraktive Ausbildungsplätze im Handwerk finden Schulabgängerinnen und Schulabgänger auch im September und Oktober dieses Jahres noch. Für sofort suchen wir junge Menschen, die mit sehr guten Perspektiven in einen technischen, kreativen oder Dienstleistungsberuf im Handwerk einsteigen wollen. Das Handwerk bietet sinnstiftende Berufstätigkeiten, ein familienfreundliches, betriebliches Umfeld und die Option, schnell seinen Beruf selbständig ausüben zu können. Unsere Analysen zeigen, dass das Handwerk junge Menschen von allen Schulformen, knapp ein Viertel mit Hochschulreife, und auch viele Studienabbrecher anzieht.

Für den Zugang zur Ausbildung gibt es nichts besseres, als sich in einem Praktikum gegenseitig kennenzulernen. Unsere Devise ist, besser direkt nach der allgemein bildendenden Schule einen Ausbildungsberuf erlernen, anstatt jahrelang weiter zur Schule zu gehen. Denn alle weiteren Schulabschlüsse kann man auch mit einer dualen Ausbildung erreichen."

Stefan Hagen, Vize-Präsident der Industrie und Handelskammern NRW

„Unsere Ausbildungskampagne #könnenlernen zeigt Erfolge: Wir freuen uns über einen Anstieg von rund 5,5 Prozent bei neuen Ausbildungsverträgen in Industrie, Dienstleistung und Handel in Nordrhein-Westfalen. Mit mehr als 50.000 neuen Ausbildungsverträgen seit Jahresbeginn wird deutlich, dass junge Menschen wieder vermehrt den Weg in die praxisorientierte Bildung einschlagen. Im Gegensatz zu den letzten Jahren entscheiden sich wieder mehr Jugendliche für die betriebliche Ausbildung als Studierende für ein Hochschulstudium. Dies unterstreicht die Vielseitigkeit und den Wert einer praxisorientierten Ausbildung als solide Grundlage für den erfolgreichen Start einer beruflichen Karriere.“

Bernd Zimmer, Vorsitzender Verband Freier Berufe NRW e.V.

„Wir sind stolz darauf, dass wir mit einem Gesamtplus von rund 8 Prozent über alle Ausbildungsberufe hinweg den Trend auch über das Allzeithoch des Vorjahres fortsetzen. Das zeigt einmal mehr, dass junge Menschen die Übernahme von Verantwortung suchen und Krisenfestigkeit schätzen, so wie wir es auch in der Pandemie gemeinsam mit unseren Auszubildenden unter Beweis stellten.

Um dieser Entwicklung auch in Zukunft gerecht zu werden, setzen wir auf die Weiterentwicklung der Aus- und Weiterbildungsstandards und Kapazitäten in unseren Berufsschulen, Apotheken, Büros, Kanzleien und Praxen. Gleichzeitig gibt es nach der Ausbildung vielseitige Entwicklungsmöglichkeiten. Die Ausbildung sollte daher immer als Start - gerade auch mit Abitur - und nicht als das Ende der beruflichen Entwicklung gesehen werden.“

Entwicklung auf dem NRW Ausbildungsmarkt in Zahlen

Bei allen Herausforderungen, die den aktuellen Ausbildungsmarkt prägen, hat die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im laufenden Berufsberatungsjahr zugenommen.

Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse im Bereich Industrie, Handel und Dienstleistung konnte bis Juli 2023 mit 50.794 eingetragenen Verträgen das Vorjahr um 2.663 Verträge oder 5,4 Prozent übertreffen.

Im Handwerk lag Ende Juli die Zahl der eingetragenen Ausbildungsverträge mit 18.231 fast auf dem Niveau des Vorjahres, im Juli 2022 waren 18.320 Verträge eingetragen
Ein deutliches Plus verzeichneten die Kammern der Freien Berufe in NRW, mit 8.492 Verträgen Ende Juli lag die Zahl um 607 Verträge oder 7,7 Prozent über dem Wert des Vorjahres.

Mehr unversorgte Jugendliche - mehr unbesetzte Ausbildungsplätze

Bis Ende August meldeten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei den Agenturen für Arbeit 108.564 duale Berufsausbildungsstellen. Das waren 2,1 Prozent oder 2.381 Stellen weniger als vor einem Jahr, aber 2.300 Stellen oder 2,2 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Ende August waren davon noch 32.926 Stellen unbesetzt. Damit stieg die Zahl unbesetzter Stellen im Vergleich zum Vorjahr um 681 oder 2,1 Prozent.

Die Zahl der bei den Arbeitsagenturen gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber nahm im Vergleich zum Vorjahr ab: Im aktuellen Vermittlungsjahr meldeten sich bei den Agenturen für Arbeit in NRW bis in den August 99.852 junge Menschen mit dem Ziel, eine Berufsausbildung zu beginnen. Das waren 1.712 Bewerberinnen und Bewerber oder 1,7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Vor zwei Jahren hatten sich 4.212 junge Menschen oder 4,0 Prozent mehr um einen Ausbildungsplatz beworben. Demgegenüber stieg die Zahl unversorgter junger Menschen im Vergleich zum Vorjahr leicht um 764 Personen auf 17.075 junge Menschen.

Rechnerisch kamen landesweit auf 100 betriebliche Ausbildungsstellen 94 Bewerberinnen und Bewerber. Dieses leichte Ungleichgewicht zwischen Stellen und potentiellen Azubis fällt bei den unbesetzten Stellen stärker aus: Auf 100 unbesetzte Stellen kamen im August in NRW 52 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber.

Nicht berücksichtigt sind in dieser Rechnung allerdings junge Menschen, die zwar noch keinen Ausbildungsplatz gefunden, dafür jedoch bereits eine Alternative im Blick haben, etwa den weiteren Besuch einer Schule oder dem Beginn eines sozialen Jahres. Die Zahl dieser Jugendlichen mit Alternative, deren erste Priorität aber nach wie vor eine Ausbildung ist, stieg im Vergleich zum Vorjahr geringfügig um 0,1 Prozent oder um 13 junge Personen auf aktuell 9.776 Bewerberinnen und Bewerber. Zusammen beträgt also die Gesamtzahl der jungen Erwachsenen, die im August noch eine Ausbildungsstelle suchten, 26.851 Personen. Auf 100 unbesetzte Stellen kommen damit insgesamt 82 Bewerberinnen und Bewerber.

Regionale Unterschiede am Ausbildungsmarkt

Die regionalen Unterschiede am Ausbildungsmarkt in NRW bleiben trotz der landesweit einheitlichen Tendenz auch im aktuelle Vermittlungsjahr 2022/2023 gut sichtbar.

In fast allen Ausbildungsmarktregionen meldeten die Agenturen für Arbeit mehr Ausbildungsangebote als Bewerberinnen und Bewerber. Ausnahmen bilden das Ruhrgebiet und das Bergische Land. So kamen im Ruhrgebiet auf 100 Bewerberinnen und Bewerbern 93 Ausbildungsangebote. Demgegenüber steht vor allem Südwestfalen mit einem Angebot von 161 Stellen auf 100 Jugendliche. Im Bergischen Land sind es aktuell 96 Angebote auf 100 Bewerberinnen und Bewerber, im Rheinland 105 und in Ostwestfalen Lippe 109.

Top 10 der beliebtesten Berufe bei Schülerinnen und Schülern

Der beliebteste duale Ausbildungsberuf bei Bewerberinnen und Bewerbern blieb auch im August weiter die Kauffrau bzw. der Kaufmann für Büromanagement. Bis Ende des Monats hatten sich 6.318 Bewerberinnen und Bewerber auf diesen Beruf als ihre erste Wahl beworben. Auf Platz 2 der Favoriten der Schülerinnen und Schüler lag der Beruf der/des Medizinischen Fachangestellten mit 4.722 Bewerberinnen und Bewerbern. Die Ausbildung zur/zum KFZ-Mechatroniker/in liegt mit 4.638 Bewerberinnen und Bewerbern auf Rang drei.

Neben dieser klassischen Wahl haben es aber auch Berufe wie die Elektroniker/in für Energie- und Gebäudetechnik mit 2.602 Bewerberinnen und Bewerbern oder die Ausbildung zur/zum Anlagenmechaniker/in Sanitär, Heizungs- und Klimatechnik in die Top 10 geschafft.

Top 10 der von Unternehmen angebotenen Ausbildungsstellen

An Nummer eins bei den angebotenen Ausbildungsstellen steht seit jetzt drei Monaten die Ausbildung zur/zum Kauffrau/mann im Einzelhandel mit aktuell 6.872 Stellenangeboten. Auf Rang 2 folgte die/der Verkäufer/in mit 6.858 Ausbildungsplätzen. Weiterhin auf Platz 3 stand im August der Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement.

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