Frauen am NRW-Arbeitsmarkt: Frauen holen in MINT-Berufen auf

Auf Frauen ist am Arbeitsmarkt Verlass. Allein im vergangenen Jahr hat die Zahl der beschäftigten Frauen um 26.874 Arbeitnehmerinnen oder 0,8 Prozent auf 3.326.804 Frauen in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zugelegt. Die Zahl der männlichen Erwerbstätigen stieg im selben Zeitraum nur um 0,5 Prozent, um 21.604 Personen auf 3.954.470 Arbeitnehmer. Doch auch wenn Frauen damit am Arbeitsmarkt aufholen, der Nachholbedarf bleibt bestehen. Zum Beispiel in den sogenannten MINT-Berufen, den Berufen rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die Beschäftigungsquote von Frauen stieg in NRW innerhalb der letzten fünf Jahre auf 55,4 Prozent.
Die Broschüre „Frauen am Arbeitsmarkt in NRW“, die die Bundesagentur für Arbeit zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlicht, bietet einen umfangreichen Faktencheck.

07.03.2024 | Presseinfo Nr. 6

Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit setzte anlässlich des Weltfrauentags einen Schwerpunkt auf die Chancen und Perspektiven, die sich Frauen am Arbeitsmarkt für MINT-Berufen bieten:

„Trotz eines wachsenden Interesses, Frauen bleiben in MINT-Berufen weiter unterrepräsentiert. Dabei sind viele dieser Berufe Schlüsselbereiche, damit die sogenannte Transformation, also die Modernisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft durch die Umstellung auf nicht-fossile Energien und durch Digitalisierung und Automatisierung zum Erfolgsmodell wird. Zudem ist hier der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften besonders hoch. Der Blick in die Statistik zeigt deutlich: Wenn wir nach möglichen Potentialen suchen, kommen wir sehr schnell bei den Frauen an. Doch nach wie vor zögern Frauen, sich für diese scheinbaren Männerdomänen näher zu interessieren.“

Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW, zeigt auf, was sich ändern muss, damit mehr Frauen zukünftig einen MINT-Beruf wählen: 

„MINT-Berufe sind eine Chance für Frauen, denn häufig wird dort gut bezahlt, in vielen Branchen sichern Tarifverträge gute Entgelt- und Arbeitsbedingungen. Dazu müssen Hürden für Frauen abgebaut werden, z.B. durch Arbeitszeiten, die zum Leben passen und überholte Rollenklischees überwunden werden. Entscheidend ist natürlich, dass der Beruf zu den Interessen und Talenten eines jungen Menschen passt. Das gelingt durch eine geschlechtersensible Berufsberatung und durch Role-Models, also weibliche Vorbilder. Wenn sich dann mehr Frauen für MINT-Berufe entscheiden, ist das nicht nur für den Arbeitsmarkt gut, sondern vor allem für die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen.“

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann kündigte an, die arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen für Frauen in den Fokus nehmen zu wollen:

„Mit der Fachkräfteoffensive verbinden wir die klare Botschaft, dass jede und jeder gebraucht wird. Für mich ist das keine Worthülse, sondern eine klare Zielsetzung. Wenn wir über Arbeitsmarktpotentiale in Nordrhein-Westfalen sprechen, die wir heben wollen, müssen wir einen Schwerpunkt auf die Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen legen. Ein „Mehr“ an Erwerbsbeteiligung von Frauen darf nicht an den Rahmenbedingungen scheitern. Hier müssen wir alle besser werden. Gemeinsam mit den Sozialpartnern werden wir das Thema im Zuge der Fachkräfteoffensive mit Hochdruck angehen.“

Arbeitsagenturen und Jobcenter bieten für Frauen Informationen, Berufsorientierung und -Beratung

Die Arbeitsagenturen und Jobcenter in NRW bieten über das ganze Jahr regelmäßig Berufsorientierungsveranstaltungen und Berufsberatung für Frauen an. Regelmäßig richten sich diese Angebote auch an Frauen, die möglicherweise einen Perspektivwechsel im Berufsleben planen und sich für MINT-Berufe interessieren. Oder, als weiteren Schwerpunkt, die Beratung junger Berufseinsteigerinnen, die zögern, tatsächlich den Schritt in die technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfelder zu machen:

„MINT-Berufe sind auch ein Thema der Berufsberatung junger Frauen, die den passenden Einstieg ins Berufsleben etwa durch eine duale Ausbildung oder durch ein Studium suchen. Aus Studien wissen wir, dass Mädchen bis zur Jahrgangsstufe 8 häufig bessere computer- und informationsbezogene Kompetenzen zeigen als Jungen. Doch den Mut, dieses Talent zu nutzen, haben sie häufig nicht. Da setzen unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater an. Es lohnt sich zum Beispiel immer, bei Interesse für ein Berufsfeld, durch ein Praktikum Einblicke zu gewinnen und es so besser einschätzen zu können.“ 

Mehrere Gelegenheiten, den Einstieg in die Beratung zu finden, bieten sich jungen Frauen zum Beispiel schon in der kommenden Woche. Dann findet vom 11. bis zum 15. März die Woche der Ausbildung statt. Auch Eltern können sich hier informieren – für sie gibt es zum Beispiel die Digitalen Elternabende, rund 40 Veranstaltungen zu verschiedenen Berufsbildern, vorgestellt von Ausbilderinnen und Ausbildern wie auch von den Berufsberatungen der Arbeitsagenturen. Nähere Informationen zu den digitalen Elternabenden finden Sie auf der Internetseite der Regionaldirektion NRW.

Immer mehr Frauen in höher qualifizierten MINT-Berufen

Insgesamt üben etwa 7,4 Prozent aller berufstätigen Frauen einen MINT-Beruf aus. Seit 2020 ist in hier die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen um 15.629 Personen auf 246.093 Personen angestiegen. Damit waren zuletzt 6,8 Prozent mehr Frauen in MINT-Berufen beschäftigt, als noch vor drei Jahren. Im selben Zeitraum nahm die Zahl der Männer in den MINT-Berufen nur um 1,8 Prozent zu. Allerdings ist, insgesamt gesehen, der Anteil der Frauen an allen Beschäftigten in diesen Berufsfeldern nach wie vor eher gering – gerade einmal 15,8 Prozent.

Doch je höher die geforderte Qualifikation, umso höher ist auch der Anteil der Frauen in den MINT-Berufen. Bei Tätigkeiten, die ein Studium erfordern, liegt der Anteil von Frauen bei 21,8 Prozent aller Beschäftigten. Anders dagegen in den Berufsbildern, für die eine duale Ausbildung als Fachkraft gebraucht wird. Hier sind nur 14,3 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Frauen.

Autos begeistern beide Geschlechter gleichermaßen - fast

Der Blick auf die Ausbildungszahlen bestätigt das: Nur knapp jede neunte Bewerberin sucht eine Berufsausbildungsstelle im MINT-Bereich. Bei den jungen Männern ist es mit 46 Prozent hingegen fast die Hälfte. NRW-weit gab es im vergangenen Jahr rund 35.000 Ausbildungsplätze im Bereich MINT. Mit rund 23.200 stammen die meisten davon aus produktionstechnischen Berufen, etwa den Ausbildungen als Fachkraft für Kraftfahrzeugtechnik sowie die Fachkraft für Maschinenbau- und Betriebstechnik. Junge Frauen interessieren diese Berufe weniger. Im MINT-Bereich wollen sie eher Mediengestalterin für Digital- und Printmedien oder Technische Zeichnerin werden. 

Einzig Autos machen keinen Unterschied: Der Beruf der Kraftfahrzeugmechanikerin findet sich wie bei jungen Männern in der Top 5 der beliebtesten MINT-Ausbildungsberufe junger Frauen. Allerdings sind auch hier die Zahlen deutlich: 264 Bewerberinnen wollten im vergangenen Jahr am Auto lernen – bei 3.495 Lehrstellen, die in der Regel alle besetzt wurden. Vermutlich durch junge Männer. 

Beschäftigungsquote von Frauen höher als vor fünf Jahren

Insgesamt ist die Zahl der Frauen, die in NRW einer Arbeit nachgehen, seit 2018 weiter gestiegen. Mit Blick auf die wachsende Beschäftigung von Frauen sagte Arbeitsmarktexperte Schüßler: 

„Das Potential, für das Frauen stehen, lässt sich auch mit Zahlen gut darstellen: Aktuell gehen in NRW rund 55,4 Prozent der Frauen in NRW einer Beschäftigung nach. Bei den Männern sind es 64,8 Prozent. Wären so viele Frauen in einem Job wie Männer, hätten wir in NRW fast 540.000 Menschen mehr in Beschäftigung. In NRW sind derzeit so viele Menschen beschäftigt, wie noch nie zuvor. Deshalb wird es auch zunehmend enger für Unternehmen bei den Arbeitskräften. Potentiale wie die der Frauen gewinnen dadurch noch einmal zusätzlich an Bedeutung.“

Anja Weber, Vorsitzende des DGB-NRW sagte dazu:

„Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten. Das weiß inzwischen jede und jeder und dennoch arbeiten viele Frauen in NRW weniger Stunden als sie eigentlich möchten. Knapp die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen geht einer Teilzeitbeschäftigung nach, die Gründe dafür sind vielfältig. Hinzukommt ein hoher Frauenanteil in Minijobs. Fehlende Kinderbetreuung, eine ungerechte Verteilung der Sorgearbeit, starre Arbeitszeiten oder schlechte Arbeitsbedingungen vor allem in den sozialen Berufen machen es vielen Frauen unmöglich, ihre Wochenstunden aufzustocken. An welchen Stellen es hakt, ist lange klar, jetzt gilt es zu handeln. Mehr und zuverlässige Kinderbetreuung und Arbeitsbedingungen, die zur Lebenssituation der Frauen passen, müssen endlich umgesetzt werden. Das hilft nicht nur dem Arbeitsmarkt, sondern auch den Frauen, die mehr Geld und mehr finanzielle Unabhängigkeit bekommen.“

3.969.892 Frauen gingen 2023 einer Beschäftigung nach, ihre Beschäftigungsquote stieg von 52,2 Prozent im Jahr 2018 auf nun 55,4 Prozent. Die Beschäftigungsquote umfasst sowohl die sozialversicherungspflichtig wie auch die ausschließlich geringfügig beschäftigten Frauen. Sozialversichert tätig waren 3.326.804 Frauen, in einem Minijob arbeiteten 643.089 Arbeitnehmerinnen. 

Broschüre Frauen am Arbeitsmarkt in NRW

Einen umfangreichen Faktencheck bietet die Broschüre „Frauen am Arbeitsmarkt in NRW“, die die Bundesagentur für Arbeit zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlichen wird. 

Weitere Informationen:

Informationen zu den digitalen Elternabenden gibt es im Internet hier: Infoseite digitale Elternabende in NRW 

Informationen zu Veranstaltungen und Angeboten für Frauen mit Interesse erhalten Sie in Ihren Arbeitsagenturen oder Jobcentern. Ein aktuelles Beispiel für eine Veranstaltung zu MINT-Berufen ist „Frauen und IT? Ja, bitte!“ der Agentur für Arbeit Siegen am Freitagvormittag, 8. März ab 9.30 Uhr. 

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