Die Zahl der Klagen und Widersprüche gegen sogenannte „Hartz-IV-Bescheide“ von Jobcentern in Thüringen geht wie bereits in den Vorjahren weiter zurück. 2021 wurden 12.298 Widersprüche eingelegt, 2020 waren es noch 15.896. Das entspricht einem Rückgang von fast 23 Prozent. Auch die Zahl der eingereichten Klagen gegen Entscheidungen von Jobcentern hat sich verringert: 2021 wurden 1.594 Klagen neu eingereicht, im Jahr 2020 waren es noch 2.331. Das entspricht einem Rückgang von über 31 Prozent.
Weniger Widersprüche und Klagen gegen Sanktionen
„Die Zahl der Menschen, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, ist weiter gesunken. Dazu kommt, dass die Jobcenter ihre Kunden wegen der Kontaktbeschränkungen seltener zu persönlichen Terminen eingeladen haben. Daher gab es auch weniger Streit um versäumte Termine und entsprechende Sanktionen. Und außerdem hat der Gesetzgeber wegen der Pandemie den Zugang in die Grundsicherung erleichtert. Wer seit Beginn der Krise Grundsicherung neu beantragt hat, dem wurden zum Beispiel die tatsächlichen Kosten der Unterkunft anerkannt, auch wenn diese gegebenenfalls zu hoch waren. Zudem wird darauf verzichtet, „nicht erhebliches“ Vermögen zu prüfen. Das hat ebenfalls das Konfliktpotential und damit auch die Zahl der Widersprüche und Klagen gesenkt“, erklärte Markus Behrens, Chef der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen.
Weniger Leistungsberechtigte
Im Dezember 2021 wurden 109.394 Leistungsberechtigte von den Jobcentern in Thüringen betreut, im September 2020 waren es noch 120.397.
Gründe für Widersprüche und Klagen
16 Prozent der im Jahr 2021 neu eingelegten Widersprüchen betrafen den Sachbereich „Einkommen und Vermögen“. Häufig geht es hier um die Anrechnung von vorhandenen Vermögen oder auch Einkommen aus Beschäftigung oder Selbständigkeit. Weitere 16 Prozent betrafen Widersprüche gegen Bescheide, in denen das Jobcenter Leistungen nicht mehr bewilligte oder etwa die Höhe der Leistung änderte. Hintergrund: Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden für jeden Monat der Hilfebedürftigkeit im Voraus erbracht. Fällt aber dann im tatsächlichen Berechnungsmonat der Leistungsanspruch weg oder ändert sich, versendet das Jobcenter einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid an die Kunden. 15 Prozent der Widersprüche betrafen das Sachgebiet „Kosten der Unterkunft“. Gründe hierfür sind vor allem die äußerst komplexe Gesetzeslage, die von Kommune zu Kommune variierenden Leistungen und die zum Teil unterschiedliche Rechtsprechung in den Bundesländern, die immer wieder zu Rechtsunsicherheit führt. Bei den 1.594 im Jahr 2021 in Thüringen neu eingelegten Klagen standen die rechtliche Auseinandersetzungen um die Aufhebung oder Änderung von Leistungsbescheiden mit 279 Fällen an erster Stelle (mehr als 17 Prozent), gefolgt von Prozessen um die Kosten der Unterkunft und Heizung mit 270 Fällen (knapp 17 Prozent).
Erledigte Klagen und Widersprüche
Im Jahr 2021 wurden in Thüringen 13.376 Widersprüche gegen Entscheidungen der Jobcenter abgeschlossen oder abschließend bearbeitet. Davon wurden 7.864 zurückgewiesen, in 4.621 Fällen wurde einem Widerspruch teilweise oder ganz stattgegeben. Häufig wurde den Widersprüchen auch deswegen stattgegeben, weil Kunden bislang nicht vorhandene Unterlagen nachreichten und damit eine andere Entscheidung möglich war. Die Jobcenter konnten also aufgrund fehlender Unterlagen vorher nicht anders entscheiden. 2021 wurden insgesamt 2.217 Klagen abgeschlossen. Darunter waren 303 Vergleiche, in 208 Fällen wurde der Klage mit Urteil stattgegeben und in 299 Fällen wurde die Klage anderweitig erledigt, etwa durch Anerkenntnis der Jobcenter.