Zwei Effekte dämpfen den Arbeitsmarkt

Typische Entwicklung im Sommer wird durch Geflüchtete verstärkt

29.07.2022 | Presseinfo Nr. 60

  • 670 Arbeitslose mehr, Quote steigt auf 8,1 Prozent
  • Geflüchtete und junge Menschen bewirken Anstieg
  • Stellenbestand und neue Meldungen entwickeln sich leicht positiv
  • Endspurt Ausbildungsmarkt: Noch 1,2 Stellen für jeden Jugendlichen verfügbar

Typische Entwicklung im Sommer wird durch Geflüchtete verstärkt

Im Juli zählte der Agenturbezirk Recklinghausen 26.148 arbeitslose Menschen und damit 670 mehr als im Juni (+2,6 Prozent), gleichzeitig 1.849 weniger als im Juli vor einem Jahr (-6,6 Prozent). Die Arbeitslosenquote stieg um 0,3 Punkte auf 8,1 Prozent und lag damit um 0,5 Punkte unter dem Niveau des Vorjahres.

„Der Arbeitsmarkt hat sich im Juli gemäß unseren Erwartungen entwickelt, der aktuelle Anstieg von 670 Arbeitslosen wirkt auf den ersten Blick immens, lässt sich aber im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückführen“, beschreibt Agenturgeschäftsführer Dirk Hellmann die Lage im Vest. Hellmann weiter: „Im Sommer beenden viele junge Menschen die Schule und strömen für eine kurze Zeit auf den Arbeitsmarkt, bevor sie eine Ausbildung beginnen, die Schullaufbahn fortsetzen oder sich beruflich orientieren. Hinzu kommt, dass die Hauptferienzeit auch in Betrieben oft für Betriebsferien genutzt wird, während dieser kaum Neueinstellungen vorgenommen werden. Diese saisontypische Entwicklung tritt jährlich zu dieser Zeit ein. Verstärkt wird sie jetzt durch die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge in die Grundsicherung und damit in die Arbeitslosenstatistik.“ Da es sich im Juni noch um eine Untererfassung gehandelt habe, sei ihre Zahl im Juli noch einmal angestiegen. Insgesamt geht Dirk Hellmann davon aus, dass der Herbst eine Belebung des Arbeitsmarktes mit sich bringt, allerdings unter dem Vorbehalt von Lieferschwierigkeiten und Energiekrise.“

Jungen Menschen auf Ausbildungsplatzsuche rät Dirk Hellmann zu verstärkten Bemühungen während der letzten Ferienwochen: „Jetzt ist es an der Zeit, sich für einen Beruf zu entscheiden und, wenn nötig, letzte Bewerbungen zu versenden. Auch dann, wenn es immer noch restliche Unsicherheiten gibt, denn die sind völlig normal und verschwinden erst während der Ausbildung.“ Eins ist dem Arbeitsmarktexperten besonders wichtig: „Wir können uns sicher sein, dass der Ausbildungsmarkt ab dem nächsten Jahr mehr Herausforderungen unterliegen wird und sich die Lage nicht verbessert. Das sollte Ansporn genug sein, jetzt noch die eigene Zukunft in trockene Tücher zu bringen.“

Unterbeschäftigung steigt weiter an

Personen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen oder sich in einer kurzfristigen Arbeitsunfähigkeit befinden, zählen in der Regel als unterbeschäftigt. Im aktuellen Berichtsmonat wurden insgesamt 33.004 Unterbeschäftigte im Kreis gezählt – das sind 652 Personen (+2,0 Prozent) mehr als im Monat zuvor. Im Juli 2021 waren es 1.891 Personen (-5,4 Prozent) mehr. Die Unterbeschäftigungsquote liegt mit 10,0 Prozent um 0,2 Punkte über dem Vormonatsniveau. Vor einem Jahr betrug sie 10,5 Prozent. Kurzarbeiter sind nicht in der Unterbeschäftigung enthalten.

Kurzarbeit bleibt unauffällig   

Im Juli 2022 wurden sieben neue Anzeigen auf Kurzarbeit für 105 potenziell betroffene Beschäftigte gestellt.

Endgültige Zahlen für die tatsächlich in Anspruch genommene Kurzarbeit liegen bis Januar 2022 vor. Damals wurde Kurzarbeitergeld für 2.043 Beschäftigte von 505 Betrieben ausgezahlt.

Anstieg vollzieht sich in beiden Rechtskreisen nahezu gleich stark

Die Agentur für Arbeit Recklinghausen betreute zum Stichtag 6.288 Arbeitslose nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Das waren 361 oder 6,1 Prozent
Menschen mehr als im Juni, jedoch 577 (-8,4 Prozent) weniger als im Juli 2021.

In den Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Kreis Recklinghausen (SGB II) fielen im vergangenen Monat 19.860 arbeitslose Menschen und damit 309 mehr als im Juni (+1,6 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren es 1.272 Menschen (-6,0 Prozent) weniger.

Mehr Zugänge in Arbeitslosigkeit, auch aus Erwerbstätigkeit

4.866 Menschen haben sich erstmals oder erneut arbeitslos gemeldet, 354 (+7,8 Prozent) mehr als im Vormonat. Gegenüber dem Vorjahr waren es 672 (+16,0 Prozent) mehr. Der Anteil an Zugängen aus Erwerbstätigkeit stieg um 315 (+27,4 Prozent) auf 1.465. Die Zugänge aus Ausbildung und Maßnahmen zeigten sich mit 1.407 um 95 höher als im Vormonat.

Weniger Abgänge aus Arbeitslosigkeit

Im Verlauf dieses Monats konnten 4.193 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden und damit 10 weniger als im Juni (-0,2 Prozent) und 225 weniger als im Juli vor einem Jahr (-5,1 Prozent). 996 Männer und Frauen haben im letzten Monat eine neue Beschäftigung gefunden, 49 weniger (-4,7 Prozent) als im Vormonat und 256 weniger als im Vorjahresmonat. Nahezu unverändert fielen mit 898 (+4) die Abgänge in eine Ausbildung oder Maßnahme aus.

Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach Personengruppen

Personenkreis

Bestand

Veränderungen zum Vormonat

Jüngere unter 25 Jahre

2.147

+236

+12,3%

darunter Jugendliche

unter 20 Jahre

429

+62

+16,9%

50 Jahre und älter

9.096

+77

+0,9%

Langzeitarbeitslose

13.334

-148

-1,1%

Schwerbehinderte

1.997

-3

-0,2%

Ausländer

8.782

+323

+3,8%

Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach Geschäftsstellen

Geschäftsstellenbezirk

Arbeitslosenquote

    Juli 2022

      Juni 2022

       Juli 2021

Recklinghausen

7,6

7,4

8,0

Castrop-Rauxel

6,4

6,4

7,4

Datteln

6,9

6,7

7,4

Dorsten

6,2

6,0

6,8

Herten

9,2

8,8

10,1

Marl

9,6

9,4

9,8

Gladbeck

11,1

10,8

11,5

Agenturbezirk RE

8,1

7,8

8,6

Stellenbestand und neue Meldungen entwickeln sich leicht positiv

Im Verlauf des Monats meldeten Unternehmen dem Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Recklinghausen 738 Stellenangebote, 15 mehr (+2,1 Prozent) als im Juni. Verglichen mit Juli 2021 wurden 339 Stellen weniger gemeldet (-31,5 Prozent). Insgesamt stehen im Agenturbezirk derzeit 4.362 Stellen zur Besetzung aus, 44 mehr als vor einem Monat. Vor einem Jahr lag der Stellenbestand um 176 Beschäftigungsmöglichkeiten niedriger (-4,2 Prozent).

Fast jede zweite neu gemeldete Stelle bezog sich auf sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen, den Handel sowie das Gesundheits- und Sozialwesen. Auf Verkehr und Lagerei entfielen weitere gut zehn Prozent aller neuen Stellen.

Der Ausbildungsmarkt

Von Oktober 2021 bis Juli 2022 haben sich bei der Agentur für Arbeit insgesamt 4.238 Bewerber für Berufsausbildungsstellen gemeldet, 291 weniger als im letzten Jahr (-6,4 Prozent). Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen beträgt 3.486 und stieg damit um 49 (+1,4 Prozent). 

Es befinden sich Ende Juli noch 1.149 Jugendliche auf Ausbildungsplatzsuche, das sind 276 weniger (-19,4 Prozent) als im Vorjahr. Die Zahl noch nicht besetzter Ausbildungsstellen liegt bei 1.412 und damit um 73 über dem Wert des letzten Jahres. Auf 100 betriebliche Berufsausbildungsstellen kommen in diesem Jahr 124 Bewerber. Rechnerisch steht jedem noch suchenden Jugendlichen jetzt jedoch mehr als eine Stelle zur Verfügung.

Über die kreisweite Hotline 02361/40-2021 sowie das E-Mail-Postfach recklinghausen.berufsberatung@arbeitsagentur.de können Beratungen (auch per Video) stattfinden, Termine vereinbart und Fragen geklärt werden. Arbeitgeber können freie Ausbildungsstellen unter 0800 / 4 5555 20 melden.