Runder Tisch zum Integrationskonzept der Stadt Reutlingen: Wo Toronto Vorbild sein kann

Wie kann es gelingen, Zugewanderte in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Darüber tauschten sich jetzt zahlreiche Reutlinger Akteure erstmals an einem Runden Tisch aus.

18.10.2023 | Presseinfo Nr. 49

Das Reutlinger Integrationskonzept wurde im Jahr 2012 entwickelt und wird seither ständig fortgeschrieben. Im Rahmen einer Reutlinger Erklärung zur Integration haben sich neben der Stadtverwaltung mehr als 40 Reutlinger Institutionen dazu bereit erklärt, sich an der Umsetzung und kontinuierlichen Weiterentwicklung des Integrationskonzepts zu beteiligen. Eines der sechs Handlungsfelder des Konzepts umfasst die Themen Arbeit und Beruf.

Am vergangenen Donnerstag hatte die Agentur für Arbeit all jene Unterzeichner der Reutlinger Erklärung, die sich für Integration in diesem Handlungsfeld Arbeit und Beruf einsetzen, zum ersten Runden Tisch geladen. Rund 25 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Institutionen sind der Einladung gefolgt.

Nach der Begrüßung von Herrn Oliver Kerl, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, begrüßte der Erste Bürgermeister der Stadt Reutlingen, Robert Hahn, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Hahn ist zuversichtlich, dass das mit der Integration in Reutlingen klappen wird, auch wenn man wegen klammer Kassen derzeit „kleinere Brötle backen“ müsse: Toronto, so der Verwaltungschef, habe 52 Prozent First-Generation Immigrants (Zuwanderer der ersten Generation): „Und ich habe noch nicht gehört, dass es in Toronto nicht läuft.“

In Impulsvorträgen wurden Projekte, Kooperationen und Maßnahmen vorgestellt, wie Integration gelingen kann. Sprache – da waren sich die Anwesenden einig – ist die wichtigste Grundlage, um in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Nach dem ersten Vortrag von Konrad Zweigle, Teamleiter in der Arbeitsvermittlung im Jobcenter Landkreis Reutlingen, zum Thema „Weiterbildungsförderung im Rahmen des Bürgergeldes“ stellte Undine Zimmer, die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt des Reutlinger Jobcenters, die „Clearingstelle Sprache“ vor. Angesiedelt ist dieses Kooperationsprojekt im Amt für Integration und Gleichstellung der Stadt Reutlingen. Die Stelle (unter der Leitung von Sultan Plümicke) organisiert Tests zu Deutschkenntnissen, ermittelt Bedarfe, vermittelt in Sprachkurse und vernetzt Sprachkursanbieter. „Der Bedarf vor allem an Kursen mit Kinderbetreuung,“ so Zimmer, „ist mit den Geflüchteten aus der Ukraine stark angestiegen. Die Wartelisten sind lang.

Ebenfalls – aber nicht nur – um das Thema Sprache geht es bei der Maßnahme mit dem Titel „AsA flex“ der Agentur für Arbeit, über das Berufsberaterin Ramona Haug berichtete. Es hat das Ziel, Teilnehmende und Ausbildungsbetriebe während einer Ausbildung zu begleiten und zu unterstützen. „Die Abschlussquote der betreuten Jugendlichen liegt,“ so Jutta Nikelski von der Deutschen Angestellten-Akademie, „bei satten 80 Prozent.“ 

Ein ähnliches Erfolgsmodell soll die Arbeit des IHK Welcome Centers werden: Svitlana Burmey mag nicht von Fachkräftemangel sprechen, sie möchte den positiv besetzten Begriff „Fachkräftesicherung“ nutzen. Die Center sind über ganz Baden-Württemberg verteilt und unterstützen und beraten Betriebe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland einstellen wollen. Aber auch Facharbeiterinnen, Studierende und Auszubildende, die nach Deutschland kommen, erhalten Unterstützung, um in allen Bereichen des Lebens Fuß zu fassen.

Wie wichtig die Zuwanderung für Industrie und Dienstleistungen ist, machte Marvin Zubak vom Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit mit drastischen Zahlen deutlich. Eine unbesetzte Stelle koste im Durchschnitt 29.000 Euro. Oliver Kerl ergänzte, dass jährlich 400.000 Fachkräfte nach Deutschland in Arbeit kommen müssten, um die Zahl der Erwerbspersonen konstant zu halten. Das von Zubak vorgestellte Projekt „Hand in Hand for International Talents“, das seit 2020 läuft und Arbeitskräfte aus Brasilien, Vietnam und Indien anwerben soll, ist ein Weg, Fachkräfte hier in Lohn und Brot zu bringen und in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Gastgeber des Treffens, Markus Dick, Geschäftsführer des Jobcenters Landkreis Reutlingen und Oliver Kerl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit sowie Undine Zimmer und Birgit Eyb, die beiden Beauftragten für Chancengleichheit beim Jobcenter und der Agentur für Arbeit, waren überaus zufrieden mit der Resonanz: „Der Zuspruch ist sehr, sehr gut, was dazu führt, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch lebt.“

Im nächsten Jahr wird sich der Runde Tisch wieder treffen, um sich darüber auszutauschen, wie Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Markus Dick, Geschäftsführer des Jobcenter Landkreis Reutlingen, verabschiedete die Runde für dieses Jahr und übergab den Staffelstab an Svitlana Burmey vom Welcome Center Reutlingen. Die IHK Reutlingen wird Gastgeberin des nächsten Runden Tisches sein.

Tipp:INFO:
Die Reutlinger Erklärung zur Integration sowie das aktuelle Integrationskonzept aus dem Jahr 2021 finden sich im Internet auf der Seite: https://www.reutlingen.de/Integrationskonzept
46 Institutionen haben die Reutlinger Erklärung zur Integration bislang unterzeichnet, weitere Beitritte sind möglich.