Gemeinsam mit Mike Kalinasch, Bereichsleiter im Jobcenter Schwarzwald-Baar-Kreis, und Simone Zeller, Leiterin des Jobcenters Rottweil, schilderte Sylvia Scholz die aktuellen Herausforderungen der Jobcenter:
Zum 1. Juli trat die zweite Stufe der Bürgergeld-Reform für Menschen in der Grundsicherung in Kraft. Die neuen Regelungen rücken die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen – insbesondere für Geringqualifizierte – durch Qualifizierung und Berufsausbildung stärker in den Fokus. Die Jobcenter begrüßen die neuen Fördermöglichkeiten. Gleichzeitig sieht jedoch die Finanzplanung im Bundeshaushalt ab 2024 eine Kürzung von 700 Mio. € vor. „Es verwundert schon, dass die Jobcenter ausgerechnet jetzt mit Kürzungen rechnen müssen, wo gleichzeitig der Gestaltungsspielraum für nachhaltige Förderungen ausgeweitet wurde“, meint Scholz. So belaufen sich beispielsweise die Kosten für eine Förderung zur Erlangung eines Berufsabschlusses – ein bewährtes Instrument, um ungelernte Arbeitslose wieder zu einem Job zu verhelfen – im Schnitt auf 26.000 €, verteilt auf zwei Jahre. „Angesichts des Umstandes, dass qualifiziertes Personal und Fachkräfte dringend gesucht werden, sind diese Sparmaßnahmen schwer nachzuvollziehen“, so Scholz weiter.
Rund zwei Drittel der Arbeitsuchenden in der Grundsicherung haben keine abgeschlossene Ausbildung. Viele davon gelten als Langzeitarbeitslose. „Bei den Eingliederungsleistungen zu sparen, ist der falsche Weg“, bestätigt Simone Zeller. „Aber auch bei den Verwaltungskosten gibt es keine Spielräume, denn der Bestand an Arbeitslosen hat sich seit Juni 2022 mit dem Übergang der ukrainischen Geflüchteten in die Grundsicherung deutlich erhöht.“ Zusätzlich zur finanziell angespannten Lage stieg die Zahl der Personen, die durch die Jobcenter betreut werden, das erfordere eher mehr Personal. Mit Blick auf die Integration der Ukrainer in den Arbeitsmarkt ergänzt Kalinasch: „Sprachkenntnisse, eine Bleibeperspektive und falls notwendig, eine passende Qualifizierung sind der Schlüssel. Leider sind die Plätze in Sprachkursen schwer zu bekommen.“ Auch für Anlerntätigkeiten seien zumindest Basiskenntnisse der deutschen Sprache erforderlich, etwas um Arbeits- oder Sicherheitsanweisungen zu verstehen. Angesichts der Schilderungen äußerte sich Frei: "Wir benötigen Migration in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Transfersysteme. Auch von Migration in den Niedriglohnsektor profitieren möglicherweise die Unternehmen, nicht aber die Gesellschaft im Ganzen.“
Einig waren sich alle Gesprächspartner, dass das Ziel, den Menschen in der Grundsicherung eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bieten und ihre Hilfsbedürftigkeit zu beenden, nur mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung möglich ist. Thorsten Frei bedankte sich abschließend für die Ausführungen, die im Hinblick auf die Haushaltsberatungen im September sehr hilfreich seien.