Schwandorf: Arbeitslosigkeit steigt infolge des Ukrainekrieges erstmals seit Monaten wieder

„Die Auswirkungen des Ukrainekrieges sind auf dem Arbeitsmarkt im Geschäftsstellenbezirk Schwandorf im Juni deutlich spürbar“, sagt Bernhard Lang, kommissarischer Arbeitsagenturleiter. „Durch den Konflikt waren seit 24. Februar zahlreiche Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und nach Deutschland zu fliehen. Da sich die Flüchtlinge aus der Ukraine seit Juni in den Jobcentern arbeitslos melden müssen, um Zugriff auf das Beratungsangebot sowie die Geldleistungen des Jobcenters zu erhalten, ist die Arbeitslosigkeit stark angestiegen. Diesen einmaligen Sondereffekt gilt es bei der Interpretation der aktuellen Arbeitsmarktzahlen zu berücksichtigen. Einige Personen haben seit dem Stichtag zur Monatsmitte die Region bereits wieder in Richtung ihrer Heimat verlassen. Insgesamt zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin robust“, so Lang weiter.

30.06.2022 | Presseinfo Nr. 46

Die Arbeitslosigkeit nahm binnen Monatsfrist um rund 410 Personen bzw. 21 Prozent zu. Mitte des Berichtsmonats waren 2.370 Personen arbeitslos gemeldet, zwei Arbeitnehmer bzw. 0,1 Prozent weniger als im Juni 2021. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich binnen Monatsfrist um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr drei Prozent. Im Juni 2021 lag die Quote ebenfalls bei drei Prozent.

Auf den Stellenmarkt im Agenturbezirk wirkt sich der Konflikt bislang nicht spürbar aus. „Zwar belasten die durch den Konflikt weiter gestiegenen Material- und Energiepreise viele Unternehmen, doch die Personalnachfrage ist weiterhin hoch. Die Betriebe wissen, dass gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Zukunft jeder Firma essentiell sind“, sagt Lang.

Mitte Juni waren im gemeinsamen Stellenpool der Arbeitsagentur und des Jobcenters rund 2.600 Stellenangebote gemeldet, zirka 730 Offerten bzw. 39,1 Prozent mehr als im Juni 2021. Seit Jahresbeginn meldeten die Betriebe und öffentlichen Verwaltungen knapp 2.300 Stellen und somit zirka 40 Offerten bzw. 1,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Bewegungszahlen: Mehr Arbeitslosmeldungen als im Vorjahr

Im Laufe des Berichtsmonats meldeten sich aus der Erwerbstätigkeit heraus rund 270 Personen arbeitslos und somit zirka 50 Arbeitnehmer bzw. 23,8 Prozent mehr als im Juni 2021. Im Gegenzug beendeten knapp 190 Personen ihre Arbeitslosigkeit, um direkt ins Berufsleben zurückzukehren oder einzusteigen. Dies waren knapp 100 Arbeitnehmer bzw. 34,4 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.

Blick in die Branchen: Gastronomie sucht händeringend nach Personal

In der Gastronomie gibt es deutlich mehr Stellenangebote als Bewerber. In der Bauhaupt- und Baunebenbranche handelt es sich bei den Bewerbern oft um Personen mit geringen Deutschkenntnissen aus dem Helferbereich.

In den Logistikunternehmen ist im Vergleich zum Vormonat ein Rückgang der Bewerber auf Jobsuche zu verzeichnen. Einstellungen erfolgen über Personaldienstleister. Im Handel lassen sich bei befristet Beschäftigten durchwegs Vertragsverlängerungen beobachten. Stellenangebote und Anzahl der Bewerber, die auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung im Handel sind, halten sich die Waage.

Im Metallbereich werden Fachkräfte gesucht. Es melden sich immer wieder auch Fachkräfte arbeitslos, sie finden in der Regel aber zeitnah eine neue Beschäftigung.

Ausbildung: Weniger Bewerber als im Vorjahr

Im Landkreis Schwandorf, zu dem die Geschäftsstellenbezirke Schwandorf und Oberviechtach gehören, sind bis zum Berichtsmonat rund 1.490 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet worden, das sind sechs Stellen bzw. 0,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Demgegenüber beträgt die Zahl der gemeldeten Bewerber knapp 710, das sind zirka 80 Bewerber bzw. zwölf Prozent mehr als im Vorjahr.

Zahl der Kurzarbeiter hat abgenommen

Im Januar 2022 befanden sich der neuesten Hochrechnung der BA-Statistik zufolge im Landkreis Schwandorf 840 Beschäftigte in 130 Betrieben in Kurzarbeit. Die Kurzarbeiterquote belief sich auf 1,5 Prozent, im Dezember 2021 lag sie noch bei 1,8 Prozent.

Fluchtbewegung aus der Ukraine spürbar

Mitte Juni waren im Landkreis Schwandorf knapp 380 Ukrainerinnen und Ukrainer arbeitslos gemeldet. Damit stellten sie 14,7 Prozent aller Arbeitslosen im Kreis.

In die Region sind allerdings noch mehr Menschen aus der Ukraine gekommen, die teils nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und daher nicht in der Zahl der Arbeitslosen erfasst sind, so zum Beispiel viele Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder. Eine bessere Näherung an den tatsächlichen Wert der Ukrainerinnen und Ukrainer vor Ort bietet daher die Zahl der gemeldeten erwerbsfähigen Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. Diese erhöhte sich von Mitte Februar bis Mitte Juni von zirka zehn auf rund 550 Personen. Diese Zahl enthält alle Arbeitslosen, Arbeitsuchenden sowie Personen, die einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung gestellt haben, auch wenn dieser noch nicht bewilligt wurde. Zudem sind in der Zahl volljährige Ukrainerinnen und Ukrainer enthalten, die noch zur Schule gehen, Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben oder langfristig erkrankt sind.

Eine weitere Größe, welche bei der Interpretation der aktuellen Situation hilft, sind die sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Bei einer Bedarfsgemeinschaft handelt es sich in der Regel um eine Familie, zu der oftmals auch Kinder gehören, mit mindestens einem Regelleistungsberechtigen. In der Gruppe der Ukrainerinnen und Ukrainer gibt es besonders viele Mütter mit Kindern, da die Väter das Herkunftsland oft nicht verlassen konnten. Bis Mitte Juni waren im Landkreis Schwandorf insgesamt 520 Bedarfsgemeinschaften gemeldet, in denen mindestens eine Person die ukrainische Staatsbürgerschaft hat. Bei der Interpretation der Zahl gilt es zu bedenken, dass es sich um eine Hochrechnung handelt, die möglicherweise noch unterzeichnet ist.