Bad Kötzting: Ukrainekrieg wirkt sich auf regionalen Arbeitsmarkt aus

„Die Auswirkungen des Ukrainekrieges sind auf dem Arbeitsmarkt im Bezirk Bad Kötzting angekommen“, sagt Geschäftsstellenleiter Hans-Peter Hausladen. „Um Leib und Leben zu schützen, sind zahlreiche Menschen vor dem Krieg nach Deutschland geflohen. Da sich die Flüchtlinge aus der Ukraine seit Juni in den Jobcentern arbeitslos melden müssen, um Zugriff auf das Beratungsangebot sowie die Geldleistungen des Jobcenters zu erhalten, ist die Arbeitslosigkeit stark angestiegen. Diesen einmaligen Sondereffekt gilt es bei der Interpretation der aktuellen Arbeitsmarktzahlen zu berücksichtigen. Einige Personen haben seit dem Stichtag zur Monatsmitte die Region bereits wieder in Richtung ihrer Heimat verlassen. Insgesamt zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin robust. Eine Arbeitslosenquote mit einer Eins vor dem Komma, wie mit 1,9 Prozent im Vormonat Mai wird, solange der Krieg dauert, wohl nicht mehr erreicht werden“, so Hausladen weiter.

30.06.2022 | Presseinfo Nr. 49

Die Arbeitslosigkeit nahm binnen Monatsfrist um rund 60 Personen bzw. 17,9 Prozent zu. Mitte des Berichtsmonats waren zirka 370 Personen arbeitslos gemeldet, drei Arbeitnehmer bzw. 0,8 Prozent mehr als im Juni 2021. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich binnen Monatsfrist um 0,4 Prozentpunkte auf nunmehr 2,3 Prozent. Im Juni 2021 lag die Quote bei 2,2 Prozent.

Auf den Stellenmarkt im Agenturbezirk wirkt sich der Konflikt bislang nicht spürbar aus. „Zwar belasten die durch den Konflikt weiter gestiegenen Material- und Energiepreise viele Unternehmen und deren Kunden, doch der Bestand an offenen Stellen ist weiterhin sehr hoch“, sagt Hausladen.

Mitte Juni waren im gemeinsamen Stellenpool der Arbeitsagentur und des Jobcenters rund 570 Stellenangebote gemeldet, zirka 150 Offerten bzw. 34,4 Prozent mehr als im Juni 2021. Seit Jahresbeginn meldeten die Betriebe und öffentlichen Verwaltungen zirka 480 Stellen und somit knapp 20 Offerten bzw. 3,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Bewegungszahlen: Zahl der Arbeitslosmeldungen auf Vorjahresniveau

Im Laufe des Berichtsmonats meldeten sich aus der Erwerbstätigkeit heraus rund 30 Personen arbeitslos und somit genauso viele Arbeitnehmer wie im Juni 2021. Im Gegenzug beendeten 30 Personen ihre Arbeitslosigkeit, um direkt ins Berufsleben zurückzukehren oder einzusteigen. Dies waren rund 30 Arbeitnehmer bzw. 49,2 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.

Blick in die Branchen: Gastronomie sucht händeringend nach Personal

Die Auftragslagen der Betriebe des Bauhaupt- und Baunebengewerbes sowie der Holzverarbeitung sind trotz der steigenden Materialpreise gut und stabil.

Die Auftragslage in den Industriebetrieben ist trotz Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung zufriedenstellend bis sehr gut, insbesondere im Elektronikbereich ist die Nachfrage nach Fachkräften und Helfern unverändert groß.

Die Hotels und Gaststätten freuen sich über eine anziehende Nachfrage, die Auslastung während der Pfingstferien war zufriedenstellend bis gut, einige Betriebe hätten mit mehr Übernachtungszahlen gerechnet. Für die begonnene Sommersaison wird in allen Bereichen dringend Personal gesucht.

Der Einzelhandel zeigte sich mit dem Umsatz zufrieden, die meisten offenen Stellen gibt es für flexible Teilzeitkräfte.

Im Bereich Pflege besteht weiterhin anhaltende Nachfrage nach Pflegefach- und -hilfskräften. Bei den Arbeitszeiten sind die Arbeitgeber zwischenzeitlich recht flexibel.  Die Heime und ambulanten Pflegedienste sind voll ausgelastet, im medizinischen Bereich besteht Bedarf an Medizinischen Fachangestellten. 

Ausbildung: Zahl der Bewerber ist deutlich zurückgegangen

Im Landkreis Cham, zu dem die Geschäftsstellenbezirke Cham und Bad Kötzting gehören, sind bis zum Berichtsmonat rund 1.680 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet worden, das sind knapp 180 Stellen bzw. zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Demgegenüber beträgt die Zahl der gemeldeten Bewerber knapp 560, das sind zirka 90 Personen bzw. 13,8 Prozent weniger als im Vorjahr.

Zahl der Kurzarbeiter hat abgenommen

Im Februar 2022 befanden sich der neuesten Hochrechnung der BA-Statistik zufolge im Landkreis Cham rund 1.110 Beschäftigte in zirka 180 Betrieben in Kurzarbeit. Die Kurzarbeiterquote belief sich auf zwei Prozent, im Dezember 2021 lag sie noch bei 2,1 Prozent.

Fluchtbewegung aus der Ukraine spürbar

Mitte Juni waren im Landkreis Cham rund 250 Ukrainerinnen und Ukrainer arbeitslos gemeldet. Damit stellten sie 14,5 Prozent aller Arbeitslosen im Kreis.

In die Region sind allerdings noch mehr Menschen aus der Ukraine gekommen, die teils nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und daher nicht in der Zahl der Arbeitslosen erfasst sind, so zum Beispiel viele Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder. Eine bessere Näherung an den tatsächlichen Wert der Ukrainerinnen und Ukrainer vor Ort bietet daher die Zahl der gemeldeten erwerbsfähigen Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. Im Landkreis Cham stieg die Zahl der gemeldeten erwerbsfähigen Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft von Mitte Februar bis Mitte Juni von sechs auf knapp 580 Betroffene. Diese Zahl enthält alle Arbeitslosen, Arbeitsuchenden sowie Personen, die einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung gestellt haben, auch wenn dieser noch nicht bewilligt wurde. Zudem sind in der Zahl volljährige Ukrainerinnen und Ukrainer enthalten, die noch zur Schule gehen, Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben oder langfristig erkrankt sind.

Eine weitere Größe, welche bei der Interpretation der aktuellen Situation hilft, sind die sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Bei einer Bedarfsgemeinschaft handelt es sich in der Regel um eine Familie, zu der oftmals auch Kinder gehören, mit mindestens einem Regelleistungsberechtigen. In der Gruppe der Ukrainerinnen und Ukrainer gibt es besonders viele Mütter mit Kindern, da die Väter das Herkunftsland oft nicht verlassen konnten. Bis Mitte Juni waren im Landkreis Cham knapp 400 Bedarfsgemeinschaften gemeldet, in denen mindestens eine Person die ukrainische Staatsbürgerschaft hat. Bei der Interpretation der Zahl gilt es zu bedenken, dass es sich um eine Hochrechnung handelt, die möglicherweise noch unterzeichnet ist.