Arbeitsmarktreport der Region Main-Rhön im Juni 2022

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30.06.2022 | Presseinfo Nr. 27

Der Arbeitsmarkt im Juni

Arbeitslosigkeit in der Region Main-Rhön steigt saisonuntypisch aber erwartungsgemäß

Im Juni waren 7.947 Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren 805 Personen (+ 11,3 Prozent) mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,3 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. Vom Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juni waren ausschließlich Kunden in den Jobcentern betroffen, wohingegen in der Arbeitsagentur ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen war. Die seit 1. Juni geltende Übergangsregelung für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine führte zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Jobcentern. In den Jobcentern waren 4.349 Personen arbeitslos gemeldet. Dies entsprach einem Anstieg von 931 Personen (+ 27,2 Prozent). In der Agentur für Arbeit Schweinfurt (im Bereich der Arbeitslosenversicherung) waren 3.598 Menschen arbeitslos gemeldet. Dies waren im Vergleich zum Vormonat 126 Personen (- 3,4 Prozent) weniger.

„Seit 1. Juni werden unter bestimmten Voraussetzungen ukrainische Geflüchtete von den Jobcentern betreut. Sie wechseln damit vom Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in die Grundsicherung/SGB II (umgangssprachlich Hartz IV) und werden deshalb erstmals in der Arbeitslosenstatistik sichtbar. Aktuell sind rund 1.500 ukrainische Geflüchtete, ab einem Alter von 15 Jahren (Stand: 22.06.2022), in den Jobcentern in der Region Main-Rhön (ohne zkT/Jobcenter der Stadt Schweinfurt) registriert worden. Die Zahlen sind derzeit noch sehr volatil. Detaillierte Zahlen werden erst in den nächsten Wochen vorliegen.“ erläutert Alexandra Elbert, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Schweinfurt.

„Es gab im Berichtsmonat allerdings auch erfreuliche Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Die Anzeigen auf Kurzarbeit gingen mit 514 weniger betroffenen Arbeitnehmern weiter zurück. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Langzeitarbeitslosigkeit in beiden Rechtskreisen um 366 Personen (- 13,4 Prozent im SGB III / - 14,2 Prozent im SGB II) und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin ungebrochen hoch“, berichtet Elbert.

Arbeitslosigkeit ist kein fester Block, vielmehr gibt es auf dem Arbeitsmarkt viel Bewegung. Im Juni meldeten sich 2.669 Personen (neu oder erneut) arbeitslos. Allerdings entfielen zirka 800 Neuarbeitslosmeldungen auf geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Gleichzeitig beendeten 1.874 Personen ihre Arbeitslosigkeit im Berichtsmonat.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Arbeitslosigkeit um 178 Personen (plus 2,3 Prozent) auf 3,2 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag im Juni 2021 noch bei 3,1 Prozent.

Arbeitslose

Anzahl absolut

Arbeitslosen-

Quote

Veränderung in %-Punkten

zum Vormonat

Veränderungen in %-Punkten

zum Vorjahr

AA Schweinfurt7.9473,2 %+ 0,3- 0,1
Stadt Schweinfurt1.7246,1 %+ 0,4+ 0,3
Lkr. Schweinfurt1.8292,8 %+ 0,3+ 0,4
Lkr. Bad Kissingen1.7333,0 %+ 0,3- 0,2
Lkr. Rhön-Grabfeld1.3603,0 %+ 0,6+ 0,3
Lkr. Haßberge1.3012,6 %+ 0,1- 0,2

Die Folgen des Ukraine-Konfliktes bildeten sich erstmals deutlich am regionalen Arbeitsmarkt ab

„Bis Mitte Juni dieses Jahres sind bereits viele vor dem Krieg geflüchtete Menschen aus der Ukraine in unsere Region Main-Rhön eingereist. Dieser Zuzug prägt das aktuelle Migrationsgeschehen in unserer Region sehr stark. Dies macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Obwohl die meisten ukrainischen Geflüchteten sich erst seit vergleichsweise kurzer Zeit hier aufhalten, bemühen sich viele aktiv um Arbeit. Neben dem Spracherwerb stellt die Betreuungssituation ihrer Kinder eine besondere Herausforderung dar. Viele Betriebe haben Bereitschaft signalisiert geflüchteten Personen aus der Ukraine eine Beschäftigung anzubieten. Für die zeitnahe Beschäftigungsaufnahme dürfte es hilfreich gewesen sein, dass den Betroffenen nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes schnell Schutz und direkter Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wurde. Für die Mehrzahl der Betriebe stellt eine mindestens einjährige Aufenthaltserlaubnis eine wichtige Voraussetzung dar, um Geflüchtete aus der Ukraine bei sich einzustellen“, berichtet Elbert.

Trotz aufnahmefähigem Arbeitsmarkt fand im Berichtsmonat ein plötzliches Ende des Rückgangs der Arbeitslosigkeit statt. Die Anzahl der Arbeitslosen über alle von der Statistik ausgewiesenen Personengruppen nahm im Vergleich zum Vormonat um 805 Personen (+11,3 Prozent) auf 7.947 Menschen zu. Die Arbeitslosigkeit der aus der Ukraine geflüchteten Menschen stieg im letzten Monat um 935 Personen an. Somit entfiel rein rechnerisch der gesamte Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf Geflüchtete aus der Ukraine. Da der Großteil der Geflüchteten Frauen ist, erhöhte sich infolgedessen die Arbeitslosigkeit der Frauen im Vergleich zum Vormonat um 20,8 Prozent (+ 658 Personen) auf insgesamt auf 3.850 weibliche Personen. Ukrainerinnen machen mit einem Plus von 744 arbeitslosen Frauen somit die gesamte Steigerung aus. Einen ähnlichen Sondereffekt finden wir bei der Jugendarbeitslosigkeit (unter 20 Jahren) vor. Diese erhöhte sich deutlich im letzten Monat um 39,7 Prozent (+ 60 Personen) auf 211 Jugendliche. Auf diesen Anstieg entfielen 55 arbeitslose Jugendliche Ukrainer*innen. Die Arbeitslosigkeit in der Personengruppe der Ausländer wuchs im Vergleich zum Vormonat um 63,1 Prozent (+ 949 Personen) auf 2.453 ausländische Bürger an.

Erneut leichter Rückgang der Kurzarbeitergeld-Anzeigen

Seit Anfang dieses Jahres gingen von 274 Betrieben im Arbeitsagenturbezirk Schweinfurt Kurzarbeitsanzeigen für 4.522 Arbeitnehmer ein. Im Vergleich zum Vormonat war dies eine Abnahme von 15 Betrieben sowie 514 Arbeitnehmern.

Eine Anzeige wird oft auch vorsorglich gestellt. Daraus lässt sich nicht schließen, wie viele Beschäftigte am Ende tatsächlich in Kurzarbeit waren und in welchem Stundenumfang. Diese Angaben liegen erst mit Zeitverzögerung vor. Für die tatsächlich eingetretene Kurzarbeit tritt der Betrieb mit der Lohnabrechnung in Vorleistung und muss danach bei der Agentur für Arbeit für den jeweiligen Monat einen Antrag auf die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes stellen. Aktuelle Hochrechnungen unserer amtlichen Statistik zur realisierten Kurzarbeit der regionalen Unternehmen liegen uns deshalb bis lediglich zum Monat Februar 2022 vor.

Demnach wurde im Februar für 533 Betriebe und 3.649 Beschäftigte Kurzarbeitergeld abgerechnet. Im Vergleich zum Vormonat war dies ein leichter Rückgang von sieben Betrieben, verbunden mit einer deutlichen Abnahme von 454 betroffenen Arbeitnehmern. Die Statistik weist seit Ende 2020 die Kurzarbeiterquote aus. Diese berechnet sich als Verhältnis aus der Zahl der Personen in Kurzarbeit, bezogen auf die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Quote bemisst das relative Ausmaß und die Bedeutung der Kurzarbeit für eine Region. Die Kurzarbeiterquote im Februar 2022 lag über alle Branchen hinweg bei 2,0 Prozent, im Vormonat Januar bei 2,3 Prozent. In der Spitze, im Mai 2020, lag diese noch bei 21,6 Prozent.

Weiterhin aufnahmefähiger Arbeitsmarkt mit erneutem Rekordbestand an Stellenangeboten

Mit insgesamt 6.826 Arbeitsangeboten im Bestand, stieg dieser im Vergleich zum Vormonat um 165 Stellen (+ 2,5 Prozent) und im Vergleich zum Vorjahr um 1.784 Stellen (+ 35,4 Prozent) an. Seit Jahresbeginn wurden 6.334 Stellenzugänge verzeichnet, dies waren 364 Stellen oder 6,1 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Von den Angeboten waren 6.599 Stellen sozialversicherungspflichtig. Die Arbeitgeber meldeten 6.594

Stellen als sofort zu besetzen. Die durchschnittliche Vakanzzeit, also die Zeit bis ein Arbeitgeber bzw. eine Arbeitgeberin eine Arbeitsstelle besetzen kann, betrug 230 Tage. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Dauer um fast einen Monat, im Durchschnitt um 25 Tage, verlängert. 43,2 Prozent dieser Stellen waren sechs Monate oder länger unbesetzt. „Die immer noch sehr gute Auftragslage vieler heimischer Unternehmen führt zu einer hohen Arbeitsplatzsicherheit in der Region, aber auch zu anhaltender Arbeitskräftenachfrage in nahezu allen Branchen. Dies führt zu einem erneuten Höchststand an gemeldeten offenen Arbeitsstellen“, so Elbert.

Beschäftigung in der Region Main-Rhön wieder gestiegen

Die aktuellsten hochgerechneten Zahlen zur Beschäftigung liegen für den Dezember 2021 vor. Zu diesem Stichtag waren in der Region Main-Rhön 178.915 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 1.626 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) bzw. 0,9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Bei den Frauen und Männern zeigte sich die Entwicklung wie folgt: Bei den Männern stieg die SvB um 758 Personen (+0,8 Prozent) auf 98.334 SvB an. Bei den Frauen stieg die (SvB) um 870 Personen (+1,1 Prozent) auf 80.581 Personen. Nach Altersgruppen betrachtet sank die SvB der 15 bis unter 25 Jahre alten Personen um 34 Personen (- 0,2 Prozent) auf 21.038 SvB, dagegen stieg die SvB der 25 bis unter 55 Jahre alten Personen um 88 Menschen (+0,1 Prozent) auf 115.371 SvB. Am deutlichsten nahm die SvB in der Altersgruppe der 55-Jährigen bis zur Regelaltersgrenze um 1.420 Personen (+3,6 Prozent) auf 41.171 SvB zu. Unterteilt nach Arbeitszeiten erhöhte sich die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten um 1.184 Personen (+2,4 Prozent) auf 51.565 SvB sowie die Anzahl der Vollzeitbeschäftigten um 444 Personen (+ 0,3 Prozent) auf 127.350 SvB. Unterteilt nach Staatsangehörigkeit nahm die SvB der Ausländer um 1.413 Personen (+ 10,8 Prozent) auf 14.496 SvB und die der Deutschen um 216 Menschen (+ 0,1 Prozent) auf 164.419 SvB zu. Wenn man die SvB nach Branchen betrachtet, so war der stärkste Beschäftigungszuwachs im Vergleich zum Vorjahresmonat, im Verarbeitenden Gewerbe (+ 378 Personen bzw. + 0,7 Prozent) zu verzeichnen. Am ungünstigsten war dagegen die Entwicklung bei der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (- 291 Personen bzw. - 7,4 Prozent). 

Ausbildungsmarkt – deutlich mehr offene Stellen als unversorgte Bewerber*innen

Seit Oktober 2021 wandten sich 2.141 Jugendliche bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle an die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Schweinfurt. Dies war gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 209 junge Menschen und entsprach einem Minus von 8,9 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden der Arbeitsagentur 3.850 Berufsausbildungsstellen gemeldet, 230 oder 6,4 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Jugendlichen, die im Juni noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle waren, lag mit 559 um 112 (16,7 Prozent) niedriger als vor der Jahresfrist. Sie hatten die Wahl zwischen 1.679 unbesetzten Berufsausbildungsstellen. Das waren 190 (12,8 Prozent) mehr als vor einem Jahr. „Die duale Ausbildung ist nicht nur für die Jugendlichen ein wichtiges Instrument beim Übergang in Beschäftigung. Sie ist auch für die Betriebe von zentraler Wichtigkeit, um ihren Fachkräftebedarf zu sichern. Umso problematischer ist es, wenn Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Viele Jugendliche sind noch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie verunsichert, welche Ausbildung sie nach der Schule beginnen möchten. Sie tun sich oft noch schwer, ihren Wunschberuf zu finden bzw. eine Entscheidung zu treffen. Diese Jugendlichen sollten jetzt noch kurz vor Ferienbeginn auf die Berufsberatung der Agentur für Arbeit zugehen und sich beraten lassen. Gleichzeitig sollten Arbeitgeber*innen zunehmend offen sein und jungen Menschen eine Chance geben, die vielleicht nicht alle Anforderungen einer Ausbildungsstelle erfüllen“, kommentiert Elbert die Situation am regionalen Ausbildungsmarkt.

IAB-Arbeitsmarktbarometer: zweitstärkster Rückgang seit Bestehen

Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lag im Juni 2022 bei 102,9 Punkten und ist im Vergleich zum Mai um 2,4 Punkte zurückgegangen. Einen stärkeren Rückgang gab es nur im April 2020. „Der wesentliche Grund dafür dürfte mit dem Prozess der Integration der ukrainischen Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt und deren statistischer Erfassung in der Grundsicherung zusammenhängen. Hiermit ist oft eine Arbeitslosmeldung verbunden. Das wäre aber weniger ein kritisches Signal als ein wichtiger Schritt im Rahmen der Jobsuche. Trotz der angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation bleiben die Beschäftigungsperspektiven weiter gut, denn der Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig. Das bietet Chancen für die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, dafür braucht es allerdings Zeit. Zudem bestünden große Risiken hinsichtlich einer möglichen geopolitischen Ausweitung des russischen Kriegs gegen die Ukraine oder eines weitgehenden Energie-Lieferstopps“, so ein Experte des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. „Trotz guter Auftragslage und eigentlich positiver Grundstimmung sieht die regionale Wirtschaft die weitere Entwicklung zunehmend skeptisch. Gründe hierfür sind vor allem der Ukrainekonflikt, die Rohstoffknappheit, steigende Energie- und Materialkosten und wie seit längerem der Mangel an geeigneten Arbeitskräften. In den letzten Monaten hatte sich der Arbeitsmarkt der Region Main-Rhön, trotz vieler Unwägbarkeiten, aber stabil und robust gezeigt, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt“, fasst Elbert zusammen.