Inklusion braucht Zeit und bringt weiter

Aktionswoche für Menschen mit Behinderung

03.12.2025 | Presseinfo Nr. 38

Die Leiterin der Arbeitsagentur Bad Kreuznach, Edeltraud Nikodemus besuchte gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Steffen Marx und der Leiterin des Beratungsteams für Menschen mit Behinderung Sandra Hirsekorn am Freitag das Lebenshilfe ChancenZentrum in Bretzenheim. Nikodemus war in ihren bisherigen Führungspositionen immer besonders nah am Thema Inklusion. Es war ihr eine Herzensangelegenheit, mit diesem Besuch in die Aktionswoche für Menschen mit Behinderung zu starten. 

In der ersten Dezemberwoche eines jeden Jahres ruft die Bundesagentur für Arbeit unter dem Motto „Inklusion bringt weiter“ dazu auf, die Belange von Menschen mit Behinderung am Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu berücksichtigen. Der inklusive Gedanke wird in der Werkstatt für behinderte Menschen intensiv gelebt. Seit Beginn des Reformprozesses im Jahr 2023 liegt der Fokus noch stärker auf der Unterstützung der behinderten Menschen, den Weg in eine reguläre Beschäftigung am Arbeitsmarkt zu finden.

Wie das konkret aussieht, wollte Nikodemus wissen. Kaum angekommen, kam sie mit Marie Wies ins Gespräch. Die junge Frau lernt mit Hilfe von Arbeitsblättern das Bedienen einer Nähmaschine und entwickelt dabei berufliche Fertigkeiten für die Tätigkeit einer Näherin. Zurzeit schneidert sie kleine Tisch-Weihnachtsbäume, die mit einer Verzierung aus dem 3-D-Drucker geschmückt sind. Anleiterin Julia Weirich muss nur noch selten unterstützen. Marie Wies hat den sogenannten Näh-Führerschein erworben. Sie kann die Aufgabe aber nicht nur selbst fehlerfrei bewältigen, sie erklärt auch sehr gut, wie es geht und worauf zu achten ist. Edeltraud Nikodemus stellte sich als Schülerin nicht ungeschickt an. „Du kriegst auch den Führerschein“, war sich Wies deshalb sicher.

An diesem und weiteren Beispielen während des Rundgangs erläuterten Sascha Fuchs, Werkstattleiter, und Marcus Karau, Leiter ChancenBilden.de, die vielfältigen Möglichkeiten in ihrer Einrichtung. Chancen bilden im Sinne von Aus- und Weiterbildung und Chancen schaffen im Sinne einer aktiven Teilhabe am Arbeitsleben, so lautet ihr Auftrag. Sie unterstrichen, wie wichtig die Anleitung und Arbeit in interdisziplinären Teams ist, um eine breite Förderung zu gewährleisten. Jeder wird individuell nach seinen Fähigkeiten unterstützt. Hierfür ist zunächst ein an Stärken orientiertes Eingangsverfahren erforderlich, um dann verschiedene Arbeitsplätze  - je nach kognitiver und körperlicher Leistungsfähigkeit - auszuprobieren.

Diese reichen von einfachen Verpackungsarbeiten über Wagenpflege, handwerkliche Tätigkeiten wie nähen oder gärtnern, Küchenarbeiten, Mangeln, Servicedienstleistungen bis hin zu kreativen Aufgaben am PC. So stellt sich gerade ein autistischer Junge ein eigenes Schachspiel mit Hilfe von Computer und 3-D-Drucker her. Neben fachlicher Eignung ist es auch sehr wichtig herauszufinden, wie kreativ und lösungsorientiert Aufgaben gemeistert werden.

Zum Einstieg werden allgemeine Themen wie Hausordnung, Hygiene und soziales Miteinander unterrichtet, nach und nach kommen berufsspezifische Inhalte hinzu. So kristallisiert sich bald ein Tätigkeits-Schwerpunkt heraus. Zurzeit sind 19 Personen im Berufsbildungsbereich, um sich berufliche Fähigkeiten anzueignen, die im besten Fall zum Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt führen. Leitlinie des ChancenZentrums ist: Ziele schrittweise mit Erfolgen zu erreichen, als zu schnell Misserfolge zu riskieren. Denn die Frustration ist dann so hoch, dass die Motivation erst wieder langsam aufgebaut werden muss.

Für die Zukunft sollen noch mehr komplexe Aufgaben gewonnen werden, um den Menschen möglichst vielfältige Herausforderungen anbieten zu können, an denen sie wachsen, um den Schritt in Beschäftigung erreichen zu können.

Das ChancenZentrum pflegt auch einen guten Kontakt zur Gemeinde und ist regional vernetzt. So wird beispielsweise bei der Pflege des Mahnmals, das zu Bretzenheim gehört, unterstützt.

Auch mitten in der Bad Kreuznacher Fußgängerzone lädt seit einigen Monaten ein inklusiver ChancenLaden zum Stöbern ein. Begegnung und sozialer Austausch sind in einem kleinen Stehcafe möglich, das im nächsten Jahr zu einem richtigen Café ausgebaut wird (KaffeeKasse). Auch solche Aktivitäten stärken Inklusion und Teilhabe. Betrieben wird dieser Laden inklusiv, von Werkstattbeschäftigen und Angestellten des Lebenshilfe ChancenZentrums.

Zum Ende des wertvollen Treffens verdeutlichte Fuchs mit einem aussagekräftigen Bild, wie das ChancenZentrum funktioniert: „Die Menschen kommen durch ein großes offenes Scheunentor zu uns herein und verlassen uns ganz individuell durch unzählige kleine Türen in die Gesellschaft.“

„Um dies positiv zu begleiten, tauschen sich die Berufsberaterinnen und Berufsberater für Menschen mit Behinderung eng mit dem Team der Werkstatt über Entwicklungsstand und Bedürfnisse der geförderten Personen aus“, betonte Hirsekorn.