„Trotz der großen Herausforderungen, wie dem Krieg in der Ukraine und anderen globalpolitischen Themen, sowie damit einhergehenden konjunkturelle Unsicherheiten, zeigte sich der Arbeitsmarkt im Kreis Euskirchen widerstandsfähig. Obwohl mehr Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgingen, stieg die Arbeitslosigkeit um fünf Prozent. Deutlich spürbar ist jedoch die abwartende Haltung der Arbeitgebenden in der Region bei Neueinstellungen“, fasst Anja Daub, Geschäftsführerin operativ das Jahr 2024 auf dem Arbeitsmarkt zusammen. „Aber halten wir fest: die Arbeitslosigkeit steigt. Im Jahresdurchschnitt lag die Zahl der Arbeitslosen im Kreis Euskirchen mit 6.287 über dem Vorjahr mit 5.986. Die Beschäftigung im Kreis liegt erfreulicherweise weiterhin auf einem hohen Niveau. Hier sind 59.790 Menschen in Arbeit, ein leichtes Plus von 186 Personen gegenüber dem Vorjahr“, konstatiert die Arbeitsmarktexpertin.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Ende März 2024 waren 59.790 Menschen nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen im Kreis Euskirchen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Innerhalb eines Jahres verzeichnete der Kreis Euskirchen somit ein leichtes Plus von 186 zusätzlichen Beschäftigten (+0,3 Prozent). Besonders hervorzuheben ist der Anstieg bei den ausländischen Arbeitskräften (+6,9 Prozent). Mit Blick auf die Anforderungsprofile der Beschäftigten im Kreis Euskirchen war der höchste Anstieg bei den Spezialist*innen (+2,6 Prozent) zu verzeichnen. Bei den Experten (+2,0 Prozent) und den Helfer*innen (+1,0 Prozent) war ebenfalls ein Plus zu verzeichnen. Mit einem Minus von 0,5 Prozent bildeten die Fachkräfte im Jahresvergleich das Schlusslicht.
Arbeitsmarkt im Jahr 2024
Die Arbeitslosenquote hatte im Februar und in den Sommermonaten Juli und August 2024 den höchsten Stand und sank bis Dezember 2024 auf 5,7 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2024 lag die Arbeitslosenquote bei 5,8 Prozent und damit 0,2 Prozentpunkte über der Durchschnittsquote des letzten Jahres und 1,7 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Arbeitslosenquote in NRW mit 7,5 Prozent. Vor der Pandemie (Jahresdurchschnitt 2019) lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote im Kreis Euskirchen bei 4,9 Prozent.
Arbeitslosigkeit im Monatsvergleich
Im Jahr 2024 waren im Kreis Euskirchen durchschnittlich 6.287 Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren 301 oder 5,0 Prozent mehr als im Jahresdurchschnitt 2023.
Insbesondere stieg im Kreis Euskirchen die Jugendarbeitslosigkeit (15 bis unter 25 Jahre) um 15,4 Prozent an, während der Anstieg in Nordrhein-Westfalen nur 8,6 Prozent betrug. „Das ist eine schlechte Entwicklung. Die Jugendlichen sind unsere Fachkräfte von morgen. Arbeitgebende sollten dieses Potenzial für sich nutzen. Junge Menschen im eigenen Unternehmen ausbilden und nach der Ausbildungszeit stetig weiter zu fördern ist die beste Investition in die Zukunft“, so Anja Daub.
Die Anzahl der arbeitslosen Menschen, die Leistungen durch das Jobcenter EU-aktiv erhielten, stieg im Jahresdurchschnitt um 202 Personen (+5,2 Prozent) auf im Schnitt 4.048 Arbeitslose. In der Arbeitslosenversicherung stieg die Anzahl der Arbeitslosen um 99 Personen (+4,6 Prozent) auf durchschnittlich 2.239 Arbeitslose.
Arbeitslose mit ausländischer Herkunft
Weiter zugelegt hat im Kreis Euskirchen die Zahl der Arbeitslosen mit ausländischer Herkunft. Insgesamt nahm die Zahl der arbeitslosen Ausländer beider Rechtskreise im Jahresdurchschnitt um 191 oder 10,8 Prozent zu (davon im SGB II: +165 oder +11,2 Prozent).
Der Bestand arbeitsloser Staatsangehöriger der 8 stärksten Asylherkunftsländer sank gegenüber 2023 um 5 oder 0,9 Prozent auf 545. Der Bestand an arbeitslosen Ukrainerinnen und Ukrainern stieg gegenüber 2023 um 13 oder 2,7 Prozent auf 553.
„Viele der geflüchteten Menschen aus der Ukraine und den weiteren acht Herkunftsländern haben in den letzten Monaten die Integrationskurse beendet und standen dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die Integration geflüchteter Menschen kam 2024 gut voran. Im März gingen 332 Ukrainerinnen und Ukrainer (+143 oder +75,7 Prozent) und 991 (+75 oder 8,2 Prozent) der geflüchteten Menschen der acht stärksten Asylherkunftsländer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das ist ein guter Erfolg“, so Anja Daub.
Langzeitarbeitslosigkeit
Entgegen dem Trend in NRW hat die durchschnittliche Zahl der Langzeitarbeitslosen im Kreis Euskirchen in beiden Rechtskreisen deutlicher zugenommen. Insgesamt waren in 2024 2.279 und damit 136 oder 6,3 Prozent mehr Menschen langzeitarbeitslos als in 2023. In NRW stieg die Zahl der Langzeitarbeitslosen um durchschnittlich 4,8 Prozent.
Kurzarbeit
Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit blieb auch in 2024 auf niedrigem Niveau. Von Januar 2024 bis Juni 2024 wurden durchschnittlich von rund 15 Unternehmen Kurzarbeitergeld für insgesamt rund 138 Beschäftigte in Anspruch genommen.
Im letzten Jahr wurde im gleichen Zeitraum durchschnittlich noch von rund 28 Unternehmen Kurzarbeit für insgesamt rund 581 Beschäftigte in Anspruch genommen. Zum Vergleich: Allein im April 2020 wurde in insgesamt 1.141 Unternehmen im Kreis Euskirchen von 8.045 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kurzgearbeitet.
*Hinweis zur Statistik
Zunächst zeigen die Unternehmen an, dass sie Kurzarbeit in Anspruch nehmen werden. Nach der Anzeige können die Unternehmen das Instrument flexibel entsprechend ihres Bedarfs einsetzen. Rückwirkend werden die Abrechnungen bei der Agentur für Arbeit eingereicht. Erst der rückwirkende Antrag enthält eine detaillierte Aufstellung der tatsächlich in Anspruch genommenen Kurzarbeit. Für diesen Antrag haben die Unternehmen drei Monate Zeit.
Arbeitskräftenachfrage
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 3.122 freie (davon 2.988 sozialversicherungspflichtig) Arbeitsstellen bei der Agentur für Arbeit Brühl und dem Jobcenter EU-aktiv zur Besetzung gemeldet. Dies waren 674 Stellen (-17,8 Prozent) weniger als im Vorjahr
„Ein wichtiger Grund für die verhaltenen Stellenmeldungen bei gleichzeitig weiter hohem Stand an offenen Stellen sind die konjunkturellen Unsicherheiten, die Arbeitgebende zurückhalten, neue offene Stellen zu melden beziehungsweise ihre offenen Stellen nicht sofort zu besetzen. Hinzu kommt auch, dass viele Stellen nicht sofort besetzt werden können, da die von der Qualifikation her passenden Bewerberinnen und Bewerber nicht gefunden werden. Unternehmen im Kreis Euskirchen fällt es zunehmend schwerer, ihre Stellen mit qualifizierten Mitarbeitenden zu besetzen“, so Anja Daub.
Gesucht werden vor allem Fachkräfte. 1.603 oder 51 Prozent der neu gemeldeten 3.122 Stellen richteten sich in 2024 an Fachkräfte und damit Menschen mit einer passenden dualen Berufsausbildung. Insgesamt waren zum Jahresende 959 oder 57 Prozent aller 1.681 offener Stellen im Bestand für Fachkräfte gemeldet. Diesen standen durchschnittlich 1.876 arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit passender Fachkraft-Qualifikation gegenüber.
Deutlich geringer ist das Angebot für Menschen ohne aktuelle Ausbildung: 374 Stellen oder 22,2 Prozent aller Arbeitsangebote im Bestand waren als Helfertätigkeiten, also für an- und ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgeschrieben. Arbeitslos gemeldet waren 3.550 Menschen ohne eine aktuelle Ausbildung.
Strukturentwicklung
Das Jahr 2024 markierte für das Rheinische Revier einen großen Schritt im Strukturwandel. Der Abschied von der Braunkohle prägt weiterhin die Region, doch gleichzeitig wurden wichtige Weichen für eine zukunftsfähige Wirtschaft gestellt. Es war ein Jahr der Herausforderungen, aber auch der Chancen.
Ein Meilenstein für die Region war die Ankündigung der Ansiedlung von Hyperscale Data Centern durch Microsoft. Die Investition des Tech-Giganten wurde als „Leuchtturmprojekt“ gefeiert und verspricht nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze im IT-Sektor, sondern auch eine Stärkung der gesamten Region. Die BA kündigte eine enge Zusammenarbeit mit Microsoft an, um die benötigten Fachkräfte durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen bereitzustellen.
Gemeinsam mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier wurden verschiedene Projekte initiiert, um die relevanten Partnerinnen und Partner aus dem Bereich der Weiterbildung enger zu verzahnen. Zusammen sollen zukunftsfähige Qualifizierungsvorhaben entwickelt und erprobt werden. Die Transparenz und der einfache Zugang zu Qualifizierungen stehen dabei im Fokus.
Die Bundesagentur für Arbeit versteht sich als aktiver Partner im Strukturwandel und setzt sich dafür ein, dass die Menschen im Revier von den neuen Chancen profitieren können. Mit der Berufsberatung im Erwerbsleben gelingt es, die Menschen schon frühzeitig für neue Berufswege aufzuschließen und bei dem Weg in die Zukunft zu begleiten.
Blick nach vorne
„Unter den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist eine sichere Prognose für 2025 nur schwer möglich. Für die nächsten zwei Monate rechnen wir allein saisonbedingt mit höheren Werten bei der Arbeitslosigkeit.
Der Arbeitsmarkt hat sich 2024 als sehr robust erwiesen. Auch in 2025 stehen wir mit der anstehenden Bundestagswahl vor großen Herausforderungen und auch weiteren Unsicherheiten. Unternehmen suchen schon im zweiten Jahr nacheinander deutlich weniger Arbeitskräfte als in wirtschaftlich starken Zeiten. Wer im Helferbereich arbeitslos wird, hat es aktuell schwer, wieder einen neuen Job zu finden. Mit höherem Qualifikationsprofil steigen sie Chancen eindeutig. Arbeitgebende haben aber auch gezeigt, dass sie trotz schwieriger konjunktureller Rahmenbedingungen weitestgehend an Arbeits- und Ausbildungsplätzen festhalten. Aber wir dürfen die Situation auch nicht zu locker sehen. Bei all diesen Unwägbarkeiten gilt mehr denn je zukunftsorientiert in die Fachkräftesicherung zu investieren. Wichtige Themen sind dabei Weiterbildung, die Potentiale arbeitsloser Menschen, die duale Ausbildung junger Menschen, wie auch die Integration geflüchteter Menschen. Wir müssen auch die Chancen sehen, denn auch bei dieser schwachen wirtschaftlichen Dynamik fehlen in fast allen Branchen weiter Fachkräfte, um die anstehenden Aufgaben der Digitalisierung und des Strukturwandels zu bewältigen. Hier unterstützen wir die Unternehmen intensiv auch Beschäftigte zu qualifizieren. Wir sind hier auf den guten Willen und das Vertrauen der Arbeitgebenden angewiesen. Mit Qualifizierung ist vieles möglich. Dazu nutzen wir auch neue und innovative Ansätze, um frühzeitig die Entstehung von Arbeitslosigkeit und weiteren Fachkräfteengpässen zu verhindern“, so Anja Daub.
„Die Berufsberatung bieten wir nicht mehr nur Jugendlichen vor dem Erwerbsleben an, sondern begleiten auch Erwachsene im Erwerbsleben bei ihren beruflichen Entscheidungen“, so Daub weiter. Außerdem veranstalteten Arbeitsagentur und Jobcenter am 08. April zum vierten Mal die große Weiterbildungsmesse im Kreishaus, um Menschen für das Thema Weiterbildung zu öffnen und das große Spektrum an Chancen aufzuzeigen. „Wir müssen viele weiter Wege der Fachkräftesicherung nutzen. Auch die Betriebliche Ausbildung ist und bleibt ein wichtiger Hebel der Fachkräftesicherung. Hier unterstützen wir durch frühzeitige Berufsorientierung und individuelle Beratung in den Schulen. Außerdem unterstützen wir die Arbeitgeber der Region bei der Suche nach passenden Bewerberinnen und Bewerbern und unterstützen auch ihr Engagement, wenn Sie vermeintlich schwächeren Schülerinnen und Schülern eine Chance einräumen. Auch hier veranstalten wir am 13. März und auch im August wieder die großen Check-In-Ausbildungsbörsen, um Arbeitgebende und Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen“.