Ausbildungsmarkt unter Druck – Fachkräftemangel trifft Wirtschafskrise!

Ausbildungsmarkt bleibt angespannt trotz erneutem Bewerberplus

11.11.2025 | Presseinfo Nr. 42

Dortmund, 11.11.2025 – Ausbildungsmarkt bleibt angespannt trotz erneutem Bewerberplus. Die wirtschaftliche Unsicherheit bremst viele Betriebe aus. Investitionen in Ausbildung werden zurückgestellt. Der Mangel an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern wächst, Passungsprobleme nehmen zu. Eine Bilanz des Ausbildungsjahres 2024/2025 stellten Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer und Agentur für Arbeit Dortmund heute gemeinsam vor.

Im dritten Jahr in Folge ist das Interesse junger Menschen an einer dualen Berufsausbildung gestiegen – auch 2025 setzt sich dieser positive Trend fort. Die Agentur für Arbeit Dortmund verzeichnet Ende Oktober ein deutliches Bewerberplus – ein positives Signal auf dem Ausbildungsmarkt. Das intensive Engagement aller Ausbildungsmarkt-Partner in der Berufsorientierung zeigt Wirkung. Insgesamt wollen knapp 4.000 junge Dortmunderinnen und Dortmunder mit einer Ausbildung ins Berufsleben starten. Gleichzeitig stagniert die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen, in einigen Branchen ist sie sogar rückläufig. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage hat sich zwar weiter verringert, dennoch gibt es weiterhin mehr Ausbildungsplätze als Bewerberinnen und Bewerber. Viele Unternehmen möchten ausbilden, stehen dabei aber vor vielfältigen Herausforderungen. 

Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche sorgt zusätzlich für Verunsicherung und wirkt als Bremsfaktor – Investitionen in Ausbildung konkurrieren mit akuten Kostensorgen, die unklare Konjunkturentwicklung erschwert langfristige Planungen. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen suchen viele Betriebe händeringend nach Nachwuchs, haben aber verstärkt mit dem Mangel an geeigneten Bewerbungen zu kämpfen. Es gibt zunehmend qualifikatorische Passungsprobleme. 

Das Dilemma ist offenkundig: Wer heute an Ausbildung spart, dem fehlen morgen die Fachkräfte. Gefragt sind flexible und zukunftsorientzierte Lösungsansätze, die sowohl kurzfristig Entlastung schaffen als auch langfristig die Attraktivität und Wirksamkeit der dualen Ausbildung stärken. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die duale Ausbildung trotz aktueller Schwierigkeiten ein zentrales Instrument zur Fachkräftesicherung bleibt. Diese Bilanz zogen Maike Fritzsching, Geschäftsführerin Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund, Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführerin bei der Handwerkskammer Dortmund, und Heike Bettermann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund.

Handwerkskammer Dortmund 

„Die aktuellen Zahlen zeigen deutlich, dass die duale Ausbildung im Handwerk vor großen Herausforderungen steht. Immer mehr Betriebe melden offene Ausbildungsstellen, finden aber keine passenden Bewerber. Im gesamten Kammerbezirk verzeichnen wir ein Minus von 2,1 Prozent bei den neuabgeschlossenen Ausbildungsverträgen. In Dortmund verzeichnen wir einen etwas stärkeren Rückgang von 9,1 Prozent. Das unsichere wirtschaftliche Umfeld und die schwankende Auftragslage machen sich bei den Zahlen bemerkbar und führen zu einer Zurückhaltung bei der Neueinstellung von Auszubildenden. Der Rückgang der Ausbildungsverträge in Dortmund ist jedoch kein Zeichen für ein nachlassendes Engagement der Betriebe, sondern Ausdruck einer Anpassung an ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld. Für unsere Betriebe ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung weiterhin essenziell, um die Fachkräfte von morgen zu sichern. Umso wichtiger ist es, jetzt gemeinsam mit allen Akteuren der Stadtgesellschaft flexible und innovative Wege zu gehen, um junge Menschen für das Handwerk zu begeistern und die Fachkräftesicherung in unserer Region langfristig zu sichern. Mit Beratungsangeboten, Informationsveranstaltungen und Kooperationen mit kommunalen Organisationen trägt die Handwerkskammer dazu bei“, erklärt Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführerin der HWK Dortmund.

Industrie- und Handelskammer Dortmund 

„Die Suche nach Auszubildenden bleibt eine große Herausforderung für unsere Wirtschaft. Einerseits erhalten viele Betriebe keine Bewerbungen mehr, und andererseits gibt es für viele offene Ausbildungsplätze keine passenden Bewerberinnen und Bewerber. Das liegt generell an der sinkenden Zahl von Schulabgängerinnen und -abgängern. Zudem mangelt es Schulabgängern häufig auch an grundlegenden Qualifikationen für den Start in eine betriebliche Ausbildung. Dennoch gibt es vorsichtige Hoffnung für die nächsten Wochen, denn aufgrund des Wechsels zurück von G8-Abitur zu G9-Abitur werden im kommenden Jahr viele Abiturienten fehlen, die den Mangel an potenziellen Auszubildenden verstärken. Das ein oder andere Unternehmen könnte sich daher auch noch kurzfristig für Auszubildende in diesem Jahr entscheiden.

Zum 31. Oktober konnten wir in der IHK-Region insgesamt 4.067 neue Ausbildungsverhältnisse verzeichnen – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Minus von 6,6 Prozent. Uns ist es extrem wichtig, die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen weiter zu stärken. Denn wer mehrmals keine Bewerbungen erhält, der zieht sich irgendwann aus der Ausbildung zurück. Wir intensivieren unser Ausbildungsmarketing. Aktuell finden unsere Azubi-Speed-Datings statt, bei denen wir Schülerinnen und Schüler mit Ausbildungsbetrieben zusammenbringen.

Sehr zufrieden sind wir auch mit der bundesweiten IHK-Kampagne „Jetzt#könnenlernen“, die zeigt, wie attraktiv eine Ausbildung ist. Und mit „ausbildung.nrw“ haben wir eine moderne Online-Lehrstellenbörse gestaltet, die auf Azubis und Betrieben gleichermaßen zugeschnitten ist“, sagt Maike Fritzsching, IHK-Geschäftsführerin für Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung.

Agentur für Arbeit Dortmund 

„Die betriebliche Ausbildung ist und bleibt das Erfolgsmodel für den Übergang von der Schule in den Beruf. Das erkennen auch immer mehr Jugendliche. Das zeigt sich – wie auch schon im Vorjahr – an einem deutlichen Plus bei den Bewerberinnen und Bewerbern. Für die Unternehmen ist das zunächst eine positive Entwicklung. Gleichzeitig wird es aber schwieriger, junge Menschen und Ausbildungsstellen zusammenzubringen. Der Ausbildungsmarkt wird komplexer. Viele Betriebe stehen angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage unter Druck, es fehlen finanzielle Mittel und oft auch klare Perspektiven. Dennoch braucht die Wirtschaft für den erhofften Aufschwung gut ausgebildetes Personal.

Unsere Aufgabe ist es, die jungen Menschen auf ihrem Weg von der Schule in die Arbeitswelt bestmöglich zu unterstützen, sie zu beraten und ihnen die vielfältigen Möglichkeiten der dualen Ausbildung aufzuzeigen. Dabei setzen wir zunehmend auf persönliche Beratung statt auf große anonyme Veranstaltungen. In individuellen Gesprächen können wir viel besser herausfinden, was zu den Jugendlichen passt, und gemeinsam Wege in Ausbildung und Beruf entwickeln. Deshalb wollen wir unsere Beratung auch in den Berufskollegs weiter ausbauen. Diese Begleitung gelingt am besten zusammen mit unseren Partnern, die mit ihren Projekten, etwa der Ausbildungsakquisiteure oder der passgenauen Besetzung, wertvolle Beiträge leisten, um junge Menschen und Betriebe erfolgreich zusammenzubringen. Gemeinsam wollen wir dafür sorgen, dass jede und jeder einen passenden Einstieg in die berufliche Zukunft findet“, kommentiert Arbeitsagenturchefin Heike Bettermann die Lage auf dem Dortmunder Ausbildungsmarkt.

Hoher Beratungsbedarf – wachsendes Interesse an Ausbildung

Vom 1. Oktober 2024 bis 30. September 2025 meldeten sich bei der Berufsberatung im Jugendberufshaus Dortmund insgesamt 3.597 junge Frauen und junge Männer, die eine duale Ausbildung suchten und dabei Unterstützung nachfragten, 158 oder 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis Ende September haben in Dortmund davon 1.392 junge Menschen eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit begonnen. Andere Jugendliche entschieden sich dagegen für einen weiteren Schulbesuch, einen gemeinnützigen sozialen Freiwilligendienst oder nehmen an einer berufsvorbereitenden Förderangebot der Agentur für Arbeit teil.

Der Beratungsbedarf von Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf ist weiter gestiegen. Rund 9.800 junge Dortmunder und Dortmunderinnen suchten im vergangenen Jahr Rat bei der Berufsberatung. Das sind gut 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Berufsorientierung ist intensiver und persönlicher geworden.

217 Bewerberinnen und Bewerber hatten Ende September weder eine Ausbildungsstelle noch eine Alternative gefunden. Doch auch nach dem offiziellen Ende des Ausbildungsjahres ist es noch möglich, in Ausbildung einzusteigen. Die Berufsberater und Beraterinnen arbeiten mit großem Engagement zusammen mit den Partnern und Partnerinnen im Ausbildungskonsens daran, auch diesen Jugendlichen noch eine berufliche Perspektive zu bieten. Es gibt für alle Ausbildungsinteressierten auch jetzt noch betriebsnahe Angebote. 

Ausbildungsbereitschaft unverändert, weniger unbesetzte Ausbildungsstellen 

Unternehmen, Betriebe, Verwaltungen und Träger meldeten im abgelaufenen Berichtsjahr 3.969 Ausbildungsplatzangebote. Dies entspricht annähernd dem Niveau des Vorjahres (-1). 263 Lehrstellen waren zum Stichtag noch unbesetzt. Im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt noch 620. Dies sind gut 57 Prozent weniger. Auch ist die Anzahl derer, die am Ende des Berichtjahres noch einen Ausbildungsplatz suchten, deutlich kleiner. Besetzungsschwierigkeiten traten insbesondere im Bereich Verkauf und Handel auf. 

TOP 10 Ausbildungsplatzwünsche der unversorgten Bewerber (Stand: 30.09.2025)

Die meisten Bewerber und Bewerberinnen, die zum Berichtsjahresende noch einen Ausbildungsplatz suchten, gaben folgende Wunschberufe an:

1Kaufmann/-frau – Büromanagement
2Medizinische/r Fachangestellte/r
3Anlagenmech. - Sanitär-/Heiz.-Klimatech.
4Kfz.mechatroniker - PKW-Technik
5Fachinformatiker/in - Systemintegration
6Verkäufer/in
7Fachinformatiker-Anwendungsentwicklung
8Industriekaufmann/-frau
9Fachlagerist/in
10Fachkraft – Schutz und Sicherheit

TOP 10 der unbesetzten Berufsausbildungsstellen (Stand: 30.09.2025)

1Kaufmann/-frau im Einzelhandel
2Verkäufer/in
3Sozialversicherungsfachangestellte/r. 
– allg. Krankenversicherung
4Drogist/in
5Elektroniker/in für Betriebstechnik
6Kaufmann/-frau – Büromanagement
7Kaufm. -Groß/Außenhandelsmanagement
8Fachwirt/in – Handel (Ausbildung)
9Maler/Lackierer
10Berufskraftfahrer/in