
Im Landkreis Ebersberg ist die Zahl der Ausbildungsplätze im letzten Berufsberatungsjahr angestiegen: Die Unternehmen der Region meldeten der Agentur für Arbeit in Ebersberg 770 Ausbildungsplätze mit Ausbildungsbeginn im Herbst 2025 und damit 55 Lehrstellen mehr als im Jahr zuvor. 96 Ausbildungsplätze waren zum Ausbildungsstart noch unbesetzt, 55 Stellen weniger als vor einem Jahr. Zeitgleich machten sich 561 Jugendliche mithilfe der Berufsberatung der Arbeitsagentur auf die Suche nach einer Lehrstelle (-2 Jugendliche). 10 dieser jungen Leute waren im September 2025 noch auf der Suche nach der passenden Ausbildungsstelle.
Nikolaus Windisch, Chef der Agentur für Arbeit Freising/Ebersberg und Madlen Völkel, die neue Leiterin der Berufsberatung blicken gemeinsam zurück auf das vergangene Berufsberatungsjahr.
Die Zahl der Ausbildungsplätze ist im Landkreis Ebersberg im vergangenen Jahr angestiegen – und das trotz teils schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Hat Sie diese Entwicklung überrascht?
Nikolaus Windisch: „Wir konnten schon im Verlauf des vergangenen Berufsberatungsjahres beobachten, dass die Betriebe der Region in ihrer Bereitschaft auszubilden nicht nachlassen. Das ist sehr erfreulich – und sehr wichtig für alle Seiten. Für die Jugendlichen beginnt mit dem Start in eine Ausbildung ein neuer Lebensabschnitt, der die Grundlage für eine erfolgreiche und sichere berufliche Zukunft legen kann. Und auch die Unternehmen investieren damit in ihre Zukunft: Gut ausgebildete Fachkräfte werden nach wie vor in vielen Bereichen dringend gesucht. Die Ausbildung junger Menschen ist ein wichtiger Baustein, um diesen Bedarf künftig weiterhin decken zu können.“
Die Zahl der Jugendlichen auf Ausbildungsplatzsuche ist zuletzt ziemlich gleichgeblieben. Auch hier wäre doch eine andere Entwicklung denkbar gewesen. Durch die Umstellung der Gymnasien von G8 auf G9 beendeten in diesem Jahr wesentlich weniger Abiturientinnen und Abiturienten die Schule.
Madlen Völkel: „Bevor ich im Sommer die Leitung der Berufsberatung übernommen habe, war ich zehn Jahre als Berufsberaterin zunächst im Bereich Flucht, später an Gymnasien und Fachoberschulen tätig. Viele Jugendliche streben dort nach der Schule direkt ein Studium an, da sie sich damit bessere Chancen im Berufsleben, auch bessere Verdienstmöglichkeiten erhoffen. Und es stimmt ja auch: Akademikerinnen und Akademiker sind auf dem Arbeitsmarkt vielfach gesucht. Wer sich für eine betriebliche Ausbildung entscheidet, hat aber genauso gute Chancen. Wichtig ist, bei der Berufswahl den eigenen Interessen zu folgen, sich im Vorfeld möglichst viel auszuprobieren. Praktika sind da eine sehr gute Möglichkeit. Und natürlich stehen meine Kolleginnen und Kollegen der Berufsberatung den Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite. Sie helfen, die eigenen Stärken zu erkennen – im persönlichen Gespräch und durch bewährte Testverfahren. Sie informieren über offene Ausbildungsstellen, geben Tipps zur Bewerbung und wissen auch, dass die Entscheidung für eine betriebliche Ausbildung immer nur ein erster Schritt ist. Im Laufe des Berufslebens ergeben sich viele Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Eine betriebliche Berufsausbildung – ob im Handwerk, im sozialen, kaufmännischen oder technischen Bereich – ist hierfür ein sehr guter Grundstein.
Bundesweit ist aktuell oft vom „Mismatch auf dem Ausbildungsmarkt“ die Rede: Ausbildungsstellen und Jugendliche passen nicht zusammen. Ist dies auch im Landkreis Ebersberg ein Thema, immerhin blieben auch in diesem Berufsberatungsjahr wieder 96 Ausbildungsstellen unbesetzt?
Nikolaus Windisch: „Der Ausbildungsmarkt im Landkreis Ebersberg ist seit vielen Jahren ein Bewerbermarkt – das bedeutet: Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen übersteigt insgesamt die Zahl der Jugendlichen, die sich mithilfe der Arbeitsagentur auf Ausbildungssuche begeben. In manchen Berufssegmenten wird dies besonders deutlich, beispielsweise in den Handelsberufen und den Verkehrs- und Logistikberufen. Wir beobachten aber nicht nur ein zahlenmäßiges Ungleichgewicht, sondern auch ein qualifikatorisches Mismatch: So standen Jugendlichen mit Mittelschulabschluss 62,1 Prozent der im Landkreis Ebersberg gemeldeten Ausbildungsstellen zur Verfügung. Junge Menschen mit mittlerem Bildungsabschluss (z.B. Realschulabschluss) konnten sich auf 90,9 Prozent der Ausbildungsstellen bewerben. Abiturientinnen und Abiturienten standen theoretisch alle Ausbildungsstellen zur Bewerbung offen.“
Wie gehen Sie mit diesen Ungleichgewichten um?
Madlen Völkel: „Bei der Beratung der Jugendlichen wird natürlich thematisiert, wie viele Ausbildungsstellen in einem Bereich zur Verfügung stehen und welche (schulischen) Anforderungen erfüllt werden müssen. Wir motivieren die jungen Leute auch immer dazu, einen Plan B zum Wunschberuf zu entwickeln, falls es mit der Bewerbung nicht klappen sollte. Wichtig ist aber, dass der Ausbildungsberuf zum Jugendlichen passt. Einen Beruf nur deshalb zu ergreifen, weil das Angebot groß ist macht wenig Sinn, da ein Ausbildungsabbruch sowohl für die Jugendlichen als auch die Betriebe das schlechtmöglichste Szenario ist.“
Nikolaus Windisch: „Bei den Unternehmen werben wir beständig dafür, auch Jugendlichen eine Chance zu geben, die auf den ersten Blick nicht zu den Top-Bewerberinnen und Top-Bewerbern zählen. Gleichzeitig wissen wir, dass junge Menschen auszubilden, eine große Aufgabe ist. Die Agentur für Arbeit unterstützt Betriebe dabei – beispielsweise mit dem Förderprogramm „Assistierte Ausbildung“. Auszubildende erhalten bei Bedarf und nach geprüfter Notwendigkeit Stütz- und Förderunterricht, mit dem Sprach- und Bildungsdefizite abgebaut werden können, sozialpädagogische Begleitung, Unterstützung bei der Prüfungsvorbereitung oder in Krisensituationen. Unternehmen werden bei der Verwaltung, Organisation und Durchführung der Ausbildung unterstützt. Interessierte Betriebe können sich dazu von unserem Arbeitgeber-Service beraten lassen. Jugendliche und gerne auch deren Eltern wenden sich am besten an unsere Berufsberatung.“
Daten & Fakten
Der Ausbildungsmarkt 2024/2025 im Landkreis Ebersberg im Überblick
Ausbildungsstellen
Gemeldete Ausbildungsstellen: 770 Stellen, +55 Stellen im Vergleich zum Vorjahr
Unbesetzte Ausbildungsstellen zum Ausbildungsbeginn: 96 Stellen, -55 Stellen im Vergleich zum Vorjahr
Bewerberinnen und Bewerber
Jugendliche auf Ausbildungsplatzsuche, die sich bei der Agentur für Arbeit Erding gemeldet haben: 561 Jugendliche, -2 im Vergleich zum Vorjahr
Darunter Jugendliche, die zum Ausbildungsstart noch keinen passenden Ausbildungsplatz gefunden haben: 10 Jugendliche, -2 im Vergleich zum Vorjahr