Statt einer Fortsetzung der Belebung zeigte der Arbeitsmarkt im Ennepe-Ruhr-Kreis im Mai eine unerwartete Verschlechterung. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um 51 oder 0,4 Prozent auf 12.702, die Arbeitslosenquote um 0,1 Punkte auf 7,3 Prozent. Vor genau einem Jahr waren es 501 Arbeitslose weniger, die Quote lautete 7,0 Prozent.
„Die Entwicklung bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Nach mehreren Monaten der Belebung steigt die Arbeitslosigkeit im Frühjahr. Der Arbeitsmarkt im Kreis entwickelt sich aktuell absolut untypisch für die Jahreszeit und zeigt damit erstmals in diesem Jahr die negativen konjunkturellen Rahmenbedingungen und die damit verbundene Verunsicherung der heimischen Wirtschaft“, so Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hagen. „Die Kräftenachfrage schwächelt weiter, nur die Kurzarbeit bleibt unauffällig“. Ihre Prognose für die nächste Zeit: „Angesichts der aktuellen Probleme bin ich vorsichtiger geworden und rechne allenfalls mit einer Seitwärtsbewegung.“
In der Arbeitsagentur und im Jobcenter EN entwickelten sich die Arbeitslosenzahlen im Mai unterschiedlich. Exakt 4.000 Arbeitslose waren Kunden der Arbeitsagentur (9 oder 0,2 Prozent weniger als im Vormonat), 8.702 wurden durch das Jobcenter EN betreut (60 oder 0,7 Prozent mehr). Die Tendenzen für die Zielgruppen waren ebenfalls unterschiedlich. Bei den jüngeren Arbeitslosen unter 25 Jahren gab es einen Rückgang um 22 oder 2,1 Prozent auf 1.048, bei den Älteren über 50 Jahren eine Zunahme um 40 oder 0,9 Prozent auf 4.406. Die Arbeitslosigkeit von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit nahm um sechs oder 0,1 Prozent auf 4.730 ab, die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung stieg hingegen um 24 oder 2,5 Prozent auf 985. Die Entwicklung bei den Langzeitarbeitslosen wies einen aktuellen Anstieg um zwölf oder 0,2 Prozent auf 5.336 auf. Gleichzeitig waren es aber auch 14 oder 0,3 Prozent mehr als vor einem Jahr, womit sich der Vorjahresvergleich aktuell verschlechtert hat.
Gemeldete Kräftenachfrage weiterhin schwach
Die Bereitschaft der heimischen Wirtschaft zur Einstellung von Arbeitskräften blieb verhalten. Unternehmen aus dem Kreis meldeten im Mai 243 offene Stellen, nur zwölf oder 5,2 Prozent mehr als im April, gleichzeitig aber 92 oder 27,5 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
Den größten Kräftebedarf hatte das verarbeitende Gewerbe (62 Stellen), freiberufliche Arbeitgeber (Rechtsanwälte, Steuerberater etc., 52 Stellen für Assistenzkräfte), Personaldienstleister (41), das Baugewerbe (24), der Handel (16) sowie das Gesundheits- und Sozialwesen (12). Die öffentliche Verwaltung meldete neun Stellen.
Die Zahl der insgesamt bei der Arbeitsagentur zur Besetzung gemeldeten Stellen sank um sechs oder 0,3 Prozent auf 1.727 und in Relation zum Vorjahresmonat um 182 oder 9,5 Prozent.
Aktuell sind 62,1 Prozent aller Arbeitsstellen im Kreis für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Ausbildung gemeldet, für Helfer hingegen nur 18,6 Prozent.
Kurzarbeit und tatsächliche Inanspruchnahme
Im Mai gab es im Ennepe-Ruhr-Kreis nur neun neue Anzeigen von Kurzarbeit für 150 potentiell betroffene Arbeitnehmer. Dies entspricht nur einem Bruchteil der Daten aus den pandemiegeprägten Jahren. Erst nach Ablauf von einigen Monaten zeigt sich die tatsächliche Inanspruchnahme von Kurzarbeit, da die Betriebe innerhalb dieses Zeitraums nachträglich abrechnen. Für Dezember liegen inzwischen Daten zur effektiven Inanspruchnahme für den Kreis vor. Danach wurde Kurzarbeitergeld an 79 Betriebe für 2.037 Arbeitnehmer tatsächlich ausgezahlt.
Lokale Besonderheiten
Die Arbeitslosigkeit entwickelte sich auch im Mai regional sehr unterschiedlich. In Wetter (+ 4 auf 874 Arbeitslose), Ennepetal (+ 6 auf 1.188) und Breckerfeld (- 6 auf 243) änderte sich im Ergebnis zum Monatsende noch am wenigsten. Weitere Anstiege gab es in Hattingen (+ 12 auf 1.765), Herdecke (+ 14 auf 759) und Witten (+ 81 auf 4.651). Schwelm (- 15 auf 1.506), Gevelsberg (- 18 auf 1.161) und Sprockhövel (- 27 auf 555) hatten die Rückgänge.
Gesamteinschätzung
„Auch landesweit ist die Entwicklung deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben und der Ennepe-Ruhr-Kreis ist nicht das Schlusslicht im NRW-Ranking, doch zeigt der allgemeine überregionale Trend immer noch einen leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen, der aber nach den langjährigen Erfahrungen im Mai deutlich stärker sein müsste“, so Katja Heck weiter. „Bei uns war es dagegen nach Monaten der Belebung ein plötzlicher leichter Anstieg der Arbeitslosigkeit, der sich überwiegend im Bereich der Grundsicherung in der Gruppe der Langzeitarbeitslosen vollzogen hat. Diese Menschen haben es meist aufgrund verschiedener Faktoren schwer, Arbeit zu finden. Wenn die Konjunktur schwächelt, sind sie die ersten, die im Stellenbesetzungsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden, denn über die Hälfte aller Stellen sind nur für Fachkräfte ausgeschrieben, für Helfer nicht einmal ein Fünftel. Trotz der konjunkturellen und strukturellen Probleme, die insbesondere in dieser Region sichtbar werden, muss es das Ziel sein, die vorhandenen Menschen für eine Beschäftigung nach der Transformation fit zu machen, denn andere Bewerber gibt es nicht.“