Hamm. Die Resilienz der Beschäftigungssituation gegen kurzfristige Krisen war prägend für die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Hamm im Jahre 2024. Die mit dem Ukraine-Krieg verbundenen Preissteigerungen, Energiekosten, Lieferengpässe und die Flüchtlingsaufnahmen haben aber auch hier ihre Spuren hinterlassen und sich in der Stadt unmittelbar ausgewirkt. Insgesamt haben die konjunkturellen und sonstigen Rahmenbedingungen dafür gesorgt, dass sich der heimische Arbeitsmarkt leicht verschlechtert hat. Trotzdem ist er in robuster Verfassung und bisher gut durch die gesamtwirtschaftliche Krise gekommen.
Beschäftigung bleibt stabil, erreicht aber nicht mehr die Höchststände von 2022
Nach dem Beschäftigungshöchststand im September 2022 haben die genannten Einflussfaktoren für einen tendenziell leichten Rückgang in den letzten zwei Jahren gesorgt. Die Juni-Marke von 62.666 Arbeitskräften liegt aber erfreulicherweise 0,1 Prozent über dem Wert des Vorjahres, aber auch knapp 500 Beschäftigte oder 0,8 Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2022. Diese Entwicklung ist etwas verhaltener als in NRW gesamt.
57,3 Prozent dieser versicherungspflichtig Beschäftigten sind Fachkräfte. Das ist deutlich mehr als im NRW-Landesschnitt und sorgt für Stabilität. Zwölf Prozent sind Spezialisten und knapp zehn Prozent Experten. Ein Risiko stellt die Helferquote von 19,4 Prozent dar. Sie ist mehr als zwei Prozentpunkte höher als im Durchschnitt NRWs.
Agentur-Chef Thomas Helm unterstreicht: „Der entscheidende Schlüssel zum Erfolg ist und bleibt die Berufsausbildung, die acht von zehn Erwerbstätigen erfolgreich abgeschlossen haben. Nur jeder fünfte Beschäftigte ist ohne beruflichen Abschluss. Auch die Kräftenachfrage ist hier eindeutig: Aktuell sind mehr als die Hälfte aller Arbeitsstellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Ausbildung gemeldet, für Helfer hingegen nur weniger als ein Drittel. Wer auch immer Ausbildung, Qualifizierung oder auch Weiterbildung sucht, dem können Jobcenter und Arbeitsagentur helfen. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die Arbeitskräfte betrieblich qualifizieren möchten. Berufliche Aus- und Weiterbildung ist ein wichtiges Thema für den Hammer Arbeitsmarkt, da der Anteil ungelernter Arbeitskräfte höher ist als in NRW.“
Hamm ist weiterhin eine Stadt, die auch vom Handel geprägt wird. 14,2 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten dort. Es folgen die Branchen Heime und Sozialwesen (11,3 Prozent) und das Gesundheitswesen (10,6 Prozent). Weitere Schwerpunkte sind die Metall- und Elektroindustrie (8,0 Prozent), die Logistik (7,7 Prozent), das Baugewerbe (6,7 Prozent), die öffentliche Verwaltung (5,9 Prozent), freiberufliche, wissenschaftliche und technische
Dienstleistungen (5,8 Prozent) und der Bereich Erziehung und Unterricht (4,5 Prozent).
Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich die Beschäftigung in den Branchen unterschiedlich entwickelt. Während sie im Bereich Erziehung und Unterricht (+11,3 Prozent), Heime und Sozialwesen (+3,1 Prozent), freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (+5,0 Prozent) und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (ohne Arbeitnehmerüberlassung) (+6,1 Prozent) deutlich anstieg, ist sie in der Logistik (-10,5 Prozent), der Arbeitnehmerüberlassung (-16,6 Prozent), im Gesundheitswesen (-2,0 Prozent) und im Handel (-0,6 Prozent) gesunken.
Arbeitslosigkeit steigt zum zweiten Mal in Folge leicht
2024 erreichte die Arbeitslosigkeit in Hamm im Jahresdurchschnitt 8.259 Arbeitslose. Trotz der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung lag sie nur leicht über Vorjahresniveau. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zeigen sich insbesondere in der Arbeitslosenversicherung, wo die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 9,5 Prozent auf 2.166 gestiegen ist. In der Grundsicherung nahm sie im Vergleich um 1,2 Prozent ab und beträgt 6.092. Die Entwicklung ist in beiden Rechtskreisen günstiger als im Land. Im Durchschnitt waren 66,0 Prozent der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und 54,5 Prozent auf der Suche nach einer Helferstelle. Die strukturellen Ungleichheiten zwischen Angebot und Nachfrage traten wieder deutlich zutage. Die Diskrepanz ist nur durch berufliche Qualifizierung zu schließen.
Oberbürgermeister Marc Herter führt aus: „Der Arbeitsmarkt in Hamm trotzt ein weiteres Jahr der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Wir sind gut durch die unterschiedlichen wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre gekommen. Das gibt uns eine gute Ausgangsposition für die Herausforderungen, die in 2025 und 2026 auf uns zukommen. Trotz schwierigster Rahmenbedingungen konnte zuletzt auch die Zahl von erwerbsfähigen Langzeitbeziehenden in Hamm deutlich abgebaut werden. Im übrigen NRW stieg sie. Der ‚Hammer Weg‘ einer passgenauen Förderung und Vermittlung wirkt und bringt Menschen wieder in Lohn und Brot. Mich freut, dass Hamm vor allem bei der Entwicklung der Frauenerwerbsquote und den Integrationsquoten in diesem Bereich im Spitzenfeld liegt. Sowohl die örtliche Arbeitsagentur als auch das Kommunale Job Center Hamm legen in
ihren Jahresbilanzen Bestzahlen auch im Vergleich zu anderen Städten vor. Wo kluge Arbeitsmarktstrategie und engagierte Mitarbeitende auf eine solide wirtschaftliche Entwicklung treffen, können auch in diesen Tagen gute Erfolge erzielt werden. Dafür bin ich den Verantwortlichen, allen voran Thomas Helm und Thomas Keyen für die Agentur und Reinhard Fohrmann für das KJC, sehr dankbar.“
Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit besser als im Land
Die Langzeitarbeitslosigkeit stieg in Hamm 2024 leicht an (+1,7 Prozent). Aufgrund der strukturellen Unterschiede in den Kundenkreisen von Jobcenter und Arbeitsagentur war die Betroffenheit der Rechtskreise natürlich sehr unterschiedlich. 3.922 Langzeitarbeitslose gab es insgesamt im Durchschnitt des letzten Jahres. In der Arbeitslosenversicherung waren es 180 (+2,5 Prozent), in der Grundsicherung 3.742 (+1,7 Prozent). In der langjährigen Betrachtung war die Langzeitarbeitslosigkeit in 2024 als niedrig zu bewerten. In den letzten 15 Jahren wurde ihr Höchststand mit 5.761 im Jahre 2013 erreicht.
Kommunales Jobcenter und Agentur für Arbeit gehen mit zielgruppenspezifischen Strategien zur Integration von Arbeitslosen und Besetzung von Arbeits- und Ausbildungsteilen in das Jahr 2025:
Jobcenter-Chef Reinhard Fohrmann erklärt: „Gerade in Zeiten gedämpfter Konjunkturprognosen ist es wichtig, mit passenden Strategien auf mögliche Auswirkungen für die Bürgergeldempfängerinnen und Bürgergeldempfänger in Hamm zu reagieren. Wir werden die Beratung und Betreuung weiter intensivieren und unsere erfolgreiche zielgruppenspezifische Ausrichtung weiterverfolgen. Ein besonderer Fokus liegt auf Migrantinnen und Migranten sowie jungen Menschen, denn ein gelungener Start ins Berufsleben sichert nicht nur Fachkräfte, sondern sorgt auch für tragfähige Existenzen und eine gute gesellschaftliche Integration. Hierbei werden wir eng mit den Unternehmen in Hamm und der Region zusammenarbeiten, denn: Nachhaltige Integrationen in Ausbildung und Arbeit können wir nur mit vereinten Kräften realisieren.“
Agentur-Geschäftsführer Thomas Keyen zur Strategie der Agentur für Arbeit: „In der Erwartung moderat steigender Arbeitslosigkeit und einem Rückgang des Kräftebedarfs konzentrieren wir uns auf die im Bestand befindlichen Arbeitsstellen für Fachkräfte. Diese konnten bisher zum Teil über längere Zeit nicht besetzt werden, weil Anforderungen der Stelle und die Profile der Arbeitsuchenden nicht zusammenpassten – wir nennen das
Missmatch. Hier werden wir verstärkt die Personalentscheider in den Unternehmen vor Ort persönlich über die geänderten Bedingungen des Arbeitsmarktes und zum individuellen Stellenprofil beraten sowie Fördermöglichkeiten aufzeigen. Arbeitsuchende auf Fachkraftniveau werden wir schnell, möglichst noch vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in Arbeit vermitteln.“ so Keyen. „Arbeitsuchende Kundinnen und Kunden sowie Beschäftigte
in Unternehmen ohne abgeschlossene Ausbildung oder Fachkräfte mit Qualifizierungsbedarf werden wir verstärkt zu beruflichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten beraten. So kann die Zeit der Beschäftigung oder die drohende Arbeitslosigkeit sinnvoll genutzt werden – in beidseitigem Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Trotz knapper Kassen haben wir allein für die Förderung der beruflichen Qualifizierung von Arbeitsuchenden und Beschäftigten in unserer Stadt neun Mio. Euro in den Haushalt eingestellt“, betont Keyen.