- Mehr Bewerber als Stellen: Auf 100 Ausbildungsstellen kommen rein rechnerisch 122 Bewerberinnen und Bewerber
- Rückgang bei den Stellen, leichter Anstieg bei den Bewerberzahlen
- 260 Bewerber suchen im Mühlenkreis noch einen Ausbildungsplatz, 81 Stellen sind noch unbesetzt
Zu Ende September meldeten die Unternehmen im Mühlenkreis dem Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur 1.650 betriebliche Ausbildungsstellen, 340 oder 17,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit insgesamt 2.018 gemeldeten Bewerbern suchten 42 oder 2,1 Prozent mehr Jugendliche im Vorjahresvergleich mit Hilfe der Berufsberatung einen Ausbildungsplatz.
Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, kommentiert mit Blick auf den Ausbildungsmarkt im Mühlenkreis: „Der doch ausgeprägte Rückgang bei den Ausbildungsstellenmeldungen stimmt mich besorgt. Ich habe Verständnis für die schwierige Lage, in der viele Unternehmen sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation in diesen unsicheren Zeiten befinden und dass das Thema Ausbildung unter solchen Umständen keine oberste Priorität haben kann. Dennoch bleibt die Tatsache, dass der demografische Wandel nicht auf bessere Zeiten wartet.“
Hinzu kommt im nächsten Jahr ein ganz besonderer Faktor, wie die Expertin prognostiziert: „In diesem Jahr sind die Zahlen der gemeldeten Bewerber leicht gestiegen. Für das nächste Jahr ist damit nicht zu rechnen: Aufgrund des Übergangs von G8 zurück auf G9 wird es an keinem der Gymnasien im Kreis Minden-Lübbecke einen Abiturjahrgang geben. Daher müssen wir mit einem Rückgang der Bewerberzahlen rechnen.“
Das wird die Unternehmen bei der Azubi-Suche vor noch größere Herausforderungen stellen, als ohnehin schon. „Gerade auch deshalb sollten die Unternehmen auch schwächeren Bewerbern mit einem weniger perfekten Schulzeugnis eine Chance geben. Das Wichtigste ist die Motivation – bei anderen Herausforderungen kann die Agentur für Arbeit mit Förderungen unterstützen“, so Schwietert.
Die Agenturleiterin appelliert aber auch an die Bewerberinnen und Bewerber selbst: „Aktuell gibt es mehr Bewerber als Ausbildungsstellen. Das erschwert die Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz natürlich auch für die Jugendlichen. Mein Tipp ist: Sich nach Alternativen zum Wunschberuf erkundigen. Es gibt über 300 Ausbildungsberufe, viele davon sind eher unbekannt und bei einigen gibt es inhaltliche Überschneidungen. Es erhöht also die eigenen Chancen, wenn man nicht nur einen, sondern mehrere Wunschberufe hat, auf die man sich bewirbt. Wer einen Überblick über seine individuellen Möglichkeiten haben will, kann sich von unseren Berufsberatern informieren lassen.“
Auch die beiden Kammern ziehen Bilanz zum vergangenen Berichtsjahr und dem nun begonnenen Ausbildungsjahr.
IHK Ostwestfalen: Ausbildungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke – Chancen jetzt nutzen
Im Kreis Minden-Lübbecke hat die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen (IHK) zum 30. September 1.145 neue Ausbildungsverträge registriert. Das ist ein Rückgang von 10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den gewerblichen-technischen Berufe wurden 461 Neueintragungen (−13,7 Prozent) abgeschlossen, bei den kaufmännischen 684 (−7,6 Prozent).
„Trotz konjunkturellen Gegenwinds bleibt der Ausbildungsmarkt in Bewegung – viele Plätze sind noch frei“, sagt IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung Ute Horstkötter-Starke. „Das bietet Jugendlichen die Chance, auch jetzt noch ihren Berufseinstieg zu sichern. Und Unternehmen können das Potenzial nutzen und sich ihre Fachkräfte von morgen rekrutieren.“
Auf der IHK Plattform www.ausbildung.nrw/ostwestfalen finden beide Seiten schnell und einfach zusammen: Unternehmen können dort kostenfrei Ausbildungsplätze einstellen, Jugendliche gezielt nach Stellen in der Region suchen. Ergänzend unterstützt die IHK mit der „Passgenauen Besetzung“, die durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, individuell beim Matching. „Unser Team hilft Unternehmen und Jugendlichen, damit freie Plätze besetzt und Berufswünsche realisiert werden“, so Horstkötter-Starke.
Für die Zukunft gelte es, die Berufsorientierung junger Menschen weiter zu stärken. Viele Jugendlich fokussieren sich auf nur wenige bekannte Berufsbilder. Im Kreis Minden-Lübbecke entfallen circa ein Drittel (435) aller neu eingetragenen Ausbildungsverträge auf fünf Berufe, Spitzenreiter sind die Industriekaufleute. „Dabei gibt es 167 spannende IHK-Ausbildungsberufe allein im Bezirk der IHK Ostwestfalen. Wir setzen uns dafür ein, den Blick auf diese Vielfalt zu erweitern, etwa durch Schulkooperationen und den Einsatz unserer Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter, die aus eigener Erfahrung berichten“, erklärt Horstkötter-Starke.
Handwerkskammer: Abgeschlossene Ausbildungsverträge in OWL auf stabilem Niveau
Mit knapp 3.700 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen befinden sich die Ausbildungszahlen im ostwestfälisch-lippischen Handwerk weiterhin auf einem hohen Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse zum 30. September zwar um 3,6 Prozent gesunken. „Aber angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger in diesem Jahr und auch schon im letzten Jahr um etwa fünf Prozent zurückgegangen ist, konnte das Handwerk seine Position halten“, erklärt Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer OWL. Damit seien die Ausbildungszahlen im OWL-Handwerk gegen den Trend stabil. Die Gesamtzahl der Auszubildenden beläuft sich zum 30. September auf 10.483. Im Kreis Minden-Lübbecke ist die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 5,4 Prozent auf insgesamt 561 gesunken.
„Auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bleibt das Handwerk ein Stabilitätsanker und bietet kontinuierlich Ausbildungsplätze an, um jungen Menschen eine sichere berufliche Perspektive zu ermöglichen“, betont Carl-Christian Goll.
Ein Einstieg in eine handwerkliche Ausbildung ist auch für Spätentschlossene weiterhin möglich. „Das Handwerk bietet sichere Arbeitsplätze mit guter Bezahlung und Karrierepotenzial“, erklärt Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer. Zahlreiche Fort- und Weiterbildungen im Anschluss an die Ausbildung ermöglichen eine Spezialisierung im eigenen Berufsfeld und eine persönliche Weiterentwicklung. Der Meistertitel ist dem akademischen Bachelorabschluss gleichgestellt. „Mit dem Meisterbrief in der Tasche ist der Weg in die Selbstständigkeit frei“, betont Goll.
Wer sich noch nicht sicher ist, wie die berufliche Zukunft aussehen soll, kann im Rahmen des „Freiwilligen HandwerksjahrPLUS“ bis zu vier Handwerksberufe ausprobieren.
Um noch suchenden Jugendlichen und Unternehmen zu helfen, haben die IHK Ostwestfalen und die HWK Ostwestfalen-Lippe, gemeinsam mit den Jobcentern und den Arbeitsagenturen in Ostwestfalen Anfang Oktober Nachvermittlungsaktionen durchgeführt. So auch im Kreis Minden-Lübbecke: Am 06.10. und 07.10. haben Kammern, das Jobcenter Amt proArbeit Kreis Minden-Lübbecke und die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Herford gemeinsam daran gearbeitet, noch möglichst viele Jugendliche mit Ausbildungsstellen zusammenzubringen.
Zum Thema Nachvermittlung, aber auch zum Ausbildungsstart 2025 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter 0800 4555520. Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich jederzeit unter 0571 8867 890 bei der Berufsberatung an.