„Die seit nunmehr zwei Jahren anhaltende wirtschaftliche Schwächephase hat 2024 den bis dato robusten regionalen Arbeitsmarkt zunehmend beeinträchtigt. Neben den konjunkturellen Faktoren bremsen an unserem industriell geprägten Standort zudem strukturelle Umbrüche die Dynamik. Die fortdauernde Stagnation hatte im Laufe der vergangenen zwölf Monate einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um knapp 500 Personen zur Folge. Mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent blicken wir für das Stadtgebiet dennoch auf ein Jahr zurück, in dem Ingolstadt bundesweit die Großstadt mit der geringsten Arbeitslosenquote war“, fasst Johannes Kolb, Leiter der Agentur für Arbeit Ingolstadt, die Entwicklung des zu Ende gegangenen Jahres zusammen. „Eine durchgreifende Verbesserung ist allerdings nicht in Sicht. Konsumzurückhaltung, schwache Investitionstätigkeit und ein verhaltener Außenhandel bei geopolitisch unsicheren Rahmenbedingungen wirken weiterhin hemmend.“
Beschäftigung
Stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bis 2019 kontinuierlich an, ist seit 2020 ein jährlich leichter Rückgang zu verzeichnen. Aktuell (Stand: Juni 2024) sind auf dem Gebiet der Stadt Ingolstadt 102.885 Personen beschäftigt, 597 weniger als noch vor Jahresfrist. Betrachtet man einzelne Branchen, stellt sich die Entwicklung unterschiedlich dar: Während beispielsweise die Arbeitnehmerüberlassung Personal abbaute, nahm die Beschäftigung im Gesundheitswesen, bei Erziehung und Unterricht sowie in der öffentlichen Verwaltung zu. Welche zunehmende Bedeutung in Zeiten des demografischen Wandels ausländischen Arbeitskräften zukommt, belegt die Beschäftigtenstatistik. Waren im März 2019 noch 93.283 deutsche Staatsangehörige in der Region 10 sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sank deren Zahl bis Juni 2024 auf 87.692. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil Nichtdeutscher von 14.469 auf 16.550.
„Unabhängig von diesen Entwicklungen ist es wichtig, den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zu forcieren. Qualifizierung, Weiterbildung und Anpassung der Kenntnisse an die sich vor allem in unserer Region aufgrund Transformation und Digitalisierung schnell ändernden Anforderungen, gewinnen zunehmend an Bedeutung“, erklärt Johannes Kolb. Zudem wird es nach Einschätzung des Agenturleiters künftig noch stärker darum gehen, freiwerdende Potenziale möglichst nahtlos dort anzusetzen, wo Fachkräfte dringend gesucht werden.
Arbeitslosigkeit
Zum Ende des Jahres 2023 waren innerhalb der Stadtmauern insgesamt 2.930 Personen arbeitslos gemeldet. Der witterungsbedingte Anstieg im Januar und Februar 2024 war temporär, der im Anschluss erhoffte Frühjahrsaufschwung fiel dann allerdings beinahe vollständig aus Die Arbeitslosigkeit ging im März geringfügig zurück. Ab April wurden die Folgen der konjunkturellen Krise und der Transformation dann deutlich spürbar. In den Sommermonaten stieg die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen stark an und erreichte Ende August mit 3.449 Bürgerinnen und Bürgern ihren vorläufigen Höchststand. Die Zuwächse im Vorjahresvergleich überschritten mehrfach die 20-Prozent-Marke. Bei ebenfalls ausbleibender Herbstbelebung sank die Zahl der Beschäftigungssuchenden bis November lediglich auf 3.227, ehe das regionale Arbeitsmarktjahr 2024 im Dezember mit 3.291 Arbeitslosen schloss. Die Arbeitslosenquote schwankte zwischen 3,5 Prozent im März und 4,2 Prozent im August. Jahresdurchschnittlich waren 3.148 von Arbeitslosigkeit Betroffene gemeldet (2023: 2.713). Im Schnitt pendelte sich die Arbeitslosenquote bei 3,8 Prozent ein (2023: 3,3 Prozent).
Dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit in erster Linie auf die anhaltende wirtschaftliche Schwächephase zurückzuführen ist, belegen auch die Daten der beiden Rechtskreise. Während in der konjunkturnahen Arbeitslosenversicherung (Agenturen für Arbeit) die jahresdurchschnittliche Zahl der Beschäftigungssuchenden von 1.181 im Jahr 2023 auf 1.503 im Berichtsjahr (27,2 Prozent) erheblich anstieg, fiel der Zuwachs beim Bürgergeld (Jobcenter) mit 112 (7,3 Prozent) deutlich geringer aus.
Entwicklung offener Stellen
Zwar ist auch beim Bestand an gemeldeten offenen Stellen eine rückläufige Tendenz erkennbar, diese fiel jedoch moderat aus. 1.417 vakante Arbeitsplätze standen den Fachkräften der Arbeitsagentur jahresdurchschnittlich zur Vermittlung zur Verfügung, 15 weniger als noch vor Jahresfrist, 52 weniger als 2022. Insgesamt meldeten die Betriebe und Unternehmen im zu Ende gegangenen Jahr 2.903 Beschäftigungsmöglichkeiten, ein Anstieg gegenüber 2023 um 94. Im Vergleich zu 2022 sank die Zahl um 61. „Eine gewisse Verunsicherung sowie eine nachvollziehbar abwartende und vorsichtige Haltung verlangsamten insgesamt die Rekrutierungsprozesse“, erklärt Johannes Kolb.
Entwicklung am Ausbildungsmarkt
Im zurückliegenden Beratungsjahr 2023/2024 meldeten die Betriebe der Region der Agentur für Arbeit für das Stadtgebiet zum Ausbildungsstart im September insgesamt 1.142 Berufsausbildungsplätze (2022/2023: 1.179) und bestätigten trotz des etwa dreiprozentigen Rückgangs die weiterhin hohe Ausbildungsbereitschaft. Die Zahl der gemeldeten Bewerber für eine betriebliche Lehrestelle blieb hingegen stabil. 758 Ausbildungsinteressenten und damit 14 weniger als ein Jahr zuvor wurden von der Agentur für Arbeit Ingolstadt auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle unterstützt: „Auch im Beratungsjahr 2023/24 lag das Ausbildungsangebot der Betriebe wieder deutlich über der Nachfrage der Jugendlichen. Beide Seiten zusammenzuführen bleibt weiterhin eine Herausforderung. Ausbildung lohnt sich. Eine abgeschlossene Berufsausbildung bietet eine gute Grundlage für den weiteren Berufsweg und den beruflichen Erfolg“, erläutert der Agenturchef.
Finanzen (Region 10 gesamt)
Auch 2024 investierte die Arbeitsagentur Ingolstadt intensiv in Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung, wie beispielsweise Weiterbildung, Eingliederung, Gründungszuschüsse und Leistungen für Jugendliche.
Insbesondere Transformation und Digitalisierung begründen den Anstieg der Ausgaben für Beschäftigte von 7,6 Mio. Euro in 2023 auf knapp 10,0 Mio. Euro in 2024. Insgesamt wurde die aktive Arbeitsmarktförderung mit knapp 18,3 Mio. Euro unterstützt (Vorjahr 16,2 Mio. Euro). Für den Bereich der beruflichen Rehabilitation und die Förderung schwerbehinderter Menschen beliefen sich die Leistungen in 2024 auf rund 14,0 Mio. Euro. Wurden 2023 beim konjunkturellen Kurzarbeitergeld knapp 7,4 Mio. aufgewendet, waren es im vergangenen Jahr noch 4,2 Mio. Euro. Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld (incl. aller Ausgaben für die Sozialversicherung der Leistungsempfänger) beliefen sich im vergangenen Jahr auf etwas über 102 Mio. Euro (2023: 79,0 Mio. Euro).
Prognose 2025 (Region 10 gesamt)
Legt man die Prognosen der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zu Grunde, ist für 2025 nicht mit einer durchgreifenden konjunkturellen Besserung zu rechnen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit rechnet in 2025 mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit. Für die Region 10 wird dabei ein Anstieg von 5,9 Prozent (jahresdurchschnittlich etwa 500 Betroffene mehr) prognostiziert (Bund: 2,2 Prozent, Bayern: 3,6 Prozent). Bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wird vom Nürnberger Forschungsinstitut sowohl für Bayern als auch für den Bund ein Plus von 0,5 Prozent erwartet, während für das Stadtgebiet Ingolstadt und die Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen insgesamt ein Minus von 0,5 Prozent (etwa 500) vorhergesagt wird.
