Die Agentur für Arbeit Kassel, Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg und Handwerkskammer Kassel ziehen eine gemeinsame Bilanz zum Ausbildungsmarkt 2024/25.
Agentur für Arbeit Kassel: Mehr Bewerber, weniger Ausbildungsstellen
Im Agenturbezirk Kassel – also in der Stadt Kassel, im Landkreis Kassel und im Werra-Meißner-Kreis – waren bis zum Ende des Ausbildungsjahres 2024/25 insgesamt 2.955 junge Menschen als Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle oder ein duales Studium gemeldet. Das sind 112 Personen (3,9 Prozent) mehr als im Vorjahr – ein leichter Anstieg, der den bundesweiten Trend widerspiegelt.
Gleichzeitig sank die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen deutlich: 2.772 betriebliche Ausbildungs- und duale Studienplätze meldeten die Unternehmen – ein Minus von 419 Stellen (- 13,1 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Damit kommen im aktuellen Ausbildungsjahr 107 Bewerberinnen und Bewerber auf 100 betriebliche Ausbildungsstellen. 2023/24 waren es noch 89.
Michael Schubert, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Kassel: „Wir beobachten derzeit eine Verschiebung am Ausbildungsmarkt: Es gibt mehr Jugendliche, die eine Ausbildung suchen, aber weniger Ausbildungsstellen. Für Jugendliche heißt das: Sie haben weiterhin gute Chancen, müssen sich aber früher und gezielter orientieren.“
Die Regionen im Vergleich:
- Stadt Kassel: 1.416 gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen (-14 Prozent), 1.289 Bewerberinnen und Bewerber (+ 7,4 Prozent)
- Landkreis Kassel: 909 gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen (- 10 Prozent), 1.111 Bewerberinnen und Bewerber (+ 2,5 Prozent)
- Werra-Meißner-Kreis: 447 gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen (- 16,4 Prozent), 555 Bewerberinnen und Bewerber (- 0,7 Prozent)
„Viele Betriebe bilden weiter aus, aber angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten mit mehr Vorsicht“, so Schubert. Trotzdem bleibe Ausbildung für die meisten Unternehmen der entscheidende Schlüssel zur Fachkräftesicherung. „Die duale Ausbildung bleibt wichtig für die Zukunft – für Jugendliche, Betriebe und die ganze Region. Wer heute ausbildet, sorgt dafür, dass die Werkbank von morgen nicht leer bleibt.“
Die beliebtesten Wunschberufe der Jugendlichen bleiben klassische Ausbildungsberufe: Kaufmann/-frau für Büromanagement, Kfz-Mechatroniker/in, Verkäufer/in, Medizinische/r Fachangestellte/r und Kaufmann/-frau im Einzelhandel.
Auch die Betriebe melden in diesen Bereichen die meisten Stellen. Dennoch bleiben 190 Ausbildungsplätze unbesetzt, das sind allerdings 34 weniger als im Vorjahr (- 15 Prozent). Besonders betroffen sind der Einzelhandel, Verkauf, Versicherungen und Finanzen sowie die Lagerlogistik.
38 Prozent der gemeldeten Jugendlichen begannen eine Ausbildung oder ein duales Studium. 305 Jugendliche suchen weiterhin einen Ausbildungsplatz. Von den Bewerberinnen und Bewerbern insgesamt hatten 790 Jugendliche (26,7 Prozent) einen Migrationshintergrund. 360 bzw. 45 Prozent standen im Kontext von Fluchtmigration.
Um Jugendlichen mit Startschwierigkeiten den Weg in Ausbildung zu erleichtern, bietet die Agentur für Arbeit bewährte Unterstützung: Die Einstiegsqualifizierung (EQ) gibt jungen Menschen die Chance, einen Beruf und einen Betrieb über ein vier- bis zwölfmonatiges Langzeitpraktikum besser kennenzulernen und bestenfalls im Anschluss in die Ausbildung zu starten. Mit der Assistierten Ausbildung (AsA) werden Auszubildende während der gesamten Lehrzeit begleitet – fachlich, organisatorisch und sozialpädagogisch. „Unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater bleiben auch nach dem Ausbildungsstart an der Seite der Jugendlichen und der Betriebe“, so Schubert. Bis zum Ende des Jahres gebe es bei vielen Betrieben noch die Chance, nachträglich in eine Ausbildung zu starten.
Michael Schubert zieht ein klares Fazit: „Der Ausbildungsmarkt verändert sich, aber er bietet weiterhin viele Chancen – für junge Menschen, die Orientierung suchen, und für Betriebe, die Fachkräfte brauchen. Entscheidend ist, dass beide Seiten frühzeitig zueinanderfinden. Dabei unterstützen wir in allen Fragen der beruflichen Orientierung sowie Beratung, Vermittlung und individuellen Fördermöglichkeiten.“
Handwerkskammer Kassel: Ausbildungszahlen sind stabil,
trotzdem sind verstärkte Anstrengungen nötig
Stabile Ausbildungszahlen weist das Handwerk in Nord-, Ost- und Mittelhessen auf. Im Ausbildungsjahr 2024/2025 haben im Bezirk der Handwerkskammer Kassel insgesamt 2727 junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk begonnen. Damit ist die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse nahezu unverändert zum Vorjahr (2752). Das minimale Minus von 25 Verträgen beziehungsweise 0,9 Prozent liege im Bereich normaler Schwankungen, da insbesondere kleine Betriebe nicht jedes Jahr neue Auszubildende einstellen, erläuterte Sabine Aue, Leiterin der Abteilung Berufsbildung der Handwerkskammer.
Die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge verteilen sich auf 89 verschiedene Ausbildungsberufe – von A wie Augenoptiker/in bis Z wie Zimmerer/Zimmerin. Besonders gefragt waren die Ausbildungsberufe Kfz-Mechatroniker/in (431), Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (272) und Elektroniker/in (268). Erfreulich sei die deutliche Zunahme an Auszubildenden zur Bäckerei-Fachverkäuferin/Fachverkäufer: Mit insgesamt 89 neu unterzeichneten Ausbildungsverträgen lag die Zahl deutlich über dem Vorjahreswert (54). Gerade in den Lebensmittelhandwerken gibt es seit Jahren Schwierigkeiten, genug Auszubildende zu finden.
Die stabilen Ausbildungszahlen seien angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits eine gute Nachricht, sagte Abteilungsleiterin Sabine Aue. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels gelte es aber, in den kommenden Jahren noch stärker in Ausbildung zu investieren, um den Bedarf an Arbeitskräften im Handwerk zu decken. „Wir müssen noch eine Schippe drauflegen und noch mehr tun, damit junge Menschen sich für eine duale Ausbildung im Handwerk entscheiden und dann auch dabeibleiben“, betonte sie. „Wir müssen noch besser zeigen, wie sinnstiftend eine Tätigkeit in einem unserer vielfältigen Ausbildungsberufe ist und wie vielfältig die Karrieremöglichkeiten im Handwerk sind.“
Die Handwerkskammer Kassel hat in den vergangenen Jahren bereits eine Vielzahl an Veranstaltungen und Formaten zur Berufsorientierung und zur passgenauen Besetzung von Ausbildungsstellen etabliert – vom Speeddating kurz vor Ausbildungsbeginn über einen „Tag des Ausprobierens“ zum bundesweiten Tag des Handwerks bis zur individuellen Vermittlung zwischen Betrieben und ausbildungsinteressierten Jugendlichen. Hierfür ist zuletzt auch die digitale Ausbildungs- und Praktikumsbörse der Handwerkskammer modernisiert und zur Matching-Plattform ausgebaut worden, um Betriebe und junge Menschen noch unkomplizierter zusammenzubringen (https://www.hwk-kassel.de/ausbildung-neu/ausbildungs-praktikumsboerse).
Ausbildung und Praktika seien dabei in einem Atemzug zu nennen, sagte Sabine Aue. Denn das Praktikum sei für viele Schülerinnen und Schüler der entscheidende Faktor für die spätere Berufswahl. „Damit ist es nach wie vor das beste Mittel, um künftige Azubis für einen Beruf im Handwerk zu begeistern und an den eigenen Betrieb zu binden“, so Sabine Aue.
Sehr gute Erfahrungen machen die Handwerkskammer und die beteiligen Betriebe mit sogenannten Azubi-Boschafterinnen und -Botschaftern. Das sind Auszubildende aus dem Handwerk, die jungen Leuten bei Berufsorientierungsveranstaltungen, aber auch ungewöhnlichen Formaten wie einem Klettertraining von ihren Erfahrungen berichten, um das Interesse an einer Ausbildung im Handwerk zu wecken.
Wichtig, um eine Ausbildung im Handwerk zu ermöglichen, seien aber auch gute Rahmenbedingungen, betonte Sabine Aue: Dazu zählten dezentrale Berufsschulstandorte und ein guter ÖPNV im ländlichen Raum, damit Auszubildende die Wege zwischen Wohnort, Betrieb und Berufsschule in angemessenem Zeitraum bewältigen könnten.
Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg: Ausbildung sichert Fachkräfte von morgen
Die duale Ausbildung ist und bleibt ein wichtiges Fundament für den Fachkräftenachwuchs in Nordhessen und der Region Marburg. Im Jahr 2025 schlossen die Unternehmen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg insgesamt 4.340 neue Ausbildungsverträge ab (Stichtag: 30. September). Das ist ein Rückgang von lediglich 6,1 Prozent (280 Verträge) gegenüber dem Vorjahr. Hessenweit sank die Zahl der Neuabschlüsse dagegen um 6,8 Prozent von 20.583 auf 19.078.
„Angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels, der hohen Studierneigung und der Auswirkungen der aktuellen Konjunkturentwicklung sind über 4.340 neue Ausbildungsverträge ein gutes Ergebnis“, betont Dr. Thomas Fölsch, Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Kassel-Marburg. Interessant sei auch die Entwicklung in einzelnen Branchen. Während die Neuverträge in gewerblich-technischen Berufen um 9,2 Prozent sanken, ging die Zahl in den kaufmännischen Berufen lediglich um 3,9 Prozent zurück. Im Bankgewerbe stieg die Zahl sogar um 7,8 Prozent (von 129 auf 139), im Verkehrs- und Transportgewerbe um 12,2 Prozent (von 131 auf 147).
Ausbildung sichtbar machen: Bauzaunbanner-Aktion
Um die duale Ausbildung stärker in den öffentlichen Fokus zu rücken, setzt die IHK Kassel-Marburg auf innovative Formate. So hatten IHK-Mitgliedsbetriebe im Sommer und Herbst die Möglichkeit, sich mit kostenfreien Bauzaunbannern an der bundesweiten Kampagne „Jetzt #Könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“ zu beteiligen. Insgesamt stellte die IHK fünfzig Banner in unterschiedlichen Designs bereit. Die Aktion wurde auf den Social-Media-Kanälen der IHK begleitet. Dort wurde jede Banner-Aufstellung mit einem Beitrag dokumentiert. „Diese Initiative macht Ausbildung buchstäblich sichtbar und zeigt, dass Betriebe stolz auf ihr Engagement für junge Fachkräfte sind“, so Dr. Fölsch.
Neue Wege gehen: Erfolgreicher Bildungskongress
Wie Unternehmen Auszubildende aus Ländern außerhalb der EU gewinnen und erfolgreich in den Betrieb integrieren können, war Thema des IHK-Bildungskongresses, der am 29. Oktober in Kassel stattfand. Die Veranstaltung richtete sich an Betriebe und widmete sich Strategien und Herausforderungen bei der Gewinnung junger Menschen aus sogenannten Drittstaaten. Zwei Unternehmen berichteten von ihren Praxiserfahrungen. Am Nachmittag fanden dann drei parallele Workshops zu den Themen rechtliche Rahmenbedingungen, Sprachförderung und internationale Kooperationen statt. Es nahmen über fünfzig Unternehmen aus der Region teil.
Ausblick: Ausbildung ist Investition in Zukunft
Mit Maßnahmen wie Bauzaunbannern, einem Bildungskongress und dem YouTube-Kanal „AzuPOV“, der Ausbildungsberufe aus der Sicht junger Menschen präsentiert, stärkt die IHK Kassel-Marburg die Sichtbarkeit und Attraktivität der dualen Ausbildung. „Damit wird deutlich: Wer auf Ausbildung setzt, investiert in die Zukunft – für Betriebe, die Region und junge Talente gleichermaßen“, sagt Dr. Thomas Fölsch.
Übersicht regionale Zahlen
Stadt Kassel: Der Ausbildungsmarkt in der Stadt Kassel hat sich rückläufig entwickelt. Insgesamt wurden bei der IHK Kassel-Marburg 1.108 neu eingetragene Berufsausbildungsverträge verzeichnet (Vorjahr: 1.213). Dies entspricht einem Rückgang um 8,7 Prozent. Aufgeschlüsselt nach Bereichen setzt sich die Gesamtzahl wie folgt zusammen: Im kaufmännischen Bereich sank die Zahl der Ausbildungsverträge auf 740 (Vorjahr: 788) und im gewerblich-technischen Bereich um 57 auf 368 (Vorjahr: 425). Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung in den Bereichen Metall- und Elektrotechnik (-23,3 bzw. -14 Prozent) sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe (-16,1 Prozent). Ein positiver Trend war dagegen in den Bereichen Bau/Stein/Erde (+30,4 Prozent) und im Verkehrs- und Transportgewerbe (+37 Prozent) zu beobachten.
Landkreis Kassel: Auch der Ausbildungsmarkt im Landkreis Kassel entwickelte sich rückläufig: Insgesamt wurden bei der IHK Kassel-Marburg 610 neu eingetragene Berufsausbildungsverträge verzeichnet (Vorjahr: 668). Damit liegt die Region bei einem Minus von 8,7 Prozent. Aufgeschlüsselt nach Bereichen setzt sich die Gesamtzahl wie folgt zusammen: Im kaufmännischen Bereich sank die Zahl der Ausbildungsverträge auf 365 (Vorjahr: 381) und im gewerblich-technischen Bereich auf 245 (Vorjahr: 287). Entgegen dem Trend konnten der Bereich Handel und das Hotel- und Gaststättengewerbe einen leichten Anstieg an Ausbildungsverträgen verzeichnen.
Werra-Meißner-Kreis: Im Werra-Meißner-Kreis wurden bei der IHK Kassel-Marburg 203 neue Berufsausbildungsverträge eingetragen (Vorjahr: 243), was einem Rückgang von 16 Prozent entspricht. Von den Neueintragungen entfallen 144 Verträge auf kaufmännische und 59 auf gewerblich-technische Berufe. Dies entspricht einem Rückgang von insgesamt elf Verträgen im kaufmännischen Bereich (-7,6 Prozent, 2024: 155 Verträge) und von 29 Verträgen im gewerblich-technischen Bereich (-33 Prozent, 2024: 88 Verträge). Positiv zu nennen ist dagegen die Entwicklung im Bankengewerbe: Hier wurden mit 13 Ausbildungsverträgen knapp 63 Prozent mehr neue Verträge eingetragen als im Vorjahr (2024: acht Verträge).