Bereits seit Jahren ist bekannt, dass der Betreuungsbedarf von Kindern bei Weitem nicht gedeckt ist. Qualitativ hochwertige, bedarfs- und bedürfnisgerechte Kinderbetreuung ist ein essentieller Bestandteil unserer Gesellschaft: Nicht nur frühkindliche Bildung und somit gesellschaftliche Teilhabe, sondern auch die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt sowie die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands hängen unmittelbar damit zusammen. Der demografische Wandel wird den Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich in den nächsten Jahren noch verschärfen.
„In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der Beschäftigten in der Kinderbetreuung in der Metropolregion Rhein-Neckar um 16 Prozent gestiegen. Zum Stichtag März 2025 waren 30 900 Personen in diesem Bereich tätig. Auch wenn diese Steigerung zunächst positiv klingt, reicht es bei weitem nicht aus, den Betreuungsbedarf in Zukunft decken zu können. Gemeinsam müssen wir an Lösungen arbeiten und diese schnell umsetzen. Mit Blick auf die Geschlechterverteilung bei den Beschäftigten zeigt sich unverändert, dass wesentlich mehr Frauen als Männer in der Kinderbetreuung arbeiten. Der Frauenanteil liegt bei 90 Prozent. Zwar haben die Männer in den letzten Jahren aufgeholt, aber es ist noch viel Luft nach oben“, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit.
Um dieser Herausforderung gemeinsam zu begegnen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, haben die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Ludwigshafen und der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH am 2. Dezember zur Fachtagung Zukunft Kita in den Pfalzbau in Ludwigshafen eingeladen. Mehr als 200 Erziehungsfachkräfte aus der Metropolregion informierten sich über die unterschiedlichen Facetten der Fachkräftegewinnung und -sicherung und tauschten sich rege aus.
„Gerade in unserer Metropolregion ist der Austausch von Best-Practices besonders wichtig. In einzelnen Teilregionen gibt es verschiedene Lösungsansätze zur Fachkräftesicherung. Wir müssen voneinander lernen und erfolgreiche Lösungen übertragen. Dabei ist es die Aufgabe der Metropolregion Rhein-Neckar, Akteure zusammenzubringen und gemeinsame Strategien zu ermöglichen. Gerade in unserer vielfältigen Region entsteht durch Zusammenarbeit der eigentliche Mehrwert. Über unsere Netzwerke tragen wir das Thema auch weiterhin in die Region. Fachkräftesicherung im pädagogischen Bereich ist ein wichtiger Hebel für alle Branchen und das Thema hat in der Metropolregion einen hohen Stellenwert: Ein Ziel der MRN-Strategie 2030 ist die stärkere Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen am Erwerbsleben und eine höhere Erwerbsquote von Frauen durch den Ausbau der Kinderbetreuung“, sagt Ralph Schlusche, Direktor des Verbands Region Rhein-Neckar.
In vier Fachforen zu den Themen „Digitale Möglichkeiten positiv für die Einrichtung nutzen: Entlastung statt Belastung“, „Gesund arbeiten und führen in der Kita“, „Direkteinstieg Kita: das Erfolgsmodell aus Baden-Württemberg“ sowie „Potenziale erkennen: Menschen mit Migrationsgeschichte“ informierten sich die Teilnehmenden und tauschten sich rege aus.
Stefanie Seiler, Oberbürgermeisterin der Stadt Speyer, schilderte in ihrem Impulsvortrag, was Kommunen in den Kitas bewegt und machte deutlich, dass „Anspruch und Wirklichkeit“ weit auseinanderklaffen. Steigende Nachfrage und der Fachkräftemangel treffen laut ihr auf immer komplexer werdende Vorgaben und Bürokratie. „Die Arbeit mit den Kleinen geht im organisatorischen Aufwand und Krisenmanagement unter“, sagte Seiler, die davor warnte, Qualität zu relativieren. Man benötige verlässliche Strukturen, bessere Rahmenbedingungen und weniger Bürokratie, um den Beruf attraktiver zu machen: „Die Mitarbeiter und Kinder müssen es uns wert sein.“
Als Teilnehmerin der Podiumsdiskussion, an der auch Matthias Baaß (Bürgermeister der Stadt Viernheim), Klaus Blettner (designierter Oberbürgermeister der Stadt Ludwigshafen) und Anne Lang (Leitung und Vorstand des Freien Waldorfkindergartens Schwetzingen) teilnahmen, machte Seiler zudem deutlich, dass vor Entscheidungen die kommunale Landesebene viel mehr mit den Praktikern ins Gespräch kommen müsse. Man solle nicht über Köpfe hinweg entscheiden, sondern mit ihnen. Matthias Baaß vertrat ebenfalls die Meinung, mehr Verantwortung bei denen zu belassen, die in der Praxis am besten entscheiden könnten: die Kita-Leitungen.