„Weniger Jugendliche und weniger Ausbildungsstellen, das ist das Resümee welches zum Ende des Berufsberatungsjahres 2024/2025 gezogen werden kann“, so Oliver Schmale, Chef der Agentur für Arbeit Meschede-Soest. Dennoch ist die Situation für Jugendliche günstig. Bis Ende September 2025 sind im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest ins-gesamt 3.870 Berufsausbildungsstellen gemeldet worden. Dem gegenüber standen 2.679 Bewerber und Bewerberinnen, die sich im Laufe des Berichtsjahres bei den Agenturen für Arbeit vor Ort gemeldet haben. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl von Bewerber/in-nen um 1,5 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Ausbildungs-stellen um 0,9 Prozent reduziert.
„Vor gut 10 Jahren hat sich der Wechsel von einem Stellen- zum Bewerbermarkt vollzogen. Dabei entwickeln sich die Regionen durchaus unterschiedlich. So gingen in ganz Südwestfalen die Bewerberzahlen zurück, wohingegen die anderen Regionen noch steigende Bewerberzahlen verzeichnen. Besonders beim Blick auf die betrieblichen Ausbildungsstellen zeigt sich dann eine ähnliche Entwicklung in ganz NRW, nämlich ein Rück-gang – mal mehr, mal weniger stark“, erläutert Schmale weiter. Beide Kreise haben auf Grund des demographischen Wandels weniger deutsche Ausbildungsinteressierte verzeichnet. Der HSK schafft es in diesem Jahr diese Rückgänge durch ein Plus bei den ausländischen Ausbildungsinteressierten auszugleichen. „Für unsere Agentur heißt das: gäbe es keine ausländischen Bewerberinnen und Bewerber, gäbe es gleich 3,5 % weniger Bewerbende und der Stellenüberhang wäre deutlich höher als ohnehin schon. Zwar kann der Zuwachs der ausländischen Jugendlichen die Rückgänge der deutschen Jugendlichen nicht gänzlich auffangen, aber doch um die Hälfte reduzieren. Er federt sozusagen das sinkende Ausbildungsinteresse ab.“
Kreis Soest
1.302 Jugendliche aus dem Kreis Soest haben sich seit Oktober 2024 an die Berufsberatung der heimischen Agenturen für Arbeit gewandt, um einen Ausbildungsplatz zu finden, 3,7 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Der Vielzahl an Bewerberinnen und Bewerbern stehen 1.707 gemeldete Berufsausbildungsstellen gegenüber (-4,8 Prozent im Vorjahresvergleich), von denen am Ende des Beratungsjahres noch rund 240 betriebliche Ausbildungsplätze unbesetzt waren; 134 Jugendliche waren noch unversorgt. Es meldeten sich mehr Ausbildungsinteressierte bei der Soester Agentur für Arbeit zur Berufsberatung an, die bereits 20 und älter sind. Diese Tatsache ergänzt auch die stabil bleibende Zahl der Jugendlichen aus beruflichen Schulen. Besonders viele Stellen wurden im Einzelhandel gemeldet. Aber auch die Kauffrau/-mann für Büromanagement oder der Industriemechaniker/in belegen die oberen Plätze in den TOP10. Dazu kommen noch Stellen als Fachkraft Lagerlogistik, Zerspanungsmechaniker/in, Mechatroniker/in und medizinische Fachangestellte/r. Die noch unbesetzten Ausbildungsstellen bewegen sich hauptsächlich in fertigungstechnischen Berufen wie z.B. Werkzeugmacher/in, Industriemechaniker/in oder Metallbauer/in – Konstruktionstechnik.
Hochsauerlandkreis
1.377 Jugendliche aus dem Hochsauerlandkreis haben sich seit Oktober 2024 an die Berufsberatung der heimischen Agenturen für Arbeit gewandt, um einen Ausbildungsplatz zu finden (+0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Der Vielzahl an Bewerberinnen und Bewerbern stehen 2.163 gemeldete Berufsausbildungsstellen gegenüber (-4,9 Prozent im Vorjahresvergleich), von denen am Ende des Beratungsjahres noch rund 270 betriebliche Ausbildungsplätze unbesetzt sind; 103 Jugendliche waren noch unversorgt. Besonders viele Ausbildungsstellen wurde im letzten Beratungsjahr im Handel, im kaufmännischen Bereich, im Bereich Lager oder als Dachdecker/in gemeldet. Unbesetzt blieben viele Stellen im Lager oder im Handwerk bei den Dachdeckerbetrieben. Auch als Elektroniker/in für Betriebstechnik oder Anlagenmechaniker/in – Sanitär/Heizungs- und Klimatechnik, gibt es noch einige unbesetzte Ausbildungsplätze.
Zusammenfassend für den Agenturbezirk Meschede-Soest lässt sich sagen. „Wer eine Ausbildung sucht, findet sie weiterhin in unserer Region. Fakt ist: Man sollte gerade wegen der Vielzahl der Ausbildungsmöglichkeiten und – berufe auch Alternativen berücksichtigen. Unser Ausbildungsmarkt ist bunt“, sagt Oliver Schmale. Auch wenn in dem vergangenen Berichtsjahr die Ausbildungsbeteiligung gesunken ist, bleibt sie dennoch über dem Landesniveau. „Das spricht wieder einmal für unsere stabile Region. Ausbildung wird weiterhin großgeschrieben. Alles in allem stehen die Zeichen also weiterhin gut für die jungen Menschen unserer Region. Mit ein wenig Flexibilität und möglichst einem alternativen Berufswunsch in der Tasche, lässt sich auch jetzt noch eine Ausbildungsstelle finden“, so der Experte. Alle, die derzeit noch einen Ausbildungsplatz suchen, sollten die Berufsberatung ansprechen.
Die Ausbildungsmarktpartner ziehen folgendes Fazit:
„Die fehlenden Auszubildenden – insbesondere im gewerblich-technischen Bereich – machen uns Sorgen“, sagt Jörg Nolte, Hauptgeschäftsführer der IHK Arnsberg. „Die fehlenden Auszubildenden von heute sind die fehlenden Fachkräfte von morgen. Bei der jüngsten Konjunkturumfrage der IHKs in Südwestfalen liegt das Fachkräftethema für die befragten Unternehmen bis jetzt zwar nur auf Rang 5 der wirtschaftlichen Risiken, sollte die Konjunktur wieder anziehen – was wir ja hoffen – wird sich dieses Thema aber sehr
schnell zuspitzen.
Der Rückgang liegt zum einen an fehlenden Bewerbungen, aber auch deutlich an der mangelnden Qualität der Bewerberinnen und Bewerber: Die größte Herausforderung aus Sicht der Betriebe liegt – neben den schwachen Kompetenzen in den Bereichen Sprache und Rechnen – bei den Themen Belastbarkeit und Motivation. Zudem raten viele Gymnasiallehrer in ihren Abiturjahrgängen weiterhin zur akademischen Qualifizierung statt zur dualen Berufsausbildung – oft in Unkenntnis der guten Karrierechancen der beruflichen Bildung.
Mit Blick auf die demografische Entwicklung in Südwestfalen muss es uns gelingen, möglichst viele junge Menschen aus der Region für eine duale Ausbildung zu begeistern oder externe Jugendliche, zum Beispiel aus dem Ausland, dafür zu gewinnen. Deshalb ist es wichtig, weiterhin die Attraktivität der Region herauszustellen und mit einer systematischen Willkommenskultur Wege zu uns zu ebnen. Ausbildung allein wird jedoch nicht reichen, um den Fachkräftebedarf nach dem Ausscheiden der Baby-Boomer zu decken. Wir müssen auch weitere Chancen und Instrumente nutzen, um Fachkräfteressourcen zu erschließen, zum Beispiel mit der Teilqualifizierung von an- und ungelernten Mitarbeitenden, die auf diesem Weg einen Berufsabschluss erreichen können.“
Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen:
„Die Suche nach Auszubildenden bleibt 2025 eine große Herausforderung. Nach wie vor klafft eine deutliche Lücke zwischen den offenen Ausbildungsplätzen und den verfügbaren Bewerberinnen und Bewerbern. So bleiben wieder über 400 offene Stellen im südwestfälischen Handwerk unbesetzt. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Lücke durch den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge und des doppelten Abiturjahrgangs in Nordrhein-Westfalen weiter vergrößern wird. Resignation macht sich weiter breit und einige Betriebe haben die Suche nach geeigneten Auszubildenden bereits aufgegeben und müssen nun andere Wege gehen. Trotz eines leichten Plus von 0,7 Prozent zum Stichtag 30. September bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Bezirk der Handwerkskammer Südwestfalen – das entspricht immerhin elf Verträge mehr als im Vorjahr – zeigen sich deutliche Unterschiede.
Besonders erfreulich ist die Entwicklung im Kreis Olpe: Hier stieg die Zahl der neuen Ausbildungsverträge um 21,8 Prozent auf 246. Rüc läufig war hingegen die Entwicklung im Hochsauerlandkreis mit einem Minus von 1,6 Prozent auf 540 Verträge sowie im Märkischen Kreis mit einem Rückgang um 4,4 Prozent auf 523 Verträge. Stabil blieb die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge in Siegen-Wittgenstein mit 399.
Machen wir uns nichts vor: Die Situation am Ausbildungsmarkt wird sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen. Der Wettbewerb um Nachwuchskräfte bleibt groß – und das Handwerk steht dabei in direkter Konkurrenz zur Industrie und zu akademischen Bildungswegen. Auch wenn es in einigen Bereichen positive Entwicklungen gibt, wird die duale Ausbildung im Handwerk noch immer zu selten als gleichwertige Alternative wahrgenommen.
Hier sind Politik, Schulen, Eltern und wir als Handwerksorganisation gleichermaßen gefordert, gegenzusteuern. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, jungen Menschen die Ausbildung im Handwerk als das zu zeigen, was sie wirklich ist: eine Chance für die eigene Zukunft.
Denn aktuelle Studien belegen eindeutig: Berufe, die auf handwerkliches Können, körperliche Präsenz und praktische Erfahrung setzen, lassen sich durch künstliche Intelligenz nicht ersetzen – bestenfalls ergänzen. Das Handwerk ist und bleibt damit ein klarer Gewinner der Zukunft.“
Detlef Schönberger, Hauptgeschäftsführer Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe:
„Zum Stichtag 31. Oktober 2025 verzeichnen wir einen Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in der Handwerksausbildung des Kreises Soest um 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Über alle Gewerke hinweg bleibt die Entwicklung damit rückläufig. Erfreulich ist jedoch, dass wir in einigen Innungsgewerken Zuwächse verzeichnen konnten – insbesondere bei den Bäckern, Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegern, Friseuren sowie Metallbauern. Diese Betriebe zeigen eindrucksvoll, dass sich Engagement in der Nachwuchsgewinnung lohnt. Die Sicherung des Fachkräftenachwuchses bleibt für das Handwerk in unserer Region eine zentrale Aufgabe. Wir müssen junge Menschen – ebenso wie ihre Eltern – weiterhin davon überzeugen, dass eine duale Berufsausbildung im Handwerk eine wertvolle und erfüllende berufliche Perspektive bietet. Eine Karriere im Handwerk verbindet Kopf, Herz und Hand – und führt oft zu beruflicher Zufriedenheit, Aufstiegsmöglichkeiten und unternehmerischer Selbstständigkeit. Die ausschließliche Fokussierung auf ein Studium ist dagegen nicht immer der richtige Weg.
Berufsorientierung ist der Schlüssel: Praktika, Unternehmensbesuche mit Unterstützung von Ausbildungs- und Berufsberatern, Besuche von Bildungsmessen und Berufskollegtagen oder kreative Formate wie unsere ‚Wheel-Datings‘ bei Kirmesveranstaltungen – all diese Angebote helfen Jugendlichen, den richtigen Weg zu finden. Diese Aktivitäten werden engagiert begleitet durch die Berufsberaterinnen und Berufsberater der Agentur für Arbeit, die Ausbildungs-Coaches der Kreishandwerkerschaft sowie durch die Fachlehrerinnen und Fachlehrer der Berufskollegs.
Auch während der Ausbildung bieten wir Perspektiven: Auslandsaufenthalte, zum Beispiel im Rahmen von Erasmus+, ermöglichen wer volle Erfahrungen – etwa für Bäcker, Friseure oder Maler, die hier besonders aktiv sind. Ebenso unterstützen wir Studienaussteigerinnen und -aussteiger beim Einstieg ins Handwerk und setzen auf eine gezielte Gewinnung von Auszubildenden aus dem Ausland.
Ein besonderes Augenmerk gilt zudem den vorzeitigen Vertragslösungen, die aktuell bei rund einem Drittel aller Ausbildungsverhältnisse liegen. Leistungsprobleme in der Berufsschule, sprachliche Hürden oder persönliche und familiäre Schwierigkeiten sind häufige Ursachen. Hier leisten wir – gemeinsam mit unseren Partnern – zunehmend aktive Unterstützung, um jungen Menschen den erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung zu ermöglichen.“