Rund 25.000 Ausbildungsplätze noch „last minute“ frei - regionale Unterschiede größte Herausforderung

Auch nach dem Start des neuen Ausbildungsjahres bleibt der Ausbildungsmarkt in Nordrhein-Westfalen in Bewegung. Noch sind viele freie Ausbildungsstellen nicht besetzt und auch viele Jugendliche befinden sich weiterhin auf der Suche nach dem qualifizierenden Einstieg ins Berufsleben. Ende August waren bei den Agenturen für Arbeit noch 24.848 offene betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet, während gleichzeitig 35.562 Bewerberinnen und Bewerber weiter eine Berufsausbildung suchten. Eine Alternative für den Fall, dass es mit der Lehrstelle nicht klappt, hatten bereits 11.341 Ausbildungssuchende.

29.08.2025 | Presseinfo Nr. 18

„2025 ist ein Jahr mit deutlichen Herausforderungen am Ausbildungsmarkt. Das wird jetzt im Endspurt noch einmal besonders sichtbar“, sagte Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „So ist zwar gegen den demografischen Trend die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber gestiegen. Doch gleichzeitig ist die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze im Vergleich zu den Vorjahren kleiner geworden.“

Insgesamt meldeten sich seit Oktober 2024 105.305 Menschen mit Interessen an einer Ausbildung bei den Arbeitsagenturen. Das waren 3.116 Personen oder 3,0 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. „Viele junge Menschen sehen die Ausbildung als überzeugende Chance für einen guten Start in ihr Berufsleben“, sagte Schüßler. „Die Berufsausbildung hat damit in den jungen Altersgruppen wieder sichtbar an Ansehen gewonnen. Das freut mich sehr, denn wir haben seit Jahren gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern aktiv für die Chancen und Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung geworben.“

Dieser positiven Entwicklung bei den Bewerberinnen und Bewerbern steht im Vermittlungsjahr 2024/2025 allerdings ein Ausbildungsangebot gegenüber, dass unter dem Eindruck der gesamtwirtschaftlichen Lage steht, so der Ausbildungsmarktexperte weiter: „Die aufgrund der konjunkturellen Entwicklung in vielen Unternehmen angespannte wirtschaftliche Situation hat dazu geführt, dass weniger Ausbildungsplätze als in den Vorjahren angeboten wurden. Das führt vor allem aus der Sicht der jungen Menschen am Ausbildungsmarkt zu einer aktuell angespannten Lage.“

Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsplätze um 4,2 Prozent oder 4.269 Ausbildungsplätze auf insgesamt 97.800 gemeldete Stellen. „Noch im letzten Jahr hatten wir zu diesem Zeitpunkt landesweit mehr Stellenangebote als Nachfrage. Nun hat sich das Verhältnis zu Ungunsten der Bewerberinnen und Bewerber umgekehrt. Meine Sorge ist, dass wir hier Potentiale verschenken. Schon jetzt gibt es in 45 Berufen in NRW nicht ausreichend Fachkräfte. Der wichtigste Lösungsansatz für diese Berufe ist die Ausbildung. Und vor dem Hintergrund des sich ausweitenden demografischen Umbruchs werden auch weitere Berufe in diese Engpasslage rutschen - wenn die verfügbaren Potentiale am Ausbildungsmarkt nicht genutzt werden.“

NRW besteht aus mehreren, regional unterschiedlichen Ausbildungsmärkten

Hinzu kommen, sagte der Ausbildungsmarktexperte, regional zum Teil deutliche Unterschiede, die dazu führen, dass auch viele Unternehmen keinen Nachwuchs finden. „Die Aussage, dass wir die Potentiale bei den Bewerberinnen und Bewerber nutzen müssen, stößt an regionale Grenzen. Wenn wir NRW als einen Ausbildungsmarkt betrachten, ist die Situation vor allem für junge Menschen angespannt. Doch besteht NRW genau betrachtet aus mehreren, stark unterschiedlichen Ausbildungsmärkten. In manchen Regionen gibt es deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber als Stellenangebote - und in anderen Regionen ist es genau umgekehrt.“

Die regionalen Ungleichgewichte waren im August sehr deutlich. Im Ruhrgebiet kamen auf 100 unbesetzte betriebliche Stellen 106 unversorgte Jugendliche, zählt man die Bewerberinnen und Bewerber hinzu, die eine Alternative haben, falls es mit der Ausbildung nicht klappt, kamen sogar 162 junge Menschen mit Ausbildungsinteresse auf 100 freie Stellen. Ganz anders in Südwestfalen und im Münsterland. In Südwestfalen kamen auf 100 unbesetzte noch 42, im Münsterland noch 45 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber. Zählt man die jungen Frauen und Männer mit Alternative dazu, waren es in Südwestfalen 64, im Münsterland 65 junge Menschen auf 100 unbesetzte betriebliche Ausbildungsplätze. „Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt ist regional sehr unterschiedlich: Mal fehlen den Betrieben Bewerberinnen und Bewerber, mal finden Jugendliche keinen Ausbildungsplatz. Gut ist beides nicht. Ziel muss ein ausgeglichenerer Markt sein.“

Umstellung G8 auf G9 wird auch am Ausbildungsmarkt zur Herausforderung

Vor diesem Hintergrund sollten die bestehenden Ausbildungsstellen unbedingt besetzt werden, sagte Schüßler: „Das ist zunächst nicht mehr als ein erster Schritt für die Unternehmen und die Bewerberinnen und Bewerber. Doch der Ausbildungsmarkt bietet beiden Seiten noch gute Chancen, die genutzt werden sollten.“

Im kommenden Jahr wird außerdem aufgrund der anstehenden Umstellung von G8 auf G9 an den Gymnasien beinahe ein ganzer gymnasialer Abi-Jahrgang wegfallen: „Die entstehende Lücke wird sich auf den gesamten Ausbildungsmarkt auswirken. Für Ausbilderinnen und Ausbilder wird es dann absehbar schwieriger, ihre Nachwuchsplätze zu besetzen“, sagte Schüßler. Sollten Unternehmen sich kurzentschlossen jetzt noch für die Ausbildung entscheiden, rät Schüßler, mit den Agenturen für Arbeit Kontakt aufzunehmen: „Die Arbeitsagenturen haben passende Unterstützungsangebote für vor und während der Ausbildung, so dass auch eine last minute-Entscheidung noch zum Erfolg führt.“

Auch Bewerberinnen und Bewerbern rät Schüßler gemeinsam mit den Arbeitsagenturen „last minute“ noch einmal intensiv in die Suche nach passenden Stellen einzusteigen: „Mein Tipp für alle, die die noch bestehenden Chancen bestmöglich nutzen möchten: Jetzt schnell Kontakt zur Berufsberatung der Agentur für Arbeit aufnehmen! Die Berufsberaterinnen und Berufsberater haben viele gute Ideen und gute Hintergrundkenntnissen zum lokalen Ausbildungsmarkt. Sie freuen sich, wenn sie junge Menschen unterstützen können, die richtige freie Stelle für ihre Talente und Interessen zu finden.“

Informationen und Grafiken im Anhang zur Presseinformation zu den Themen:

  • Entwicklung Ausbildungsstellen seit 2019
  • Entwicklung unbesetzte Ausbildungsstellen
  • Alter und Schulabschluss der Bewerberinnen und Bewerber
  • Top 10 der Berufe und Ausbildungswünsche
  • Ausbildungsmarkt in den NRW-Regionen und Agenturbezirken

Weiterführende Informationen im Internet

Ausbildungsreport NRW: ausführlicher statistischer Bericht und weitere Grafiken zum Ausbildungsmarkt.