SGB X - Verwaltungsverfahren und Datenschutz

Ist eine Eingabe an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) oder eine Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu betrachten?

Beispiel:

Da die Voraussetzungen hierfür vorlagen, wurden seitens des Jobcenters einem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Arbeitsaufnahme bei einem auswärtigen Arbeitgeber Fahrkosten für die täglichen Pendelfahrten zur Arbeit in Höhe von 260 € monatlich bewilligt. Dagegen legte der Leistungsberechtigte Widerspruch ein, weil er den Betrag von 260 € als zu gering ansah. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Vor dem Sozialgericht hat sich das Jobcenter mit dem Leistungsberechtigten dahingehend verglichen, dass er statt 260 € nunmehr 290 € für die täglichen Pendelfahrten zur Arbeit bewilligt bekam. Da der Leistungsberechtigte die höhere Summe aus dem Vergleich noch immer nicht akzeptierte, schrieb er eine Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.

Antwort:

Eine Eingabe an das BMAS bzw. eine Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ist grundsätzlich als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu betrachten. Wird im Rahmen der Eingaben- / Petitionsbearbeitung (also des Überprüfungsantrages) festgestellt, dass zum Nachteil des Betroffenen beschieden worden ist, so ist die fehlerhafte Entscheidung grundsätzlich zu korrigieren. Im Weiteren wird auf den WDB-Eintrag 942014 – Was ist bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X zu beachten? verwiesen.

Stand: 17.01.2017

WDB-Beitrag Nr.: 942006

In welchen Fällen sind Informationen gemäß § 8 Absatz 1c Asylgesetz an das BAMF zu Auslandsaufenthalten von Asylberechtigten und Personen mit anerkanntem internationalem Schutz zu übermitteln und was ist hierbei zu beachten?

Siehe Eintrag "Datenübermittlung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)" zu § 7 (identisch)

Stand: 11.10.2017

WDB-Beitrag Nr.: 942016

Dem früheren erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) wird rückwirkend eine Rente bewilligt. Kann der SGB II-Träger auch die an die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erbrachten Leistungen vom Rentenversicherungsträger nach den §§ 102 ff. SGB X erstattet verlangen?

Nach § 34c SGB II in der Fassung ab 01.08.16 sind auch die Leistungen umfasst, die an mit der leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen erbracht wurden.

Stand: 17.01.2017

WDB-Beitrag Nr.: 942005

Können Leistungen, die aufgrund der Bagatellgrenze nicht von der Leistungsempfängerin bzw. dem Leistungsempfänger zurückgefordert wurden im Rahmen der Erstattungsverfahren nach den §§ 102ff SGB X geltend gemacht werden?

Nein, denn Voraussetzung für eine Bezifferung der Leistung in den Erstattungsverfahren nach den §§ 102ff SGB X ist, dass der Leistungsbezug rechtmäßig erfolgte. Wenn allein wegen der Bagatellgrenze keine Aufhebung gegenüber der Leistungsempfängerin bzw. dem Leistungsempfänger erfolgte, ändert sich nichts daran, dass der Leistungsbezug zu Unrecht erfolgte. Denn es wird nicht aus materiell-rechtlichen Gründen, sondern aus Gründen des Aufwands, von der Erstattung abgesehen. Dies darf nicht zu Lasten anderer Träger gehen. Daher sind die SGB II-Leistungen (bis zur Bagatellgrenze), trotz der fehlenden Aufhebung, auch nicht beim vorrangigen Leistungsträger zu beziffern.

Stand: 13.06.2023

WDB-Beitrag Nr.: 942017

Dürfen SGB II- und SGB III-Träger untereinander Kundendaten austauschen?

Ein Informationsaustausch zur Erfüllung einer konkreten gesetzlichen Aufgabe gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X i. V. m. § 35 SGB I zwischen Leistungsträgern nach § 12 SGB I ist im erforderlichen Rahmen zulässig. Darunter fallen die Agentur für Arbeit, in ihrer Eigenschaft als Leistungsträger der Arbeitsförderung sowie der Grundsicherung, Kommunen und optierende Kommunen (§ 19 SGB I und § 19a Abs. 2 SGB I).
Nach § 18a SGB II bzw. § 9a SGB III arbeiten die Agenturen für Arbeit, die zugelassenen kommunalen Träger und die gemeinsamen Einrichtungen eng zusammen. Sie unterrichten sich unverzüglich über die ihnen insoweit bekannten, für die Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Tatsachen.
Sofern eine Agentur für Arbeit bei einem Aufstocker Kenntnis von der Arbeitsaufnahme durch den Leistungsberechtigten erhält, teilt sie dies unverzüglich dem zuständigen JC mit, § 9a SGB III. Gleiches gilt umgekehrt für das JC gemäß § 18a SGB II.

Hinweise: Fachliche Hinweise zu § 18a SGB II beachten.

Stand: 17.01.2017

WDB-Beitrag Nr.: 942004​

Bei einem unter 25-jährigen Leistungsberechtigten wird auf dessen Bürgergeld-Anspruch laufend Kindergeld angerechnet. Die Entscheidung über die Kindergeldgewährung wird durch die Familienkasse rückwirkend aufgehoben. Für zwei Monate in der Vergangenheit wird von der Familienkasse das gezahlte Kindergeld zurückgefordert. Hat die Aufhebung des Kindergeldes Auswirkungen auf die in der Vergangenheit erfolgte Einkommensanrechnung beim Bürgergeld?

Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Kindergeldes hat keine Auswirkungen auf die Höhe des Bürgergeld-Anspruchs für den von der Aufhebung betroffenen Zeitraum.

Da das Kindergeld tatsächlich zugeflossen ist, war es gem. § 11 Abs. 2 SGB II für die Monate des Zuflusses als Einkommen zu berücksichtigen (Zuflussprinzip).

§ 44 Abs. 1 SGB X ist hier nicht einschlägig, da zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich nachträglich als unrichtig erwiesen hat. Das Kindergeld ist zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung definitiv zugeflossen. Es liegt somit kein rechtswidriger Verwaltungsakt vor.

Es liegt auch kein Fall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X vor, wonach ein Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, wenn die Änderungen zugunsten des Betroffenen erfolgt. Eine Änderung der Verhältnisse ist frühestens an dem Tag eingetreten, an dem der zuständige Sozialleistungsträger seine Entscheidung korrigiert hat.

Stand: 30.01.2024

WDB-Beitrag Nr.: 942009

Was ist bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X zu beachten?

Zuständigkeit

Generell ist für ein Aufhebungs- und Erstattungsverfahren nach § 44 ff. SGB X das Jobcenter zuständig, welches den Verwaltungsakt erlassen hat, auch wenn aktuell ein anderes Jobcenter für die leistungsberechtigte Person örtlich zuständig ist. § 44 Abs. 3 SGB X findet insoweit keine Anwendung (BSG-Urteil vom 23.05.2012, Az. B 14 AS 133/11 R).

Antrag

Eine Entscheidung nach § 44 SGB X setzt grundsätzlich keinen Antrag voraus. Vielmehr hat die Behörde die Pflicht, den Verwaltungsakt von Amts wegen zurückzunehmen, wenn ihr ein Fehler bekannt wird. Aus der Formulierung „Einzelfall“ folgt jedoch keine Pflicht zur Durchsicht sämtlicher Akten auf mögliche Fehler.

Fehlende Begründung des Antrags

Sofern im Überprüfungsantrag keine Begründung genannt wird, kann sich das Jobcenter ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides berufen. Mindestvoraussetzung für eine Überprüfung in der Sache ist, dass der Verwaltungsakt und die für die Unrichtigkeit der bestandskräftigen Entscheidung sprechenden Umstände bezeichnet werden.

Rücknahmezeitraum

Ein Überprüfungsantrag ist ohne Sach- und Rechtsprüfung abzulehnen, soweit er aufgrund der Jahresfrist nach § 40 Abs. 1 S. 2 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 4 SGB X keine Auswirkungen mehr haben kann. Bei der Berechnung der Jahresfrist ist vom Beginn des Jahres auszugehen, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen bzw. der Antrag auf Überprüfung gestellt wird (§ 44 Abs. 4 S. 2, 3 SGB X).

Bsp.: Überprüfungsantrag 20.12.2012 → Überprüfungszeitraum bis zum 01.01.2011

Hinweise: Ausführlich u.a. Prof. Dr. Voelzke u. Julia Hahn, Bestandskraft versus materielle Gerechtigkeit – Grenzen bei der Überprüfung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte, SGb 2012, 685-691

Stand: 21.08.2017

WDB-Beitrag Nr.: 942014

Nutzungshinweise Wissensdatenbank SGB II