Der große Personalmangel in der Pflege betrifft alle. In den kommenden fünf bis zehn Jahren werde sich die Lage noch drastisch verschärfen, sagt Stefan Kettler, Leiter des Burkhard-von-Seckendorff-Heims in Gunzenhausen. Deshalb hat die Agentur für Arbeit Ansbach-Weißenburg eine Reihe von Bewerbertagen angeboten. Bei „Pflege live“ konnten zahlreiche Interessierte sich in Gunzenhausen einen Eindruck vom Heim-Alltag verschaffen.
Die Idee dahinter ist, Menschen für eine Ausbildung oder auch als Quereinsteiger in Pflegeberufen zu begeistern. „Dabei stehen weder ein Migrationshintergrund noch ein erfahrenes Lebensalter im Weg“, sagt Hedwig Hochreiter von der Agentur für Arbeit. Insgesamt besuchten rund 40 Menschen in den vergangenen Wochen vier regionale Pflegeheime. Neben Gunzenhausen auch in Weißenburg, Treuchtlingen und Ellingen.
Azubiküche über Bewohnerzimmer bis Andachtshalle – die Interessierten konnten
in Gunzenhausen alle Facetten eines Pflegeheims kennenlernen.
Bild: Lukas Schliepkorte/Agentur für Arbeit
Personalmangel: Heim muss Zimmer trotz Nachfrage leer lassen
Die Teilnehmenden in Gunzenhausen bekamen unter anderem die Wäscherei, die Azubi-Küche sowie eine Station des Heims zu Gesicht. Von denen gibt es insgesamt fünf – mit 150 Betten. Mehr wären verfügbar, sagt Kettler. Eine Station mit gefragten Einbettzimmern könne derzeit nicht belegt werden. Der Grund: fehlendes Fachpersonal. Im Heim gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten, neben der körperlichen Pflege auch als Betreuungskraft oder in der Hauswirtschaft. Für Letztere gibt es eine eigene Ausbildung.
Ausbildung in der Pflege: Sprachbarriere keine Hürde
„Wer sich für einen Beruf in der Pflege entscheidet, wird garantiert niemals arbeitslos“, sagt Hedwig Hochreiter von der Agentur für Arbeit. Damit sich mehr Menschen dafür entscheiden, stellt das Haus einiges auf die Beine. So gibt es laut Kettler eine eigene Mitarbeiterin, die nur für Auszubildende zuständig ist: Sie veranstaltet unter anderem Sprachkurse für Pflegeschüler mit Migrationshintergrund und schult im Umgang mit Senioren und ihren speziellen Bedürfnissen. Interessierte können sich auch im Rahmen eines Praktikums ein Bild verschaffen.
Heimleiter Stefan Kettler erläutert eine Hebevorrichtung, die Pflegepersonal entlastet.
Bild: Lukas Schliepkorte/Agentur für Arbeit
Für die eigentliche Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann gibt es Verträge mit Pflegeschulen in Weißenburg und Ansbach. Die findet etwa zur Hälfte in Theorie und Praxis statt – bei 1.500 Euro Ausbildungsgehalt. Das letzte Jahr von dreien verbringen Auszubildende dann komplett in der Praxis an ihrem eigentlichen Einsatzort. Vorher durchlaufen sie aber zahlreiche andere Stationen, unter anderem in der Kinderpflege, der Psychiatrie und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.
Pflegeausbildung EU-weit anerkannt
Die Pflegeausbildung ist eine allgemeine, sagt Kettler – und EU-weit anerkannt. Arbeit ist damit auch in einem Klinikum oder in anderen Pflegeinrichtungen möglich. Es sei für ihn weniger entscheidend, ob die Auszubildenden langfristig in seinem Heim bleiben. Wichtiger ist es demnach, dass alle Pflegestellen selbst ausbilden, um insgesamt genug Personal zu gewinnen.
„Wir müssen alle zusammenhalten und ausbilden! Wir müssen ausbilden, ob sie bleiben oder nicht!“
Stefan Kettler (Leiter des Burkhard-von-Seckendorff-Heims in Gunzenhausen)
Klischee stimmt nicht: Pflegeberufe lohnen sich finanziell
Interessierte für die Pflegefachausbildung müssen die mittlere Reife mitbringen – oder einen Hauptschulabschluss plus eine abgeschlossene Berufsausbildung. Die können sie aber auch in der Pflege machen. Nach einer einjährigen Ausbildung zum Pflegefachhelfer/zur Pflegefachhelferin verdienen Absolventen bereits etwa 2.700 Euro brutto. Diesen Verdienst behalten sie als Ausbildungsgehalt auch, wenn sie im Anschluss noch die „große“ Ausbildung als Pflegefachkraft machen – dank Förderung durch die Agentur für Arbeit. Kettler sagt, haben Absolventen diese Ausbildung dann in der Tasche, ist mit Berufserfahrung langfristig ein Jahresgehalt von über 60.000 Euro realistisch. Dass Pflege schlecht bezahlt sei, stimme nicht mehr.
Nina Heinbüchner von der Hauswirtschaftsleitung erläutert die Wäscherei.
Bild: Lukas Schliepkorte/Agentur für Arbeit
Direkter Einstieg auch für Anfänger
Auch (ältere) Ungelernte haben gute Chancen, in der Pflege direkt einzusteigen. Einige davon gehören in Gunzenhausen schon zum Team. Das ist laut Heimleiter Kettler sehr international – und die Stimmung sei gut. Unter anderem zwei Mitarbeiter kommen aus dem Kosovo und zwei indische Bundesfreiwilligendienstleistende gehen in Gunzenhausen aktuell nahtlos in die Ausbildung über.
Stefan Kettler und Nina Heinbüchner vom Burkhard-von-Seckendorff-Heim mit Hedwig Hochreiter von der Agentur für Arbeit Ansbach-Weißenburg.
Bild: Lukas Schliepkorte/Agentur für Arbeit
Freie Stellen für Pflegeausbildung ab Spätsommer
Die Ausbildung beginnt – auch für andere Interessierte – in zwei Monaten von neuem. An vielen Heimen sind noch Ausbildungsstellen frei. Hedwig Hochreiter, die Beauftragte für Chancengleichheit von der Agentur für Arbeit, steht bei allen Fragen zur Seite. Interessierte für eine Ausbildung oder einen Quereinstieg können sich per E-Mail oder telefonisch direkt bei ihr melden:
Ansbach-Weissenburg.BCA@arbeitsagentur.de
Tel: +49 (9141) 871 207