Jahresrückblick zum Arbeitsmarkt 2023

Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt trotz Krise hoch

03.01.2024 | Presseinfo Nr. 2

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im Bezirk der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg im Juni 2023 (aktuellster Stichtag) mit 245.836 Männern und Frauen, trotz der sich das gesamte Jahr hindurchziehenden wirtschaftlichen Turbulenzen, verhältnismäßig gering zurückgegangen. Seit dem letzten Jahr, als sie ihren historischen Höchststand seit Gründung der Bundesrepublik erreichte (247.348), hat die Zahl der Beschäftigten um 0,6 Prozent bzw. um 1, 512 Personen abgenommen. Obwohl sich Deutschland seit dem Frühjahr 2020 sprichwörtlich im Dauer Krisen Modus befindet, ist sie sogar um 725 Personen (+0,3 Prozent) größer geworden als im Juni 2019, dem Jahr vor der Corona Krise. Seit dem Ende der Weltwirtschaftskrise in 2010 beläuft sich das Beschäftigtenwachstum bis dato auf 35.569 neugeschaffene Arbeitsplätze bzw. einem Plus von 17,0 Prozent.
Der hohe Fachkräftebedarf ist ein Dauerthema, das trotz der Rezession virulent bleibt. Ursache ist die demografische Entwicklung, die erstmals in 2022 zu einem Schrumpfen der deutschen Erwerbstätigen (-1 273) im Agenturbezirk führte. Diese Entwicklung nahm 2023 weiter an Fahrt auf. Allein im letzten Jahr nahm die Zahl der beschäftigten Deutschen mehr als doppelt so stark mit einem Minus um 3 207 Personen (-1,4 Prozent) ab. Der demografische Wandel macht sich von Jahr zu Jahr stärker bemerkbar. Gut jeder vierte Beschäftigte (23,8 Prozent bzw. 58 576) ist mindestens 55 Jahre alt und scheidet voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren aus dem Erwerbsleben aus. Nur jeder Zehnte (10,4 Prozent, 25 446) ist jünger als 25.
Ein wichtiges Element ist daher der Zuzug von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Ausland. Der Ausländeranteil an allen Beschäftigten liegt mit 25 935 Personen bei 10,5 Prozent. Allein im letzten Jahr ist er um 1 695 angestiegen. Aus der EU stieg am dynamischsten die Zahl der beschäftigten Polen (+214 auf 4.303), der Rumänen (+177 auf 4.152) und Ungarn (+106 auf 643). Aber auch viele Inder finden ihre berufliche Zukunft in der Region. Allein im letzten Jahr nahm ihre Beschäftigung um 43,4 Prozent bzw. 203 Personen auf 671 zu.
Wegen des seit dem Frühjahr 2022 andauernden Kriegs in der Ukraine nahmen im vergangenen Jahr immer mehr Geflüchtete von dort im Raum des Agenturbezirks Bamberg-Coburg eine Beschäftigung auf. Im Gegensatz zum heterogenen Bildungsniveau von Flüchtlingen anderer Nationen verfügen sie über eine bessere Schulbildung und sind häufig gut qualifiziert. Daher wuchs ihre Zahl seit dem Vorjahr um 42,9 Prozent (+281) auf 936 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Ein differenzierteres Bild der Integration in Beschäftigung seit dem Vorjahr zeigt ein Blick auf andere Hauptherkunftsländer von Geflüchteten: Syrien plus 12 (+1,2 Prozent) Personen auf 1 022, Afghanistan plus 24 (+6,3 Prozent) Personen auf 403, Eritrea plus 2 (+0,7 Prozent) Personen auf 309, Iran plus 64 (+26,2 Prozent) Personen auf 308 und Irak minus 3 (-1,0 Prozent) Personen auf 288.
Nach Branchen gab es 2023 absolut betrachtet die stärkste Zunahme in der Metall-, Elektro- sowie Stahlindustrie (+621 oder +1,5 Prozent), einem Teilbereich im Verarbeitenden Gewerbe, dem Handel, Instandhaltung und Reparatur von KFZ (+510 bzw. 1,5 Prozent sowie bei Information und Kommunikation mit einem Zuwachs um 219 Beschäftigte (+5,6 Prozent). Der Bereich Erziehung und Unterricht legte um 147 Beschäftigte bzw. 1,7 Prozent zu.
Am ungünstigsten war dagegen die Beschäftigungsentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe. Dort belief sich der Personalabbau binnen Jahresfrist auf 2 593 Beschäftigte (-3,5 Prozent). Die Herstellung von Vorleistungsgütern (insbesonders chemische Erzeugnisse und Kunststoffwaren) verzeichnete ein Minus von 1 645 Arbeitsplätzen (-8,8 Prozent) und die Konsumgüterherstellung um 1 569 (-10,7 Prozent). Mit einem Rückgang um lediglich 6,0 Prozent (-206) reagierte der auf Krisen sehr volatile Bereich der Zeitarbeit ungewohnt stabil. Aber auch die Baubranche verbuchte trotz der Hiobsbotschaften von Auftragseinbrüchen lediglich einen moderaten Personalrückgang um 1,0 Prozent (-144).

 

Dynamischer Arbeitsmarkt voller Chancen und Risiken – Arbeitslosigkeit moderat gestiegen
Mit durchschnittlich 12 194 arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hat die Arbeitslosigkeit in 2023 seit dem Vorjahr um 10,0 Prozent bzw. 1 113 Personen zugenommen. Neben den wirtschaftlichen Turbulenzen und damit verbundenen Insolvenzen und Massenentlassungen einiger Firmen wirkte sich zum überwiegenden Teil die Zunahme von Flüchtlingen auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit aus. In den sieben Jobcentern des Agenturbezirks erhöhte sich die Zahl der ausländischen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt um 30,1 Prozent (+538 Personen) auf 2 327. 40,9 Prozent aller Arbeitslosen Bürgergeldbezieher waren Ausländer.
Die Arbeitslosenquote ist seit dem Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte gestiegen und betrug im Jahresdurchschnitt 3,5 Prozent. Vor zwei Jahren, Mitten in der Corona Krise, lag sie mit 3,4 Prozent sogar leicht darunter. Am stärksten waren im vergangenen Jahr die Jugendlichen vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen, was jedoch in Krisenzeiten üblich ist. In Aufschwung Phasen sinkt deren Zahl wieder überproportional schnell, im Gegensatz zu der von älteren Personengruppen. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg seit dem Vorjahr im Schnitt um 10,6 Prozent (+107) auf 1 110. Die der Personen ab 50 erhöhte sich hingegen lediglich um 6,3 Prozent (+310) auf 5 242.
Die der schwerbehinderten Menschen nahm um 2,8 Prozent (+40) auf 1 460 zu. Auch sie sind gerade bei Insolvenzen immer wieder mit betroffen. Der Zahl der Langzeitarbeitslosen blieb nahezu (+8 bzw. +0,3 Prozent) unverändert, mit 24,1% aber auf hohem Niveau, trotz eines nach wie vor aufnahmefähigen Arbeitsmarkts. Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit in Verbindung mit der Fachkräftesicherung bleibt eine große Herausforderung der kommenden Jahre.
Die Zahl der arbeitslosen Ausländer erhöhte sich überproportional um über ein Viertel (+28,1 Prozent, +705) auf 3 219. Im Schnitt hatte mehr als jeder vierte Arbeitslose (26,4 Prozent) einen ausländischen Pass.
Im Bereich des SGB III stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zu 2022 aufgrund des hohen Fachkräftebedarfs lediglich um 5,4 Prozent (+331 Personen) auf 6 500. Im Zweijahresvergleich hat sie sogar um 12,3 Prozent (-916) abgenommen. Bei den Jobcentern ist sie aufgrund der vor Krieg und Zerstörung Schutzsuchenden mit einem Plus von 15,9 Prozent fast drei Mal so viel (+15,9 Prozent bzw. +782) auf 5 694 gestiegen. Seit 2021 ist die Zahl dort im Gegensatz zum Versichertenbereich um gut ein Viertel (+22,8 Prozent) bzw. 1 057 Bürgergeldempfänger größer geworden.

 

Entlassungsrisiko zwar gestiegen – Weiter Turbo Jobchancen für Fachkräfte
Im Jahr 2023 verloren 16 144 Männer und Frauen ihre Beschäftigung. Das waren 5,4 Prozent bzw. 825 Personen mehr als im Vorjahr. Während dieser Zeit fanden 12 565 Arbeitslose eine neue Beschäftigung, 1,7 Prozent oder 212 mehr als 2022. Das Entlassungsrisiko stieg im vergangenen Jahr, begleitet von einigen Insolvenzen und größeren Entlassungen. Durch die weiterhin hohe Einstellbereitschaft der Firmen erhöhte sich damit verbunden auch die Zahl der Beschäftigungsaufnahmen leicht. Die Zahl der Einstellungen könnte noch spürbar größer sein. Jedoch verfügt über die Hälfte der Arbeitslosen über keinen Berufsabschluss und es werden überwiegend Fachkräfte gesucht. Eine Ausbildung oder geförderte berufliche Qualifizierung nahmen 9 429 arbeitslose Personen auf, 1 646 oder 21,1 Prozent mehr als 2022, als die Corona bedingten Beschränkungen von Präsenzunterricht erst im Jahresverlauf aufgehoben wurden.

Stellenmarkt – Bestand auf Vize Höchststand seit Gründung der BRD
Im Jahresdurchschnitt hatte der Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit
Bamberg-Coburg 9 261 sozialversicherungspflichtige Stellenangebote im Bestand. Das waren lediglich 5,0 Prozent bzw. 484 weniger als im Stellenrekordjahr 2022, jedoch über ein Fünftel (+22,0 Prozent) bzw. 1 671 mehr als vor zwei Jahren. Ein nicht unerheblicher Teil der Stellen war neben einem Personalaufbau als Ersatz für in Rente gehende Mitarbeiter bestimmt.

Dem Arbeitgeberservice wurden im vergangenen Jahr insgesamt 17 590 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote gemeldet. Das waren 12,4 Prozent
(-2 480) weniger Jobs als im Vorjahr. Der Stellenzugang nahm im letzten Jahresdrittel sukzessive durch die Folgen der auf der Stelle tretenden Konjunktur leicht ab.

Ausbildung erlebt Aufschwung in Westoberfranken
Im vergangenen Beratungsjahr 2022/23 entfielen 5 544 gemeldete Berufsausbildungsstellen auf 2 747 bei der Berufsberatung gemeldete Bewerber. Der Arbeitgeberservice bekam 205 oder 3,8 Prozent mehr Lehrstellen gemeldet als im Vorjahr. Zum ersten Mal seit sieben Jahren nahm die Zahl der Bewerber wieder zu. Sie erhöhte sich um 233 oder 9,3 Prozent.
Auf 100 Jugendliche kamen rein statistisch 200 gemeldete Lehrstellen. Es blieben
1 233 Ausbildungsplätze unbesetzt, 130 (+11,8 Prozent) mehr als im Vorjahr. 53 Bewerber waren noch auf Lehrstellensuche, 7 mehr als 2022.

Kurzarbeit, bewährt und bereit für den Tag X
Im Gegensatz zu den Jahren der Corona Krise, als sich die Kurzarbeit im Dauereinsatz befand, bewegte sich ihre Inanspruchnahme das ganze Jahr 2023 auf relativ niedrigem Niveau.
Zum Vergleich – Im Februar 2021 zur Hochphase des damals seit drei Monaten andauernden harten Lockdowns bezogen im Agenturbezirk insgesamt 3 294 Betriebe für 25 102 Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. 10,2 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren in Kurzarbeit. Der durchschnittliche Arbeitsausfall lag damals pro Kurzarbeiter bei 47,9 Prozent.
Im Januar 2023 waren es lediglich 86 Betriebe für 1 557 Beschäftige und 0,6 Prozent der Arbeitnehmer waren in Kurzarbeit mit einem Arbeitsausfall von 23,3 Prozent im Schnitt.
2023 bewegte sich die Zahl der Betriebe, die in Kurzarbeit waren durchgängig unter der 100 Marke, die der Kurzarbeiter unter 2 000 und die Kurzarbeiterquote unter ein Prozent.
„Das Kurzarbeitergeld hat sich in den Jahren der Corona Krise und bedingt durch die Folgen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine als Schutzschirm für Beschäftigung vielfach bewährt. Es gibt unserer Wirtschaft weiterhin Rückendeckung. Zwar haben wir aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage noch keine gravierend steigende Inanspruchnahme, jedoch zeigen die zunehmenden Anfragen der Firmen, dass sie es als Joker für den Fall der Fälle zu schätzen wissen.“ – So das Fazit von Stefan Trebes, dem Leiter der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg.

 

Rückblick und Ausblick
Routiniert im Krisenmodus, mit dem Job Turbo ins neue Jahr starten
Resümee von Stefan Trebes, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg: „Zwei Jahre Corona Krise, waren kaum überstanden, seitdem beschäftigen uns die Folgen des mittlerweile seit zwei weiteren Jahren andauernden Ukraine Kriegs mit einer Flüchtlingswelle, noch größer als 2015. Und was brachte 2023? Hyperinflation, Materialengpässe, explodierende Energie und Materialkosten, Flaute auf dem Bau, Rezession und ein weiterer großer Flüchtlingsstrom. Im Jahresrückblick der Tageszeitungen lesen wir von Insolvenzen, Betriebsstillegungen und Massenentlassungen. Wir stehen seit Jahren im Dauerkrisenmodus und dennoch sehen wir hinter jeder Kündigung ein individuelles Schicksal und wir wollen hier schnell helfen.
Insgesamt hat der Arbeitsmarkt in der Region die Situation trotz der Verluste bekannter Unternehmen, im Großen und Ganzen erstaunlich gut überstanden. Durch die Entlassungen haben wieder mehr Betriebe die Chance, an neue qualifizierte Mitarbeiter zu kommen. Und wenn dies noch nicht der Bewerber mit dem optimalen Qualifikationsprofil ist, dann beraten und unterstützen wir, dass er sich dazu entwickeln kann. Zum Beispiel das Qualifizierungs- und Chancengesetz bietet hier hervorragende Förderbedingungen. Über internationale Projekte holen wir aber auch gezielt Arbeitskräfte ins Land, z.B. zeigen Pflege- und Erziehungsprojekte zur Fachkräftesicherung der Arbeitsagentur erste Erfolge. Vorrang hat aber stets das Arbeitskräftepotential, das bereits im Land ist: Bürgergeld und Arbeitslosengeld sollen eine akute Situation lindern, sie sind keine lange oder gar Dauerperspektive. Stattdessen soll durch sozialversicherungspflichtige Arbeit jeder dazu beitragen, dass es unserem Land weiterhin gut geht. Wir werden daher den Job Turbo der Bundesregierung weiter forcieren. Man kann stolz darauf sein, in den Unternehmen unserer Region zu arbeiten. Sie sind ein starker Anker in stürmischen Zeiten.“