Der ostsächsische Arbeitsmarkt im Jahr 2023 und Ausblick auf 2024

Angespannte wirtschaftliche Lage hält den Arbeitsmarkt im Griff

17.01.2024 | Presseinfo Nr. 2

„Die Arbeitslosigkeit stieg im vergangenen Jahr an, größtenteils wegen des Zugangs geflüchteter Menschen. Doch auch die schwache Konjunktur hat ihre Spuren auf dem ostsächsischen Arbeitsmarkt hinterlassen. Die Beschäftigung und die Zahl der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Stellen gingen zurück. Die Unternehmen halten überwiegend ihre Arbeits- und Fachkräfte, doch sie stellen auch weniger neu ein. Arbeitslose haben es dadurch schwerer, wieder in Arbeit zu kommen. Das gilt insbesondere für Menschen, denen aktuell nachgefragte Qualifikationen fehlen oder die keinen Berufsabschluss haben. Eine Trendwende am Arbeitsmarkt erwarte ich erst, wenn sich die Konjunktur wieder bessert. Gerade jetzt sind Qualifizierungen und Weiterbildungen umso wichtiger. Das gilt nicht nur für Arbeitslose, sondern auch für Beschäftigte, um Arbeitslosigkeit vorzubeugen“, fasst Marion Richter, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bautzen, zusammen.

Arbeitslosigkeit:

Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Jahresdurchschnitt 2023 deutlich um 2.336 Personen (+13,6 Prozent) auf 19.494 Menschen gegenüber dem Jahr 2022 an. Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozentpunkte höher und betrug 7,1 Prozent. Der Anstieg der Arbeitslosen verteilt sich auf fast alle Personen- und Altersgruppen. Die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen blieb hingegen konstant.

Hauptgrund für den Anstieg der Arbeitslosigkeit im letzten Jahr war der Zugang geflüchteter Menschen. So fiel das Plus bei den arbeitslosen ausländischen Bürgerinnen und Bürgern am stärksten aus: Ihre Zahl stieg um 1.634 Personen auf insgesamt 3.578 gegenüber dem Vorjahr an (+84,1 Prozent). Der überwiegende Teil, 2.949 arbeitslose ausländische Bürgerinnen und Bürger (82 Prozent), ist bei den Jobcentern der Landkreise Bautzen und Görlitz registriert.

Insgesamt betreuten die Jobcenter der Landkreise Bautzen und Göritz im Jahr 2023 durchschnittlich 13.045 Arbeitslose. Das sind 1.899 Menschen (+17,0 Prozent) mehr als im Jahr 2022.

Zu einem geringeren Teil führte auch der lahmende Konjunkturmotor zu einem Anstieg der gemeldeten Arbeitslosen bei den Jobcentern und der Arbeitsagentur in Ostsachsen.

Bei der Agentur für Arbeit Bautzen, welche unter anderem Arbeitslose unterstützt, die Arbeitslosengeld beantragt haben oder beziehen, waren im Jahr 2023 durchschnittlich 6.448 Personen gemeldet. Das ist ein Plus von 437 Menschen (+7,3 Prozent) gegenüber dem Vorjahr.

 

Langzeitarbeitslosigkeit:

Durch die niedrigere Arbeitskräftenachfrage ist es schwieriger, Langzeitarbeitslosigkeit wieder abzubauen, nachdem sie während der Corona-Zeit gestiegen ist. 8.574 langzeitarbeitslose Menschen waren bei der Arbeitsagentur Bautzen sowie den Jobcentern Bautzen und Görlitz im Jahr 2023 gemeldet. Darunter betreute die Agentur für Arbeit Bautzen 1.053 Langzeitarbeitslose. Das sind zwar weniger Menschen als im Jahr 2022, aber immer noch 319 Personen mehr (+30 Prozent) als vor Corona im Jahr 2019.

Beim Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit spielt im Bereich der Grundsicherung, neben der schwachen Konjunktur, auch der Zugang geflüchteter Menschen eine Rolle: Bei den Jobcentern der Landkreise Bautzen und Görlitz waren im Jahr 2023 durchschnittlich 7.521 Langzeitarbeitslose gemeldet, 700 Personen mehr als im Vorjahr und 528 Personen mehr als vor Corona im Jahr 2019.

Mehr als jede oder jeder dritte Langzeitarbeitslose (37 Prozent) hatte im Dezember 2023 keine abgeschlossene Berufsausbildung, 906 Personen (+36,5 Prozent) mehr als im Dezember 2022.

 

Humanitäre Migration aus der Ukraine: 1.543 arbeitslose Menschen aus der Ukraine gemeldet

Im Dezember 2023 waren 3.223 erwerbsfähige Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit gemeldet und der Großteil von ihnen hat Leistungen aus der Grundsicherung (Bürgergeld) erhalten. Das waren 52 mehr als im November 2023 und 498 mehr als im Dezember 2022. Darunter waren in den Landkreisen Bautzen und Görlitz 1.543 Ukrainerinnen und Ukrainer arbeitslos gemeldet, 100 weniger als im November 2023, aber 370 mehr als im Dezember 2022.

Nach neusten Hochrechnungen sind in den Landkreisen Bautzen und Görlitz 633 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit beschäftigt. So waren im Juni 2023 insgesamt 508 ukrainische Frauen und Männer sozialversicherungspflichtig beschäftigt – in Vollzeit oder Teilzeit. Das sind 361 mehr als im Februar 2022 – vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Gleichzeitig arbeiteten im Juni 2023 weitere 125 Menschen aus der Ukraine im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) in Ostsachsen. Das sind 105 mehr als im Februar 2022.

Damit ist die Gesamtbeschäftigung im Kontext Ukraine seit Februar 2022 um 466 gestiegen.

Grundsicherung:

Das Jobcenter Landkreis Görlitz blickt auf ein sehr besonderes Jahr 2023 zurück:

Nach der erfolgreichen Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in die Verantwortung der Jobcenter im Jahr 2022 stieg die Anzahl an Bürgergeldempfängern im Landkreis Görlitz von 15.300 auf 17.300 im Jahresmittel 2023 an. Bis zum Jahresende gelang es, durch kontinuierliche Integrationsarbeit die Gesamtzahl dieser wieder auf knapp 17.000 zu reduzieren. Einen Schwerpunkt bildeten dabei aktive Messe- und Konferenzformate: Das Jobcenter gestaltete die Ausbildungsmesse Insider mit, nutzte Arbeitgeberkonferenzen und konnte mit den in 2023 erstmalig durchgeführten sogenannte „Orientierungsmessen“ ein neues Format zur Arbeits- und Weiterbildungsvermittlung etablieren.

Die neuen gesetzlichen Änderungen des Bürgergeldes wurden in 2023 reibungslos und termingerecht umgesetzt.

Zudem wurde im Jobcenter Landkreis Görlitz ein neues Fachprogramm eingeführt, ohne dass damit Einschränkungen im Kundenverkehr, wie Schließtage o.ä., verbunden gewesen wären. Neben der bereits jahrelangen erfolgreichen Nutzung der E-Akte ist damit ein weiterer Meilenstein der Digitalisierungsstrategie des Jobcenters umgesetzt.

Nichtsdestotrotz ist auch der Landkreis Görlitz von den weltweiten krisenhaften Erscheinungen in seiner wirtschaftlichen Entwicklung betroffen. „Wir gehen allerdings davon aus, dass im Jahresverlauf 2024 ein wirtschaftlicher Aufschwung gelingen kann – und da wollen wir mit geeigneten Kandidaten für die zu besetzenden Arbeitsstellen zur Verfügung stehen“, so Felix Breitenstein, Betriebsleiter des Jobcenters Landkreis Görlitz. Das Jobcenter Landkreis Görlitz wird deshalb in 2024 seine Schwerpunkte auf Aktivierung, Spracherwerb und Weiterbildung legen.

"Das Bürgergeldgesetz ist im vergangenen Jahr in zwei Stufen in Kraft getreten und wurde vollumfänglich durch das Jobcenter Bautzen umgesetzt. Dafür möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters Bautzen für ihr Engagement herzlich bedanken. Aktuell befindet sind das Bürgergeldgesetzt erneut in der politischen Diskussion. Diese umfasst sowohl fiskalische Erwägungen aber auch inhaltliche Regelungen. So soll die künftige Finanzierung von Maßnahmen zur Reha und zur beruflichen Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen werden, neue Sanktionsmöglichkeiten eröffnet und der Bürgergeldbonus abgeschafft werden. Doch nach wie vor liegt der Schwerpunkt unserer Arbeit in der Unterstützung der hilfebedürftigen Menschen in unserem Landkreis mit dem Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt. Aktivierungen und Qualifikationen, aber auch Integrationskurse für die geflüchteten Menschen bilden dafür den Hebel für erfolgreiches Arbeiten“, so Mathias Bielich, Betriebsleiter des Jobcenters Landkreis Bautzen.

Unterbeschäftigung:

Die Unterbeschäftigung - die Summe aus Arbeitslosen, Teilnehmern an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und vorübergehend nicht verfügbaren Arbeitsuchenden - belief sich nach ersten Hochrechnungen im Jahresdurchschnitt 2023 auf 23.241 Personen und liegt damit um 2.407 Personen bzw. 11,6 Prozent über dem Vorjahresniveau. Bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen betrug die Unterbeschäftigungsquote im letzten Jahr 8,4 Prozent und ist damit 0,9 Prozentpunkte höher als im Jahr 2022.

Arbeitskräftenachfrage:

Nachdem die gemeldete Arbeitskräftenachfrage ab der zweiten Jahreshälfte 2022 spürbar schwächer wurde, setzte sich dieser Trend im Jahr 2023 fort. Die Unternehmen meldeten der Agentur für Arbeit Bautzen im Jahresverlauf 2023 8.883 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen, 1.127 Stellen (-11,3 Prozent) weniger als im Jahr 2022.

Durchschnittlich pro Monat hatte die Arbeitsagentur Bautzen im Jahr 2023 3.590 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen im Bestand. Das waren 1.374 Stellen (-27,7 Prozent) weniger als im Vorjahr. Am stärksten war der Rückgang in der Arbeitnehmerüberlassung, im Handel, der Instandhaltung sowie Reparatur von Kraftfahrzeugen und im verarbeitenden Gewerbe. Auch im Baugewerbe sowie dem Gastgewerbe nahm die Arbeitskräftenachfrage deutlich ab.

Der Rückgang der Arbeitskräftenachfrage erstreckte sich zwar über alle Qualifikationsebenen, aber am stärksten war er im Bereich der Hilfstätigkeiten. 561 Helferstellen waren durchschnittlich pro Monat im Jahr 2023 im Bestand der Arbeitsagentur, 33 Prozent weniger als im Vorjahr. Überwiegend richteten sich die gemeldeten Arbeitsstellen im Bestand der Arbeitsagentur Bautzen an Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Ihre Zahl belief sich durchschnittlich pro Monat auf 3.029 Stellen im Jahr 2023. Das sind 27 Prozent weniger als im Jahr 2022. Dennoch machen die Stellenangebote, mit denen die Unternehmen auf der Suche nach qualifiziertem Personal sind, einen Anteil von 84 Prozent am Gesamtbestand aus. Statistisch kommen auf eine gemeldete Helferstelle 20 gemeldete Arbeitslose, die eine neue Arbeit als Hilfskraft suchen. Im Bereich der Fachkräfte, Spezialisten und Experten kommen hingegen statistisch auf eine gemeldete Arbeitsstelle drei Arbeitslose. Beruflich, qualifikatorisch und regional passen Angebot und Nachfrage schwieriger zusammen. Häufiger bedarf es einer passenden Unterstützungsleistung für die Vorbereitung oder Aufnahme einer neuen Arbeit. So stieg beispielsweise die Zahl der geförderten Arbeitsverhältnisse mit Eingliederungszuschüssen um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Eingliederungszuschüsse können unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden, wenn die Einarbeitung über den üblichen Umfang hinaus geht.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung:

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, welche im Agenturbezirk Bautzen bei den Unternehmen tätig sind, sank im Juni 2023 um -1.007 Personen (-0,5 Prozent) auf 201.651. In der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei nahm die Zahl der Beschäftigten im 0,7 Prozent auf 3.437 Beschäftigte und im produzierenden Gewerbe um 0,3 Prozent auf 69.495 Beschäftigte zu. Im Dienstleistungsbereich sank hingegen die Zahl der Beschäftigten um 1,0 Prozent auf 128.719. Am ungünstigsten war im Juni 2023 die Entwicklung in der Arbeitnehmerüberlassung (–543 Beschäftigte oder -10,3 Prozent auf 4.749).

Kurzarbeit:

Im Jahresverlauf 2023 mussten weniger Unternehmen durch den Einsatz von Kurzarbeit gestützt werden: Während im Januar 2023 noch 82 Unternehmen mit 1.204 Beschäftigten Kurzarbeit in Anspruch nahmen, waren es im August 2023 nach vorläufigen Hochrechnungen noch 47 Unternehmen mit 830 Beschäftigten. Der Anteil der Kurzarbeiter an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten lag im August 2023 bei 0,4 Prozent. Auch die Zahl der Unternehmen, welche Kurzarbeit neu anzeigen mussten, nahm im Jahresverlauf 2023 stetig ab und bewegte sich deutlich unter dem Niveau des Jahres 2022.

Hintergrundinformationen:

IAB-Kurzbericht 20/2023: Regionale Arbeitsmarktprognosen 2023/2024: Angespannte wirtschaftliche Lage trifft die regionalen Arbeitsmärkte unterschiedlich

Regionalreport über Beschäftigte – Agenturen für Arbeit und Kreise

Daten zu Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, Arbeitsstellen und Beschäftigung in der Zeitreihe

 

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Pressesprecherin: Corina Franke

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