Der Arbeitsmarkt im Wirtschaftsraum Bonn/Rhein-Sieg – Jahresbilanz 2024

Der Arbeitsmarkt 2024 – Zwischen steigender Arbeitslosigkeit und anhaltendem Fachkräftebedarf

Im Jahr 2024 haben sich die Gegensätze am Arbeitsmarkt der Region Bonn/Rhein-Sieg weiter verschärft. Obwohl immer mehr Menschen ihre Beschäftigungsverhältnisse verlieren, ringen immer noch viele Unternehmen mit einer eklatanten Personalknappheit, vor allem bei den Fachkräften. Dieser Widerspruch wird sich auch 2025 voraussichtlich nicht auflösen. 

03.01.2025 | Presseinfo Nr. 2

Bilanz für das Jahr 2024 im Agenturbezirk Bonn/Rhein-Sieg

  • erneuter Anstieg der Arbeitslosigkeit
  • mehr arbeitslose junge Menschen, mehr Langzeitarbeitslosigkeit
  • sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt weiter zu
  • Arbeitskräftenachfrage flacht ab


Entwicklung der Beschäftigung gesamt

„Die Krisen in der Welt und am Wirtschaftsstandort Deutschland führen auch in Bonn/Rhein-Sieg zu einer Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt: Im Vergleich zum Vorjahr mussten sich 4,7 Prozent mehr Menschen arbeitslos melden. Daneben verzeichnen wir aber auch einen Zuwachs von 1,1 Prozent bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in unserem Agenturbezirk,“ erläutert Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn, während der Jahresbilanz zum Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bonn.

Beim erneuten Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Agenturbezirk Bonn auf 367.046 Arbeitnehmende lag der größte Zuwachs mit 5,8 Prozent in der Gruppe der Menschen mit ausländischem Pass; Menschen mit deutschem Pass machten ein Plus von 0,3 Prozent aus. Mit Blick auf die Anforderungsprofile stieg die Beschäftigung vor allem bei den höherqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an: Bei den Expert*innen gab es ein Plus von 2,4 Prozent, bei den Spezialist*innen einen Zuwachs von +2,7 Prozent. Zudem gingen 2024 17,1 Prozent mehr Menschen über 65 Jahre und älter einer Beschäftigung nach als noch 2023.

Die höchsten Anteile nach Wirtschaftsabteilungen halten das "Gesundheitswesen" mit 9,6 Prozent und die „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung" mit 9,6 Prozent. An dritter Stelle rangiert der Einzelhandel mit einem Zuwachs von 6,5 Prozent.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit gesamt

Im Jahr 2024 waren bei der Agentur für Arbeit Bonn und den Jobcentern Bonn und Rhein-Sieg durchschnittlich 31.466 Menschen zeitgleich arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2024 beträgt 6,1 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als 2023. Im Vergleich zum Vorjahr waren somit im Durchschnitt 1.420 Personen mehr arbeitslos (+4,7 Prozent).

Im Jahr 2024 stieg die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen marginal auf durchschnittlich 11.918 (+1,5 Prozent). Betrachtet nach Rechtskreisen gab es im SGB III 1.113 Langzeitarbeitslose, das sind genauso viele Menschen wie 2023. Im SGB II waren 2024 10.806 Menschen langzeitarbeitslos, das bedeutet eine Steigerung von +178 Menschen oder +1,7 Prozent.

Die Jugendarbeitslosigkeit in der Region Bonn/Rhein-Sieg ist erneut angestiegen. Im Jahresdurchschnitt betrug die Arbeitslosenquote der jungen Menschen unter 25 Jahren 4,7 Prozent und lag damit um 0,2 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. 2.530 junge Menschen waren durchschnittlich im Jahr 2024 arbeitslos, das sind 147 mehr als 2023 (+6,2 Prozent).
Betrachtet nach Rechtskreisen gab es im SGB III 1.109 arbeitslose Jugendliche, das sind +99 Jugendliche oder +9,9 Prozent mehr als 2023. Im SGB II waren 2024 1.430 Jugendliche arbeitslos, das sind +49 oder +3,5 Prozent arbeitslose Jugendliche mehr.

Entwicklungen bei Geflüchteten

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ukrainer*innen ist 2024 weiter angestiegen: Insgesamt 1.604 Menschen ukrainischer Staatsbürgerschaft arbeiten im Agenturbezirk (+353 Personen). Dies ist ein Zuwachs von 28,2 Prozent. Der Bestand an arbeitslosen Ukrainer*innen stieg um 289 Menschen auf 2.116 (+15,8 Prozent) an. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei Geflüchteten aus den acht häufigsten Herkunftsländern ist um 8,8 Prozent auf 7.475 Menschen angestiegen.

Arbeitskräftenachfrage

Im Jahr 2024 wurden insgesamt 16.523 freie Stellen bei der Agentur für Arbeit Bonn zur Besetzung gemeldet. Dies sind 1.033 Stellen (-5,9 Prozent) weniger als im Vorjahr. Damit liegt der Stellenbestand auf einem Zehnjahrestief. Dabei liegt der Stellenzugang in der Stadt Bonn mit 10.085 (-0,2 Prozent) quasi auf Vorjahresniveau, während der Rhein-Sieg-Kreis mit 6.438 (-13,6 Prozent) deutliche Verluste verzeichnete.

Die meisten Stellen wurden im Bereich "sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen" (1.495 Stellen) gemeldet, zu dem unter anderem die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften, Tätigkeiten in Reisebüros oder bei Reiseveranstaltern, Wach- und Sicherheitsdienste, Gebäudebetreuung (Hausmeister und Reinigung) oder Garten- und Landschaftsbau gehören. An zweiter Stelle rangierte der Bereich „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ 
(918 Stellen).

Dabei hatten weiterhin höherqualifizierte Menschen eine größere Chance, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen: 1.434 (29 Prozent) der offenen Stellen waren auf Experten- oder Spezialistenniveau ausgeschrieben, 2.692 Stellen (53 Prozent) auf Fachkraftniveau. Insgesamt 913 Stellen (18 Prozent) sollten mit einer Helferqualifikation besetzt werden. 
Mit Blick auf die 2024 durchschnittlich 31.466 arbeitslos gemeldeten Menschen offenbart sich ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen der Stellen und den Qualifikationen der verfügbaren Arbeitskräfte: So waren 18.280 Menschen ohne Ausbildungsabschluss (53 Prozent) arbeitslos gemeldet, 8.866 (28 Prozent) hatten eine Ausbildung zur Fachkraft und 4.318 (14 Prozent) eine akademische Ausbildung.

Kurzarbeit und Insolvenzen

Bei der Kurzarbeit zeigte sich ein leicht steigender Trend. Die überwiegende Anzahl der Betriebe kam dabei aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Bau. In einem geringeren Maße waren die Bereiche „freiberufliche wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“, „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ sowie „Information und Kommunikation“ betroffen. Auch bei den Insolvenzen ist ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr festzustellen: Waren es 2023 noch 154 Betriebe, meldeten 2024 insgesamt 162 Unternehmen eine Zahlungsunfähigkeit an.

Ausblick 2025

„Auch 2025 bleibt es die vornehmliche Aufgabe der Agentur für Arbeit Bonn, arbeitslosen Menschen, die schon einen Berufsabschluss haben, Umschulungs- und Weiterbildungsangebote zu machen, wenn dies ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Daneben unterstützen wir junge Menschen bei der Ausbildungs- oder Studienplatzsuche,“ so Stefan Krause. "Denn auch bei einem eingetrübten Arbeitsmarkt sind Fachkräfte ein wichtiger Faktor für den Erfolg unserer Wirtschaft. Zumal nur gut ausgebildete Köpfe auch selbst zu Innovationstreibern werden können."

„Unsere Kundinnen und Kunden bringen sehr unterschiedliche Ausgangslagen mit. Bei jeder und jedem richten wir vom ersten Tag an unseren Blick noch stärker auf die Arbeitsaufnahme. Auch wenn die Ziele manchmal weit entfernt erscheinen: Jeder Schritt zählt – und wir unterstützen da, wo nötig und legen gleichzeitig großen Wert auf die Eigenverantwortung und aktive Mitwirkung jeder und jedes Einzelnen,“ sagt Anja Roth, Geschäftsführerin des Jobcenter Rhein-Sieg.

Günter Schmidt, Geschäftsführer des Jobcenters Bonn, sieht die angespannte Haushaltslage im Bund als Unsicherheitsfaktor für die Planung des kommenden Jahres:
„Wir werden 2025 absehbar mit massiven Mittelkürzungen umgehen müssen, und die vorgezogenen Bundestagswahlen bringen zusätzlich Unsicherheiten für unsere Planungen mit sich. Wir sind aber daran gewöhnt, kreative und flexible Lösungen zu finden. Unser Anspruch bleibt, Menschen wirksam auf dem Weg in Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe zu begleiten.“

Beispielhaft führte Günter Schmidt an: „Ich freue mich besonders darüber, dass wir das Modellprojekt „Teilhabehaus Bonn“ nach fünf erfolgreichen Jahren Förderung durch das Bundesprogramm rehapro nun in die Regelstrukturen unseres Jobcenters integrieren können. Der Verlauf des Projektes hat gezeigt, wie wichtig eine enge Verzahnung von Arbeitsförderung und Gesundheitsförderung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist. Das Teilhabehaus bleibt ein Leuchtturm für niedrigschwellige, ganzheitliche Unterstützung.“